Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Mein Arbeitsort
Das Historische Museum Frankfurt
Zwischen anvisierter Fremde und Besuchern die Museum machen
Meine Tätigkeiten
Inventarisieren
Die Ausstellung
Anderweitiges
Fazit
Literaturempfehlung
Einleitung
Jedes Jahr findet in Frankfurt am letzten Augustwochenende das „Museumsuferfest“ statt. Die Stadt verwandelt sich dann in eine seltsame Mischung aus Kulturmetropole, Musikfestivalgelände und Fressbudenmeile. Man hat also die Wahl. ob man eines der vielen teilnehmenden Museen besichtigen möchte oder doch lieber zu Bier und Bratwurst vor laut dröhnenden Verstärkerboxen hocken bleibt. Ich entschied mich, wie wohl die Mehrzahl der über drei Millionen Besucher, im Jahr 2009 für eine gesunde Mischung aus beiden und stieß dabei auf ein Museum, für welches das Sprichwort „Man soll ein Buch nicht nach seinem Umschlag beurteilen“ zutrifft, wie für kein zweites. Gemeint ist das direkt am Römer gelegene Historische Museum Frankfurt (HMF). Nach meinem Besuch war ich sehr angetan von der Einrichtung, da ich das Gefühl hatte, sie verbinde nationale oder gar globale Themengebiete sehr gut mit regionaler Geschichte. Dieses interessante Konzept, verbunden mit dem großen, über drei Etagen verteilten Ausstellungsplatz traf meinen Geschmack.
Alsbald stand ich vor der Frage, wo ich mein Geschichtspraktikum absolvieren möchte. Schnell tendierte ich zum HMF. Bestärkt wurde ich in meinem Entschluss dadurch, dass die Hauptausstellung „Fremde im Visier“ im HMF Fotoalben aus dem Zweiten Weltkrieg behandelte. Mein Interesse dabei beruhte einerseits darauf, dass mich der Zweite Weltkrieg als historisches Thema sehr beschäftigt, andererseits besuchte ich im Rahmen meines Studiums ein Seminar über Fotografie, wodurch ich seitdem ein generelles Interesse an diesem Themengebiet habe. Wenngleich ich nicht wissen konnte, ob ich bei einer Anstellung als Praktikant bei dieser Ausstellung oder anderweitig arbeiten würde, entschloss ich mich eine Bewerbung abzuschicken. Zu meinem Glück wurde diese angenommen und so begann ich am 19.07.2010 ein achtwöchiges Praktikum, welches am 10.09.2010 endete.
Da ich keine Vorerfahrungen mit der Arbeit in einem Museum, Archiv oder Ähnlichem hatte, entstanden bei mir nicht viele Erwartungen bezüglich der Arbeitsabläufe. Eher hoffte ich, dass ich neue Kenntnisse und Fähigkeiten erlangen, einen realistischen Einblick in die Arbeitswelt eines Museums bekommen und gleichzeitig auch Spaß an der Arbeit haben würde.
Zu Beginn meines Berichtes werde ich meine Wirkungsstätte sowie das Projekt vorstellen, an dem ich mitgearbeitet habe. Danach gehe ich näher auf meine Tätigkeiten während des Praktikums ein. Anschließend ziehe ich ein Fazit. Im letzten Punkt findet sich vertiefende Literatur zur Fotografie im Zweiten Weltkrieg – jene Thematik die mich im Praktikum beschäftigte.
Mein Arbeitsort
Das Historische Museum Frankfurt
Das HMF ist das älteste von der Stadtgemeinde getragene Museum Frankfurts. Es wurde 1877/78 durch Bürgerinitiativen gegründet und liegt direkt am berühmten Frankfurter Römer.[1] Es verfügt heute nach eigenen Aussagen über die umfangreichsten Sammlungen zur Kultur- und Kunstgeschichte der Region. Es bietet drei Etagen auf denen Ausstellungen gezeigt werden können. Weiterhin hat es eine graphische Sammlung, eine Fachbibliothek und Restaurationswerkstätten, sodass der Rahmen für einen fachgerechten Umgang mit historischen Gegenständen gegeben ist. Mein Einsatzort befand sich in der obersten Etage, in der sich die Verwaltung sowie die Büros der Kuratoren befinden.
Mit integriert in die Museumsstruktur sind das Kindermuseum, das Caricatura Museum (beide Frankfurt) sowie das Höchster Porzellanmuseum. Alle drei befinden sich jedoch in eigenen Gebäuden und haben eine eigene Leitung, sodass die Integration eher einen verwaltungstechnischen Hintergrund hat.
Momentan befindet sich das HMF in einer Umbruchphase. Man ist dabei, in ein benachbartes Gebäude umzuziehen, da das aktuelle nächstes Jahr abgerissen werden soll. An dessen Stelle soll bis 2014 ein neues, modernes Gebäude entstehen, in das man dann wieder einziehen will. Der geplante Umzug nahm zwar schon das ganze Jahr Ressourcen in Anspruch, tangierte mich in meinem Praktikum jedoch praktisch nicht.
Eine Besonderheit des Museums ist die Vorgabe, jede Ausstellung in Verbindung mit Frankfurt und der umliegenden Region zu bringen. Dies geschieht auf zwei verschiedene Varianten. Entweder ist eine Ausstellung ohnehin thematisch nah an der Region, wie etwa die aktuelle über Abisag Tüllmann, oder man versucht explizit einen Bezug herzustellen, wenn die Ausstellung thematisch nicht auf Frankfurt verweist. So war es auch bei der Ausstellung „Fremde im Visier“, in deren Rahmen ich tätig war und die ich nun näher erläutern möchte.
Zwischen anvisierter Fremde und Besuchern die Museum machen
Die Wanderausstellung „Fremde im Visier“ wurde schon seit dem 15.4.2010 im HMF gezeigt, was heißt, dass sie bereits in der Endphase war als ich mein Praktikum begann. Was zeigte diese Ausstellung eigentlich? Das Hauptaugenmerk lag auf privaten Fotoalben aus dem Zweiten, zumeist von deutschen Soldaten. Die Basis der Ausstellung, welche auf 450 qm gezeigt wurden, waren ca. 150 Fotoalben. Daneben rangierten viele weitere Objekte, etwa zeitgenössische Kameras, Bücher oder Briefe. Das Konzept stammt von Dr. Petra Bopp, Kunsthistorikerin und Expertin für Fotografien als historische Quellen. Ausstellungskoordinatorin in Frankfurt war Petra Spona, welcher ich während meines Praktikums unterstellt war.
Das Besondere an der Ausstellung war der persönliche Blick auf den Krieg, welcher hier geboten wurde. Ziel war nicht eine Dokumentation des Zweiten Weltkrieges, von denen es unzählig viele gibt, sondern die Vermittlung der Sicht der Zeitgenossen mittels des Mediums Fotografie. Es gab eine kleine Zahl an Besuchern, welche sich darüber empörten, dass etwa Fotografien mit rassistischen Bildunterschriften oder Bilder von Erhängten/Erschossenen gezeigt werden. Meiner Meinung nach ist dies jedoch notwendig, um die Vergangenheit nicht zu verharmlosen. Außerdem wurde das Gezeigte durch Wandtexte immer wieder fundiert erklärt. Ich halte die Ausstellung[2] für einen wichtigen Schritt, den Zweiten Weltkrieg abseits der üblichen Formate zu präsentieren und wünsche mir für die Zukunft, dass ähnliche Ausstellungen folgen. Mit über 20 000 Besuchern wurde die Ausstellung ein voller Erfolg.
Im Rahmen der Ausstellung „Fremde im Visier“ entschied sich das HMF den Bezug zur Stadt Frankfurt zu stärken und rief daher das Projekt „Ihr Album unter der Lupe“ ins Leben. Dazu konnte jeder Bürger, bevorzugt aus dem Raum Frankfurt, mit seinem Fotokonvoluten das Museum aufsuchen und es mit professioneller Hilfe untersuchen lassen. Ziel war dabei auch, eine Ausstellung von regionalen Fotoalben unter dem Titel „Besucher machen Museum“ zu präsentieren. Diesem Aufruf folgten insgesamt 80 Personen(-gruppen), wovon viele dem HMF ihre Erbstücke als Schenkung überließen. Viele erkannten in dem Ziel, diese der Öffentlichkeit zu präsentieren einen höheren Nutzen als Sie selbst von den Erbstücken hatten. Letztlich gab es so viele Schenkungen, dass schnell klar war, nicht alles präsentieren zu können. Über die große Schenkungsbereitschaft war ich erfreut und überrascht zugleich. Meine achtwöchige Arbeit drehte sich um eben diese Schenkungen, wobei ich mit Petra Spona und der Praktikantin Natalie Wahnsiedler kooperierte.[3]
Meine Tätigkeiten
Inventarisieren
Die erste Tätigkeit, welche mich im Rahmen meiner Mitwirkung an „Besucher machen Museum“ erwarte, war das Inventarisieren. Es ist eine routinemäßige Arbeit im HMF und kann als „typische Büroarbeit“ beschrieben werden. Meine Aufgabe war es, die Schenkungen – sprich Fotoalben oder lose Fotos – in die Museumsdatenbank „Museum Plus“ einzutragen. Dazu mussten die Alben/Fotos abgemessen, datiert und beschrieben werden. Außerdem galt es, die vielen Bildunterschriften zu entziffern und richtig zu deuten. Was sich hier einfach anhört, bereitete beim Inventarisieren die meisten Schwierigkeiten, da die oft in Sütterlin oder einer anderen Art Altdeutscher Schrift verfassten Texte stellenweise äußerst schwer zu entziffern waren.
In die Arbeit mit „Museum Plus“ und den Besonderheiten der Quellen wurde ich behutsam eingeführt. Sowohl Petra Spona als auch andere Mitarbeiter standen mir bei Fragen helfend zur Verfügung. Fragen meinerseits waren vor allem formaler inhaltlicher Natur.
Den Hauptteil meiner Inventarisierung erledigte ich in der ersten und letzten Woche meines Praktikums, im Grunde inventarisierte ich aber jede Woche einen bestimmten Teil. Führt man diese Tätigkeit als Nebenbeschäftigung aus und hat eine passende Abwechslung, so ist sie durchaus erträglich. Doch einen ganzen Arbeitstag Daten meist simpler Natur, wie das Bildmaß eines Fotos, in eine Datenbank einzugeben widerspricht allem, was ich mir für meine berufliche Zukunft erhoffe. Es bleibt zu sagen, dass das Inventarisieren von Schenkungen eine notwendige und wichtige, auf Dauer aber viel zu monotone Aufgabe ist. Zweifellos war sie jedoch notwendig, damit ich überhaupt erstmal einen Überblick über das Themengebiet und die Schenkungen bekam. Außerdem ist es ohne eine geordnete digitale Datenbank bei einem solch großen Bestand, wie ihn das HMF hat, nahezu unmöglich Ordnung zu halten und Ausstellungen effizient planen zu können. Das Inventarisieren ist die typische, ungeliebte Pflichtarbeit oder der „Papierkram“ des Museumsangestellten. Zum Glück bot mein Praktikum jedoch wesentlich mehr.
[...]
[1] Anschrift: Historisches Museum Frankfurt, Saalgasse 19, 60311 Frankfurt am Main., Tel.: 069-212-35599, Direktor: Dr. Jan Gerchow.
[2] „Fremde im Visier“ ist derzeit in Jena zu sehen und soll nächstes Jahr in weiteren deutschen Städte gezeigt werden.
[3] Für detailliertere Informationen zur Austellung siehe
http://www.historisches-museum.frankfurt.de/index.php?article_id=271&clang=0