Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Die Institutionen
3. Persönliche Tätigkeitsschwerpunkte
4. Wechselverhältnis Studium / Praktikum
5. Fazit
Anhang
1. Einleitung
Journalismus ist ein vielfältiges Themengebiet. Die Bandbreite des medialen Angebotes ergibt auch eine Vielzahl an berufsspezifischen Voraussetzungen. Zwar gibt es für alle Journalisten Tugenden und Eigenschaften, welche medienübergreifend Voraussetzung sein sollten, etwa ein gutes Allgemeinwissen oder der Wille zur Objektivität, jedoch existieren ebenso medienspezifische Anforderungen. So wird ein Printjournalist innerhalb seines Arbeitsbereiches nicht mit einem Video- oder Tonschnittprogramm konfrontiert werden. Dafür werden für diesen andere Schwerpunkte, etwa in der zu erstellenden täglichen Textmenge und der Bedienung des Radaktionsprogrammes, gesetzt.
Da sich in mir bereits während meines frühen Studiums der Wille herauskristallisierte, sowohl im Print- als auch im Fernsehbereich Erfahrung sammeln zu wollen, entschied ich mich, mein achtwöchiges Journalistikpraktikum aufzuteilen und je eine Hälfte in einem der genannten Bereiche zu absolvieren. Meine Wahl fiel dabei einerseits auf das „Medienprojektzentrum Offener Kanal Gießen“[1] (OK Gießen), in welchem der Schwerpunkt auf der Videoproduktion lag. Den OK Gießen wählte ich, da ich durch das Fachjournalistikseminar „Fernsehwerkstatt“, bei dem wir eng mit dem OK Gießen zusammenarbeiteten, bereits gute Erfahrungen mit der Institution sammelte.
Im Bereich Printjournalismus wählte ich die „Thüringer Allgemeine“ mit ihrer Lokalredaktion Arnstadt[2] (TA Arnstadt). Dies hatte mehrere Gründe. Zum einen ist die TA die führende Lokalzeitung im Bundesland Thüringen, aus dem ich stamme. Diese führende Auflagenstärke verband ich mit einem selbst auferlegten, hohen qualitativen Anspruch, von dem ich auch durch unregelmäßige Lektüre der Zeitung selbst überzeugt war. Außerdem hielt es für angebracht, meine ersten Praxiserfahrungen im Printbereich bei einer Lokalzeitung zu sammeln und mit dieser Erfahrungsbasis für weitere Praktika gewappnet zu sein. Die Lokalredaktion in der Kreisstadt Arnstadt, meinem Geburtsort, bot mir ein als ideal erscheinendes Umfeld dafür.[3]
Beginnen werde ich diesen Praktikumsbericht mit einer Vorstellung der beiden Institutionen OK Gießen und TA Arnstadt. Anschließend werde ich meine Tätigkeitsschwerpunkte während der Praktika vorstellen. Anschließend lege ich dar, wie sich das Wechselverhältnis zwischen meinem bisherigen Studium und dem Praktikum darstellt, bzw. wie die Praktika mein weiteres Studium und berufliche Zukunftsgedanken beeinflusst haben. Abschließend werden die Erkenntnisse in einem Fazit zusammengefasst. Im Anhang befinden sich Arbeitsproben, wozu einerseits eine Auswahl von mir veröffentlichter Artikel in der TA, andererseits mein beim OK Gießen erstellter Videobeitrag.[4]
Durch meine Erfahrungen in der „Fernsehwerkstatt“ und den damit verbundenen Aufenthalten im OK Gießen, konnte ich mir mein Arbeitsumfeld sowie die zu erwartenden Aufgaben sehr genau vorstellen. Bei der TA hingegen war mir zwar das Medium bekannt und die Aufgaben absehbar, Arbeitsumfeld, Kollegen und Arbeitsabläufe jedoch weitestgehend unbekannt. Die Erwartungen waren jedoch bei beiden Praktika gleich. Ich hoffte in vier Wochen so viel wie möglich über den jeweiligen journalistischen Bereich zu lernen und gleichzeitig Denkanstöße für mein weiteres Universitäts- und Berufsleben zu erhalten.
2. Die Institutionen
Der OK Gießen ist ein von Rundfunkgebühren getragenes, seit 1995 in Gießen ansässiges Medienprojektzentrum. Träger ist die Hessische Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien (LPR Hessen). Zum LPR Hessen gehören noch weitere Offene Kanäle, etwa in Offenbach und Fulda.
Bei der Gründung des Projektzentrums war die Schaffung eines Bürgerfernsehens zentrales Anliegen. Interessierte sollten mit Hilfe des OK Gießen eigene Videobeiträge erstellen können, welche anschließend im Kabelprogramm des OK gezeigt werden sollten. Diese Zielstellung wurde im Laufe der Jahre kontinuierlich erweitert, so dass man heute nicht mehr nur Einzelpersonen unterstützt, sondern aktiv Unterstützung für Hochschulen, Firmen, Kindergärten, Sozialprojekte und andere Einrichtungen anbietet und darum wirbt. Somit steht mittlerweile weniger das Bürgerfernsehen, als vielmehr die medienpädagogische Schulung einer breiten Klientel im Fokus. Versuchte man also einst, sich mit der Errichtung eines lokalen Fernsehsenders zu begnügen, ist man heute auch an vielfältigen externen Aufgabenstellungen beteiligt, etwa an Projektwochen von Bildungseinrichtungen oder Firmenvideos.
Es steht jedem Bürger und jeder Einrichtung offen, den OK Gießen um Hilfe bei der Erstellung von Videos jeglicher Art zu bitten. Dies beginnt bei der Schulung der Interessenten im Umgang mit Kamera, Ton und Videoschnittprogrammen und geht bis hin zu Leihgabe von semiprofessioneller Ausrüstung, mit welcher die Erstellung von Videomaterial möglich ist. Der OK Gießen ist stets bestrebt, alle Beiträge, welche mit seiner Hilfe erstellt wurden, in seinem Fernsehprogramm zu zeigen. Jedoch dürfen die Videos keine urheberrechtlich geschützte Musik und weitestgehend keine Werbung enthalten. Das Fernsehprogramm kann sowohl analog als auch digital in ca. 115 000 Haushalten in Mittelhessen empfangen werden.[5] Jedoch leidet das Programm, wie auch der OK Gießen selbst in abgeschwächter Form, an mangelnder Bekanntheit. Hier ist weitere Öffentlichkeitsarbeit angebracht.
Insgesamt beschäftigt der OK Gießen vier feste Mitarbeiter. Wilhelm Behle ist Leiter der Einrichtung und fungierte während meines Praktikums als Praktikumsbeauftragter. Des Weiteren gibt es zwei Angestellte, welche als Medientrainer tätig sind, also die Interessenten in Filmtheorie und -praxis unterrichten und die Projekte leiten. Außerdem gibt es eine Disponentin. Wenngleich Herr Behle mein Praktikumsbeauftragter war, so hatte ich stets das Gefühl, dass ich mit Fragen, gleich welcher Natur, mich an alle Mitarbeiter wenden konnte. Insgesamt war die Arbeitsatmosphäre hervorragend. Ich habe die vierköpfige Belegschaft als ein gut eingespieltes Team mit klarer Rollenverteilung und gegenseitiger respektabler Anerkennung kennengelernt, von welcher auch ich nicht ausgeschlossen war. Besonders der Wille der Belegschaft, mir Wissen vermitteln zu wollen, mich aktiv auch in anspruchsvolle Aufgaben einzubinden und mich gleichberechtigt zu behandeln, gefiel mir sehr gut.
Die zweite von mir gewählte Praktikumseinrichtung hat ihren Sitz in der Kreisstadt Arnstadt. Sie ist eine von 14 Lokalredaktionen der „Thüringer Allgemeinen“, der größten Thüringer Lokalzeitung mit einer Auflage von ca. 230 000.[6] Der Hauptsitz der Zeitung befindet sich in Erfurt, wo auch der überregionale Teil der Ausgabe entsteht. Die „Thüringer Allgemeine“ ging 1990 aus der Zeitung „Das Volk“, einem SED-Zentralorgan, hervor. Heute gehört sie zur „Zeitungsgruppe Thüringen“, welche wiederum der WAZ-Mediengruppe unterstellt ist. Im Bundesland Thüringen gilt sie als sehr einflussreich. Interessant für mich war auch, dass sich die TA kaum in die Nähe einer Partei oder in Kategorien wie „konservativ“ oder „linksliberal“ rücken lässt. Selbst nach dem Praktikum kann ich dazu keine Erkenntnisse präsentieren, was als Qualitätsmerkmal der Zeitung gewertet werden kann.
Die TA Arnstadt hat im lokalen Bereich im Wesentlichen zwei wichtige Funktionen. Zum einen der lokale Informationswert, d. h. die Schilderung typischer lokaler Ereignisse, wie etwa Jubiläen, Feste, Verkehrsmeldungen oder Straftaten. Darüber hinaus steht neben der bloßen Informationspolitik vor allem auch die Informationskritik. Innerhalb der lokalen Grenzen erwartete ich diese vor allem im Bereich Kommunalpolitik. Wesentlich unschlüssiger war ich über den geforderten Arbeitsaufwand. Während der OK Gießen bedingt durch seine Dienstleistungsstruktur von Interessenten abhängig ist und sich daran der Arbeitsaufwand misst, ist dieser bei einer Lokalzeitung anders. Hier muss stets eine festgelegte Anzahl an Seiten und Zeilen gefüllt werden. Reagiert wird nicht auf Interessenten, sondern auf Informationen, welche für die Öffentlichkeit als wichtig erachtet werden.
Mein Praktikumsverantwortlicher bei der TA war der Lokalchef Eberhardt Pfeiffer. Des Weiteren besteht die Redaktion aus drei fest angestellten Redakteuren, einem fest angestellten Fotografen sowie mehreren freien Journalisten, welche jedoch nur in Abwesenheit des Stammpersonals größere Teile der Ausgabe beisteuern. Diese Redaktion hat die Vorgabe, jeden Tag drei Seiten zu füllen. Somit hat jeder Redakteur mehrere Artikel pro Tag zu schreiben, welche in ihrer Länge von einigen wenigen bis hin zu ca. 130 Zeilen reichen. Insgesamt war die Beschäftigungslage in der TA deutlich undurchsichtiger als im OK Gießen. Dies liegt zum einen an den diversen Gast- und freien Autoren, zum anderen an den Arbeitszeiten. Während man in Gießen genaue Öffnungszeiten verfolgte und die Angestellten meist eine 40 Stunden Woche hatten, arbeiteten die TA-Journalisten stellenweise weit darüber hinaus und rotierend am Wochenende, konnten dies jedoch teilweise durch einzelne freie Tage kompensieren.
Während der OK Gießen eine Vergütung von Praktikanten von vornherein ausschließt, zahlt die TA Arnstadt immerhin ein geringes Zeilenhonorar, welches jedoch nicht einmal meine Lebensmittelkosten während der vier Wochen abdeckte. Unbezahlte Praktika sind in der Mediensparte jedoch leider eine Häufigkeit.
Die beiden von mir besuchten Praktikumsstellen unterscheiden sich in ihrer Organisation und Zielstellung also in weiten Teilen. Während der OK Gießen ein medienpädagogischer Dienstleister ist, welcher von öffentlichen Geldern finanziert wird und nicht kommerziell ausgerichtet ist, folgt die TA als Tageszeitung einem anderem Konzept. Hauptsächlich finanziert von Abonnements und Werbeanzeigen, weist sie alle grundlegenden Finanzierungs- und Organisationsstrukturen auf, welche für heutige Lokal- und überregionalen Zeitungen typisch sind. Neben den genannten organisatorischen Divergenzen unterschieden sich beide Institutionen auch in den geforderten Tätigkeitsschwerpunkten.
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[1] Anschrift: Medienprojektzentrum Offener Kanal Gießen, Unterer Hardthof 19, 35398 Gießen, Tel.: 0641/9605007, Fax: 0641/9605008, E-Mail: info@mok-giessen.de, Praktikumszeitraum: 15.03.-09.04.2010.
[2] Anschrift: Thüringer Allgemeine – Lokalredaktion Arnstadt, Erfurter Straße 20/22, 99310 Arnstadt, Tel.: 03628/619411, Fax: 03628/619410, E-Mail: arnstadt@thueringer-allgemeine.de, Praktikumszeitraum: 21.02.-18.03.2011
[3] Die Abkürzungen OK und TA sind für die jeweilige Institution auch im geschäftlichen und alltäglichen Sprachgebrauch üblich.
[4] Dieser befindet sich auf der mitgelieferten CD. Über Inhalt und Entstehung wird weiter unten noch eingegangen.
[5] http://www.lpr-hessen.de/default.asp?m=5, aufgerufen am 11.04.11.
[6] Interne redaktionelle Auskunft.