Quellenkommentar zum Brief des Präfekten vom Sieg-Department an dessen Bevölkerung


Quellenexegese, 2009

10 Seiten, Note: 2,1


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Der Brief des Präfekten an die Bevölkerung
2.1 Inhalt
2.2 Reformen im Großherzogtum Berg
2.3 Die Widerstände in der Bevölkerung
2.4 Bezug zur Quelle

3. Fazit

4. Quellenverzeichnis

5. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Das Jahr 1806 gilt in einem Jahrhundert, welches an Ereignissen äußerst reich war, als historisch sehr bedeutend. Nach dem Sieg Napoleons bei Austerlitz 1805 über Russland und Österreich, konnte der Herrscher Frankreichs seine Macht über die Territorien des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nationen bedeutend ausbauen. Als Ergebnis daraus entstand 1806 der Rheinbund, eine mit Frankreich verbündete Koalition deutscher Fürsten, welcher das Ende des Heiligen Römischen Reiches im selben Jahr besiegelte. Das Großherzogtum Berg, gelegen in Teilen des heutigen Nordrhein-Westfalen, war eines dieser Territorien des Rheinbundes. In den folgenden Jahren gelang Napoleon eine weitere Machtfestigung, z.B. durch den Frieden von Tilsit 1807. Erst 1809 griff Österreich Frankreich, welches mit massiven Probleme in Spanien konfrontiert war, erneut an.

In diesen Zeitraum des sog. Fünften Koalitionskrieges fällt auch die hier zu behandelnde Quelle. Dazu wird zuerst der Inhalt der Quelle wiedergegeben, anschließend werden die in der Quelle angesprochenen Reformen in Berg untersucht. Danach erfolgt eine Darstellung des Widerstände in der Bevölkerung im Großherzogtum. Dabei wird nur die Situation bis Juli 1809 präsentiert, damit die Ausgangslage für die Quelle deutlich wird. Die Ergebnisse dieser Ausarbeitungen werden anschließend in Bezug zur Quelle gesetzt, um sich kritisch mit ihr auseinander zu setzen. Dies bezieht sich vor allem auf Aussagen in ihr, die gar nicht oder nur bedingt der Wahrheit entsprechen. Abschließend wird im Fazit eine Zusammenfassung geboten, wobei auch ein kurzer Ausblick auf die Folgezeit geboten werden soll.

2. Der Brief des Präfekten an die Bevölkerung

2.1 Inhalt

Der Brief des Sieg - Departement Präfekten Schmitz, vollständig überliefert im Hauptstaatsarchiv Düsseldorf[1], wurde am 4. Juli 1809 in Dillenburg verfasst. Er ist an die Beamten, Pfarrer und alle sonstigen Einwohner des Sieg – Departements gerichtet.

Der Brief richtet sich gegen antifranzösischen Tendenzen, welche im Großherzogtum Berg entstanden seien. Dies stellt der Verfasser zu Beginn des Briefes fest und tadelt vor allem die ausgestreuten Nachrichten, die als Falschinformation gewertet werden, welche die Bevölkerung zu Ungehorsam auffordern sollen. Zu diesen Falschinformationen würden z.b. Siege Österreichs oder das Vordringen von Feinden Frankreichs bis in die Nähe des Großherzogtums Berg zählen. Dabei würden jene Leute, welche solche Gerüchte ausstreuen, den Vorwand Deutschlands Freiheit wieder herzustellen benutzen, um auf Kosten anderer zu plündern und die Rechte, welche für das Wohl der Allgemeinheit geschaffen wurden, allein für sich zu binden. Jene Unruhestifter würden die aktuellen größeren Anstrengungen und Störungen im Handel dazu benutzen, um das Volk auf zuhetzen. Dies sei jedoch nicht berechtigt, da durch die größeren Anstrengungen auch größeres Übel abgewandt werde. Außerdem würden die Vorteile der neuen Regierung verschwiegen.

Im folgenden wird betont, dass nur durch den größten Monarchen, gemeint ist Napoleon, die Bevölkerung vom Krieg verschont geblieben ist. Anschließend wird versucht die Unruhestifter bloß zustellen, sowie die positiven Neuerungen, z.B. die Aufhebung der Leibeigenschaft, aufzuzeigen. Die Unruhestifter hätten aus eigener Schwäche Unbeteiligte für einen Aufstand mobilisieren wollen und nur Anklang in der Bevölkerung gefunden, weil der aktuelle Krieg unbesonnen begonnen wurde. Schmitz betont anschließend die bisherige Ruhe der Bevölkerung und ebenso die eigentliche Unwichtigkeit des Problems, welches erst ernster geworden wäre, seit Anzeichen für Unruhe im Sieg - Departement aufgetaucht sind. Man solle sich als Untertan daran freuen, nicht im Kriegsgebiet zu sein und warten bis Frankreich seine großen Siege, welche sich für die ganze Bevölkerung positiv auswirken würden, errungen hat.

Im folgenden werden die Beamten aufgefordert, der Regierung treu zu sein, den Gerüchten keinen Glauben zu schenken und sofort Anzeige zu erstatten wenn sie jemanden finden, der solche Gerüchte verbreitet. Außerdem werden die Geistlichen aufgefordert, Unheil von der Bevölkerung abzuwenden, indem sie diese an ihre Pflichten gegenüber der Obrigkeit erinnert. Abschließend wird der Kommandant der Gendarmerie, einer der Polizei ähnlichen Institution, aufgefordert, über die Einhaltung der Bestimmungen zu wachen.

2.2 Reformen im Großherzogtum Berg

Beschäftigt man sich mit den Reformen Großherzogtum Berg, so muss man sich im Klaren darüber sein, dass dieses Gebiet, wie übrigens auch das Königreich Westphalen, von Napoleon als Modellstaat geplant war. In Berg wollte man Reformen nach französischen Vorbild einführen, wobei darauf abgezielt wurde, dass später alle Mitglieder des Rheinbundes diese Reformen aufgrund ihrer großen Anziehungskraft übernehmen[2]. Die eingeführten Reformen im Rheinbund werden von manchen Historiker als derart bedeutend angesehen, dass sie mit den Preußischen Reformen gleichgesetzt werden[3].

Allerdings zeigte die Regierung in der Anfangszeit nur geringe Bestrebung die Verhältnisse in Berg zu ändern. Die ersten großen Veränderungen wurden dabei mit der Aufhebung der Grundsteuer 1806, bzw. mit der Einführung der Konskription, ein achtjähriger Militärdienst, geschaffen[4]. Die Gleichheit der Untertanen wurde somit vor allem durch die gemeinsamen Pflichten jedes Einzelnen gegenüber dem Staat errichtet[5].

Eine deutliche Zäsur in den Reformbestrebung bildetet der Entschluss, den Code Napoléon im Großherzogtum einzuführen[6]. Dabei wurde die Auflösung der feudalen Strukturen als Voraussetzung angesehen, was allerdings zu Problemen führte, da die Interessen der Grundherren und Bauern sich deutlich unterschieden. Letztlich konnte noch Ende 1808 das erste Gesetz gegen den Feudalismus erlassen werden, indem die Leibeigenschaft aufgehoben wurde. Jedoch wirkten an dieser Gesetzgebung nur die Grundherren mit[7]. Weitere Gesetze in diesem Zusammenhang, wie etwa die Aufhebung der Lehnsherrschaft, die Einführung der Vertragsfreiheit und die Zerschlagung von Großgrundbesitz sollten eine liberalere Gesellschaft hervorbringen. Allerdings wurde dies nicht aus rein moralischen Gründen getan, sondern man erhoffte sich, dass eine liberalere Gesellschaft den wirtschaftlichen und militärischne Herausforderungen eher gewachsen war[8].

Es muss ohnehin gesagt werden, dass hinter vielen Reformen, ohne den Reformern eine moralische Intention völlig absprechen zu wollen, handfeste machtpolitische Interessen standen. So war die Schaffung einer effizienten Verwaltung der Regierung weit wichtiger, als Veränderungen in den sozialen oder wirtschaftlichen Strukturen[9]. Ebenso hatten andere Gesetze, welche zunächst so wirkten, als wolle man einzig und allein mehr Gerechtigkeit in der Bevölkerung schaffen, deutlich andere Hintergründe. Dazu zählt z.B. die große Steuerreform, welche durch Steuerbefreiungen suggerierte, dass endlich mehr Gleichheit unter dem Volk geschafft werde. Allerdings wurde das Steuersystem hauptsächlich reformiert, um das wachsende Finanzdefizit in Berg zu decken[10].

Auch gab es bei den Reformen immer wieder Grund zur Kritik, wenn man ihre praktische Umsetzung betrachtet. So wurde der Code Napoléon, aufgrund der kontraproduktiven Mitwirkung der Adeligen in anderen Rheinbundländern, in Berg vorerst nicht erlassen[11]. Auch entstand ein großes Finanzchaos um das komplizierte Abgabensystem[12]. Weiterhin wurden antifeudale Gesetze oft auf unbefriedigende Weise ausgeführt, sodass sich die Situation vieler Bauern in der Rheinbundzeit nur geringfügig verändert hat[13]

[...]


[1] HStA Düsseldorf, Jülich Berg Hofrat / 1596 Bd. II

[2] Vgl. Fehrenbach, Elisabeth: Vom Ancien Régime zum Wiener Kongress, München 1981, S.83.

[3] Vgl. ebd., S.218.

[4] Vgl. Severin-Barboutie, Bettina: Französische Herrschaftspolitik und Modernisierung, Verwaltungs- und Verfassungsreformen im Großherzogtum Berg (1806 – 1813), München 2008, S.318.

[5] Vgl. ebd., S.320.

[6] Vgl. ebd.

[7] Vgl. ebd. S.323-325.

[8] Vgl. Fehrenbach, Elisabeth: Vom Ancien Régime zum Wiener Kongress, München 1981, S.90.

[9] Vgl. Severin-Barboutie, Bettina: Französische Herrschaftspolitik und Modernisierung, Verwaltungs- und Verfassungsreformen im Großherzogtum Berg (1806 – 1813), München 2008, S.319.

[10] Vgl. ebd., S.327.

[11] Vgl. Fehrenbach, Elisabeth: Vom Ancien Régime zum Wiener Kongress, München 1981, S.89

[12] Vgl. ebd., S. 91

[13] Vgl. ebd., S. 92-93

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Details

Titel
Quellenkommentar zum Brief des Präfekten vom Sieg-Department an dessen Bevölkerung
Hochschule
Justus-Liebig-Universität Gießen
Note
2,1
Autor
Jahr
2009
Seiten
10
Katalognummer
V192401
ISBN (eBook)
9783656173380
ISBN (Buch)
9783656173151
Dateigröße
376 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Sieg, Department, Rheinbund, Deutschland, Napoleon, 19. Jahrhundert, 19, Befreiungskrieg, Präfekt, Brief, Quelle
Arbeit zitieren
B.A. Christian Rödig (Autor:in), 2009, Quellenkommentar zum Brief des Präfekten vom Sieg-Department an dessen Bevölkerung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/192401

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