"Was fruchtbar ist, allein ist wahr"

Zur Rezeption von Goethes Metamorphose der Pflanzen bei Georg Lakon und Friedrich Gundolf


Masterarbeit, 2010

130 Seiten, Note: 3


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

ZUSAMMENFASSUNG

1 EINLEITUNG
1.1 Material
1.2 Focus und die Fragestellung der Arbeit
1.3 Methode
1.4 Aufbau der Arbeit

2 SEINER ZEIT VORAUS
2.1 Johann Wolfgang von Goethe und Metamorphose der Pflanze
2.2 Georg Lakon und Goethes Pflanzenmetamorphose
2.3 Friedrich Gundolf und sein Absatz Natur in dem Buch Goethe

3 REZEPTIONSTHEORETISCHE ANSÄTZE
3.1 Rezeptionsvorgang und Wertung
3.2 Rezeption als Terminus und Konzept
3.3 Die Geschichte der Rezeption
3.4 Rezeptionsästhetik
3.5 Was versteht man unter dem Begriff Wertung ?
3.6 Das Verlangen nach Konkretisation
3.7 Naturwissenschaftliche Begriffserläuterungen
3.8 Zur Theorie der Rezeptionspraxis

4 EMPIRISCHE ANALYSE
4.1 Methodologische Vorgehensweisen
4.2 Analyse von Lakons Realisation
4.3 Analyse von Gundolfs Realisation
4.4 Das Dialogische beim Gundolf

5 ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK

6 LITERATURVERZEICHNIS
6.1 Primärliteratur
6.2 Sekundärliteratur

ANHANG

Anhang 1: Historische und hermeneutische Ebenen der Rezeption und Produktion.

Anhang 2: 67 Belege aus Lakons Analyse und Gundolfs Monographie.

Anhang 3: Auswertungstabelle von 52 Belegen Lakon.

Anhang 4: Auswertungstabelle von 15 Belegen Gundolf.

Anhang 5: Relevante Begriffe aus den rezeptionstheoretischen Ansätzen.

ABBILDUNGSNACHWEISE

Abbildung 1. Aufstellung des Primärmaterials

Abbildung 2. Aufstellung Haupt- und Nebenfragen

Abbildung 3. Johann Wolfgang von Goethe. [http://fi.wikipedia.org/wiki/Johann_Wolfgang_von_Goethe]

Abbildung 4.Versuch die metamorphose der Pflanze zu zeichnen. [Z. L.-L. Modifiziert nach Goethe 1790]

Abbildung 5.Dr. Georg Lakon. Universität Hohenheim. Institut für Pflanzenzüchtung, Saatgutforschung und Populationsgenetik. Stuttgard. Prof. Dr. Dr. h. c. A. M. Steiner.

Abbildung 6. Dr. Friedrich Gundolf [http://de.academic.ru/dic.nsf/dewiki/554335]

Abbildung 7. Einheit einer Person mit einer kosmischen Lage in Gundolfs Gestaltbegriff (Z. L.-L. Modifiziert nach Gundolf 1918)

Abbildung 8 Das Netzwerk der Rezeptionsprozesse [Z. L.-L. Modifiziert nach Antor, Pfeiffer, Ingarden, Jauß, Schöttker, Warning und Winko ]

Abbildung 9 Goethes Morphologie eingeordnet in das Schema der Wissenschaften. [Z. L.-L. Modifiziert nach Kuhn 1988: 198]

Abbildung 10. Theoretisches Konstrukt der Arbeit

[Z. L.-L. Modifiziert nach Kuhn 1988: 198]

Abbildung 11. Feld der extratextuellen Faktoren mit den relevanten Teilen dieser untersuchung [Z. L.-L. Modifiziert]

Abbildung 12. Kommunikative Leistung der ästhetischen Erfahrung Selbstgenu ß im Fremdgenu ß [Z. L.-L. Modifiziert nach Jauß 1977: 61-64]

Abbildung 13. Anteil der dialogischen Rezeption in Lakons Realisation [Z. L.-L. Modifiziert nach Jauß 1977: 61-64]

Abbildung 14. Anteil der Wertprädikat-Kategorien in Lakons Realisation [Z. L.-L. Modifiziert nach Winko 1996: 595]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Zusammenfassung:

Die vorliegende Magisterarbeit widmet sich den Rezeptionen von Lakon und Gundolf über Goethes Prosaabhandlung Versuch die Metamorphose der Pflanze zu erkl ä ren . Die entsprechenden Auswertungen der Realisationen werden an die rezeptionstheoretischen Ansätze angelehnt. Diese Arbeit geht der grundlegenden Auffassung der Rezeptionstheorie nach, die besagt, dass die Bedeutung eines Textes nicht einfach in ihm enthalten ist, wie etwa ein bestimmter Stoff in einer chemischen Verbindung sondern vielmehr wird die Bedeutung erst während der Rezeption gebildet und zwar im Wechselspiel zwischen dem Text und der Aktivität des Lesers. Im weiterem wird auf die zwei Fragen eingegangen: welche Rolle hat der Leser in dem geschichtlichen Leben eines Werkes sowie in welchem Sinne kann man von einer adäquaten Rezeption sprechen? Zudem soll das Niederschreiben als auch das Lesen seinen Beitrag dazu leisten, durch das Studieren von fremden Systemen ein eigenes System zu finden Das Konzept der Rezeption unterscheidet sich von den historischen Thematisierungen des Lesers und des Textes. Aus der wirkungsästhetischen Perspektive sind die Rezeptionen von Lakon und Gundolf handlungsorientierte und sinnstiftende Reflexionen sowie Gegenstand für Autoren Selbstreflexion. Die Aktualisierung und Entfaltung der zunächst potentiellen Textbedeutung der Metamorphose der Pflanze wird auf die Rezeption der Erwartungshorizonte Lakons und Gundolfs bezogen. Dies geschieht bezogen auf ein System lebensweltlicher, wertmaßstäblicher und ästhetischer Normen, von deren Hintergrund der Text wahrgenommen und wieder in dialogischer Beziehung als Text konstruiert wird. Dem Wandel des Erwartungshorizonts entspricht ein Wandel der konstruierten und erlebten Textbedeutungen.

Die Analyse von Lakons und Gundolfs Realisationen zeigt deutlich, dass die Bedeutung von Goethes Metamorphose der Pflanze erst während der aktiven Rezeption Lakons und Gundolfs gebildet wurde, da sie unter unterschiedlichen wirkungsästhetischen Perspektiven sowie Autoren Selbstreflexionen realisiert worden sind. Aufgrund dessen, wird die zentrale Auffassung der Rezeptionstheorie bestätigt.

Schlagwörter: Rezeption, Rezeptionsgeschichte, Rezeptionsästhetik, Erwartungshorizont, (Literarische)Wertung, Dialogizität, Horizontverschmelzung, Reflexion, Kontemplation, Konkretisation, Metamorphose.

1 EINLEITUNG

Es gibt dreierlei Arten Leser; eine, die ohne Urteil genießt, eine dritte, die ohne zu genießen urteilt, die mittlere die genießend urteilt und urteilend genießt; diese reproduziert eigentlich ein Kunstwerk aufs neue […]. (Goethe 1991: 456)

„[Z]u einer Zeit, in welcher das wahre Wesen der Pflanzenernährung nicht einmal in seinen gröbsten Zügen erkannt war“ (Lakon 1919: 159), entstand im Jahre 1790 durch die morphologische Naturbetrachtung Goethes seine Prosaabhandlung Versuch die Metamorphose der Pflanze zu erkl ä ren . In dieser Schrift ging es Goethe um den Nachweis eines organischen Aufbaus der Naturphänomene und einer prozesshaften Entwicklung, die er Metamorphose nannte. Bei Goethes Zeitgenossen fand der Aufsatz jedoch keine Resonanz, was man verstehen kann, „sobald man sich auf Grund der Literatur auf das Niveau der wissenschaftlichen Botanik gegen Ende des achtzehnten Jahrhunderts stellt […]“ (Lakon 1919: 158). Auch im Vortrag Mays aus dem Jahr 1904 wird ersichtlich, dass Goethes „geniale naturwissenschaftliche Arbeiten“ (May 1904: 51) bei der großen Mehrzahl der Fachgelehrten seiner Zeit „Spott und Hohn“ (May 1904: 52) fanden. Nach Darwin sei das anders geworden, berichtete er. Er vertrat die Meinung, dass die damalige Wissenschaft um 1904 „vom Geist Goethischer Forschung“ (May 1904: 52) durchdrungen sei, da sich Darwins gefesselte rohe Empirie erst durch Goethes dichterischen Phantasieflug befreite. Was Goethe begann, vollendete Darwin und wo Goethe unterlag, siegte Darwin, meinte May und sah Goethe als Prophet und Darwin als seinen Erfüller. (May 1904: 52) Dem gegenüber berichtete Bliedner noch im Jahre 1901, es gäbe zwar von dem namhaften Haeckel im Jahre 1882 einen Vortrag über die Naturanschauung von Darwin und Goethe, jedoch drang von diesen nicht allzu viel an die Öffentlichkeit oder man beachtete ihn nicht sehr. Die in Haeckelschen Kreisen zum Dogma gewordene Behauptung, dass „der größte deutsche Dichter dem künftigen Darwin und folgerichtig auch dem künftigen Haeckel“ (Bliedner 1901: 2) bereits nützlich gewesen sei, überging man stillschweigend.

Anerkennung fanden Goethes Ausführungen jedoch bei Steiner. In seinen Einleitungen zu Goethes Naturwissenschaftlichen Schriften resümierte Steiner im Allgemeinen über Goethes wissenschaftliche Arbeiten. Er war der Meinung, dass die Naturwissenschaft vor Goethe das Wesen der Lebenserscheinungen nicht kannte und „die Organismen einfach nach der Zusammensetzung aus Teilen“ (Steiner 1962: 9) untersuchte. Dieses Verfahren wurde sowohl bei anorganischer als auch bei organischer Natur praktiziert. Bei organischer Natur kam man deswegen auf eine falsche Deutung. Eine falsche Deutung lässt sich aber erst erkennen, wenn das ganze Wesen durch die „Triebfedern der Naturwirkungen“ (Steiner 1962: 9) betrachtet wird. Das Bedeutsame an der Pflanzenmetamorphose nach Goethe, liegt, Steiners Meinung nach, nicht in der Entdeckung der einzelnen Tatsachen der pflanzlichen Organe, sondern „in dem großartigen gedanklichen Aufbau eines lebendigen Ganzen durcheinander wirkender Bildungsgesetze, welche daraus hervorgeht“ (Steiner 1962: 11). Die Größe dieses Gedankens wurde, nach Steiner, sichtbar als Goethe dann auch diesen großartigen gedanklichen Aufbau des lebendigen Ganzen auf die Tierwelt ausdehnte und das Vorhandensein des Zwischenkieferknochens beim Menschen entdeckte (Wyder 1999: 38). Steiners Meinung nach, geht das wahre Verhältnis der Goetheschen Naturanschauung der Pflanze einem Beobachter nur dann auf, wenn man versucht, „sich denselben [Pflanze] im Geiste lebendig zu machen“ (Steiner 1962: 11). Man kann dann begreifen, „daß er [Beobachter] die in die Idee übersetzte Natur die Pflanze selbst ist, die in unserem Geiste ebenso lebt wie im Objekte […].“ (Steiner 1962: 11f.). Man kann bemerken, dass „man sich einem Organismus bis in die kleinsten Teile hinein beleb[en]“ (Steiner 1962: 12) kann und zwar, als Organismus, der nicht als toter, abgeschlossener Gegenstand, sondern als ein sich entwickelnder, werdender, in stetiger Bewegung ist. Beim Versuchen „wird sich uns zugleich das wahre Verhältnis der Goetheschen Naturanschauung zu jener unsere Zeit offenbaren, namentlich zu Entwicklungstheorie in moderner Gestalt.“ (Steiner 1962: 12), meint Steiner.

Auch heutzutage, fast 220 Jahre nach dem Erscheinen von Goethes Prosaabhandlung Versuch die Metamorphose der Pflanze zu erkl ä ren , zählt Goethes tiefer Einblick in die Auffassung vom Wesen und Werden der Natur immer noch zu den bedeutendsten Vorläufern der Gedanken in Darwins Theorie (Wyder 1999: 38f.). Eine andere Frage ist, ob man Goethes naturwissenschaftliche Schriften heute noch kennt (Lautenbach 2004:

5). Durch sein im Jahre 2004 herausgegebenes Lexikon Goethe-Zitate: Auslese f ü r das 21. Jahrhundert aus Werk und Leben bietet Lautenbach dem Leser die Möglichkeit, sich in ausgewählte Goethe-Zitate zu vertiefen, mit der Begründung, dass Goethe in seinen Parabeln ebensolche Phänomene verkündet, mit denen sich der Mensch erst jetzt im 21. Jahrhundert auseinander setzte und an sich förderte: „Die Werte von Selbstbewußtsein und Autonomie […], ein hohes Maß an Selbstbestimmung und ein Freiwerden von Fremdbestimmung.“ (Lautenbach 2004: 5). Lautenbachs Meinung nach zeigte Goethe uns „das Sehnen nach der Entfaltung [des] eigenen Lebens, nach Umwandlung [und] Erneuerung des Menschenwesens.“ (Lautenbach 2004: 5). Goethes Gestalten- und Verwandlungslehre, die Morphologie und Metamorphose betreffend, äußerte sich Lautenbach folgendermaßen: „auch heute [sind sie] als einer der, Hauptschlüssel zum Erkennen evolutionärer Entwicklungen“ (Lautenbach 2004: 17) anzusehen.

Darwin wurde vor 200 Jahren geboren und seine revolutionäre Theorie, wonach die Menschen, Tiere und Pflanzen nicht von Gott erschaffen, sondern Ergebnis der Evolution seien, wurde am 24. November 1859, vor 150 Jahren veröffentlicht (Gustafsson 1976: XII). 69 Jahre davor, im Januar 1790, erschien Goethes Prosaabhandlung Versuch die Metamorphose der Pflanze zu erkl ä ren (Kuhn 1966: 574). Darin beschreibt Goethe die Metamorphose einer einjährigen Blütenpflanze vom Samen bis zur Blüte. „Die Bildungsgesetze der Natur mit ihren Komponenten der Metamorphose der Polarität und der Steigerung“ (Kluge/Radler 1974: 209) sind nach Goethe die Prämissen der Existenz. Analog zu diesem Thema, entwarf Darwin 69 Jahre später die Metamorphose der Evolution in Form der Evolutionstheorie und revolutionierte damit die Wissenschaft (Riedl 2000: 248f.). Es stellt sich die Frage, ob es sowohl bei Goethe als auch bei Darwin um die gleichen Gesetze der Metamorphose geht? Bei Goethe und seiner Metamorphose der Pflanze geht es um die Mikroebene und bei Darwin und seiner Evolutionstheorie um die Makroebene des Naturbereiches. Warum wurden Goethes naturwissenschaftliche Schriften nicht anerkannt, wo doch Darwins Evolutionstheorie noch heute gültig ist?

Die Metamorphose organisches Wachstum, dehnt sich über den Biologiebereich hinaus, zumindest über die Bereiche der Physik (Börnsen 1985: 152f.), Chemie, Mathematik (Krätz 1998: 210) und Geometrie1 (Lauterbach 2004: 275). Wenn man Steiners Betrachtung der Goetheschen Naturanschauung, in der Natur „in unserem Geiste ebenso lebt wie im Objekte“ (Steiner 1962: 11) dazu nimmt, könnte man sich dann nicht fragen, ob man auch die Psychologie dazu nehmen sollte? Könnte man die Analogie der Metamorphose auch in der anorganischen Welt finden? Welche wegweisenden Konsequenzen könnte Goethes Abhandlung über die Metamorphose der Pflanze bzw. seine Naturbetrachtung und Erkenntnisse im Allgemeinen bei einer erneuten Untersuchung vom Standpunkt des heutigen naturwissenschaftlichen Niveaus aus bringen? „[I]m Hinblick auf die Problemlagen unserer heutigen Zeit, des 21. Jahrhunderts“ (Lautenbach 2004: 5) sind, Lautenbachs Meinung nach, Goethes Themen, mit denen er sich leidenschaftlich vor mehr als 200 Jahren beschäftigte und die oben schon erwähnt wurden, aktueller denn je. Zudem geht aus Lautenbachs Einleitung in seinem Buch Lexikon Goethe-Zitate: Auslese f ü r das 21. Jahrhundert aus Werk und Leben hervor, dass die „echte Aktualität einer Aussage oder eines Werkes […] nicht vom Zeitpunkt seines Erscheinens ab[hängt], sondern, vielmehr von der ◌Mächtigkeit wie es bei Goethe prägnant heißt.“ (Lautenbach 2004:5).ۥeines Geistes

Der Chemiker Krätz betont in seinem Buch Goethe und die Naturwissenschaften , das im Jahre 1998 erschien, zwei wichtige Momente der Beziehung Goethes zur Natur. Wenn ein Naturforscher Erfolg haben will, soll er die Rechte der Natur sichern und ehren, weil er nur dort, wo die Natur ungestört ist, die Natur erfolgreich untersuchen könne (Krätz 1998: 204). Darüber hinaus ist der Naturforscher selbst, soweit er sich seiner Sinne bedienen kann, der genaueste physikalische Messapparat der Natur2 (Krätz 1998: 204). Dieses Gedankenkonstrukt klänge möglicherweise praxisfremd für die Zeitgenossen Goethes. Sogar Goethe selbst gab einmal zu, dass der Zweck, den er den Pflanzen gegenüber vor Auge hatte, bei seiner Denk- und Handelsweise unerreichbar geblieben sei. Das „scheinbar resignierende Resümee“ (Krätz 1998: 102) war jedoch anscheinend vorübergehend, da Goethe einige Monate vor seinem Tode seinem Schreiber den umfangreichen Aufsatz Allgemeine Spiraltendenz der Vegetation sowie darauf folgend Weitere Studien zur Spiralentendenz diktierte . Mit diesen Schriften kam er den wahren Gesetzlichkeiten, der Morphologie der Pflanze näher „als die Mehrheit seiner Zeitgenossen“ (Krätz 1998: 102). Gleichwohl lässt sich dies erst jetzt in der neueren Zeit „mit der Erforschung der Desoxyribonucleinsäure, der Dechiffrierung des genetischen Codes und der Entwicklung der Molekularbiologie und Gentechnologie“ (Krätz 1989: 102) beweisen.

Der Physiker Kassing behauptete im Frühjahr 2007, dass es für die Physiker auch heutzutage noch zwei Schwerpunkte gibt: „Zu erkennen, was die Welt im Innersten zusammenhält“ (Goethe 1986: 13) (Kassing 2007: 1), und dessen Anwendung zur Erhöhung unseres Lebensstandards und unserer Lebensqualität. In und mit seinem Faust wollte Goethe auch erkennen, was die Welt im Innersten zusammenhält: „Schau alle Wirkenskraft und Samen, und tue nicht mehr in Worten kramen.“ (Goethe 1986: 13), bilanziert er. (S. Kap. 2.1.)

Außer seiner dichterischen Begabung und außergewöhnlichen Naturanschauung, die sich „schon von Kindheit in ihm lebendig“ (Friedenthal 1963: 365) erwies und sich dann später durch die Beschäftigung mit der Philosophie Spinozas3 bekräftigte und bestätigte, verfügte Goethe über ein „Gott-Natur“ (Friedenthal 1963: 365) -Bild, in dem die Natur und der Mensch als Manifestation des Göttlichen erscheinen. Ein für die damalige Zeit außergewöhnliches, reflektierendes Lebensbild. Dies kommt zum und genaueste physikalische Apparat, den es geben kann‛ (Steiner 1962: 333, zit. nach Goethe Wilhelm Meisters Wanderjahre III, Aus Makariens Archiv) Vorschein in seinem Brief vom 1. Mai 1828 an Nicolaus Borchardt, indem er ihm erklärte, warum er genau diese „poetische Darstellung der Zustände, teils wirklicher, teils idealer“ (Goethe 1988, Bd. 4: 275), die er benutzte, am vorteilhaftesten findet: „[D]amit ein sinniger Leser sich in den Bildern bespiegeln und die mannigfaltigsten Resultate bei wachsender Erfahrung selbst herausfinden möge.“ (Goethe 1988, Bd. 4: 275). Darüber hinaus ist auch im Brief vom 27. September 1827 an Carl Jacob Ludwig Iken über seine Schreibmittel zu erfahren. Goethe bemerkte, dass „sich gar manches unserer Erfahrung nicht rund aussprechen und direkt mitteilen läßt“ (Goethe 1988, Bd. 4: 250). Deswegen wählte er eine Schreibtechnik, die „einander gegenübergestellte und sich gleichsam ineinander abspiegelnde Gebilde den geheimere[n] Sinn dem aufmerkenden“4 (Goethe 1988, Bd. 4: 250) Leser offenbarte.

Wenn auch noch heutzutage, wie oben erwähnt, 200 Jahre nachdem sich Goethe mit Faust über die Frage „was die Welt im Innersten zusammenhält“ (Goethe 1986: 13) beschäftigte, das gleiche Thema bei Physikern nach wie vor aktuell ist, kann man mit recht die Frage stellen: ist der geheimere Sinn der Goetheschen naturwissenschaftlichen Erkenntnisse in seinen Texten dem Leser noch immer verborgen?

Um dieser Frage nachzugehen geht diese Magisterarbeit in die Zeit zurück, die ungefähr in der Mitte steht zwischen dem Erscheinungsjahr von Goethes Prosaabhandlung 1790 und heute (s. Anh. 1). Untersucht werden zwei Rezeptionen5 und deren Realisationen6, aus den Jahren 1919 und 1918 (s. Anh.1) (s. Abb. 1). Es wird im „Feld der hermeneutische[n] Ebene der Rezeption“ auf der „historische[n] Ebene der Rezeption“ (Schöttker: 1996: 538) gearbeitet (s. Anh. 1) um der grundlegenden Auffassung aller Richtungen der Rezeptionstheorie nachzugehen: Stimmt es, dass die Bedeutung eines Textes immer erst während der Rezeption, und zwar im Wechselspiel zwischen dem Text und der Aktivität des Lesers, gebildet wird?

Meine Sachen k ö nnen nicht popul ä r werden; Wer daran denkt und dafür strebt, ist in einem Irrtum. Sie sind nicht für die Masse geschrieben - nur für einzelne Menschen, die etwas Ähnliches wollen und suchen, und die in ähnlichen Richtungen begriffen sind. (Goethe 1828: 370)

1.1 Material

Das Material der empirischen Untersuchung besteht aus zwei Rezeptionen, die in Form der Realisationen7 (s. Abb. 1) wiedergegeben wurde. Die erste Realisation ist die Analyse von Goethes Prosaabhandlung Versuch die Metamorphose der Pflanze zu erkl ä ren (s. Abb. 1) des Botanikers Georg Lakon (s. Kap. 2.2): Goethes physiologische Erkl ä rung der Pflanzenmetamorphose als moderne Hypothese von dem Einfluss der Ern ä hrung auf Entwicklung und Gestaltung der Pflanze , die im Jahre 1919 die Grundlage seiner Antrittsrede war und im Jahre 1921 im Fachblatt Beihefte zum Botanischen Centralblatt herausgegeben wurde. Die zweite Realisation ist die Interpretation von Goethes Betrachtung der Metamorphose der Pflanze und Beziehung zur Natur, des Literaturwissenschaftlers Friedrich Gundolf (s. Abb. 1), die im Buch Goethe , unter Absatz Natur im Jahr 19168 erschienen ist. Lakons Realisation untersucht, analysiert und bewertet jede Stufe, die Einzelheiten von Goethes Ansicht davon, wie die Pflanze wächst und sich ernährt, vom Samen bis zur Blüte im naturwissenschaftlichen Sinne . Demgegenüber stellt Gundolf die Metamorphose der Pflanze in Zusammenhang mit Goethes italienischer Reise eine ganz andere ästhetische Einstellung dar (s. Abb. 1). Gundolf geht auf die „griechische Grundgesinnung [als] der Schlüssel zu allen italienischen Erfahrungen Goethes“ (Gundolf 1918: 376), wo der Mensch als „das Maß der Dinge“ (Gundolf 1918: 375), als Einheit der beiden Reiche Natur und Kunst (Makroebene (s. Abb.1)) gesehen wird, ein. Lakon analysiert jede einzelne Stufe des Pflanzenwachstums (Mikroebene (s. Abb.1)) und vergleicht Goethes Abhandlung mit dem Stand der naturwissenschaftlichen Erkenntnisse der Botanik um 1919. Er betrachtet

Goethes Aufsatz Versuch die Metamorphose der Pflanze zu erkl ä ren als ein naturwissenschaftliches Werk9. Die Realisationen stehen in einer inversen Beziehung zueinander. Zwischen Goethes Werk und den Realisationen durch Gundolf und Lakon liegen fast 130 Jahre. (s. Anh. 1)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1. Aufstellung des Primärmaterials10

1.2 Focus und Fragestellung der Arbeit

Der Focus dieser Arbeit liegt in der zentralen Auffassung der Rezeptionstheorie, dass die Bedeutung eines Textes erst während der Rezeption gebildet wird, als Wechselspiel zwischen dem Text und der Aktivität des Lesers (Richter 1996: 517) (s. Abb.2), wobei diese Arbeit sich die Aufgabe genommen hat, dies zu bestätigen oder abzulehnen. Dabei wird der Schwerpunkt auf der Aktivität des Lesers bei der Rezeption des Textes (s. Abb. 11) aus der rezeptionsästhetischen Perspektive gelegt (Jauß 1975: 127) um auf die zweite Frage dieser Magisterarbeit, welche Rolle der Leser in dem geschichtlichen Leben eines Werkes hat (Jauß 1970: 159), beantworten zu können (s. Abb. 2). Bereits die Tatsache, dass die Rezeption des Lesers eine der wichtigsten Rollen für die Bedeutung eines Textes spielen sollte, stellt sich notwendiger Weise eine weitere, dritte Frage in dieser Arbeit: In welchem Sinne kann man von einer adäquaten Rezeption sprechen (Richter 1996: 517) (S. Abb. 2)? (S. Anhang 5)

1.3 Methode

Die Wertung, Dialogizität und ästhetische Erfahrung bei der Rezeption von Texten sind die Voraussetzungen für die aktive Teilnahme des Lesers und werden als primäre methodologische Vorgehensweisen dieser Arbeit festgelegt. Das Material, dass dieser Arbeit zugrundeliegt besteht aus insgesamt 67 Belegen. Die Analyse der Belege wird durch die Annahme einer normativen Perspektive nach Winko (s. Kap. 3.8) durchgeführt. Wertmaßstäbe sind immer mit den individuellen Interessen des Lesers verbunden. Laut Winkos rezeptionstheoretischen Ansätzen (s. Kap. 3.8), sind die wirkungsbezogenen Werte, die Informationsgewinn, die Wissensvermittlung und die Reflexion immer mit den präformierenden Gedankenstrukturen11, von Jauß sogenannten Erwartungshorizont (s. Kap. 3.8), verbunden. Leitende Referenzsysteme bedienen sich Wertmaßstäben um Beurteilen zu können, damit wird das Konzept des historisch- ästhetischen Erwartungshorizonts möglich (s. Kap. 3.8). Ingardens schematisierte Ansichten, die in einem Text vorkommen, tragen im gewissen Sinne potentielle Existenzen die vom Leser ergänzt und ausgefühlt werden. Mit diesem Verfahren wird in erster Linie eine quantitative Ergänzung des naturwissenschaftlichen Textes Lakon gewonnen da es sich hier um einen naturwissenschaftlichen Text handelt und auf den fachbezogenen Inhalte nicht näher eingegangen wird (s. Kap. 2.2).

Dialogisches und damit prozeßhaftes, aktives Verhältnis während der Rezeption, erzeugt nach Jauß geschichtsbildende Energie der Neuschöpfung - wandelnder Erfahrungshorizont einer Kontinuität des geschichtlichen Lebens eines Werkes12 (s. Kap. 3.8). Nach Ingarden, bewirken äußere sinnliche Wahrnehmungen innere lebhafte Selbstpräsentationen (s. Kap. 3.8). Auf diese Teile der Rezeption wird mit Jaußs theoretischen Ansatz Selbstgenu ß im Fremdgenu ß eingegangen (s. Kap. 3.8). Damit geht Jauß zurück in die Antike, an die Entdeckung und Rechtfertigung der kathartischen Lust, „mit der Aristoteles die ’gradlinige Wirkungsmechanik’ korrigierte“ (Jauß 1977: 48) Dieses Thema ist seitdem immer wieder aufs Neue entdeckt worden13 und stellt somit einen zeitlosen, grundlegenden Akt der Rezeption dar, da sich immer wieder in der historischen Moment einbettet aber im Grunde nicht verendet.

1.4 Aufbau der Arbeit

Diese Arbeit baut die Erkenntnisprozesse in sieben Kapitel auf. Das Forschungsziel, der Aufbau und das Material dieser Arbeit, stehen in der Einleitung. Hier wird auch die Methode präsentiert und die Fragestellungen erläutert. In Kapitel zwei werden die Autoren und ihre Werke vorgestellt. Der theoretische Teil (s. Kap. 3) präsentiert Rezeptionsvorgang und Wertung, Rezeption als Terminus und Konzept, die Geschichte der Rezeption, Rezeptionsästhetik sowie die nötigen literatur-bzw. naturwissenschaftlichen Hauptbegriffe, die für das Verständnis dieser Arbeit wichtig sind. Dort wird die Theorie analytisch bearbeitet um die Herausforderung eines zugleich naturwissenschaftlichen und literatur / geisteswissenschaftlichen Texts (s. Kap. 2.1) erfühlen zu können. Mit der Erläuterung der Theorie der Rezeptionspraxi wird das dritte Kapitel beenden. Das vierte Kapitel besteht aus der Analyse. Hier wird die Methode vorgestellt und die Abgrenzung des Untersuchungsgegenstandes innerhalb der Rezeptionsforschung gemacht. Der Ablauf der Analyse wird beschrieben um auf die zentrale Frage (s. Abb. 2) eingehen zu können, werden zuerst die beiden Realisationen in 67 Belegen gefasst, untersucht und ausgewertet. Dem folgt die Besprechung der Ergebnisse. Das Kapitel schließt mit der Untersuchung der Rezeptionen von Lakon und Gundolf unter dem Aspekt der kommunikativen Leistung der ästhetischen Erfahrung. Die Ergebnisse sowie der Ausblick der Arbeit werden in Kapitel fünf zusammengefasst.

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Abbildung 2. Aufstellung Haupt- und Nebenfragen

2 SEINER ZEIT VORAUS

In diesem Kapitel werden die Biographien der behandelten Autoren und die Werke der Primärliteratur vorgestellt. In Kapitel 2.1 kommt Goethes Biographie sowie folgend sein Werk Versuch die Metamorphose der Pflanze zu erkl ä ren, das im Jahr 1790 herausgegeben wurde, vorgestellt. Das nächste Kapitel 2.1 ist für die Biographie des Botanikers Lakon und seine Realisation14 Goethes physiologische Erkl ä rung der Pflanzenmetamorphose als moderne Hypothese von dem Einfluss der Ern ä hrung auf Entwicklung und Gestaltung der Pflanze reserviert. Die Analyse war seine Antrittsrede, gehalten am 12. März 1919 in der Aula der Technischen Hochschule in Stuttgart. Im letzten Abschnitt dieses Kapitels wird die Biographie des Literaturwissenschaftlers Gundolf geschildert und seine Realisation15 in dem Buch Goethe , unter Kapitel Natur , vorgestellt.

2.1 Johann Wolfgang von Goethe und Metamorphose der Pflanze

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3. Johann Wolfgang von Goethe

Johann Wolfgang Goethe wurde am 28. August 1749 in Frankfurt am Main geboren. Seine Geburtsstadt war damals eine reiche und angesehene frei Reichstadt wo ein geweckter Junge vieles beobachten und erleben konnte. (s. Gaiser 1953: 5) Seine Mutter, Catharina Elisabeth war von freundlicher Natur und besaß Sinn für Humor, Poesie und Theater. Sein Vater, Johann Caspar war bei der Erziehung seiner beiden Kinder Johann Wolfgang und Cornelia sehr engagiert. Die Kinder wurden von Privatlehrern zu Hause unterrichtet. Neben Latein, Griechisch, Englisch, Französisch und Italienisch standen auch Zeichnen, Malen, Reiten, Fechten und Tanzen sowie eine Musikausbildung auf dem Lehrplan. (S. Neumayr 1997: 19.) Die Geschehnisse außerhalb des Elternhauses haben auch eine prägende Rolle für die Entwicklung des jungen Goethe gespielt. Als Johann Wolfgang sieben Jahre alt war, begann der Siebenjährige Krieg und als er zehn wurde, kamen französische Einquartierungen in das Vaterhaus. (S. Geiser 1953: 5.) Darüber hinaus fällen Goethes Jugendjahre in die Zeit der tief greifenden Umgestaltung der Epoche. Das Bürgertum löste die feudalistischen Wertsysteme auf und dadurch wurden wirtschaftliche Fortschritte ermöglicht. Die Entdeckungen Galileis, Newtons und Leibniz´ zeigten logisch vorstellbare Mechanismen der Natur. Als Kant dann einen neuen Wert auf das Individuum legte, wurden die grundlegenden Vorrausetzungen der Umgestaltung der Epoche geschaffen. (S. Parry 1993: 68ff.) Zu Goethes Jugendzeit war Frankfurt eher nach dem französischen Westen gerichtet, wo sich schon „das Neuere an Baulichkeiten“ (Benz 1966: 330) entwickelte. Goethe hatte von frühauf eine Ahnung von Italien. Goethes Vater interessierte sich für italienische Kultur und Sprache und seine Leidenschaft und den unvergesslichen Eindruck einer Reise in den Süden teilte er mit Begeisterung seinem jungen Sohn mit. (S. Benz 1966: 330.) Auch sein eignes Verhalten zur Gottheit und zur Natur entwickelte sich schon in den Kindheitsjahren, indem er „spielend einem Gott persönlichster Vorstellung einen Altar bildete, Blumen und Pflanzen aller Art opferte und dabei Weihrauch entzündete“ (Benz 1966: 331). Die Neugier Goethes als junges Wesen, das ausbildungsfördernde Elternhaus und tiefgreifende Wandlungen in der Gesellschaft, legten zusammen den Grundboden für Goethes Engagement als Erwachsener, nämlich als Dichter und Naturkenner.

Zu einer ersten praktischen Beschäftigung mit natürlichen Phänomenen kam er im Winter 1768/69, als eine lebensbedrohliche Krankheit den 19-jährigen Studenten der Jurisprudenz bedrohte und ins Elternhaus zurück zwang. Er stellte selbst alchemistische Mittel her und hoffte auf Heilung. Damit begann sein Weg als Forscher. (S. Wyder 1999: 22.) Um die Schöpfung im Kleinen nachzuvollziehen, las er zusammen mit seiner Mutter und deren Freundin Susanna Katharina von Klettenberg einschlägige alchemistische und hermetische Literatur wonach er selbst Experimente unternahm. Von nun an glaubte er, dass „Leben eine Haupteigenschaft der Natur sei und Lebendiges daher immer von Neuem entstehen könne“ (Wyder 1999: 22). Auch die enge Zusammenarbeit in Weimar mit Johann Gottfried Herder, dessen Hauptwerk Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit (1784) eine ganze Entwicklungs- Geschichte der Erde enthält, bot, Wyders Meinung nach, Anstoß dazu, sich intensiv weiter mit dem Geheimnis des Lebens zu befassen. Im Frühling 1785 begann Goethe mit der Züchtung von Infusionstierchen16. Im September 1786 kam es zu dem fluchtartigen Aufbruch nach Italien17. Damit ließ Goethe diese Studien hinter sich und nahm sie nie wieder auf. (S. Wyder 1999: 22.)

Dass das Wachstum einer Pflanze anderen Gesetzen gehorcht als das von anorganischen Körpern, wurde ihm in Italien klar (s. Wyder 1999: 22f.). Dort „erweiterten sich Goethes botanische Ideen in ungeahntem Maße“ (Wyder 1999: 56). Erste Bestätigungen „seiner Einsichten in die Bildungsgesetze der Pflanzen“ (Hölscher-Lohmeyer 1989: 235) fand er im botanischen Garten von Padua. Er beschäftigte sich intensiv mit den statischen Klassifikationsversuchen in der Botanik und betonte kritisch, dass die Pflanzenformen nicht ursprünglich determiniert seien. (S. Kluge/Radler 1974: 209.) Im Jahre 1790, als Zusammenfassung seiner Erkenntnisse, erschien der Versuch die Metamorphose der Pflanzen zu erkl ä ren (s. Wyder 1999: 22f., 56).

Versuch die Metamorphose der Pflanzen zu erkl ä ren

Durch seine italienische Reise (1786-1788) und die dort neugewonnenen Erkenntnisse, durch genaue Beobachtung der Formübergänge der Pflanze, schrieb Goethe im Januar 1790 sein Werk Versuch die Metamorphose der Pflanzen zu erkl ä ren (s. Benz 1966: 415). Das Werk wird in Hauptwerke der deutschen Literatur als Aufsatz18 (s. Kluger/Radler 1974: 209), im Buch Johann Wolfgang von Goethe als Prosawerk19 (Jeßing 1995: 28) und in Goethe-Lexikon als Abhandlung20 (Wilpert 1998: 697) kategorisiert.

Das Werk besteht aus 18 Abhandlungen und 123 Paragraphen, in denen er versucht, die übereinstimmende Art des Wachstums von den Samenblättern, über Stängelblätter bis zu den Blumenblättern bzw. wieder zum Samen zu erklären. Das einjährige stufenweise Wachstum der Pflanze, die er Pflanzenmetamorphose nannte, wird im Detail beschrieben, d. h. wie sich die komplizierten Formen der Pflanze durch den Wechsel von Ausdehnung und Zusammenziehen in verschiedenen Sprossabschnitten, stufenweise aus der einfachsten Form, den ersten Samenblättern, der Reihe nach zu Keimblättern, Stängelblättern, Kelch und Frucht mit der neuen Ausbildung des Samens entwickeln. (Kluge/Radler 1974: 209) Im dreizehnten Abschnitt weist er detailliert auf den Bereich der Zoonomie hin (Kuhn 1988: 198). Hier versucht er die physikalischen Kräfte in der Pflanze, d. h. die „Organfunktion und den Bewegungsapparat“ (Kuhn 1988: 198), zu beschreiben.

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Abb. 4. Versuch die Metamorphose der Pflanze zu zeichnen

Er berichtet, wie die Knoten „von [der] Natur die Kraft“ (Goethe 1790: 54) haben „mehrere Augen hervorzubringen“ (Goethe 1790: 54). Goethe erschien es, dass die Blätterfunktion eine vorbereitende und mitwirkende Bedeutung für „die Bildung und das Wachstum der Augen“ (Goethe 1790: 54) habe. Das Auge in seiner Wirkung vergleicht er „mit dem reifen Samen“ (Goethe 1790: 54). Er vermutete sogar, dass „oft in jenem [Auge] noch mehr als in diesem [Samen] die ganze Gestalt der künftigen Pflanze erkannt werden kann“ (Goethe 1790: 54). So erschien ihm die Physiologie der Pflanze, „die geistigen Kräfte der Lebewesen“ (Kuhn 1988: 198). Goethes Beobachtungen der Naturphänomene stimmen mit dem Stand der Erforschung seiner Zeit überein (Kuhn 1988: 198). Man sah die physiologischen Phänomene, im Gegensatz zu den physischen, als die allgemeineren Phänomene (s. Abb. 10, S. 40), wodurch man den Zugang zum Lebewesen erreichen konnte. (S. Kuhn 1988: 198.) Solches Verstehen betrachtet nicht nur die Lebewesen im engeren Sinn, sondern „die Organisation der ganzen Natur, die nun nicht mehr als Maschine oder Uhrwerk beschrieben wird, sondern als Analogon eines großen Organismus“ (Kuhn 1988: 198).

Seine Morphologie sah Goethe als Hilfswissenschaft der Physiologie bzw. eine Art Erklärung der Naturstrukturen. „Ob sich gleich an dem Auge ein Wurzelpunct so leicht nicht bemerken läßt, so ist doch derselbe eben so darin wie in dem Samen gegenwärtig […]“ (Goethe 1790: 55), berichtet er im dreizehnten Kapitel Von den Augen und ihrer Entwicklung . Hier zeigt sich deutlich Goethes anschauliche Vermögen zur Urteilskraft. Diese physiologische Betrachtung des Organischen, dessen Wachstum und dessen Vermehrung, sowie des lebendigen Wesens im Allgemeinen ermöglichten ihm seine enorme Fähigkeit das organische Ganze so tief in seinem eigenen Inneren zu reflektieren. Diesbezüglich berichtet er in seiner Schrift Betrachtung ü ber Morphologie , wie er die lebendige Naturstruktur in physischer Form erlebt: „Die Körper werden bewegt, insofern sie eine Länge, Breite und Schwere haben, Druck und Stoß auf sie wirkt, und sie auf eine oder […] andere Weise von der Stelle gebracht werden können“ (Goethe 1966: 122). Die Saftenlehre , die durch die Wissenschaft inzwischen als überholt gilt, diente weiterhin lediglich nur als Hilfsmittel zur Erklärung und Betrachtung des Bauplanes der Pflanze (s. Kuhn 1966: 574).

Nach jahrelanger scharfer Polemik mit seinen Zeitgenossen, schrieb Goethe seinen Aufsatz Erfahrung und Wissenschaft über seine Erkenntnismethoden der Naturphänomene. „[D]enn ich sprach nur aus, was in mir aufgeregt war, nicht aber was ich gelesen hatte“ (Goethe 1971: 28). Hier geht es ihm eigentlich um eine Erklärung, wie er die Mitteilungen Kants über reine Vernunft und Urteilskraft erlebt und betrachtet hat. Goethe unterscheidet im Wesentlichen das, was er bei Kant gelesen hat, von dem, was die Lektüre in ihm aufgeregt hat. „Auf mich selbst zurück gewiesen studierte ich das Buch immer hin und wieder“ (Goethe 1966: 28), betont er. Goethes Kant-Lektüre war lediglich der Ausgangspunkt für die eigene Methodenentwicklung, die synthetischen und analytischen Verfahren um die Systole und Diastole des menschlichen Geistes beobachten zu können, zu entwickeln. Das bringt möglicherweise den Schlüssel zum Verständnis der Erkenntnisprozesse Goethes näher. Eigenen Angaben nach, Goethe sprach nur aus was in ihm aufgeregt war, unabhängig davon was er in der Lektüre Kants tatsächlich gelesen hat.21

Ein weiterer wichtiger Punkt in Goethes Versuch die Metamorphose der Pflanzen zu erkl ä ren ist die „abwechselnde Wirkung der Zusammenziehung und Ausdehnung, wodurch die Natur endlich ans Ziel gelangt“ (Goethe 1790: 30). Bei Goethes Zeitgenossen stieß das Werk auf „Geringschätzung“ (Lakon 1921: 158) auf Grund mangelnder Fachkompetenz seitens der Gelehrten seiner Zeit. Antistatische gedankliche Konstruktionen22 über die Naturphänomene 50 Jahre bevor die Evolutionstheorie offiziell anerkannt wurde, gehörten zum Undenkbaren.

Als die Bildungskomponente der Polarität und Steigerung, die im Wechsel von Ausdehnung und Zusammenziehen in der Pflanzenmetamorphose stattfinden, sah Goethe „die Vorschrift der Natur“ (Kluge/Radler 1974: 209). Diese Überlegungen betonte er, indem er Polarität und Steigerung als die „zwei großen Triebräder aller Natur“ (Goethe 1966: 48) bezeichnete, „insofern wir sie materiell“ (Goethe 1966: 48) und gleichzeitig „geistig denken“ (Goethe 1966: 48). Goethe hatte damit zwei Arten zu denken: materiell und geistig. Das Triebrad „ist in immerwährendem Anziehen und Abstoßen“ (Goethe 1966: 48) meinte er. Da die „Materie nie ohne Geist, der Geist nie ohne die Materie existiert und wirksam sein kann, so vermag auch die Materie sich zu steigern, so wie sichs der Geist nicht nehmen läßt, anzuziehen und abzustoßen“ (Goethe 1966: 48). „Da nun aber beide Kräfte zugleich wirken“ (Goethe 1966: 35), ist es genau der Grund warum es schwierig ist, sich die materielle und geistige Wirkung in der gleichzeitigen Gegenspannung vorzustellen, fand Goethe heraus. Er meinte, die „Idee der Metamorphose [sei] eine höchst ehrwürdige, aber zugleich höchst gefährliche Gabe von oben“ (Goethe 1966: 35), weil sie ins Formlose führt und das Wesen auflöst und zerstört (s. Goethe 1966: 35). Gleichzeitige Polarität und Steigerung in immerwährendem Anziehen und Abstoßen geistig und materiell gleichzeitig im Sinne Goethes zu denken ist wohl auch heutzutage eine unübliche Gedankenfolge. Diese Bildungskomponente der Polarität und Steigerung, die im Wechsel von Ausdehnung und Zusammenziehen in der Pflanzenmetamorphose stattfindet ist möglicherweise genau wonach er suchte, als er sich die Frage stellte, was die Welt im Inneren zusammenhält (s. Kap.1). Er meinte, dies sei eine Vorschrift der Natur und es sei durch das Schauen auf „alle Wirkenskraft und Samen“ (Goethe 1986: 13) und nicht durch ein sprachliches Verhandeln zu erkennen (s. Goethe 1986: 13).

Wie schon oben erwähnt, bekam das Werk Versuch die Metamorphose der Pflanzen zu erkl ä ren, von Zeitgenossen eine laue Rezeption. Demgegenüber sah Goethe selbst die naturwissenschaftliche Bedeutung dieser Prosaabhandlung darin, dass er über Linnés geordnetes Pflanzenverzeichnis hinaus gekommen sei. (Kluger/Radler 1974: 209). Er hält Linné neben Shakespeare und Spinosa23 für einen der drei großen Lehrer, denen er am meisten zu verdanken habe. In einem Brief an C. F. Zelter vom 7. November 1816 äußerte sich Goethe über die Wirkung von Linnés Lehre auf ihn wie folgt: „Ich habe unendlich viel von ihm gelernt, nur nicht Botanik“ (Goethe 1988: 376). Was er genau gelernt habe, sagte er nicht deutlich, aber man kann sich an dieser Stelle die Frage stellen: Ist nicht Linnés Methode der Trennung der Teile bzw. die dazu führende Systematik jene Methode, die Goethe die Erkenntnis über das Zusammenwirken und Anknüpfen der Teile an das Ganze, das Lebendige, brachte? Zusammenwirken und Anknüpfen an das Ganze, durch die zwei großen Triebräder der Natur, nämlich Polarität und Steigerung, insofern wir sie geistig reflektierend denken können?

[D]ie Anschauung der zwei großen Triebräder aller Natur: der Begriff von Polarität und von Steigerung, jene der Materie insofern wir sie materiell, diese ihr dagegen, insofern wir sie geistig denken, angehörig; jene ist in immerwährendem Anziehen und Abstoßen, diese in immer strebendem Aufsteigen. Weil aber die Materie nie ohne Geist, der Geist nie ohne Materie existiert und wirksam sein kann, so vermag auch die Materie sich zu steigern, so wie sich´s der Geist nicht nehmen läßt, anzuziehen und abzustoßen; wie derjenige nur allein zu denken vermag, der genugsam getrennt hat, um zu verbinden, genugsam verbunden hat, um wieder trennen zu mögen. (Goethe 1971: 48)

formuliert Goethe die Zusammenhänge seiner Naturforschung. Ein weiterer interessanter Punkt, der schon oben in anderem Zusammenhang erwähnt wurde, bezieht sich auf Goethes Prosaabhandlung und Kant und ist in Bühlers Herausgabe von Goethes Metamorphose der Pflanze aus dem Jahr 1947 zu finden. In seinen Gesprächen mit Eckerman stellte Goethe fest, dass er über die Metamorphose der Pflanze in einer Zeit schrieb, bevor er etwas von Kant wusste. Dennoch war das Werk im Sinne Kants verfasst, da er zwischen Subjekt und Objekt unterschied und die Existenz des Selbstwillens anerkannte. Goethe hatte es sich zur Lebensaufgabe gemacht, Subjekt von Objekt zu unterscheiden und daraus anschauliche Erkenntnisse zu gewinnen.(S. Bühler 1947: 57.)

Knapp vierzig Jahren nachdem er die Metamorphose der Pflanze, im Jahre 1790 herausgegeben hat, äußerte Goethe seine Überlegungen über die empirische Methode die er bei der Forschung der Pflanzenmetamorphose anwendete, sowie wie er zum Entdeckung kam:

Mit meiner „Metamorphose der Pflanzen“ ging es mir eigen; ich kam dazu wie Herschel zu seinen Entdeckungen. Herschel nämlich war so arm, daß er sich kein Fernrohr anschaffen konnte, sondern daß er genötigt war, sich selber eins zu machen. Aber dies war sein Glück; denn dieses selbstfabrizierte war besser als alle andern, und er machte damit seine großen Entdeckungen. In die Botanik war ich auf empirischen Weg hereingekommen. Nun weiß ich noch recht gut, daß mir bei der Bildung der Geschlechter die Lehre zu weitläufig wurde, als ich den Mut hatte, sie zu fassen. Das trieb mich an, der Sache auf einem Wege nachzuspüren und dasjenige zu finden, was allen Pflanzen ohne Unterschied gemein währe, und so entdeckte ich das Gesetz der Metamorphose. Der Botanik nun im einzelnen weiter nachzugehen, liegt gar nicht in meinem Wege, das überlasse ich andern, die es mir auch darin weit zuvortun. Mir lag bloß daran, die einzelnen Erscheinungen auf ein allgemeines Grundgesetz zurückzuführen, (Goethe 1947: 59) wonach deutlich zu erfahren ist, dass es ihm um eine induktive Perspektive24 der Naturerkenntnis ging.

2.2 Georg Lakon und Goethes Pflanzenmetamorphose

Georg Lakon wurde am 23. 4. 1882 als Sohn eines Mathematikprofessors in Athen geboren. Nach der Reifeprüfung im Jahr 1900, absolvierte er sein naturwissenschaftliches Studium in Athen, mit Schwerpunkt Botanik und promovierte vier Jahre später bei Prof. S. Miliarki. Er wurde Kustos am Institut für Botanik. Er kündigte die Stelle, als er nach Deutschland emigrierte. Dort widmete er sich der Samenforschung und Saatgutprüfung und wurde ein international anerkannter Botaniker. Der Umfang seiner wissenschaftlichen Arbeiten, die ein sehr weites Gebiet der Botanik umspannen, beträgt etwa 200 Werke. (Lindenbein 1959: 16f.) Seine Forschungsvorhaben verfolgte er mit „bewundernswerter Beharrlichkeit“ (Steiner 2004: 106). Er gehörte zu den Pionieren der biologischen Schädlingsbekämpfung. Darüber hinaus entwickelte er zwischen 1918 und 1959 die topographische Tetrazolium-Untersuchung, die „als der größte technologische Fortschritt in der Saatgutprüfung des 20. Jahrhunderts“ (Steiner 2004: 106) galt. Die von Lakon gegründete Dehydrogenasehistochemie ist ein im Allgemeinen vielseitiges Werkzeug für Studien auf vielen wissenschaftlichen Gebieten, einschließlich der Medizin (Steiner/Kruse 2003: 4) Lakons Konzept bildet noch, nach mehr als 85 Jahren die Basis der internationalen Lehre für die Samen-Prüfung (Steiner/Kruse 2003: 4).

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Abb. 5. Dr. Georg Lakon

Lakon hielt seine Antrittsvorlesung am 12. März 1919 in der Aula der Technischen Hochschule in Stuttgart. Er präsentierte dabei seine Analyse Goethes physiologische Erkl ä rung der Pflanzenmetamorphose als moderne Hypothese von dem Einfluss der Ern ä hrung auf Entwicklung und Gestaltung der Pflanze . Lakon analysierte Goethes Ansicht über die Entwicklung der einjährigen Blütenpflanze als gesetzmäßige Folge von Blattmetamorphosen. Die Arbeit wurde im Botanischen Zentralblatt , Band XXXVIII, publiziert.

In der Analyse untersucht der Botaniker Lakon detailliert Goethes Auffassung der Entwicklung der einjährigen Blütenpflanze als gesetzmäßige Folge von Blattmetamorphosen. Er vergleicht Goethes Erkenntnisse der Metamorphose aus dem Jahr 1790 mit den damaligen Erkenntnissen der wissenschaftlichen Botanik und ist überrascht, dass er „bei sozusagen zufälliger Einsicht in das Goethesche Original, Gedanken fand, die auf einem Gebiet liegen, auf dem [er] in den letzten Jahren selbst tätig“ (Lakon 1921: 159) war. Außerdem dachte Lakon, dass die Untersuchungen auf diesem Gebiet verhältnismäßig neueren Datums seien. Dabei stellte er fest, dass einige von Goethes Erkenntnissen über die Metamorphose der Pflanze von Goethes Zeitgenossen nicht verstanden wurden, auf Grund der mangelnden Erkenntnisse der damaligen wissenschaftlichen Botanik. Den größten Teil von Goethes Auffassung über die Pflanzenentwicklung schätzte er fachbezogen als richtig ein. „Was große Genie ahnte, konnte erst allmählich durch mühsame exakte Forschung Schritt für Schritt erkämpft werden“ (Lakon 1921: 181), meinte Lakon in seiner Antrittsrede. Er würdigte Goethe als richtungsweisendes Genie25 (Lakon 1921: 181).

Obwohl in der vorliegenden Arbeit auf den fachbezogenen Inhalten der Analyse Lakons nicht näher eingegangen wird, da es sich hier um eine literaturwissenschaftliche Arbeit handelt, war die eigentliche Motivation dieses Primärmaterial auszuwählen und die Arbeit ins Leben zu rufen, Lakons Fachaussage, dass er überrascht war, als er in Goethes Prosaabhandlung Gedanken fand, die auf einem Gebiet liegen, auf dem er damals selbst arbeitete Außerdem, dachte er, es sei eine bis dato noch nicht untersuchter Bereich. (S. Anh. Beleg 5.)

In der Rezeption hat man über Jahrzehnten das Phänomen des Horizontwandels und den erwartungshorizontalen Vorgang thematisiert - sowohl des Textes als auch des Lesers. Es stellt sich die Frage, warum ein Text verfasst wird, der mit dem Erwartungshorizont des zeitgenössischen lesenden Publikums nicht übereinstimmt und mit geschichtliche Bewußtseinsformen keine oder wenig Resonanz findet? (S. Abb. 7.) Ein Horizontwandel findet nur mit den nötigen Voraussetzungen statt. Welche Erklärung kann hier die Rezeptionswissenschaft bieten?

2.3 Friedrich Gundolf und sein Absatz Natur in dem Buch Goethe

„Der berühmteste Germanist seiner Zeit“ (Osterkamp 2000: 162) Friedrich Gundolf wurde am 20. Juni 1880 als Sohn des Mathematikprofessors Sigmund Gundelfinger und Amalie, geb. Gunz, in Darmstadt geboren. In seiner Geburtsstadt besuchte er in den Jahren 1886-1898 das Ludwig-Georges-Gymnasium. Zwischen den Jahren 1898 und 1903 studierte er in München, Heidelberg und Berlin deutsche Philologie, Kunstgeschichte und Philosophie. 1903 promovierte er mit seiner Arbeit Cesar in der deutschen Literatur bei Erich Schmidt in Berlin. Gundolf wurde 1911 an der Heidelberger Universität habilitiert, wo er auch bis zu seinem Tod im Jahre 1931 lehrte. Schwerpunkte seiner Lehre waren unter anderem der Humanismus, die Reformationszeit, das Barock, die Aufklärung, die Klassik, die Romantik sowie die Literatur des 19. Jahrhunderts. (Horn 2003: 638f.) Seine Vorlesungen und Vorträge waren gut besucht. (Osterkamp 2000: 162). Außerhalb seiner Lehrtätigkeit war er ein engagierter Schriftsteller (Lyriker) (Horn 2003: 638). Zu Lebzeiten fehlte es ihm „nicht an Ruhm“ (Osterkamp 2000: 162). Ab 1899 war er Mitglied des George-Kreises (Horn 2003: 638).

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Abb. 6. Dr. Friedrich Gundolf

In seinen literaturwissenschaftlichen Arbeiten versuchte Gundolf eine neue geistesgeschichtliche Form der Literaturbetrachtung zu vermitteln. In den Mittelpunkt stellte er „die lebensphilosophisch geprägte Erfassung des Dichters“ (Otnad 1999: 159). Themen seiner wissenschaftlichen Forschung waren die großen Künstler seiner Epoche und die neue Belebung der Klassiker durch den damaligen Zeitgeist z. B.: Johann Wolfgang von Goethe, Martin Luther, William Shakespeare und Friedrich Gottlieb Klopstock. Gundolfs Bücher erreichten hohe Auflagen, seine akademische Karriere war äußerst produktiv, dennoch bleiben „die Repräsentanten seiner Zeit“ (Osterkamp 2000: 162) relativ unbeeindruckt von Gundolfs Erfolg. Die Persönlichkeiten, die Gundolf als Forschungsgegenstand wählte, wurden in seinem Werk „mit einer kosmischen Lage und einem geschichtlichen Augenblick“ (Gundolf 1920: 417) impliziert (s. Abb. 7). Sie sind die „Dichter des Gesamtmenschen“ (Osterkamp 2000: 171) seiner Zeit und „verkörper[n] das ewige Menschentum“ (Gundolf 1920: 417). Sie sind der Sprache so mächtig, dass die materialisiert werden kann (Osterkamp 2000: 171). Sein Gestalt verkörpern Gundolfs Dichter in ihren Werken, wobei, wiederum ihr Leben und Werk „In eins verschmolzen“ (Osterkamp 2000: 171). Zu diesen Gestalten zählt Gundolf nur fünf: Goethe, Hölderlin, Napoleon, Nietzsche und George (Gundolf 1920: 417). Diese bezeichnet er als „sinnbildliche Bewahrer“ (Gundolf 1920: 417) des „Gesamtmenschen“ (Gundolf 1920: 417).

In seiner Goethe-Monographie radikalisierte Gundolf die Prinzipien seiner Gestaltsbetrachtung (Otnad 1999: 159). Seine Werke sind allerdings keine Biographien die „vom gelebten und ereigneten Draußen zur gestalteten Mitte, um das Drinnen aus einem Draußen abzuleiten, zu deuten, zu erklären“ (Regenbogen 1931: 5). Der Ausgangspunkt ist vielmehr eine vom „Sprachausdruck gewordenen Welt, [weil] von da aus erst alles Äußere, Farbe und Umriß, Eigenschaft, Sinn und Wert erfaßt“ (Regenbogen 1931: 5) wird. Traditionelle Philologen konnten die Bedeutung von Gundolfs Goethe als Gesamtdarstellung nicht bestreiten, dennoch führte „Gundolfs provokant-selbstbewusste Mißachtung aller philologischen Gepflogenhei- ten“ (Osterkamp 2000: 169), trotz großem Erfolg, mit Gundolfs Ausgrenzung aus der Wissenschaft. Die kritische Diagnose lautete: „Gundolf sei Künstler der Wissenschaft.“26 (Osterkamp 2000: 169). Der Einspruch war erfolglos, da Gundolf keine institutionelle Macht besaß. Allerdings hatte er, im Unterschied zu seinen Kollegen, viele Leser (Osterkamp 2000: 162). Gundolf schrieb seine Bücher für ein breites Publikum. Seine Goethe-Monographie machte ihn zum „prominentesten Germanisten seiner Zeit“ (Osterkamp 2000: 170), der akademischen Karriere war sie nicht förderlich.

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Abbildung 7. Einheit einer Person mit einer kosmischen Lage in Gundolfs Gestaltbegriff

Die Goethe-Monographie war 1916 erschienen, nachdem die erste Fassung schon 1911 vorlag (König/Lämmert 1993: 639). Das Buch umfasst 800 Seiten. Die Grundlage war ein chronologisch-biographisches Grundschema (Osterkamp 2000: 168). Gundolf interpretiert Goethes Gestaltbegriff, der eine Verschmelzung von Goethes Leben und Werk bedeutet. Damit konzentrierte er sich auf die Darstellung von Goethes gesamter Gestalt: „der größten Einheit worin deutscher Geist sich verkörpert hat.“ (Gundolf 1918:

1). Jedenfalls liegt der Schwerpunkt nicht in der Form sondern in seiner Entwicklung. Auch nicht „was sich entwickelt, sondern wie [es] sich entwickelt“ (Gundolf 1918: 1). Kunst werde bei Goethe, nach Gundolf, die primäre Form des Lebens und das Leben selber ein Werk, „denn der geistige, vor allem der schöpferische Mensch tut und erleidet nichts, bewegt und entwickelt nichts was nicht ein Bild von ihm machte“27 (Gundolf 1918: 1). So erklärte er seinen Ausgangspunkt in der Einleitung des Buches. Gundolf grenzt das Werk von allen Formen herkömmlicher Biographik ab und schildert Goethes „unmittelbare Kräfte des Urlebens“ (Osterkamp 2000: 162).

Goethes Methode, die Natur zu begreifen, schildert Gundolf im zweiten Teil des Buches ( Bildung ), Abschnitt Natur . Da beschreibt er zudem, wie Goethe die Metamorphose der Pflanze erkennen konnte. Gundolf meinte, es sei Goethe möglich gewesen, da er sich mit einem ausgeprägten Körpergefühl darin versetzen konnte. Goethe war es möglich sich in das Wesen der Pflanze hinein zu reflektieren (Gundolf 1918: 378). Daran erkennt und vermittelt Gundolf Goethes Naturwissenschaft als Erfahrung von innen nach außen und nicht umgekehrt. Die Erkenntnisse Goethes wertet Gundolf „als eine tiefsinnige Umdeutung seines urgegebenen Mikrokosmus in einem Makrokosmus.“ (Gundolf 1918: 381). Laut Gundolf sah sich Goethe als „ein Wesen das aus Gegensätzen bestehe und zur Einheit und zum Ausgleich strebe, und zweitens als ein Wesen das wachse und steige.“ (Gundolf 1918: 380). Diese stark empfundene Einheit projizierte Goethe in die Natur. Gundolf sah in Goethe „das größte verewigte Beispiel der modernen Welt“ (Gundolf 1918: 2), das durch seine bildnerische Kraft, instinktiv oder als bewusster Wille, alle Eigenschaften aus der Natur als Rohstoff in Lebensgestalt verwandelt (s. Gundolf 1918: 3). Gundolf sieht Goethe als der „einzige Deutsche, der jene Harmonie völlig erreicht hat“ (Gundolf 1918: 4). Goethes Werke seien nur aus seinem Leben zu erklären, meint Gundolf „denn sie selbst sind sein Leben“ (Gundolf 1918: 4).

Das, was Goethe dem Naturforscher empfiehlt, das gilt nach Gundolf auch, für Goetheforscher: „Man suche ja nicht hinter Phänomenen, sie selbst sind die Lehre.“ (Gundolf 1918: 4). Die Sprache sieht Gundolf „nicht nur als Arsenal der Begriffe und Gedanken“ (Gundolf 1918: 6), sondern als Quelle der Laute und Rhythmen, als „eine unmittelbare Natur.“ (Gundolf 1918: 6), die, dem Denken, dem Leben, dem Geist und der Natur zugleich gehöre. Diese Maßstäbe waren vielleicht der Grund, warum trotz aller literaturwissenschaftlichen Missachtung der philologischen Traditionen - die Goethe-Monographie Gundolfs in der literarischen Öffentlichkeit gewaltige Resonanz ausübte. In der Tagespresse und in Fachzeitschriften erschienen etwa hundert Rezensionen. (Osterkamp 2000: 162-168)

[...]


1 „Doch erst zur Tat erregt den tiefsten Sinn - Geometrie, die Allbeherrscherin: Sie schaut das All durch ein Gesetz belebt, Sie mißt den Raum und was im Raume schwebt; Sie regelt streng die Kreise der Natur, Hiernach die Pulse deiner Taschenuhr; Sie öffnet geistig grenzenlosen Kreis - Der Menschenhände Kümmerlichsten Fleiß.“ (Goethe 2004: 275)

2 Vgl. dazu z. B. Steiner (1962): „Der Mensch ist das Organ“, durch das die Natur ihre Geheimnisse enthüllt“(Steiner 1962: 333f.), kommt aus Steiners Goethes naturwissenschaftliche Schriften , vor. Wenn der Mensch in seiner gesunden Natur als ein Ganzes wirkt, dann gelangt er an sein Ziel und wird durch selbst Empfindung das Weltall (s. Steiner 1962: 333). Das Ziel des Weltalls liegt „[n]icht in dem, was die Außenwelt liefert“ (Steiner 1962: 333), sondern in dem „was im menschlichen Geiste lebt und aus ihm hervorgeht“ (Steiner 1962:333). Schließlich, Goethe war der Meinung, durch die Instrumente und objektive Versuche sei es dem Naturforschen nicht möglich in das Innere der Natur vorzudringen und betonte, dass „der Mensch an sich selbst, insofern er sich seiner gesunden Sinne bedient, […]der größte

3 Vgl. dazu Förster (2008). Spinosas Idee einer scientia intuitiva ist Försters Meinung nach eine der mögliche Erklärung über das Goethische anschauende Wissen der Pflanzenmetamorphose (s. Förster 2008: 10. In seiner Ethik schreibt Spinoza von einer anderen Wahrheitsnorm die Essenzen der Dingen begriffen läst (s. Förster 2008: 10).

4 Laut Polanyis „tacit knowing“-Konzept, dass Bild des Erwerbs und der Binnenstrukturen von Erfahrungswissen untersucht, kann man an die komplexe Wahrnehmungsprozesse folgende Fragen stellen: Warum und inwiefern wissen Könner mehr, als sie zu sagen wissen ? Wie ist dieses implizites Wissen strukturiert? Und wie läßt sich ein Wissen vermitteln, das nicht sprachlich ausdruckbar ist? (s. Neuweg 1999: 2) Gleiche Gedanken beschäftigen auch Knoppe mit der Frage: Wie dieses Wissen in Literatur gelangt? (Knoppe 2007: 398) (s. Abb. 8)

5 Unter Rezeption wird hier die Aufnahme und Wirkung eines Textes beim Leser verstanden, die als Gesamtheit der Interaktionen zwischen Leser und Text in komplexen kommunikativen Eineigung stattfindet (s. Wilpert 1989: 769)

6 1. Lakon, Georg (1919): Goethes physiologische Erkl ä rung der Pflanzenmetamorphose als moderne Hypothese von dem Einfluss der Ern ä hrung auf Entwicklung und Gestaltung der Pflanze; 2. Gundolf, Friedrich (1918): Natur in Goethe (S. 376-381).

7 Realisation im Sinne des neu geschaffenen Werkes, als empirisch greifbares Ergebnis der Rezeption.

8 Diese Arbeit benützt die sechste, unveränderte Auflage aus dem Jahr 1918.

9 Bisher wurde kein naturwissenschaftliches Schrift mit der Methode der Literaturwissenschaft untersucht. Damit stellt diese Untersuchung eine einmalige Herausforderung dar.

10 S. in Kap. 2.1 Angaben zur Gattung; Aufsatz, Prosawerk, Abhandlung . In dieser Arbeit wird Goethes Werk als Prosaabhandlung behandelt, weil es aus der Sicht des Rezipienten Lakon, wie eine wissenschaftliche Abhandlung und aus der Sicht des Rezipienten Gundolf, wie ein literarisches Werk rezipiert wurde.

11 Vgl. Brandstätter (2008: 99): Erwartungen die wir auf Grund vorhergeheder Wahrnehmungen aufgebaut haben werden hier klar zwischen Wahrnehmung und Empfindung abgegrenzt.

12 Vgl. hierzu Warnings (1994: 20): Wirkungsgeschichte die eine fortgesetzte Folge der „interpretatorischer Horisontverschmelzung „ (Warning 1994: 20) ist.

13 Vgl. auch Schleiermacher (1988: 139): „denn ¸die organische Affection wird nur Wahrnehmung unter Voraussezung eines Großen Complexus von geistigen Thätigkeiten und einem hohen Grade von Freiheit dieser psychischen Thätigkeiten und von den Trieben.’“ (Aus Psychologie (1862), S. 90) In: (Pleger 1988: 139)

14 Goethes Aufsatz Versuch die Metamorphose der Pflanze zu erkl ä ren, 1790.

15 Goethes Aufsatz Versuch die Metamorphose der Pflanze zu erkl ä ren, 1790.

16 „In Heuaufgüssen und anderen Flüssigkeiten [sich]entwickelnde Mikroorganismen, die unmittelbar aus dem Wasser oder aus zersetzten Pflanzenteilen immer neue entstanden.“ (Wyder 1999: 22.).

17 Vgl. Sachzusammenhang bei Gundolf.

18 Nach Wilpert (1989: 62) bedeutet Aufsatz:“[ A]llg. jede kürzere Behandlung eines Themas in kunstloser Form […]“.

19 Nach Wilpert (1989: 716) „in Prosa verfasste Werke [sind] geradeausgerichtete Reden, die nicht durch Metrum oder Reim gebunden sind […]“.

20 Nach Wilpert (1989: 3) meinte man im Barock unter Abhandlung „deutsche Bezeichnung für einen Akt wissenschaftlicher Untersuchung und Darstellung eines Problems bzw. Gegenstandes […]“.

21 „[E]ine reflexive Wendung: sich in einer Sache verstehen“ (Jauß 1994: 16) fasst Jauß das Phänomen des Begreifung von Gestalt und Sinn eines Werkes, zusammen.

22 Vgl. Weintraub (1966). Das gleiche Annäherung an seiner empirischen Welterfassung suchte laut Weintraub auch Burckhardt Jakob (1818-1897) indem er vielseitig beträchtlichem Feld des menschlichen Wissens, insbesondere in der Weltgeschichliche Betrachtungen, eine Anschaung zum sehen und zum visualisieren ordnete (s. Weintraub 1966:125).

23 Dennoch, laut Kuß, unterschiedet sich Goethe in seinem Ansichten von Spinoza indem, dass „bei Spinoza versinkt das Viele im Einem“ und bei Goethe „offenbart sich das Eine im Vielen“ (s. Kuß 2007: 5)

24 Vgl. Mücke (2006: 33).

25 DUW (2001): „lat genius = Geist, Schutzgeist, Erzeuger) Begabung zu eigenschöpferischer Gestaltung und ›genialer Mensch‹ als wesentliche irrational bestimmter Träger dieser Fähigkeit, gekennzeichnet durch Intuition, Originalität und Spontanität. […] DIDEROT betont die Fähigkeit zu Gott. Begeisterung und Schöpferkraft. ”

26 Jedoch, im Jahre 1929 veröffentlichte Gundolf sein Aufsatz ›Geistesgrößenwahn‹ und erwartete, vor allem von dem Vermittlern des Wortes, der Literatur und Kunst der Bescheidung (s. Schmitz 1980: 451). Damit wandte sich Gundolf gegen die neigung seiner Zeit, im Geistigen alle grenzen zu überschreiten und einen „neuen Geniekult zu pflegen“ (Schmitz 1980: 451). Als Beispiel erwänte er Petrarcas humanistische Rhetorik, Luthers Glaubenstrotz, Geothes Selbstbesinnung in ›Dichtung und Wahrheit‹ und vor allem Nietzsches Ruf nach dem Übermenschen(s. Schmitz 1980: 451). Dringendste Aufgabe sah er in förderung einer dem Leben dienenden Wissenschaft (s. Schmitz 1980: 451).

27 Die neuere Forschungen von Wildgen zum Repräsentation und Selbstrepräsentation entwickeln einige generelle Überlegungen: dass was [sich] in der Wahrnehmung, im Gedächtnis von Wahrnehmungen manifestiert, ist eine Art von Wahrheit. Die Wahrheit, die uns „vermittelt durch Erfahrungen“ (Wildgen 1999: 78) Nun, „eine solche Reflexion unter Miteinbeziehung empirischer Einsichten stellt eine Herausforderung dar“ (s. Wildgen 1999: 78) da nicht direkt wissenschaftlich beobachtbahr ist. „Der kognitive Aspekt ist in der Psycho- und Neurolinguistik zugänglich“ (Wildgen 1999: 85), was aber fehlt ist ein Konzept Interdisziplinäre Integration und Synthese. (S. Wildgen 1999: 85.)

Ende der Leseprobe aus 130 Seiten

Details

Titel
"Was fruchtbar ist, allein ist wahr"
Untertitel
Zur Rezeption von Goethes Metamorphose der Pflanzen bei Georg Lakon und Friedrich Gundolf
Hochschule
University of Vaasa  (Institut für Deutsche Sprache und Literatur)
Note
3
Autor
Jahr
2010
Seiten
130
Katalognummer
V192638
ISBN (eBook)
9783656177128
ISBN (Buch)
9783656177784
Dateigröße
11740 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Rezeption, Rezeptionsgeschichte, Rezeptionsästhetik, Erwartungshorizont, literarische Wertung, Dialogizität, Horizontverschmelzung, Reflexion, KOntemplaton, Konkretisation, Metamorphose
Arbeit zitieren
Zeljka Letincic-Lyyki (Autor:in), 2010, "Was fruchtbar ist, allein ist wahr", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/192638

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