Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1. Minna Specht
1.1 Biografie
1.2 Spechts pädagogischen und politischen Phasen
2. Walkemühle
2.1 Pädagogisches Wirken in der Walkemühle
2.2 Die Erwachsenenbildung
3. Landerziehungsheime
3.1 Antizipation, Wirkung und Konsequenzen der Landerziehungsheime
3.2 Landerziehungsheime heute
Nachwort
Literaturverzeichnis
Einleitung
Meine Ausarbeitung zu der Landerziehungsheimbewegung befasst sich vor allem mit den Inhalten, der von D. S. und mir gestalteten Seminarsitzung am 16. Juni 2008. In der schriftlichen Ausarbeitung werde ich sowohl Inhalt als auch Ablauf meines Referates beibehalten. Demzufolge werde ich mit Minna Specht beginnen, über das Landerziehungsheim Walkemühle, in dem sie einige Jahre Leiterin war fortfahren und hier im Besonderen die Erwachsenenabteilung beleuchten, da dies besonders für mein Studium als Erwachsenenbildner von großem persönlichen Interesse ist. Für Minna Specht habe ich mich zum einen aufgrund der Erwachsenenabteilung entschieden, zum anderen, weil Specht eine sehr politische Pädagogin war und ich die Kombination von Politik und Pädagogik für sehr spannend halte Anschließend werde ich die Vor - und Nachteile, sowie die Bedeutung und Auswirkung auf die heutige Zeit betrachten und abschließend einen kleinen Exkurs in die heutige Zeit der Landerziehungsheime aufzeigen An diesem Punkt ist mir auch wichtig die Aktualität der Landerziehungsheime in der heutigen Zeit aufzuzeigen, um einen Bogen in die Gegenwart zu spannen. Abrundend wage ich ein persönliches Statement zu der Landerziehungsheimbewegung.
1. Minna Specht
1.1 Biografie
Obwohl Minna Specht eine der größten Pädagoginnen in der Landerziehungsheimbewegung war, wird ihr Name in der Literatur nur selten überhaupt erwähnt und wenn, dann nicht neben ihren ebenbürtigen Pädagogen wie Paul Geheeb, Hermann Lietz oder Gustav Wyneken genannt.1
Im folgenden Teil möchte ich nun ihren Lebenslauf beleuchten, da dieser und weitere soz. Begebenheiten vor allem in ihrer Kindheit einige Parallelen und Schlüsse auf ihr späteres pädagogisches Verhalten aufweisen.
So führte ihre Mutter als Alleinstehende das Schloss als Hotel weiter und führte somit ein regelrechtes Wirtschaftsunternehmen. Zeit für die Kinder hatte sie kaum, sodass diese viel Freiraum bekamen und sich selbst und die Umwelt frei und ungezwungen entdecken konnten. Außerdem wurden die Kinder nicht von der eigenen Mutter, sondern von einer Gouvernante erzogen. Darüberhinaus lebten die Kinder in den Sommermonaten direkt in der Natur, im Sommerhaus2.
Minna Specht wird am 22.12.1879 als siebtes Kind des Ehepaares Mathilde und Wilhelm Specht geboren und wächst auf Schloss Reinbek auf. Ihr Vater verstarb relativ früh, sodass ihre Mutter alle Kinder alleine aufziehen musste. Sie verbrachte die Schulzeit von 1884 bis 1894 in einer kleinen Reinbeker Privatschule, danach in einer höheren Mädchenschule in Bergedorf3.
Von 1896 bis 1899 wurde sie im Seminar der Klosterschule in Hamburg zur Lehrerin ausgebildet, was gegen ihren Willen geschah. Die eng und formal gebundene Art, in der der Schulunterricht dort gelehrt wurde, stieß sie so ab, dass sie sich zunächst um eine private Stelle als Erzieherin bewarb. Von 1899 bis 1902 war sie Erzieherin zweier Töchter einer Familie. Hier entdeckte Minna Specht die Freude am Unterrichten. Minna Specht unterbrach ihre Berufstätigkeit, um sich als 27-Jährige weiter zu qualifizieren, nachdem es Lehrerinnen mögliche wurde, sich in Universitätsstudiengängen zur Oberlehrerin ausbilden zu lassen. Sie studierte von 1906 bis 1909 in Göttingen, dazwischen ein oder zwei Semester in München Geschichte, Geographie, Geologie und Philosophie. In der Abschlussprüfung erhielt sie in allen Fächern "Sehr gut". Anschließend arbeitet sie 2 Jahre als Lehrerin bevor sie weitere Vertiefungstudien in Mathe belegte. In diesem zweiten Studium lernte sie den Philosophie-Dozenten Leonard Nelson kennen, dessen Ideen und pädagogische Konzeptionen ihren weiteren Lebensweg bestimmen sollten. Sie lebte mit ihm zusammen ohne zu heiraten. Der Grund für die Ehelosigkeit war zum einen, dass beide die Ehe als hinderlich für das Arbeiten ansahen. Zum Anderen mussten damals noch Lehrerinnen im Zölibat leben. Eheschließung hätte zur Berufaufgabe des heißgeliebten Berufes von Specht geführt. Für damalige Verhältnisse war dieses eheähnliche Zusammenleben skandalös. Das Hauptbestreben Nelson lag in einem Sittengesetzes, das als Idee der Gerechtigkeit die Beziehungen der Menschen untereinander verbindlich regeln soll. Für Nelson war die Erziehung zur Freiheit, die mit dem gleichen Anspruch aller anderen Menschen auf Würde und Freiheit zusammen bestehen kann, in erster Linie Erziehung zur Pflicht: nämlich zur eigenverantwortlichen und aus eigener Einsicht vollzogenen Bereitschaft, die gleichberechtigte Würde des anderen jederzeit verbindlich zu respektieren. 1917, während des 1. Weltkrieges, gründen Minna Specht und Nelson u.a. eine pazifistische Vereinigung, die sich als Erziehungsgemeinschaft versteht und strenge Forderungen an ihre Mitglieder stellt. Minna Specht trat aus der Kirche aus, wurde Mitglied im Verband für Freidenkertum und Feuerbestattung, trat für die Jugendweihe ein, betätigte sich in einer politische Partei, zunächst in der USPD, dann in der SPD, rauchte nicht und trank keinen Alkohol, ernährte sich vegetarisch und trieb viel Sport. Das Einhalten dieser sog. "Mindestforderungen" war Bestandteil der Selbsterziehung, Selbstdisziplinierung und Charakterschulung, die in der Gemeinschaft um Nelson als unerlässlich für die Vorbereitung auf politische Führungsfunktionen gewertet wurde, und Minna Specht folgte diesen Grundsätzen. Sie setzte sich für die Gründung staatlich finanzierter LEH und die radikale Erneuerung nach dem ersten Weltkrieg4.
1924 wurde Minna Specht Leiterin des LEH Walkemühle, in dem sozialistische Führungspersönlichkeiten ausgebildet wurden u. Kinder zum unabhängigen Menschen erzogen werden sollen. In jenem Jahr unternahm sie auch einige Reisen in die UDSSR. Zwei Jahre später wurde sie aufgrund von parteischädigendem Verhalten aus der SPD ausgeschlossen. Daraufhin wurde sie Mitbegründerin einer sozialistischen Partei mit der Idee der Gerechtigkeit.1931 ging Minna Specht als Zeitungsredakteurin nach Berlin, weil ihre Partei alle Kräfte auf die Herausgabe der Tageszeitung "Der Funke" konzentrierte. Das Ziel war, eine Einheitsfront aller Arbeiterparteien gegen die Gefahr einer nationalsozialistischen Machtübernahme aufzubauen. Dies geschah unter anderem durch den Aufruf zu einem Wahlbündnis zwischen SPD und KPD im Januar 1932. Dem Scheitern folgte wenige Monate später die Regierungsübernahme Hitlers.1940 wurde Minna Specht für ein Jahr auf die Isle of Man interniert, weil sie als Deutsche, als "feindliche Ausländerin" eingestuft wurde. Bereits 1942 entwickelte sie ein Konzept für ein vom Nationalsozialismus befreites Deutschland. Ein Jahr nach Kriegsende remigrierte Minna Specht im Alter von 65 Jahren nach Deutschland und leitete eines der bekanntesten Landerziehungsheime, die Odenwaldschule bis 1951. Unter dem Motto "Mut zur Lücke" setzte sie auch die Oberstufenreform in Hessen in Gang, die eine Reduzierung des Fächerkanons beinhaltete. Minna Specht starb am 3.Februar 1961 in Bremen5.
Minna Specht Minna muss wohl eine Art Allrounder gewesen sein, die großen Einfluss auf ihre Umgebung ausübte. Manchmal zeigte sie ihre Meinung, bzw. übte sie bereits allein mit bloßen Gesten oder Nichtstun die Autorität auf andere Menschen aus. Specht besaß laut Nelsons einerseits: Mut, Ausdauer, Energie, Neugier, Durchsetzungsvermögen, Wissbegierde, etwas Abenteuerlust und den Wunsch nach Eroberungen. Andererseits aber auch: Warmherzigkeit, das große Interesse an Menschen und die tiefe Anteilnahme, ohne die eine Pädagogin nicht wirksam sein kann.
1.2 Spechts pädagogischen und politischen Phasen
Minna Spechts pädagogisches und politisches Wirken lässt sich grob in vier Phasen einteilen, denen sie unterschiedliche Bedeutungen zukommen ließ. So können als explizite Phasen die Walkemühle, die Exilschulen in Dänemark und Großbritannien, die theoretische Arbeit im Exil in London, wie auch ihr Wirken in der Odenwaldschule nach 45 genannt werden.6
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1 vgl. Inge Hansen-Schaberg 1992, S.13
2 vgl. http://www.philosophisch-politische-akademie.de/specht_e.html#top
3 vgl. http://www.philosophisch-politische-akademie.de/specht1.html
4 vgl. Inge Hansen-Schaberg 1992, S.21 ff
5 vgl. http://www.philosophisch-politische-akademie.de/specht_e.html#top
6 vgl. Inge Hansen-Schaberg 1992, S.169 f