Das Fernsehen befindet sich in einer Zeit des Wandels. Vor dem Hintergrund des kommerziellen Erfolges hochqualitativer Pay-TV-Sender finden sich im gehobenen Feuilleton seit Beginn des Jahrtausends mit zunehmender Tendenz Diskurse, die Wert und Qualität neuerer, meist US-amerikanischer Serien herausstellen. Im Fokus dieser Betrachtungen stehen u. a. Sendungen wie die Sopranos, The Wire, The West Wing, O. C. California, Damages oder Gossip Girl, um nur eine Auswahl zu nennen.
All den genannten Serien gemein ist, dass ihnen ein mitunter äußerst komplex gestaltetes Narrationsmuster zu Grunde liegt. Es scheint geradezu so, als wolle sich das Fernsehen von seinem „großen“ Bruder Kino emanzipieren und nun damit beginnen, die dem Format Serie eigenen Möglichkeiten und Freiräume auszuschöpfen. Diese „neuen“ Serien arbeiten oftmals nicht länger mit in sich geschlossenen Episoden, sondern mit weiten, teils staffelübergreifenden Handlungsbögen. Im Vergleich zu den klassisch geschlossenen Serie-Episoden, wie man sie etwa in Krimi- und Detektivserien der 60er und 70er Jahre findet, nehmen die Subplots einen zunehmend größeren Raum ein. In vielen Fällen versagt sogar eine solche Main-/Subplot-Unterscheidung vollständig. Nicht von ungefähr sieht etwa Nicholas Kulish, einflussreicher Kolumnist der New York Times, die Serien US-amerikanischer Pay-TV-Sender von allen Formen des Bewegtbildes am komplementärsten zur literarischen Tiefe und Differenzierung des Romans. Jason Mittell, amerikanischer Film- und Fernsehwissenschaftler, ist überzeugt davon, dass sie sich vor diesem Hintergrund neuen Verfahren und Rezeptionsformen wie etwa dem close reading öffnen.
In der nachfolgenden Arbeit möchte ich mich der Serie Gossip Girl von Josh Schwartz und Stephanie Savage nähern. Von dem Piloten ausgehend werde ich dessen Eröffnungssequenz analysieren und überprüfen, auf welche Weise die Serie den ihrem Titel immanenten Klatsch auch thematisch in den Mittelpunkt rückt. In einem zweiten Schritt werde ich versuchen, darzustellen, auf welche Weise Gossip Girl Struktur und Funktionsweise des Klatsches ästhetisch nachbildet und in einem Raum des Kinematographischen überführt. Anschließend soll untersucht werden, ob und inwiefern Klatsch und das Format der Serie selbst auf einer Meta-Ebene strukturverwandt sind.
Inhaltsverzeichnis
- Fernsehen als neue Lesepraxis
- Die Stimme des Klatsches
- Das Glied in der Kette
- Serialität und Serie
- Das Ende des Klatsches
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit analysiert die Serie Gossip Girl und untersucht, wie sie den Klatsch als zentrales Thema in ihrer Erzählung integriert und die Funktionsweise des Klatsches auf ästhetische Weise nachbildet. Dabei wird die Eröffnungssequenz des Piloten analysiert und die Beziehung zwischen Klatsch und dem Format der Serie selbst auf einer Meta-Ebene beleuchtet.
- Die Rolle des Klatsches in Gossip Girl
- Die ästhetische Nachbildung des Klatsches in der Serie
- Die Strukturverwandtschaft zwischen Klatsch und dem Serienformat
- Die Ein- und Ausgrenzung durch Klatsch auf diegetischer und metadiegetischer Ebene
- Der Einfluss des Klatsches auf die Beziehungen der Protagonisten untereinander
Zusammenfassung der Kapitel
Fernsehen als neue Lesepraxis
Dieses Kapitel beleuchtet den Wandel im Fernsehen und den Aufstieg hochwertiger US-amerikanischer Serien, die sich von klassischen Formaten abheben. Es wird auf die komplexe Narration und die zunehmenden Handlungsbögen in diesen Serien hingewiesen, die sie der literarischen Tiefe des Romans annähern. Die Serie Gossip Girl wird als Beispiel für diese Entwicklungen vorgestellt.
Die Stimme des Klatsches
Der Fokus dieses Kapitels liegt auf der Analyse der Eröffnungssequenz des Piloten von Gossip Girl. Die schnelle Schnittechnik und ikonographischen Bilder etablieren den Stadtraum New York und einen populargeschichtlichen Referenzrahmen. Der Schlüsselmoment der Sequenz ist die Einführung des Voice-Overs der Figur Gossip Girl, das den Zuschauer direkt anspricht und ihm exklusive Neuigkeiten verspricht. Die Einbindung des Zuschauers durch das Voice-Over wird in Verbindung mit der Funktion und Bedeutung des Klatsches im sozialen Kontext diskutiert.
- Arbeit zitieren
- Florian Norbert Bischoff (Autor:in), 2011, Klatsch und Serialität in der Serie »Gossip Girl« , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/192903