Leseprobe
Inhaltverzeichnis
1. Einleitung
2. Allgemeine Kriterien von Persönlichkeitsstörungen
3. Modelle zur Erfassung von Persönlichkeitsstörungen
3. 1 Klinische Erscheinungsbilder der spezifischen Persönlichkeitsstörungen nach der Klassifikation des DSM-IV
3.1.1 Persönlichkeitsstörungen des Clusters A
3.1.1.1 Paranoide Persönlichkeitsstörung
3.1.1.2 Schizoide Persönlichkeitsstörung
3.1.1.3 Schizotype Störung/ schizotypische Persönlichkeitsstörung
3.1.2 Persönlichkeitsstörungen des Clusters B
3.1.2.1 Dissoziale Persönlichkeitsstörung/ Anti-Soziale Persönlichkeitsstörung
3.1.2.2 Emotional instabile Persönlichkeitsstörung
3.1.2.3 Histrionische Persönlichkeitsstörung
3.1.2.4 Narzisstische Persönlichkeitsstörung
3.1.3 Persönlichkeitsstörungen des Clusters C
3.1.3.1 Anankastische Persönlichkeitsstörung/ Zwanghafte Persönlichkeitsstörung
3.1.3.2 Selbstunsichere Persönlichkeitsstörung/ Ängstlich (vermeidende) Persönlichkeitsstörung
3.1.3.3 Dependente beziehungsweise abhängige Persönlichkeitsstörung
3.1.3.4 Passiv-aggressive Persönlichkeitsstörung
3.2 Dimensionale Ansätze in der Persönlichkeitsforschung
4. Komorbidität/ "Gleichzeitigkeitsdiagnosen"
5. Mortalität
6. Ätiologie von Persönlichkeitsstörungen
6.1 Biologische Störungsmodelle
6.2 Psychosoziale Faktoren
6.3 Das Vulnerabilität-Stress-Modell
7. Bedeutung von Persönlichkeitsstörungen für die Beratung
7.1 Argumente für eine psychotherapeutische Behandlung
7.2 Möglichkeiten der Beratung
7.3 Wirkfaktoren gelingender Beratung in Verbindung mit Persönlichkeitsstörungen
8. Fazit
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
In der beraterischen Praxis - wie auch im Leben - treffen wir auf verschiedene Menschen, die sich jeweils durch ihre „ganz eigene und unverwechselbare Art und Weise zu denken, zu fühlen, wahrzunehmen und auf die Außenwelt zu reagieren“ auszeichnen (Fiedler 2009, S. 516). Die einzigartige Konstellationen von Emotionen, Gedanken und Reaktionen des Individuums bezeichnet man als Persönlichkeit. Eine gesunde Persönlichkeit hilft dem Individuum sich in der Gesellschaft zurechtzufinden und dabei gestalterisch und selbstbestimmt auf neue Anforderungen zu reagieren. Unter bestimmten psychosozialen und genetischen Bedingungen können Persönlichkeitszüge jedoch starr und unflexibel werden und so zu subjektivem Leiden oder Beeinträchtigungen in sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Lebensbereichen des Betroffenen führen. Es entstehen Persönlichkeitsstörungen (ebd.).
Die folgende Ausarbeitung soll zunächst einen Überblick zu grundsätzlichen Kriterien zur Bestimmung und Diagnose von Persönlichkeitsstörungen geben, um dann auf die verschiedenen Merkmale einzelner Persönlichkeitsstörungen genauer einzugehen.Verschiedene Modelle zur Beschreibung und Erfassung von Persönlichkeitsstörungen werden ebenso vorgestellt wie Erkenntnisse zu psychosozialen und biologischen Hintergründen sowie zur Komorbidität und Mortalität von Persönlichkeitsstörungen. Im Anschluss werden Grenzen und Möglichkeiten der Beratung von Klienten mit Persönlichkeitsstörungen dargestellt und es wird gezeigt, welche Faktoren eine Rolle spielen damit Beratung - insbesondere mit dieser Zielgruppe - gelingen kann.
2. Allgemeine Kriterien von Persönlichkeitsstörungen
Nach der Definition des ICD-10 zeichnet sich eine Persönlichkeitsstörung im Allgemeinen durch eine deutliche Abweichung der „charakteristischen und dauerhaften inneren Erfahrungs- und Verhaltensmuster der Betroffenen (...) von kulturell erwarteten und akzeptierten Vorgaben ("Normen")“ ab (AWMF 2011, S. 7). [1] Diese Abweichung zeigt sich in mindestens zwei der folgenden Bereiche:
- „Kognition (d. h. Wahrnehmung und Interpretation von Dingen, Menschen und Ereignissen; Einstellungen und Vorstellungen von sich und anderen)
- Affektivität (Variationsbreite, Intensität und Angemessenheit der emotionalen Ansprechbarkeit und Reaktion)
- Impulskontrolle und Bedürfnisbefriedigung
- Die Art des Umgangs mit anderen und die Handhabung zwischenmenschlicher Beziehungen“ (ebd).
Die Persönlichkeitszüge und das daraus resultierende Verhalten sind in vielen persönlichen und sozialen Situationen unflexibel, wenig angepasst oder unzweckmäßig (nicht lediglich in einer bestimmten Situation oder begrenzt auf einen „triggernden Stimulus“) (ebd.). Das beschriebene Verhalten geht mit sozialen und persönlichen Beeinträchtigungen einher und hat seinen Beginn in der späten Kindheit oder im Jugendalter. Die Manifestation erfolgt endgültig im Erwachsenenalter (vgl. Merod 2005, S. 24).[2] Das DSM-IV weist daraufhin, das Persönlichkeitsstörungen von Persönlichkeitszügen, die nicht die Schwelle einer Persönlichkeitsstörung erreichen, unterschieden werden müssen. Persönlichkeitszüge dürfen nur dann als Persönlichkeitsstörung diagnostiziert werden, wenn sie unflexibel, unangepasst, stabil und überdauernd sind und in klinisch bedeutsamer Weise zu Beeinträchtigungen in sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen führen oder subjektives Leiden verursachen (vgl. Merod 2005, S. 24, vgl. AWMF 2011, S. 5 zit. n. Schmitz et al. 2001).
Wie aus den Definitionen hervorgeht, handelt es sich um „charakteristische und dauerhafte innere Erfahrungs- und Verhaltensmuster”. Hier lässt sich eine Abgrenzung von Persönlichkeitszügen zu Symptomen und damit auch bezogen auf die Beziehung zu klinischen Syndromen erkennen: Persönlichkeitszüge werden als dauerhaft und keinen Schwankungen unterworfen beschrieben. Zudem sollen sich Persönlichkeitszüge durch ihre Ich-Syntonie auszeichnen, im Gegensatz zu Symptomen, die als ich-dyston erlebt werden.[3] Jedoch gibt es hier auch Ausnahmen, zum Beispiel können Persönlichkeitszüge wie ein geringes Selbstwertgefühl, wie es bei der selbst-unsicheren Persönlichkeitsstörung vorkommt, oder die Neigung zu dependentem Verhalten als ich-fremd erlebt werden. Bronisch (2003, S. 5 zit. n. Bronisch und Klermann 1991) macht zudem darauf aufmerksam, dass gewisse Persönlichkeitszüge auch episodisch auftreten und fluktuieren können, zum Beispiel hervorgerufen in einem oder durch einen depressiven oder Angstzustand und nach Abklingen dieser wieder (größtenteils) verschwinden. Zudem können gewisse Persönlichkeitszüge wie eine „Überempfindlichkeit gegenüber Kritik” Auslöser für die Entwicklung einer depressiven Störung sein.
Zur Diagnose von Persönlichkeitsstörung ist es weiterhin wichtig, dass die Abweichung nicht durch das Vorliegen oder die Folge einer anderen psychischen Störung des Erwachsenenalters erklärbar ist. Ebenso muss „eine organische Erkrankungen, Verletzung oder deutliche Funktionsstörung des Gehirns als mögliche Ursache für die Abweichung ausgeschlossen werden“ (AWMF 2011, S. 5). Diese können jedoch als „episodische oder chronische Zustandsbilder der Kapitel F00 bis F07“ neben der Persönlichkeitsstörung existieren oder sie überlagern (ebd.)
3. Modelle zur Erfassung von Persönlichkeitsstörungen
Zur Zeit finden die kategorialen Diagnosesysteme ICD-10 - die internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme, welche von der Weltgesundheitsorganisation herausgegeben wird - und DSM-IV - das Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders, welches von der amerikanischen psychatrischen Vereinigung herausgegeben wird - in der klinischen Praxis Anwendung (vgl. Steinmeyer&Puckrop 2003, S. 52). Aus diesem Grund sollen die spezifischen Persönlichkeitsstörungen im Folgenden eingebettet in das Cluster-Modell des DSM-IV dargestellt werden. Die Diagnosekriterien sind dabei sowohl dem ICD-10 als auch dem DSM-IV entnommen. Im DSM-IV wird darauf hingewiesen, dass die Cluster-Einteilung vor allem auf Grund deskriptiver Ähnlichkeiten vorgenommen wird und nicht übereinstimmend im Rahmen empirischer Studien validiert werden konnte. Sie stellt jedoch einen guten Überblick über das Spektrum „psychiatrischer Störungen” dar (vgl. Saß, Houbens, Herpertz 1999, S. 5 zit. n. APA 1994, vgl. Steinmeyer, Pukrop 2003, S. 52). Da in der internationalen Fachliteratur Einigkeit darüber herrscht, dass diese Art der Kategorisierung nicht ausreichend ist, wird im zweiten Schritt beispielhaft ein dimensionales Modell zur Diagnose vorgestellt, welches ergänzend oder ersetzend zu den kategorialen Diagnosesystemen gebraucht werden kann und soll (vgl. Steinmeyer&Puckrop 2003, S. 52).
3. 1 Klinische Erscheinungsbilder der spezifischen Persönlichkeitsstörungen nach der Klassifikation des DSM-IV
Das DSM-IV ordnet die spezifischen Persönlichkeitsstörungen drei übergeordneten Clustern zu, nimmt also eine „kategoriale Erfassung” vor. In jedem Cluster wird ein Prototyp repräsentativ für eine „spezifische Diagnose” dargestellt. Erfüllt ein Klient eine gewisse Anzahl der Merkmale des Prototyps, so erhält er eine spezifische Diagnose (vgl. Bronisch 2003, S. 8).
3.1.1 Persönlichkeitsstörungen des Clusters A
Cluster A beschreibt Persönlichkeitsstörungen, die sich durch seltsames exzentrisches Verhalten, ausgesprochene Affektarmut und Gefühlskälte auszeichnen: Menschen mit Persönlichkeitsstörungen des Clusters A leiden unter Misstrauen, welches bis zum Gefühl der Bedrohung und bis zu paranoiden Vorstellungen gehen kann sowie unter fehlenden zwischenmenschlichen Kontakten. Bei vermeintlichen Kränkungen oder Bedrohungen kann die Stimmung der Person schnell in Gefühle von Wut und Zorn sowie Aggression umschlagen (vgl. Bronisch 2003, S. 8, vgl. AWMF 2011, S. 7). Zu den Persönlichkeitsstörungen des Clusters A gehören Folgende:
3.1.1.1 Paranoide Persönlichkeitsstörung
Die paranoide Persönlichkeitsstörung zeichnet sich nach DSM-IV durch ein „tiefgreifendes Misstrauen und Argwohn gegenüber anderen” aus, so dass deren Motive als feindselig ausgelegt werden. Gemäß der ICD-10 kann eine paranoide Persönlichkeitsstörung diagnostiziert werden, wenn mindestens vier der nachfolgenden Kriterien erfüllt sind (vgl. AWMF 2011, S. 8):[4]
- Überempfindlichkeit bei Rückschlägen und Kritik oder Zurücksetzung,
- Weigerung Beleidigungen, Verletzungen oder Missachtung zu verzeihen und damit verbundener ständiger Groll,
- tiefgreifendes Misstrauen und Argwohn gegenüber anderen, so dass neutrale oder freundliche Handlungen anderer als feindlich und verächtlich missdeutet werden,
- ständiger Streit mit anderen Menschen durch beharrliches Bestehen auf den eigenen Rechten,
- häufiges ungerechtfertigte Skepsis gegenüber der sexuellen Treue des Ehe- oder Sexualpartners,
- Neigung zu stark überhöhtem Selbstwertgefühl, welches sich in ständigem Egoismus zeigt,
- Erklärungen von Ereignissen im konkreten Umfeld und in der Welt durch ungerechtfertigte Verschwörungstheorien (vgl. Herpertz&Wenning 2003, S. 60, vgl. Margraf 2009, S. 25).
Von Milon und Davis (1996 zit. in Herpertz&Wenning 2003, S. 60) differenzieren noch zwischen einer paranoid-narzisstischen Persönlichkeit, die mit ausgeprägten Allmachtsphantasien und mangelnden sozialen Fähigkeiten verbunden ist, einer paranoid-antisozialen Persönlichkeit, die zum Fanatismus und Querulantentum neigt sowie zu „feindselig-kämpferischen" Verhaltensweisen und einer paranoid-anankastischen Persönlichkeitstörung, die sich durch „Rigidität sowie ein starres, fanatisches Festhalten an Regeln und moralischen Vorsätzen" auszeichnet.
3.1.1.2 Schizoide Persönlichkeitsstörung
Zentrales Kennzeichen der schizoiden Persönlichkeitsstörung ist nach DSM-IV ein „tiefgreifendes Muster, dass durch Distanziertheit in sozialen Beziehungen und durch eine eingeschränkte Bandbreite des Gefühlsausdrucks im zwischenmenschlichen Bereich gekennzeichnet ist" (AWMF 2011, S. 9). Die Störung ist nach ICD-10 zu diagnostizieren, wenn mindestens vier der folgenden Kriterien erfüllt sind:
- nur wenige oder gar keine Tätigkeiten bereiten dem Klienten Freude,
- erscheint emotional kühl, distanziert oder ist wenig auf Gefühlsäußerungen ansprechbar („flache Affektivität"),
- Lob und Kritik gegenüber erscheint er gleichgültig,
- warme zärtliche Gefühle oder Ärger kann er anderen gegenüber kaum zeigen,
- ist wenig an sexuellen Erfahrungen mit einer anderen Person interessiert (unter Rücksichtnahme auf das Alter),
- bevorzugt fast immer einzelgängerische Aktivitäten,
- beschäftigt sich übermäßig mit Fantasien und Introspektion, das heißt mit der Analyse des eigenen Verhaltens durch Selbstbeobachtung,,
- fehlender Wunsch nach und damit einhergehend Mangel an engen Freunden oder vertrauensvollen Beziehungen (oder höchstens zu einer Person),
- deutlich fehlende Sensibilität im Erfassen und Befolgen gesellschaftlicher Regeln und Konventionen (vgl. Herpertz&Wenning 2003, S. 66, vgl. AWMF 2011, S.8).
3.1.1.3 Schizotype Störung/ schizotypische Persönlichkeitsstörung
Gemäß dem DSM-IV zeichnet sich die schizotypische Persönlichkeitsstörung durch ein „tiefgreifendes Muster sozialer und zwischenmenschlicher Defizite" aus, welches bestimmt wird durch ein unmittelbares Unbehagen in und unzureichende Fähigkeiten zu engen Beziehungen. Hinzu kommen Verzerrungen der Wahrnehmung und des Denkens in Verbindung mit eigentümlichen Verhalten. Die schizotypische Persönlichkeitsstörung ist nach DSM-IV zu diagnostizieren, wenn mindestens fünf der folgenden Kriterien erfüllt sind:[5]
- Beziehungsideen (jedoch kein Beziehungswahn): Der Betroffene setzt Ereignisse in seiner Umwelt bedeutungsvoll zu sich selbst in Beziehung. Zufällige Begebenheiten werden als Dinge gesehen, die eine besondere und ungewöhnliche Bedeutung für den Betroffenen haben,
- seltsame das Verhalten beeinflussende Überzeugungen oder „magische Denkinhalte" , die nicht mit den subkulturellen Normen der jeweiligen Gruppe übereinstimmen (z.B. Aberglaube, Glaube an Hellseherei, den „sechsten" Sinn, bizarre Fantasien und Hobbys bei Kindern und Heranwachsenden),
- „ungewöhnliche Wahrnehmungsverfahren einschließlich körperbezogener Illusionen", also von Halluzinationen, die mit der Wahrnehmung eines körperlichen Vorgangs bei der Person einhergehen (z.B.dem Gefühl elektrisiert zu sein),
- sonderbare Denk- und Sprechweise (z.B. übergenau, wortreich, vage, umständlich, klischeehaft),
- paranoide Vorstellungen und Argwohn anderen gegenüber,
- unangepasster und eingeschränkter Affekt,
- seltsames, exzentrisches oder merkwürdiges Verhalten und Auftreten,
- (teilweises) Fehlen enger Freunde und Vertrauter bis auf Verwandte 1. Grades,
- ausgeprägte, auch mit zunehmender Vertrautheit nicht abnehmende soziale Angst, die sich in erster Linie auf paranoide Vorstellungen gründet und weniger mit negativer Selbstbeurteilung zusammenhängt (vgl. AWMF 2011, S. 8).
Die ICD-10 stellt als besonderes Merkmal der schizotypen Störung heraus, dass die Betroffenen niemals die Kriterien einer Schizophrenie erfüllt haben dürfen und dass die Merkmale innerhalb von zwei Jahren ununterbrochen oder wiederholt gezeigt werden wurden.[6] Die Kriterien stimmen wesentlich mit denen des DSM-IV überein. Es werden jedoch zusätzlich noch das „Grübeln ohne inneren Widerstand mit dysmorphen, sexuellen oder aggressiven Inhalten", „gelegentliche, vorübergehende quasi-psychotische Episoden mit intensiven Illusionen, akustischen oder anderen Halluzinationen und wahnähnlichen Inhalten", die ohne äußeren Anlass auftreten, und „Depersonalisations- oder Derealisationserleben" als Merkmale genannt. Dagegen spricht die ICD-10 nicht konkret von Beziehungsideen und sozialer Angst als Kriterien (ebd.).
[...]
[1] Wie groß die Rolle kultureller Normen bei der üblichen Klassifikation von Persönlichkeitsstörungen ist, zeigt z.B. die Tatsache, dass vor dem zweiten Weltkrieg auch Kriegsdienstverweigerung als Persönlichkeitsstörung angesehen wurde, während dies heute politisch berechtigt und zum Teil sozial anerkannt ist. Auch die Beschreibung unterschiedlicher Typen von Persönlichkeitsstörungen in verschiedenen Klassifikationssystemen mit europäischem und amerikanischem Hintergrund bestätigen dies (vgl. Bronisch 2003, S. 5, 6).
[2] Auch wenn die ICD-10 den Nachweis fordert, dass “die abweichenden inneren Erfahrungs- und Verhaltensmuster erstmals in Kindheit oder Jugend situationsübergreifend aufgetreten sein müssen und zu deutlichen Funktionsbeeinträchtigungen führen müssen”, so kann eine Persönlichkeitsstörung nicht mit ausreichender Sicherheit vor dem 14. Lebensjahr gestellt werden (vgl. AWMF 2011, S. 5).
[3] Ich-synton bedeutet, dass das eigene Verhalten und Denken vom der Person selbst nicht als störend, normverletzend oder krankhaft empfunden wird. Das ich-syntone Empfinden ist zum Beispiel ein Indikator bei Psychosen und Wahnstörungen. Das subjektive Empfinden und die Überzeugungen werden in diesem Fall vom Klienten als objektiv vorhanden erlebt. Zwangsstörungen dagegen werden beispielsweise in der Regel ich-dyston erlebt, die Gedanken erscheinen dem Klienten als unsinnig und überflüssig, als ich-fremd (vgl. Scharfetter 2002, S. 98).
[4] Herpertz und Wenning (2009, S. 60) sprechen von drei Kriterien. Aus Gründen der Aktualität werden im Folgenden bei Widersprüchen immer die Angaben der AWMF aus dem Jahre 2011 zugrunde gelegt, da diese aktueller sind.
[5] Die schizotype Störung wird im ICD-10 nicht wie die anderen Störungen dem Kapitel F6, also den „Persönlichkeits- – und Verhaltensstörungen" zugeordnet, sondern dem Kapitel F2 „Schizophrenie, schizotype und wahnhafte Störungen". Das DSM-IV behandelt die schizotype Persönlichkeitsstörung dagegen wie die anderen Persönlichkeitsstörungen als Achse-II-Störung. (Auf der Achse II des multiaxialen Diagnosesystems DSM-IV befinden sich die Persönlichkeitsstörungen zusammen mit der geistigen Behinderung, wohingegen alle anderen psychischen Erkrankungen auf Achse I wiederzufinden sind). Da die in Kapitel F21 des ICD-10 zu findenden Diagnosekriterien jedoch weitestgehend denen der schizotypischen Persönlichkeitsstörung des DSM-IV entsprechen, werden sie hier zusammen unter dem Gesichtspunkt der Persönlichkeitsstörung behandelt (vgl. Bronisch 2003, S. 4).
[6] Fiedler (2009, S. 517) gibt an, dass sich aus der schizotypen Störung bzw. aus der schizotypischen Persönlichkeitsstörung bei einigen wenigen Betroffenen unter extremer Belastung eine manifeste Schizophrenie entwickeln kann. Zudem besteht - wie Familienuntersuchungen gezeigt haben - eine genetische Verwandtschaft zur Kernschizophrenie.