Fachliche und fachdidaktische Aspekte der Bauphysik


Examensarbeit, 2008

86 Seiten, Note: 2.0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis:

Einleitung

Fachdidaktische Aspekte der Bauphysik
Physik: Ein wesentlicher Beitrag zur Bildung
Bildungsstandards
Zur Arbeit mit Bildungsstandards
Aufgabenkultur
Lernen in Kontexten
Zeitungsaufgaben

Fachdidaktische Grundlagen

Fachliche Aspekte der Bauphysik

1 Wärmeschutz - Grundlagen der Wärmelehre

2 Kenngrößen des baulichen Wärmeschutzes

3 Energieeinsparverordnung

4 Konstruktive Umsetzung des Wärmeschutzes

5 Wärmeschutz und Umweltschutz

6 Niedrigenergiehaus

7 Zeitungsaufgaben

Anhang

Literaturverzeichnis

Einleitung

Diese Arbeit bezieht sich auf die fachlichen und fachdidaktischen Aspekte der Bauphysik.

Der fachliche Teil handelt von Themen im Bereich Wärme-/Kälteschutz, sowie von verschiedenen Energiesparhäusern.

Spätestens seit der Ölkrise 1973 ist klar, dass der Verschwendung fossiler Brennstoffe Einhalt geboten werden muss und es nicht so weiter gehen kann wie bisher. Die Politik hat daher Gesetze und Maßnahmen zur Energieeinsparung veranlasst. Unser Augenmerk legen wir auf die Bauphysik und damit insbesondere auf die neue Energieeinsparverordnung, die seit dem 1.2.2002 gültig ist. Die Arbeit soll den Leser auf praktische Probleme im Bereich des Wärmeschutzes von Wohnhäusern hinweisen und Möglichkeiten zu deren Lösung aufzeigen.

Der fachdidaktische Teil bezieht sich auf die aktuelle Diskussion zu Bildungsstandards und die Leitvorstellung einer Aufgabenkultur im naturwissenschaftlichen Unterricht.

„In Deutschland wird im Unterschied zu anderen Ländern Neues über das fragendentwickelnde Unterrichtsgespräch und weniger über Aufgabenstellungen, Selbstlernmaterialien und Informationsinputs gelehrt. Dieses Verfahren ist zeitintensiv und zeitigt oft nicht den erwarteten Erfolg. Lernaufgaben bieten hierzu eine Alternative. Diese rücken damit in das Zentrum des Unterrichts und stellen so ein zentrales Element in der Aufgabenkultur dar“(11 Josef Leisen).

Unter dieser Perspektive werden die oben genannten Themen nicht darstellend, sondern als verschiedene Formen von Aufgabenstellungen an Lernende entwickelt. Insbesondere wird speziell auf das Thema Lernaufgabe eingegangen, um deren Stellenwert bei der Lernentwicklung klarer zu verdeutlichen.

So wendet sich die Arbeit an Lehramtsstudenten und Lehrer, die an kontextorientierten Anwendungen vor allem der Thermodynamik im Bereich der Bauphysik und dem didaktischen Einsatz von Lernaufgaben interessiert sind.

Fachdidaktische Aspekte

Physik: Ein wesentlicher Beitrag zu Bildung

In unserer heutigen Gesellschaft spielen Naturwissenschaften und Technik eine bedeutende Rolle. Im Wechselspiel dieser werden große Fortschritte auf vielen Gebieten erzielt, beispielsweise bei der Entwicklung und Anwendung von neuen Verfahren in der Medizin, der Bio- und Gentechnologie, der Neurowissenschaften, der Umwelt- und Energietechnologie, bei der Weiterentwicklung von Werkstoffen und Produktionsverfahren sowie der Nanotechnologie und der Informationstechnologie. Deshalb eröffnet die naturwissenschaftliche Bildung die Möglichkeit einer Teilhabe an gesellschaftlicher Kommunikation und Meinungsbildung über technische Entwicklung und naturwissenschaftliche Forschung. Physik ist ein wesentlicher Teil der Allgemeinbildung und naturwissenschaftliche Grundbildung bietet eine Orientierung für naturwissenschaftlich-technische Berufsfelder und schafft Grundlagen für anschlussfähiges, berufsbezogenes Lernen (vgl.8 KMK-Bildungsstandards 16.12.2004)

Im Physikunterricht wird eine Grundlage für die Auseinandersetzung junger Menschen mit naturwissenschaftlichen Themen und ihren gesellschaftlichen Zusammenhängen gelegt. Naturwissenschaftliche Bildung umfasst Kenntnisse, Kompetenzen und Einstellungen, die die Schülerinnen und Schüler in ihrer Neugier unterstützen und zu Problemlösestrategien hinführen. Technische Bildung ermöglicht zusätzlich Verständnis für technische Strukturen und Abläufe und zeigt Lösungen für konkrete Problemstellungen in unserer Gesellschaft auf. Die Schülerinnen und Schüler erkennen Herausforderungen für die jetzige und spätere Generation. Sie bewerten Systeme und Innovationen im Sinne des Leitbildes einer nachhaltigen Entwicklung unter ökologischen, ethischen, wirtschaftlichen und sozialen Gesichtspunkten. Der schonende Umgang mit Energie und die Wiederverwertung von Materialien werden im Unterricht thematisiert. Globale Notwendigkeiten sowie sich daraus ergebende individuelle und lokale Handlungsmöglichkeiten werden deutlich. Im Physikunterricht können die Schülerinnen und Schüler vielfältige Anlässe finden, die physikalische Modellierung natürlicher Phänomene zur Erklärung zu nutzen. Zudem leistet er auch einen Beitrag zu anderen Fächern und zur Vorbereitung auf technische Berufe und ermöglicht damit ein anschlussfähiges Orientierungswissen.

Bildungsstandards

Was sind Bildungsstandards und wozu brauchen wir sie? Diese Frage hört man oft, aber was hat es wirklich damit auf sich und inwiefern brauchen wir Bildungsstandards wirklich?

Rückblick:

Kein Wort hat deutsche Politiker im Jahr 2001 so wachgerüttelt wie "Pisa", das "Program for International Student Assessment". Seit diesem Zeitpunkt demütigt dieser Begriff die Elite-Nation Deutschland international. Die Veröffentlichung der ersten PISA-Ergebnisse Ende 2001 wurde durch Vorabberichte mehrere Wochen lang vorbereitet und erzielte ein so überwältigendes Medien-Echo, dass bald von einem PISA-Schock gesprochen wurde.

Nach dieser Erkenntnis über den Leistungsstand des deutschen Bildungssystems sind nun von der Kultusministerkonferenz Bildungsstandards für verschiedene Fächer entstanden, um die nationale Bildung besser beobachten und steuern zu können.

Was war aber bisher falsch gelaufen?

Seit Jahren spielen nur die Noten eine Rolle. Gute Noten sind für Schüler, Eltern, und Lehrer eine tolle Sache und ersparen Ärger mit der Schulverwaltung.

Schwache Lehrer können mit guten Noten ihre mangelhafte Arbeit kompensieren, anstatt sich durch Fortbildungen weiter zu qualifizieren und den Schüler richtig zu fordern. Eltern sind durch gute Noten ebenso erfreut und machen sich keine weiteren Gedanken, da offensichtlich keine gravierenden Probleme vorhanden sind. Das schlechte internationale Abschneiden ist die Folge unseres Systems, das sich an Noten und nicht an Standards orientiert.

In der KMK vom 4.12.2003 wurden Vereinbarungen über Bildungsstandards für den mittleren Schulabschluss beschlossen. „Die Standards basieren auf fachspezifisch definierten Kompetenzmodellen, die aus der Erfahrung der Schulpraxis heraus entwickelt wurden. Sie beziehen international anerkannte Standardmodelle - u.a. theoretische Grundlagen der PISA-Studie und den Gemeinsamen europäischen Referenzrahmen für Sprachen - ein.

Die Kultusministerkonferenz - Bildungsstandards für den mittleren Schulabschluss im naturwissenschaftlichen Bereich weisen vier einheitliche Kompetenzbereiche aus, die in der folgenden Tabelle verkürzt dargestellt sind, da diese wichtige Anregungen für vielseitige Aufgabenstellungen liefern:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(Quelle: KMK vom 16.12.2004 Bildungsstandards im Fach Physik für den Mittleren Schulabschluss)

Die Länder verpflichten sich, die Standards zu implementieren und anzuwenden. Dies betrifft insbesondere die Lehrplanarbeit, die Schulentwicklung und die Lehreraus- und -fortbildung. Die Länder kommen überein, weitere Aufgabenbeispiele zu entwickeln und in landesweiten bzw. länderübergreifenden Orientierungs- und Vergleichsarbeiten oder in zentralen oder dezentralen Prüfungen festzustellen, in welchem Umfang die Standards erreicht werden.“(9 Vereinbarungen der KMK 4.12.2003).

Zur Arbeit mit den Bildungsstandards

Lernaufgaben als Einstieg zum Schlüssel

Zur Frage was Bildungsstandards konkret macht, äußert sich Josef Leisen, Oberstudiendirektor Koblenz, in der Zeitschrift MNU wie folgt.

Er beschreibt die abstrakte Formulierung von Bildungsstandards als richtige Lösung, da sie kurz und übersichtlich gefasst sein sollen. Konkretisierungen sind für das wirkungsvolle Erreichen von Bildungsstandards für die Klassenzimmer bzw. im Unterricht erforderlich. Desweiteren beschreibt er, dass die Qualität des Unterrichts nicht von Standards und Präambeln abhängig ist, sondern von guten Aufgaben die im Klassenzimmer ankommen oder nicht. „Präambeln und Standards werden indes gebraucht um festzustellen, ob Aufgaben auch >>gut<< sind.“10

Aufgabenkultur

Aufgaben werden bislang hauptsächlich zum Einüben oder Prüfen von Fachwissen eingesetzt. Sie können aber auch zur Entwicklung individueller Kompetenzen beitragen, wie sie von den Bildungsstandards gefordert werden.

Um die Weiterentwicklung des mathematisch-naturwissenschaftlichen Unterrichts voranzutreiben müssen typische deutsche Unterrichtskonzepte überarbeitet werden. „In Deutschland wird im Unterschied zu anderen Ländern Neues über das fragend- entwickelte Unterrichtsgespräch und weniger über Aufgabenstellungen, Selbstlernmaterialien und Informationsinputs gelehrt.“ (vgl.11 Josef Leisen:

Aufgabenkultur im mathematisch-naturwissenschaftlichen Unterricht). Dieses Verfahren ist zeitintensiv und zeigt nicht den erwartenden Erfolg. Er spricht die Lernaufgabe als sinnvolle Alternative an, die in das Zentrum des Unterrichts rücken soll.

„Von einer Weiterentwicklung der Aufgabenkultur können vielversprechende Impulse für den Unterricht ausgehen. Es sollen offene Unterrichtssituationen entstehen, die unter anderem durch folgende Merkmale gekennzeichnet sein können:

Die Schüler sind eine begrenzte Zeit während des Unterrichts auf sich allein gestellt.

Partnerarbeit und Austausch innerhalb der Klasse sind nicht nur erlaubt, sondern werden vom Lehrer angeregt.

Es werden Aufgaben gestellt, die verschiedene Herangehensweisen ermöglichen (Probieren, Messen, Schätzen, Vermuten,...).

Die Aufgaben können durch Rückführung auf vorhandenes Wissen, das als Grundwissen zur Verfügung steht, gelöst werden.

Schüler stellen ihre Lösungen selbst vor.

In der Hausaufgabe findet eine Variation der Aufgabe statt.

Das Aufgabenmaterial ist im Anspruchsniveau differenziert (auch schwächere Schüler sollten Einstiegsmöglichkeiten haben).“ (vgl.5 )

Wie kann ein Einstieg aussehen?

Ein Einstieg muss an das alltägliche Unterrichtsgeschehen angelehnt sein. Es muss als entlastend und gewinnbringend gesehen werden.

Nach Leisen empfiehlt sich folgender Weg:

Analyse von Aufgaben aus Klassenarbeiten (Prüfungsfragen) in der Fachgruppe auf der Folie der Kompetenzmatrix.

Zusammenstellung eines Sets von guten Lernaufgaben in der Fachgruppe, das in jeder Klasse der betreffenden Stufe eingesetzt wird.

Regelmäßiger Austausch über die Erfahrungen mit guten Lernaufgaben.

Einholen von Feedbacks der Schüler zu den Maßnahmen und guten Lernaufgaben.

Was sich dadurch ändert:

Die ganze Fachgruppe übernimmt gemeinsam Verantwortung für die Aufgaben (Breite und Tiefe) der Schule.

Die Unterrichtsqualität hängt stärker von der Aufgabenqualität ab und weniger von der Lehrqualität der Lehrperson.

Die Aufgaben steuern das Lernen stärker, die Lehrperson kann individueller beraten.

Parallelarbeiten orientieren sich an den Lernaufgaben und sind leichter zu gestalten.

Zwangsläufig kommt die Gruppe zu den Kernfragen des Lernens im Fach. Die Diskussion läuft vom Konkreten zum Abstrakten und nicht umgekehrt. Die Arbeit wird verteilt.

Es entsteht das Bewusstsein, dass Standards in erster Linie das System und nicht Lehrer und Schüler überprüfen

Es entsteht ein höheres Bewusstsein für die Wirkung des Lehrens und Lernens.

Die Berufszufriedenheit steigt.

Beispiel einer Lernaufgabe

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(Quelle:11 www.aufgabenkultur.studienseminar-koblenz.de)

Thema und Aufgabenstellung:

Du hast drei Sitzmöglichkeiten im Schatten nebeneinander. Die erste ist eine Paket aus Styropor, die zweite eine Holzbank und die dritte ist eine Metallgitterbank. Nun setzt du dich nacheinander auf die verschiedenen Sitzgelegenheiten und beschreibst was du empfindest. Das Styropor wird sich mit der Zeit warm anfühlen, die Holzbank ziemlich neutral und die Metallbank wird dir sehr kalt erscheinen, obwohl alle drei die gleiche Temperatur haben.

Notiere deine spontanen Vermutungen!

Programm:

Entwickele anhand der Aufgaben schrittweise eine eigene „physikalische Theorie“:

1. Setze dich jeweils eine halbe Minute lang auf die verschiedenen Sitzmöglichkeiten und notiere deine Beobachtungen.
2. Du wiederholst dein Vorwissen hierzu und frischst es auf.
3. Du erklärst dir das Experiment Schritt für Schritt.
4. Du überprüfst die Erklärungen mit deinen spontanen Vermutungen.
5. Nun versuchst du dein erworbenes Wissen für klassische Beispiele im Alltag anzuwenden.

Arbeitsaufträge:

1. Experiment: Führe das Experiment selbst durch.
2. Wiederholung: Notiere die Definitionen folgender Begriffe (benutze dein

Heft und dein Buch)

Wärmeleitfähigkeit

Spezifische Wärmekapazität

3. Erklärung:

a. Jede der drei Sitzgelegenheiten hat eine unterschiedliche Wärmeleitfähigkeit. Vergleiche die drei Materialien.

b. Nun beschreibst du Bedingungen für den Energieaustausch von Wärme.

c. Jetzt kannst du erklären, warum sich die verschiedenen Materialien so unterschiedlich anfühlen, trotz gleicher Temperatur.

4. Überprüfung: Vergleiche diese Erklärung mit deinen spontanen Vermutungen.

5. Nun kannst du auch erklären, warum zu Hause im Wohnzimmer die Fensterrahmen nicht aus Metall, sondern aus Kunststoff oder Holz sind. Beschreibe deine Vermutung, und diskutiert sie dann zusammen in der Gruppe.

Die Lernenden sollen mit der Reihenfolge der Aufgaben ein immer höheres Abstraktionsniveau erhalten. Jedoch ist auch hier zu beachten, dass ein Lernender sich das Wissen immer individuell aktiv aneignen muss, allerdings nicht immer völlig selbstständig. Ein ausschließlich entdeckendes Lernen würde den Lernenden überfordern17. Der Lehrende sollte dabei aber auch nicht der Wissensvermittler, sondern eher eine Art Lernberater darstellen und den Lernenden coachen, denn: „Lehren besteht darin, Situationen so zu gestalten, dass (angeleitetes) Lernen möglich wird.“18

Chancen und Grenzen von Lernaufgaben:

Beim entdeckenden Lernen soll der Schüler aufgefordert werden selbständig Probleme anzugehen und diese zu strukturieren. Ausgehend von Einzelfällen soll er auf gesetzmäßige Zusammenhänge schließen, die spontanen Vermutungen äußern und sie dann überprüfen.

Sollen nun Lernaufgaben eine zentrale Stellung der Unterrichtskultur werden, dann müssen damit besondere Chancen verbunden sein. Jedoch muss darauf geachtet werden, dass auch Lernaufgaben bzw. eine neue Aufgabenkultur kein Allheilmittel sind, sondern ein Hilfsmittel, das gleichwohl seine eigenen Grenzen besitzt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(Quelle: 11 www.aufgabenkultur.studienseminar-koblenz.de)

Die Eigenschaften einer „guten“ weiterentwickelten Aufgabenkultur haben folgende Merkmale:

- Sie enthalten eine offene Fragestellung, um unterschiedliche Hypothesen und Lösungswege zu geben

- Sie tragen beim Lernenden zu einem Wissensaufbau bei und knüpfen an bereits vorhandenes Wissen an.

- Durch offene Fragestellungen und die Aktivität des Schülers werden Eigenschaften wie zum Beispiel die Recherchekompetenz oder die Kommunikation gefördert.

- Durch kumulatives Lernen soll neues Wissen mit Vorwissen entsprechend verknüpft werden und zu einer strukturierten Vernetzung beitragen.

- Durch den Alltagsbezug sollen Schüler zusätzlich motiviert werden.

- Das Selbstvertrauen ins eigene Können soll durch erfolgreiche Bearbeitung von Aufgaben gesteigert werden.

Viele Aufgabenbeispiele tragen Merkmale der Bildungsstandards und wurden auch schon früher gestellt, jedoch war die nachdrückliche Ermutigung in den Lehrplänen nicht so intensiv. Diese Aufgaben nehmen bestimmte Kompetenzen in den Blick und sind der richtige Schritt um die Qualitätssicherung des Unterrichts voranzutreiben 12.

Die Einbettung von Lernaufgaben in den Unterricht

Ein mitentscheidendes Merkmal der Aufgabenkultur ist die Einbettung der Aufgaben in den Unterricht.

Gibt es in Deutschland bevorzugte Formen der Einbettung von Aufgaben in den Unterricht?

Welche Einbettungsformen gibt es?

Welche Wirkungen und Nebenwirkungen haben die Einbettungsformen?

Im BLK-Gutachten, in der TMS- und der IPN-Videostudie wurde erneut festgestellt, dass die typisch deutschen Unterrichtsskripte ein sehr hohes Maß an Erarbeitung im fragend-erarbeitenden Stil haben.

In Deutschland wird zu viel Zeit für den Verstehensprozess aufgewandt, in dem die Schüler in sehr zeitintensiven Schritten von einer Erkenntnis zur nächsten geführt werden. Wir wissen heute, dass bei Verstehensprozessen andere Gehirnregionen aktiv sind als bei anderen Lernprozessen, die ebenfalls am Lernen beteiligt sind: dem Wahrnehmen, dem Erkennen, dem Festigen und dem Erinnern. „Alle diese am Lernen beteiligten Prozesse haben ihre spezifischen neurobiologischen Bedingungen, ihre zeitlichen Fenster und Verläufe. Gerade das Verstehen ist ein mühsamer und Zeit beanspruchender Vorgang. Bei allen diesen Lernprozessen spielen Aufgaben eine wichtige Rolle. Die Art dieses Zusammenspiels und die Einbettung in das Lerngeschehen definieren die Aufgabenkultur.“11

Der erst- bzw. einmaligen Erarbeitung von neuen Lehrinhalten wird viel zu viel Zeit und Raum gewidmet, die im Nachhinein fehlt. Stattdessen sollen Lernaufgaben mehr in den Unterricht eingebettet werden.

nicht nur als Abschluss zu Anwendung des Gelernten, sondern auch als Auftakt zum Lernen, nicht nur zum Üben und Prüfen, sondern auch zum Lernen, nicht nur auf die Ergebnisse und Produkte konzentriert, sondern auf die Prozesse und auf das, was im Kopf des Schülers stattfindet, nicht nur um Zeitlücken zu füllen, sondern um sie ins Zentrum des Unterrichts zu stellen.

Ein entsprechendes Unterrichtskonzept nach Leisen könnte folgendermaßen aussehen:

1. Kurze Informationsphase durch den Lehrenden mit Themen- und Problemdarstellung.

2. Aktivierung des Vorwissens über Aufgaben mit Selbstüberprüfung und ggf. Feedback.

alternativ:

Einfache Wiederholungsübung in Einzel- oder Partnerarbeit.

3. Kurze Beschäftigung mit dem Problemkontext in Einzel- oder Partnerarbeit zum

Zwecke des Eindenkens und Einfindens.

4. Erste Erarbeitung im Frontalunterricht.

alternativ:

Selbsterarbeitung an Hand von Beispielaufgaben in Einzelarbeit oder Kleingruppen.

alternativ:

Geschlossene Aufgabe zur Selbsterarbeitung in Einzelarbeit oder Kleingruppen.

alternativ:

Offene Aufgabe zur Selbsterarbeitung in Einzelarbeit oder Kleingruppen.

5. Erste Einübung des Gelernten an Aufgaben.

6. Ggf. zweite Erarbeitung im Frontalunterricht oder in Kleingruppen und ggf.

Präsentation.

alternativ:

Eigenerarbeitung an Hand einer Aufgabe und ggf. Feedback.

7. Aufgaben zur Übung und Vertiefung.

8. Lehrergesteuerte Einbettung der Aufgabe und des Gelernten in die

Wissensstruktur und metareflexive Betrachtung.

9. ggf. Transferaufgabe.

Fazit

Die beschriebenen Methoden des Aufgabeneinsatzes können den Unterricht bereichern. Durch Erfahrungen wie sie im BLK Gutachten gemacht wurden, wird gezeigt, dass viele Schüler sehr positiv auch diese neue Entwicklung reagieren. Sie haben mehr Möglichkeiten zur eigenen Gestaltung und auch zur Erstellung von Aufgaben.

Trotz allem braucht man dazu Werkzeuge. Wer nicht Gleichungen lösen oder umformen kann oder sogar schon im Bruchrechnen Probleme hat, der kann auch nicht zu den Problemstellungen einer neuen Aufgabenkultur durchdringen. Deshalb sind auch weiterhin altbewährte Vorgehensweisen absolut erforderlich.

Man muss den Schülern allerdings auch ein Ziel geben und Ihnen zeigen, wie wichtig es ist, sich die ganzen Hilfsmittel anzueignen. Mit einem Ziel vor Augen lassen sich die Schüler bestimmt einfacher darauf ein.

Lernen in Kontexten

Kontextorientierung und Aufgabenkultur hängen eng miteinander zusammen. Ein möglicher Ansatzpunkt, um die motivierende Wirkung des Physikunterrichts zu erhöhen, ist die Einbettung der physikalischen Inhalte in geeignete Kontexte. Das Interesse von Schülern und Schülerinnen und auch die Veränderung des schulischen Interesses ist besonders in mathematisch-naturwissenschaftlichen Bereichen untersucht worden. „Allgemein gesprochen, ist für die Entwicklung von Interesse wichtig, „dass sich eine Person nur dann mit einem bestimmten Gegenstandsbereich dauerhaft und aus innerer Neigung auseinandersetzt, wenn sie ihn auf der Basis rationaler Überlegungen als hinreichend bedeutsam einschätzt und wenn sich für sie im Verlauf gegenstandsbezogener Auseinandersetzung eine insgesamt positive Bilanz emotionaler Erlebensqualitäten ergibt (Rustemeyer R.)“[…]

Der Großteil des Schulwissens bleibt „inert“ bzw. träge und wird von den Schüler/innen kaum als relevant für Lebenszusammenhänge außerhalb des Klassenzimmers wahrgenommen (Renkel, 1994 zitiert nach Rustemeyer). Die Vermittlung von Wissen über den jeweiligen Fachkontext hinaus, mit Querbezügen zu vorhandenen Wissensständen und durch Einbettung von Aufgaben und Inhalten in lebens- und geschlechtsthematische Kontexte ist notwendig und kann das Interesse von Schülern aber vor allem von Schülerinnen im mathematisch- naturwissenschaftlichen Bereich fördern.[…]Situiertes Lernen basiert auf Elementen der konstruktivistischen Didaktik, in der Lernen als eigenständiger Konstruktionsvorgang verstanden wird. Hier wird die Vermittlung anwendbaren Wissens angestrebt, das nicht rezeptiv übernommen, sondern aktiv je nach Vorwissen, Motivation und Einstellung vom Einzelnen erworben wird23.

Für die konkrete Umsetzung benötigt der/die Lernende je nach Lernvoraussetzung Unterstützung, wird angeleitet und beraten. Wesentlich ist die Gestaltung problemorientierter Lernumgebungen, für deren Umsetzung folgende Leitlinien entwickelt wurden:

Lernen in einem authentischen Kontext: Der Ausgangspunkt des Lernens sollten authentische Probleme sein, die für die Lernenden relevant sind. Denn die Darstellung von realistischen Problemen oder authentischen Fällen sichert einen hohen Anwendungsbezug des Gelernten und erzeugt Interesse beim Lernenden.

In multiplen Kontexten lernen: Den Lernenden werden verschiedene Anwendungssituationen verdeutlicht und/oder die Lernenden werden dazu angeregt, das Gelernte in mehreren unterschiedlichen Problemstellungen konkret anzuwenden (z.B. durch die Integration verschiedener Anwendungsbeispiele). Auf diese Weise lässt sich Wissen aufbauen, das unter verschiedenen situativen Bedingungen flexibel abgerufen, umgesetzt und weiterentwickelt werden kann.

Lernen in einem sozialen Kontext: Das gemeinsame Lernen und Arbeiten sollte Bestandteil möglichst vieler Lernphasen sein (z.B. Die Lernenden arbeiten in Kleingruppen an der Lösung eines authentischen Falles). Mit instruktionaler Unterstützung lernen: Den Lernenden werden die notwendigen Ressourcen zum Lernen zur Verfügung gestellt. Daneben haben sie die Möglichkeit, bei Problemen einen Berater/Coach zu kontaktieren. Das Lernen im Rahmen einer problemorientierten Lernumgebung impliziert neben selbst gesteuertem Lernen auch kooperatives Lernen.“20

Zeitungsaufgaben

In vielen Fächern ist die Verwendung aktuellen Zeitungsmaterials Standard. Auch zu physikalischen Themen lassen sich vielfach aktuelle Meldungen und Berichte ausfindig machen und in den Unterricht integrieren. Gerade durch die aktuelle Diskussion über die Bildungsstandards und benötigte Weiterentwicklung der Aufgabenkultur im Physikunterricht sind Zeitungsaufgaben eine neu interessante Methode.

„Das Zentrum für Lehrerbildung der Universität Koblenz-Landau, mit Sitz in Landau, untersucht, ob der Einsatz von sachbezogenen Zeitungsartikeln im schulischen Physik-Unterricht das Lernen erleichtert. Es gibt schon fundierte Hinweise darauf, dass mit Zeitungsaufgaben erarbeitete Unterrichtsstoffe Lernbereitschaft und Motivation der Schüler erhöhen. Natürlich müssen die eingesetzten Zeitungsartikel möglichst aktuell sein. Um dies zu gewährleisten, unterstützt die RHEINPFALZ das Forschungsprojekt von Professor Dr. Andreas Müller und Dr. Jochen Kuhn“3.

„In einer breit angelegten quasiexperimentellen Feldstudie wurde im Jahre 2006 die Effektivität von Zeitungsaufgaben, hinsichtlich Motivation und Leistungsfähigkeit von Schülerinnen und Schülern im Physikunterricht der Sekundarstufe I in den Themenbereichen ‚Geschwindigkeit’ und ‚Elektrische Energie’ analysiert. […].

Die Motivation wurde durch Motivationstests direkt vor (Vor-Test), direkt nach (Nach-Test) sowie zudem ca. zwei Monate nach der Unterrichtsreihe (verzögerter Nach-Test) erhoben und miteinander verglichen. Die Leistungsfähigkeit nach der Intervention wurde durch eine schriftliche Leistungsüberprüfung erfasst, die aus Aufgaben verschiedener Kompetenzstufen (nach PISA) zu den Themenbereichen bestand. In Teilstichproben konnte zudem die Leistungsbeständigkeit durch eine Wiederholung des Leistungstests nach ca. fünf Wochen analysiert werden. […]

Die wichtigsten Ergebnisse waren dabei:

- Steigerung von Motivation und Leistungsfähigkeit: Es wurde eine deutlich größere Leistungsfähigkeit und Motivation bei Lernenden festgestellt, die mit Zeitungsaufgaben arbeiteten, verglichen mit Schülerinnen und Schülern, die traditionelle Aufgaben bearbeiteten.

- Nachhaltigkeit: Die Steigerung von Motivation und Leistungsfähigkeit ist mehrere Wochen nach dem Unterricht noch nachweisbar. Die Arbeit mit „ Zeitungsaufgaben“ führte damit nachhaltig zu einer deutlich größeren Leistungsfähigkeit und Motivation (s. Abb. 1) als traditionelle Aufgaben.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.1: Nachhaltige Motivationssteigerung durch Zeitungsaufgaben (verzögerter Nachtest nach 4 - 6 Wochen).“ (Quelle: www.uni-landau.de)

Ende der Leseprobe aus 86 Seiten

Details

Titel
Fachliche und fachdidaktische Aspekte der Bauphysik
Hochschule
Universität Koblenz-Landau
Note
2.0
Autor
Jahr
2008
Seiten
86
Katalognummer
V193307
ISBN (eBook)
9783656184577
ISBN (Buch)
9783656185444
Dateigröße
23733 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Diese Arbeit bezieht sich auf die fachlichen und fachdidaktischen Aspekte der Bauphysik.
Schlagworte
fachliche, aspekte, bauphysik
Arbeit zitieren
Martin Mayer (Autor:in), 2008, Fachliche und fachdidaktische Aspekte der Bauphysik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/193307

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