Über das Leiten einer Schulklasse


Seminararbeit, 2003

12 Seiten, Note: Leistungsnachweis


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis:

0. Einleitung

1. Erziehung

2. Merkmale erzieherischen Handelns

3. Was ist erziehender Unterricht?

4. Das Sozialsystem Klasse

5. Angst vor der Schule

6. Hilfe und Zurückhaltung – der pädagogische Takt

7. Disziplin und Erziehungsmittel

8. Schlusswort

9. Literaturverzeichnis

0. Einleitung

In dieser Hausarbeit beschäftige ich mit dem Thema „Über das Leiten einer Schulklasse.“. Um eine Klasse zu leiten, bedarf es der Berücksichtigung einiger Voraussetzungen und Bedingungen. Zunächst ist da die Frage, was die Ziele von Unterricht sind. In einer allgemeinen Definition von Unterricht heißt es: „Unterricht ist jede Form des systematischen Bemühens, durch erzieherische und didaktische Mittel, Kenntnisse und Fähigkeiten zu vermitteln. Unterricht schließt demnach alle Situationen ein, in denen Lernen durch gezielte Bemühungen von Lehrenden und Lernenden stattfindet“ ( ENCARTA, 2000). Von dieser Definition ausgehend, könnte man annehmen, dass Unterricht Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten ist, die der Lehrer durch erzieherische und didaktische Methoden dem Lernenden versucht anzueignen. In der Definition von Erziehung heißt es: „Geplanter Umgang Erwachsener mit Kindern und Jugendlichen mit dem Ziel, die Heranwachsenden zu Selbstständigkeit und Verantwortung zu führen. Erziehung findet im Rahmen von Institutionen und unter bestimmten gesellschaftlichen Bedingungen statt. Sie ist immer an die Bedingungen der einzelnen Gesellschaft gebunden. Ziel der Erziehung ist es, Kinder und Jugendliche an die Normen und Wertvorstellungen der jeweiligen Gesellschaft heranzuführen, um somit auch ein Fortbestehen derselbigen zu gewährleisten.“ (ENCARTA, 2000). Aus dieser Definition geht hervor, dass also auch im Rahmen der Schule Erziehung stattfinden sollte und die Jugendlichen zu einem Mitglied der Gesellschaft erzogen und an ihre Wertvorstellungen und Normen herangeführt werden sollten. Die Aufgabe des Lehrers besteht darin, dass er erfolgreichen, erziehenden Unterricht anstrebt. Doch wie sieht erfolgreicher erziehender Unterricht aus? Welche Möglichkeiten hat der Lehrer, um diesen gewährleisten zu können? Und welche Probleme können auftreten?

1. Erziehung

Bei dem Vergleich von Erziehung im 19.Jahrhundert und heute ist festzustellen, dass die Grundgedanken der Erziehungstheoretiker noch gelten, jedoch die Institution Schule im Wandel der Zeit eine andere Stellung eingenommen hat.

In der Vergangenheit hatte der Lehrer neben der Kirche und der Familie eine wichtige Position als Wissensvermittler und Erzieher. Heutzutage sieht es so aus, dass Rundfunk, Presse und Fernsehen das Ansehen des Lehrers in der Gesellschaft verringert haben. Die Medien müssen sich nicht an einen Lehrplan halten und können frei zwischen Themen wählen, die im Interessensgebiet der Kinder bzw. Jugendlichen liegen. Sie haben dabei auch noch die Möglichkeit, die Themen eindrucksvoll und ansprechend zu gestalten (z. B. „Die Sendung mit der Maus“, ZDF). HEINZ S. ROSENBUSCH bezeichnet in seinem Artikel: „Die kommunikative schulische Alltagspraxis als das Proprium erziehenden Unterrichts“ Schule als einen „Dienstleistungsbetrieb wie viele andere“ (vgl. ROSENBUSCH 1990, S. 71). Kinder und Jugendliche haben ein breit gefächertes Angebot im Bezug auf Wissensvermittlung und sie können es jederzeit nutzen. Im Gegensatz zum 19. Jahrhundert scheint es, dass es keine einheitliche Erziehung mehr geben kann. Dies klingt zunächst sehr nachteilig, doch genauer betrachtet kann durch die Änderung von dem Verständnis von Schule und durch die Konfrontation mit mehreren Autoritäten, die andere Erziehungs- und Wertvorstellungen haben wie z.B. der Gruppenleiter einer Jugendgruppe oder der Trainer eines Sportvereins eine „Vielseitigkeit der Handlungmöglichkeiten und Orientierungen“ ( ROSENBUSCH 1990, S. 73) erzielt werden. Diese offenere Form der Erziehung gibt dem Schüler eine größere Wahl- und Entscheidungsfreiheit darüber, wie er sich Wertvorstellungen nähern und diese beurteilen kann. Dies ist aber nur möglich, wenn die Lehrkraft sich dieser Entwicklung im Rahmen ihrer Möglichkeiten anpasst und die Schüler den Lehrer in seiner pädagogischen Rolle, die er repräsentiert, anerkennen und in ihrem Verhalten berücksichtigen.

2. Merkmale erzieherischen Handelns

Hier stellt sich nun die Frage, wie der Lehrer erziehend handeln kann und wodurch erzieherisches Handeln gekennzeichnet ist. Für die Beantwortung dieser Fragen möchte ich die Merkmale erzieherischen Handelns nach KAISER[1] auflisten und versuchen, sie zu erklären.

- Die Interaktion von Lernenden und Lehrenden ist intentional (zielgerichtet), wobei das Erziehungsgeschehen von seiner intentionalen Struktur her darauf angelegt ist, sich selbst aufzuheben.
- Die Ziele werden im Rahmen von Lernprozessen realisiert, die auf die Lernbedingungen des Adressaten hin methodisch arrangiert sind und bei denen Wissenüber den Ablauf von Lernvorgängen zur Anwendung gelangt.
- Erzieher und Lernender treten einander als Träger von spezifischen Rollen gegenüber, deren Rollenmerkmale sich aus dem jeweiligen Charakter der Institutionen „Erziehung“ ergeben.
- Die gesamte Interaktion, einschließlich des Rollenverhaltens und der intentionalen Dimension, ist in den umfassenden geschichtlich- gesellschaftlichen Kontext einbezogen. Sie ist damit auch in ihren Teilaspekten von den sozialen,ökonomischen und politischen Bedingungen ihrer Zeit geprägt.
- Die Zielverwirklichung erfolgt indirekt, d.h. in der Auseinandersetzung mit einem Gegenstand (Lerninhalt)
Erzieherische Merkmale sind dadurch gekennzeichnet, dass die Person, die einen reichen Wissens- und Erfahrungsschatz hat und ein ausgebildetes Verantwortungsbewusstsein besitzt, diejenige ist, die anderen versucht zu helfen. Sie gibt ihm die Möglichkeit, an seinem Wissen teilzuhaben.

Erzieherisches Handeln äußert sich auch darin, dass die beteiligten Personen eine Rolleübernehmen wie, z.B. die Eltern die Rolle der Erziehenden und das Kind bzw. der Jugendliche die Rolle des zu Erziehendenübernimmt. Welche Pflichten und Rechte die jeweiligen Rollen haben und wie sie genau charakterisiert sind, kann man erst erfassen, wenn man die Institution, in der die Erziehung stattfindet, bestimmen kann.

3. Was ist erziehender Unterricht?

Dieser Begriff wurde geprägt von Johann Friedrich Herbart (1776-1841) und kann zusammenfassend so wiedergegeben werden:

Unterricht ist nicht nur das Weitergeben vom Fachwissen, also nicht nur Wissensvermittlung, sondern sie strebt auch Einstellungen und bestimmte Persönlichkeitswerte an.

Der erziehende Unterricht verfolgt das Ziel, durch Formen des kommunikativen Umgangs die Persönlichkeitsentwicklung des Schülers zu unterstützen. Beim erziehenden Unterricht sollte der Lehrer die Inhalte auf ihren erzieherischen Gehalt prüfen und Methoden auswählen, die zur Haltungsbildung des Schülers beitragen. Er sollte eine geeignete Sprachform wählen und soziale Umgangsformen ver-wenden, die zur Präsentation von erzieherischen Zielen dienen.

4. Das Sozialsystem Klasse

Wie in den vorangegangenen Kapiteln deutlich wurde, muss der Lehrer, um unterrichten zu können, eine äußere Ordnung in der Klasse herstellen. Nach KIPER ist die Klasse sowohl eine „formale Organisation“ als auch eine „ informelle Gruppe“, in der sich eine Rangordnung je nach Leistung und sozialer Anerkennung bildet und somit jeder Schüler eine Rolleübernimmt, die ihm durch die informelle Gruppe zugeteilt wird.

Der Lehrer steht vor der Aufgabe, die Schulklasse zusammenzuhalten. Dies bedeutet, dass er, um eine Schulklasse zu leiten, “ aufgaben- und personenbezogene, gruppenbildende Funktionen“übernehmen muss ( KIPER 2002, S. 178). Gleichzeitig bedeutet dies, das er Initiativen ergreift, Entscheidungen trifft, Aktivitäten plant, Informationen bereitstellt u.ä.

Um diesen Funktionen nachkommen zu können, muss die Lehrkraft Maßstäbe setzen, um damit auch als „Vorbild zur Nachahmung anzuregen, bei Konflikten in der Gruppe zu vermitteln etc.“ (GLÖCKEL 2000, S. 43). Bei vorhersehbaren Problemsituationen sollte der Lehrer versuchen sie im voraus zu entschärfen. Eine positive Grundstimmung sollte geschaffen werden und es sollten frühzeitig Grenzen gesetzt werden.

Um alltäglichen Konflikten vorzubeugen, schlägt RAiNER WINKEL pädagogische Maßnahmen vor, die mit geringem Aufwand eine problematische Situation lösen oder erst gar nicht erst entstehen lassen. Da die Liste sehr lang ist, möchte ich nur einige Punkte anführen, die nur verdeutlichen sollen, welche pädagogische Maßnahme welche Funktion hat (vgl. KIPER 2002, S.181).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab.1: Auszüge aus: Pädagogische Maßnahmen bei Unterrichtsstörungen

5. Angst vor der Schule

„Angst wird bestimmt durch das Bewusstsein Situationen nicht bewältigen zu können“ ( KAISER 2001,S. 177)

Die Angst entsteht durch Druck, der häufig von den Lernenden selbst hervorgerufen wird, aber auch dann, wenn sie von der Lehrkraft das Gefühl vermittelt bekommen, die gestellten Aufgaben nicht bewältigen zu können. Um diesem Druck zu entkommen, werden Fluchtwege gesucht. Der Schüler schwänzt die Schule, wird albern oder frech. Oder der Schüler täuscht Krankheit vor, um nicht zur Schule gehen zu müssen.

Ein weiterer Grund für den Schüler, nicht mehr in die Schule gehen zu wollen, könnte durch die Etikettierung entstehen. Die Etikettierung ist ein Prozess, in dem einem Individuum eine Charaktereigenschaft zugeschrieben wird. Zunächst besitzt der Schüler eine eigene Vorstellung von sich selbst; man nennt dies auch Eigendefinition. Diese wird in der sozialen Interaktion mit den Meinungen anderer konfrontiert. Weichen diese Meinungen stark von der Eigendefinition ab, besteht die Gefahr, dass die Eigendefinition verdrängt wird und der Schüler seine Identität nur auf diese Meinung reduziert. Um es an einem Beispiel zu verdeutlichen: Ein Lehrer behauptet: „Der Schüler X verhält sich aggressiv.“ Hier definiert und interpretiert der Lehrer das Verhalten des Schülers. Bei dem nächsten Vorfall, beidem der Schüler sich wieder aggressiv verhält, verallgemeinert er diese Eigenschaft: „Der Schüler X ist aggressiv.“ Als nächstes ordnet er den Schüler X in eine bestimmte Gruppe ein: „Der Schüler X gehört zu den Brutalen.“ In dem nächsten Schritt findet dann die Etikettierung durch die Klasse und der Schulkameraden statt, die mittlerweile vom Verhalten des Schülers X erfahren haben. Dem Schüler wird nun das Etikett: „Der brutale Schüler X“ angeheftet.

Dieser Prozess kann bis zur Identitätsveränderung des Schülers führen, wenn der Schüler es nicht schafft, gegen diese Etikettierung anzukämpfen, und resigniert.

[...]


[1] Vgl. KAISER, KAISER 2001 S.31

Ende der Leseprobe aus 12 Seiten

Details

Titel
Über das Leiten einer Schulklasse
Hochschule
Bergische Universität Wuppertal  (ISL)
Note
Leistungsnachweis
Autor
Jahr
2003
Seiten
12
Katalognummer
V19337
ISBN (eBook)
9783638234849
Dateigröße
483 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Leiten, Schulklasse
Arbeit zitieren
Gülcan Korkmaz (Autor:in), 2003, Über das Leiten einer Schulklasse, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/19337

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Über das Leiten einer Schulklasse



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden