Als Michail Petrowitsch Minin in der Nacht des 30. Aprils 1945 ein provisorisches rotes Tuch auf dem Dach des Reichstages montierte, war ihm sicherlich noch nicht klar, dass seine Tat in einen mittelbaren Zusammenhang mit der Gründung der DDR am 7. Oktober 1949 stehen würde. Natürlich handelt es sich hierbei nicht um eine von langer Hand geplanten Politik aus „einem Guss“, wie einem der Blick aus der Gegenwart leicht verheißen könnte, sondern um eine vielschichtige und dynamische Entwicklung, die sich stets durch getroffene Entscheidungen der Akteure im Sinne der Pfadabhängigkeit hin zum Aufbau des Sozialismus stalinistischer Prägung kanalisierte.
Diese Entwicklung in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) bis zur Gründung der DDR soll in der vorliegenden Arbeit analysiert werden. Hierbei soll der Frage nachgegangen werden, welchen Handlungsrahmen die strategische Ebene des „politischen Moskaus“ vorgab, indem die operative Ebene der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland (SMAD), die SED-Spitze und die sowjetischen Geheimdienste agierten, welche in einer Wechselbeziehung stehenden Ziele und Interessen deren Handeln bestimmte und welche Institutionen geschaffen wurden, um die jeweiligen Interessenlagen zu bedienen. Der Fokus der Arbeit liegt auf den Bereich der Innenpolitik.
Die sich konstituierenden sowjetischen wie auch deutschen Verwaltungs- und Sicherheitsapparate werden dahingehend analysiert, wie sie zum Aufbau des autoritären DDR-Regimes beitrugen, damit die SED als Staatspartei ihre Macht über 40 Jahre sichern konnte. An dieser Stelle sei ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die untersuchungsleitende Frage der SED-Herrschaftskonsolidierung in bewusster Abgrenzung zu den selbstverständlich ebenso relevanten Politikfeldern der Bildungs-, Kultur-, Wirtschafts- und Sozialpolitik erfolgt. Der Rahmen der vorliegenden Arbeit lässt diese umfassende Analyse aber nicht zu und konzentriert sich daher auf den Repressions- und Sicherheitsappart, der „hard power“ der Systemtransformation nach sowjetischen Vorbild.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- I. Besatzungsplanungen vor Kriegsende
- II. Die Sowjets - Besatzer und Besatzung
- III. Besatzungsorganisation - die SMAD
- IV. Besatzungspolitische Maßnahmen - von der Entnazifizierung zur Systemtransformation
- V. Administrative und sicherheitspolitische Herrschaftskonsolidierung der SED
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit analysiert die Entwicklung der SED-Gewaltherrschaft in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) von 1945 bis 1949. Sie untersucht den Einfluss der sowjetischen Besatzungspolitik auf die Entstehung des autoritären DDR-Regimes und die Rolle des Repressions- und Sicherheitsapparates bei der Herrschaftskonsolidierung der SED. Der Fokus liegt dabei auf der Innenpolitik, insbesondere auf der Ordnungsverwaltung und der inneren Sicherheitspolitik.
- Die strategischen Vorgaben des „politischen Moskaus“
- Die operative Ebene der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland (SMAD)
- Die Wechselbeziehung zwischen den Zielen und Interessen der SMAD, der SED-Spitze und der sowjetischen Geheimdienste
- Die Entstehung des Repressions- und Sicherheitsapparates in der SBZ
- Die Rolle des Apparates bei der Konsolidierung der SED-Herrschaft
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel bietet einen Überblick über die Besatzungsplanungen auf interalliierter Ebene vor Kriegsende und beleuchtet die unterschiedlichen Interessen der Sowjetunion im Vergleich zu den Westalliierten. Das zweite Kapitel analysiert das Verhältnis zwischen den sowjetischen Besatzern und der deutschen Bevölkerung, um die Basis der Interaktion zu verstehen. Das dritte Kapitel konzentriert sich auf die Interessen und Strukturen der sowjetischen Besatzungspolitik in der SBZ, untersucht die Arbeitsweise der SMAD und ihre Interdependenzen mit dem sowjetischen Sicherheitsapparat und der KPD/SED.
Kapitel vier beschreibt die Methoden der sowjetischen Geheimdienste, ihre Verhaftungs- und Internierungsmethoden unter dem Deckmantel der Entnazifizierung sowie deren Einfluss auf die spätere Sicherheitsarchitektur der DDR. Das fünfte Kapitel beleuchtet die Anstrengungen der KPD/SED zur inneren Herrschaftskonsolidierung, insbesondere die Installation zentralistischer Staatsstrukturen und die Schaffung der eigenen Volks- und Geheimpolizei.
Schlüsselwörter
Die wichtigsten Schlüsselwörter und Fokusthemen der Arbeit sind: SED-Gewaltherrschaft, Sowjetische Besatzungszone, Repression, Sicherheitsapparat, Herrschaftskonsolidierung, SMAD, sowjetische Geheimdienste, Entnazifizierung, Systemtransformation, Innenpolitik, Ordnungsverwaltung, innere Sicherheitspolitik, DDR-Regime.
- Quote paper
- Heiko Neumann (Author), 2012, Die Genese der SED-Gewaltherrschaft 1945-1949, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/193450