Einleitung - Stand der Forschung und Vorgehen
Die Position der mittelalterlichen Herrscherin im politischen System wurde in den letzten Jahren ausführlich untersucht.
Vor allem ihr Einfluss auf die Urkundenausstellung stellte sich gerade bei den ottonischen Königinnen als überraschend groß heraus (...)
Doch nicht nur bei der Urkundenausstellung konnte die Königin politisch wirken. Sie hatte auch die Möglichkeit Bittsteller zu empfangen und sich beim König für deren Belange ein zusetzten, ein Mittel, von dem vor allem Adelheid häufig Gebrauch machte.
Der „mäßigenden Einfluss der Frau auf ihren Mann“, der in einem solchen Fall ausgeübt wurde, war den Zeitgenossen bekannt und wurde von ihnen erwartet. Vor allem dem Adel muss diese Macht der Herrscherin zur Zeit Ottos I. bewusst gewesen sein, da die Mitherrschaft der Königin auch in Urkunden erwähnt, also dokumentiert wurde, wie es zum Beispiel bei Theophanu der Fall war.
Wenn diese Möglichkeit der Intervention der Frauen auch Außenstehenden bekannt war, muss sich dieses Wissen auf das allgemeine Frauenbild des frühen Mittelalters ausgewirkt haben.
Das Bild, welches sich Zeitgenossen vom Status der Frau gemacht haben, lässt sich anhand der Frauendarstellung in schriftlichen Quellen untersuchen. Dazu möchte ich mich einem historiographischem Werk widmen. Diese sind zwar nicht objektiv, ihre Produktion war meist von einem Auftraggeber abhängig, der oft auch den Inhalt mitbestimmte. Dennoch spiegeln sie die Sichtweise der damaligen Schreiber auf ihre Zeitgenossen wieder.
Deshalb soll im Folgenden die „Res Gestae Saxonicae“ des Widukind von Korvei hinsichtlich der Darstellung der Frau untersucht werden.
Der Mönch, Hagiograph und Geschichtsschreiber der 10. Jahrhunderts beschrieb in seinem Werk die Geschichte der Sachsen bis zum Tod Ottos I. In den Vorreden widmete er das Buch der Enkelin Ottos I., der Äbtissin des Klosters Quedlinburg Mathilde.
Widukind erwähnte unter anderen auch die drei oben genannten Königinnen. Sie und alle anderen in der Sachsengeschichte angesprochenen Frauen werden im Folgenden nach ihrer Funktion sortiert und in dieser genauer betrachtet. Dabei soll herausgearbeitet werden, was für einen Eindruck der Mönch von den Herrscherinnen seiner Zeit hatte, also ob er ihren politischen Einfluss erkannte und beschrieb, oder er ihnen andere Rollen, Eigenschaften und Aufgabenbereiche zuordnete.
Inhaltsverzeichnis
- Gliederung
- 1. Der Stand der Forschung zur Stellung der ottonischen Herrscherin
- 2. Frauendarstellung bei Widukind von Korvei
- 2.1 Die Adressatin – Äbtissin Mathilde
- 2.2 Heidnische Kulte und Legenden
- 2.2.1 Die Mütter der Awaren (1,18)
- 2.2.2 Die Siegesgöttin (1,12)
- 2.3 Christliche Geschichten - Kreszina und Florentina (1,34)
- 2.4 Darstellung von Grausamkeit – die Vertriebene (III,20)
- 2.5 Frauen als Lockvögel
- 2.5.1 Immos Tochter (1,28)
- 2.5.2 Theophanu (III,71)
- 2.6 In Erbstreitigkeiten verwickelt
- 2.6.1 Amalberga (1,9)
- 2.6.2 Hatheburg (II,9+11)
- 2.7 Die Ehemänner erweitern ihre Machtbasis und besiegeln Bündnisse
- 2.7.1 Luidgard (1,16)
- 2.7.2 Gerberga (1,30) und Luidgard (II,33)
- 2.7.3 Tochter des Herzog Arnulf (II,36)
- 2.7.4 Ida (III,6)
- 2.7.5 Adelheid (III, 7+9+12)
- 2.7.6 Nichte des Königs (III,44)
- 2.8 Weitere Erwähnungen von Frauen
- 2.8.1 Berichterstatterin (III,37)
- 2.8.2 Frauen, die in Konflikte mit Barbaren verwickelt sind (III,52)
- 2.8.3 Wichmanns Frau (III,59)
- 2.9 Heilige und Vorbilder
- 2.9.1 Edith (1,37; II,41)
- 2.9.2 Königin Mathilde (1,31; III,74)
- 3. Dissens der Frauenbilder aus Urkunden und der Geschichtsschreibung
- Die Rolle der Frau im frühen Mittelalter
- Widukinds Darstellung von Frauen in seiner „Res Gestae Saxonicae“
- Der politische Einfluss von Königinnen
- Heidnische und christliche Aspekte in der Frauendarstellung
- Die Bedeutung von Frauen als Mittlerinnen in politischen und gesellschaftlichen Prozessen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit analysiert die Darstellung von Frauen in Widukinds „Res Gestae Saxonicae“ und zielt darauf ab, Widukinds Sichtweise auf die Rolle der Frau im frühen Mittelalter zu beleuchten. Insbesondere untersucht die Arbeit, ob Widukind den politischen Einfluss von Königinnen erkannte und beschrieb oder ihnen andere Rollen und Aufgaben zuordnete.
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 1 beleuchtet den Stand der Forschung zur Stellung der ottonischen Herrscherin im politischen System des Mittelalters. Dabei werden die unterschiedlichen Rollen und Einflussbereiche von Frauen im Zusammenhang mit Urkundenausstellung, politischer Intervention und militärischen Aufgaben hervorgehoben. Die Arbeit zeigt auf, wie sich der „mäßigende Einfluss der Frau“ auf ihren Mann in der damaligen Gesellschaft niederschlug und wie dies durch die schriftlichen Quellen belegt wird. Die Bedeutung der Frauendarstellung in schriftlichen Quellen als Spiegelbild der gesellschaftlichen Normen wird betont, und es wird auf die „Res Gestae Saxonicae“ als eine Quelle für die Analyse der Frauendarstellung im frühen Mittelalter verwiesen.
Kapitel 2 analysiert die Frauendarstellung bei Widukind von Korvei, wobei die Adressatin, Äbtissin Mathilde, als Ausgangspunkt dient. Es werden die verschiedenen Aspekte der Frauendarstellung in Widukinds Werk analysiert, wie z. B. heidnische Kulte und Legenden, christliche Geschichten, die Darstellung von Grausamkeit, Frauen als Lockvögel, Frauen in Erbstreitigkeiten, die Rolle von Frauen bei der Machtverstärkung der Ehemänner, weitere Erwähnungen von Frauen sowie die Darstellung von Heiligen und Vorbildern.
Kapitel 3 untersucht den Dissens zwischen den Frauenbildern aus Urkunden und der Geschichtsschreibung und stellt fest, dass die Frauendarstellung in den schriftlichen Quellen verschiedene Perspektiven und Interpretationsmöglichkeiten bietet.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf die Frauendarstellung in der „Res Gestae Saxonicae“ von Widukind von Korvei und untersucht Themen wie die Rolle der Frau im frühen Mittelalter, die politische Einflussnahme von Königinnen, heidnische und christliche Aspekte in der Frauendarstellung, die Bedeutung von Frauen als Mittlerinnen in politischen und gesellschaftlichen Prozessen sowie den Vergleich zwischen den Frauenbildern in Urkunden und der Geschichtsschreibung.
- Quote paper
- Julia Arnold (Author), 2010, Frauendarstellung bei Widukind von Korvei, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/193656