Die Meiji-Zeit

Wie es dem japanischen Staat im frühen zwanzigsten Jahrhundert gelingen konnte, binnen kürzester Zeit den Wandel von einem Feudalstaat zu einer modernen Industrienation zu vollziehen.


Facharbeit (Schule), 2012

18 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhalt

1 Einleitung

2 Historische Zusammenhänge
2.1 Sengoku-Zeit und Bürgerkrieg
2.2 Edo-Zeit: Isolation und Frieden
2.3 Boshinkrieg: Auf- und Umbruch eines Landes

3 Meiji-Zeit
3.1 Politischer Wandel
3.2 Wissenschaftlicher Wandel
3.3 Wirtschaftlicher Wandel
3.4 Gesellschaftlicher Wandel

4 Fazit und Ausblick

5 Glossar

6 Literatur- und Quellenverzeichnis

1 Einleitung

Wer sich schon einmal näher mit Japan befasst hat, wird sicherlich festgestellt haben, dass dieses Land mehr als nur „Samurai und Sushi“ bietet. Japan übte und übt immer noch auf viele Menschen eine Faszination aus wie kaum ein anderes Land. Japan ist heute in der westlichen Welt präsenter den je: Seien es Konzerne wie Nintendo und Mitsubishi in der Wirtschaft, oder in der Populärkultur Manga und Anime, die auch in Europa zahlreiche Anhänger1 gefunden haben. Heute ist Japan eine hochtechnisierte Industrienation auf Augenhöhe mit Deutschland und den USA. Doch noch im ausgehenden 19. Jahrhundert deuteten die Zeichen in eine gänzlich andere Richtung. Zu dieser Zeit sah sich Japan mit der Situation in China konfrontiert, das unter den Kolonialisierungsbestrebungen der europäischen Nationen zu leiden hatte. Der japanischen Nation drohte aufgrund des technologischen Rückstandes und der politischen Isolation ein ähnliches Schicksal zu wiederfahren.

Wie also hat es Japan, dass noch vor anderthalb Jahrhunderten auf dem Stand der europäischen Nationen von vor fast zweieinhalb Jahrhunderten befand, anders als andere Länder im asiatischen Kulturkreis so schnell geschafft, Boden gut machen?

Diese Arbeit soll sich mit dieser Fragestellung befassen. Ich werde mich hier insbesondere auf die Epoche der Meiji-Restauration (1868- ca. 1900) konzentrieren, da sie den wohl in dieser Hinsicht einschneidendsten Abschnitt der jüngeren Geschichte Japans darstellt, gleichwohl werde ich aber auch die vorhergehenden Epochen beschreiben, um ein möglichst komplettes Bild zeichnen zu können.

Die im Verlaufe dieser Arbeit zwangsläufig auftauchenden japanischen Begriffe werden von mir mit Hilfe des Hepburn-Systems wiedergegeben und sind kursiv gesetzt. Das hier vorkommende Makron „ ¯ “ markiert einen langen Vokal (z.B. Tōkyō). Familiennamen werden in der Form „Familienname Vorname“ geschrieben. Um den Lesefluss nicht unnötig zu beeinträchtigen, sind diese Begriffe, sofern nicht unmittelbar im Text erläutert, in einem Glossar gelistet und erklärt.

2 Historische Zusammenhänge

Im folgenden Abschnitt dieser Arbeit möchte ich auf den historischen Kontext des Themas eingehen. Aufgrund der Komplexität des selbigen ist es meines Erachtens nach notwendig, detaillierter als gewohnt auf die jeweiligen Epochen einzugehen, um die Entwicklungen während der Meiji-Restauration nachvollziehen zu können.

2.1 Azuchi-Momoyama-Zeit: Bürgerkrieg und Reichseinigung

Die Azuchi-Momoyama-Zeit (1573-1603) wurde durch die drei großen Feldherrn Oda Nobunaga, Toyotomi Hideyoshi und Tokugawa Ieyasu geprägt. Im Gegensatz zu anderen Daimyōs stand Nobunaga der westlichen Kultur offen gegenüber und interessierte sich sehr für die Gerätschaften und das Wissen, das die „Südbarbaren“ (Nanban), d.h. portugiesische und spanische Missionare und Händler, mitbrachten. Diese Toleranz begründete sich aber nicht nur in seinem Interesse für das Fremde und neue. Gleichwohl erkannte er, das die Arkebusen und Kanonen in einem Land, in dem ansonsten nur mit Bogen und Schwert Krieg geführt wird, einen erheblichen militärischen Vorteil bedeuteten. So war Nobunaga einer der ersten Daimyō, der aus Europa importierte Feuerwaffen in seiner Armee einsetzte2.Dadurch gelang es ihm weite Teile Honshus einzunehmen. Nachdem er in Kyoto einen neuen Shōgun einsetzte, unternahm er weitere Feldzüge in der Kinki-Region, bis er von einem seiner Gefolgsleute überfallen und zum Seppuku gezwungen wurde.

Seine Armee wurde schließlich von Toyotomi Hideyoshi übernommen, der wie sein Vorgänger den Nanban-Handel förderte und eine jesuitenfreundliche3 Politik betrieb. Toyotomi Hideyoshi verstarb während seines Versuches, Korea und China zu erobern.

Sein Sohn Toyotomi Hideyori konnte nicht an die Erfolge seines Vaters anknüpfen und verlor bei den Daimyōs mehr und mehr den Rückhalt, bis schließlich Tokugawa Ieyasu, einer der früheren Generäle Hideyoshis, nach der Schlacht von Sekigahara 1600 vollends die Herrschaft übernahm.

Durch den Sieg bei Sekigahara avancierte Tokugawa zum mächtigsten Daimyō und militärischen Alleinherrscher des Japanischen Reiches. 1603 ließ er sich vom Tennō den Titel Shōgun verleihen und gründete so das Tokugawa-Shōgunat. Auch Tokugawa führte die ausländerfreundliche Politik seiner Vorgänger fort und konzentrierte sich zunächst auf die Beseitigung seiner politischen Gegner. Er verlegte die Hauptstadt des Landes weg von der kaiserlichen Residenz Kyōto in das bis dahin unbedeutende Fischerdorf Edo und zwang die Daimyō ihre Familien dort anzusiedeln4. Sie selber mussten die Hälfte des Jahres dort verbringen, was einen enormen finanziellen und logistischen Aufwand bedeutete und so mögliche Umsturzversuche erschwerte.

2.2 Edo-Zeit: Isolation und Frieden

Die Edo-Zeit (1603-1868) war durch viele gravierende Ereignisse und Veränderungen geprägt. So herrschte erstmals seit hunderten von Jahren im ganzen Land ein stabiler Frieden und es bildete sich eine Wirtschaft mit merkantilistischen Zügen und einem florierenden Binnenhandel, was zu einer Vermehrung des Wohlstandes und Herausbildung der Städte als kulturellem Zentrum führte. Weiterhin gab es erstmals eine Zentralregierung mit entsprechendem Beamtenapparat. Auch die Gesellschaft veränderte sich: durch das Shinōkōshō5 wurde die Bevölkerung je nach Beruf und Herkunft in vier verschiedene Stände eingeteilt. Der Schwertadel bildete den obersten Stand; Bauern als „Ernährer des Landes“ den zweiten, gefolgt von Handwerkern und Händlern. Der kaiserliche Hof und religiöse Berufe standen über dem System, während Berufe die mit dem Tod zu tun hatten oder als besonders schmutzig galten, eine Pariagruppe bildeten.

1635 erging der Landesabschließungs-Erlass, der es christlichen Missionaren, Spaniern und Portugiesen verbot sich im Land aufzuhalten, und Japaner daran hinderte, das Land zu verlassen. Einzig der Niederländischen Ostindien-Kompanie war es gestattet, die Faktorei auf der künstliche aufgeschütteten Insel Dejima im Hafen von Nagasaki unter strengen Auflagen anzulaufen. Dejima wurde dadurch zu „[...] einem Einfallstor für westliche Wissenschaft und Technik.“6 Mit den Handelswaren gelangten so Instrumente, Bücher und Wissen in das ansonsten abgeschottete Land und es bildete sich so ein eigener Wissenschaftsbereich, Hollandkunde oder Rangaku heraus.

Durch den wirtschaftlichen Aufschwung gelang es insbesondere den Händlern, zu großem Wohlstand zu gelangen. Der Schwertadel wiederum verfügte zum großen Teil nur über ein Grundeinkommen in Naturalien und musste sich regelmäßig bei den Händlern verschulden, um seinen Lebensstil finanzieren zu können7.

2.3 Boshin-Krieg: Auf- und Umbruch eines Landes

Der Boshin-Krieg (1868-1869) fällt in die Zwischenepoche des Bakumatsu und stellt gleichzeitig das Ende der Edo-Zeit dar.

Bedingt durch gesellschaftliche Probleme wie z.B. der o.a. Verschiebung von Abhängigkeitsverhältnissen, der „Ankunft der […] Kurofune von Matthew Perry 1853 und seiner Kanonenbootpolitik“8 sowie Unzufriedenheit über die Politik des Shōgunats, sah sich Shōgun Tokugawa Yoshinobu gezwungen, 1867 die Herrschaft an den Tennō zurückzugeben.

1867 wurde den gegen das Shōgunat rebellierenden Han Satsuma und Chōshū vom Tennō die Erlaubnis gegeben, das Shōgunat zu stürzen. Infolge dessen kam es zu einem Machtkampf zwischen Shōgun und Tennō, bis schließlich am 10. Januar 1868 der Boshin-Krieg zwischen dem Tokugawa-Bakufu und den kaiserlichen Truppen Japans ausbrach. Der Krieg bedeutete das Ende der längsten, ununterbrochenen Friedensperiode eines neuzeitlichen Staates9. Die Kampf- handlungen auf der Hauptinsel Honshu endeten im September 1868 mit der Kapitulation des Han Aizu (Yoshinobu kapitulierte bereits im Mai des Jahres). Der Tennō wählte als Regierungssitz ebenfalls Edo und benannte es in Tōkyō um, womit die Meiji-Ära begann.

Der Krieg endete mit der Seeschlacht von Hakodate, bei der die Kaiserliche Marine die Überreste der Bakufu-Flotte besiegte, die zusammen mit französischen Militärberatern auf dem heutigen Hokkaidō die Republik Ezo10 ausgerufen hatten. Die Republik Ezo war die erste nach westlichem Vorbild gestaltete Demokratie11 in der Region und es fanden hier auch die ersten demokratischen Wahlen in der japanischen Geschichte statt.

3 Meiji-Zeit

Wie eingangs geschrieben stellt die Meiji-Restauration einen der signifikantesten Wendepunkte in der japanischen Geschichte dar. Ihren Namen erhielt sie vom Thronnamen des Kaisers Mutsuhito, der übersetzt soviel wie „erleuchtete Herrschaft“ bedeutet und gleichzeitig der Regierungsdevise des Tennō entsprach und somit zu einer Ära-Bezeichnung wurde.

Während der Meiji-Restauration wurden in fast allen Bereichen des täglichen Lebens Reformen durchgeführt und die seit 700 Jahren nahezu unveränderte Gesellschaftsordnung quasi über Nacht verändert. Gleichzeitig wurde aber die Rückkehr zu alten japanischen Werten propagiert. Dennoch kam es nach dem Boshin-Krieg und der Satsuma-Rebellion zu keinen gewaltsamen Aufständen oder Revolutionen in dem Ausmaß wie es in Europa der Fall gewesen ist.

[...]


1 So hatte z.B. die Anime-Convention Japan Expo in Paris 2011 192.00 Besucher. Vgl. http://en.wikipedia.org/wiki/Japan_Expo, 15.04.2012 13:37

2 S. hierzu: http://de.wikipedia.org/wiki/Oda_Nobunaga, 15.04.2012 20:11

3 Viele Daimyo misstrauten den christlichen Missionaren, da diese aufgrund ihrer humanitären Arbeit viele Anhänger unter den Bauern fanden und sahen sie als potentielle Aufwiegler; S. Dazu http://de.wikipedia.org/wiki/Christentum_in_Japan, 15.04.2012 23:32

4 S. dazu Wikipedia http://de.wikipedia.org/wiki/Edo, 17.04.2012 17:01

5 Nach konfuzianischem Weltbild gestaltete Gesellschaftsordnung

6 Wikipedia http://de.wikipedia.org/wiki/Abschlie%C3%9Fung_Japans, 17.04.2012 18:16

7 Vgl, Wkipedia http://de.wikipedia.org/wiki/Edo-Zeit, 17.04.2012 18:20

8 Wikipedia http://de.wikipedia.org/wiki/Bakumatsu, 18.04.2012 10:38

9 Vgl. Wikipedia http://de.wikipedia.org/wiki/Edo-Zeit 18.04.2012 11:14

10 Vgl. Wikipedia http://de.wikipedia.org/wiki/Republik_Ezo, 18.04.2012 11:20

11 Vgl. japanische Wikipedia http://ja.wikipedia.org/wiki/%E8%9D %A6%E5%A4%B7%E5%85%B1%E5%92%8C%E5%9B%BD, 18.04.2012 11:22

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Die Meiji-Zeit
Untertitel
Wie es dem japanischen Staat im frühen zwanzigsten Jahrhundert gelingen konnte, binnen kürzester Zeit den Wandel von einem Feudalstaat zu einer modernen Industrienation zu vollziehen.
Note
1,3
Autor
Jahr
2012
Seiten
18
Katalognummer
V193841
ISBN (eBook)
9783656190899
ISBN (Buch)
9783656191421
Dateigröße
475 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
- 怡宣のために -
Schlagworte
Meiji-Restauration, Japan, Geschichte, Meiji, Meiji-Zeit, Meiji Jidai, Wollersheim, Hendrik
Arbeit zitieren
Hendrik Wollersheim (Autor:in), 2012, Die Meiji-Zeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/193841

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Die Meiji-Zeit



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden