Gina Lollobrigida - Die "Lollo", der Stern der 1950-er Jahre


Fachbuch, 2012

49 Seiten


Leseprobe


Italiens populärste Filmschauspielerin der 1950-er Jahre war Gina Lollobrigida, geborene Luigina Mercuri. In ihrer Glanzzeit galt die „Lollo“ als „die schönste Frau der Welt“. Man bezeichnete sie auch als „die Mona Lisa des 20. Jahrhunderts“. Ihr Stern verblasste in den 1960-er Jahren, als ihre Landsmännin und sieben Jahre jüngere Intimfeindin Sophia Loren ihr auf der Kinoleinwand und in den Medien immer mehr die Schau stahl.

Luigina Mercuri wurde am 4. Juli 1927 als zweitältestes von vier Mädchen des Möbelfabrikanten Giovanni Mercuri und seiner Ehefrau Guiseppina im Dorf Subiaco in den Abruzzen geboren. Sie selbst bezeichnete später 1932 als ihr Geburtsjahr, vermutlich weil sie sich fünf Jahre jünger machen wollte. Ihre Schwestern heißen Giuliana, Maria und Fernanda. Bereits als Dreijährige kürte man sie zum „schönsten Kleinkind Italiens“.

1935 feierte Luigina als kleiner Matrose mit einer Gruppe von Amateurschauspielern ihr Debüt auf der Theaterbühne. Außer einem schulfreien Tag hatte dieser Auftritt keine weiteren Folgen. Die Eltern ließen Luigina privat in Gesang, Tanz, Zeichnen und Sprachen unterrichten.

Die Familie Mercuri verließ 1944 Subiaco, nachdem ihr Haus und ihre kleine Fabrik bei Kriegsende zerstört worden waren, und fand zunächst in Todi und 1945 in Rom eine neue Heimat. In der italienischen Hauptstadt war der Vater arbeitslos, und die Familie lebte unter bescheidenen Verhältnissen. Damals zeichnete Luigina für ein paar Lire Karikaturen und Porträts von amerikanischen Soldaten, während ihre Schwestern Giuliana und Maria als Platzanweiserinnen in einem Kino arbeiteten.

1946 besserte sich die finanzielle Lage der Familie Mercuri, die nun in ein Apartment in der Via Montebello einzog. Dank eines Stipendiums konnte Luigina an der römischen Kunsthochschule „Liceo artistico“ Bildhauerei und Malerei studieren und sich nebenbei als Opernsängerin ausbilden lassen.

Eines Tages fragte der Regisseur Stefano Canzio die attraktive Luigina auf der Straße, ob sie in einem Film mitspielen wolle, und diese willigte ein. 1946 spielte Luigina in den Streifen „Aquila Nera“ („Schwarzer Adler“), „Lucia di Lammermoor“ und 1947 in „L’elisir d’amore“ kleine Statistenrollen. Der italienische Produzent Mario Costa (1910–1995) engagierte sie 1947 für den Film „Follie per l’opera“ („Der Opernrausch“).

Vom 3. Mai bis 5. Oktober 1947 sah man Luigina unter dem Pseudonym „Diana Loris“ in 22 Episoden des Fotoromans „In fondo al cuore“ im Magazin „Mio Sogno“. Im Sommer jenes Jahres erreichte sie bei der Wahl der „Miss Roma“ den zweiten und bei der Wahl der „Miss Italia“ den dritten Platz. „Miss Italia“ wurde Lucia Bosé, die später mehr als 50 Filme drehte. 1948 trat die „Lollo“ in dem Film „I pagliacci“ („Bajazzo“) unter der Regie von Mario Costa auf.

Guiseppina Mercuri riet ihrer Tochter Luigina einmal: „Kind, wenn du jemals heiratest, dann gibt es nur zwei Männer: einen Arzt oder einen Anwalt, dann bist du versorgt“. Ihre Tochter beherzigte diesen gutgemeinten Ratschlag: Am 4. Januar 1949 heiratete Gina im Wintersportort Terminillo den emigrierten slowenischen Arzt Dr. Milko Skofic, der bald darauf seine Praxis schloss und seine Frau jahrelang als Manager betreute.

Der erste entscheidende künstlerische Erfolg für Gina Lollobrigida – so ihr Künstlername – stellte sich mit dem Film „Campane e martello“ („Sturmglocken“, 1949) ein. Danach lehnte sie ein Angebot der „J. A. Rank-Film“ in Großbritannien ab. 1950 folgten die Streifen „Cuori senza frontiere“ („Herzen kennen keine Grenzen“ und „Miss Italia“.

Der amerikanische Filmregisseur, Milliardär und Playboy Howard Hughes (1905–1976) war von Gina Lollobrigidas Streifen „Miss Italia“ beeindruckt und lud sie nach Hollywood ein. Auf Anraten ihres Mannes ging die Schauspielerin nach Amerika, fühlte sich aber in der Atmosphäre von Hollywood nicht wohl. Hughes bot der „Lollo“ einen Langzeitvertrag an und drängte sie zur Scheidung von ihrem Mann Milko Skofic, worauf sie verärgert nach Italien zurückkehrte.

Der Aufstieg der „Lollo“ zur „Gina nazionale“ und zum Weltruhm begann mit dem Film „Fanfan la Tulipe“ („Fanfan der Husar“, 1952) an der Seite des französischen Schauspielers Gérard Philipe (1922–1959) und mit dem Streifen „Les Belles de nuit“ („Die Schönen der Nacht“, 1952). Danach weigerte sie sich, in „La signora senza camelie“ („Die Dame ohne Kamelie“, 1953) zu spielen.

In „Beat the Devil“ („Schach dem Teufel“, 1953) stand Gina Lollobrigida neben Humphrey Bogart (1899–1957) vor der Kamera. Zusammen mit Erroll Flynn (1909–1959) sah man sie in „Il Maestro di Don Giovanni“ („Gekreuzte Klingen“, 1953). Nach „Pane, amore e gelosia“ („Liebe, Brot und Phantasie“, 1953) und „La Romana“ („Die freudlose Straße“, 1954) galt sie als bestbezahlte Schauspielerin in Europa. Ganz genau auf „Lollo“ passte der Filmtitel „La Donna più bella del mondo“ („Die schönste Frau der Welt“, 1955). Darin sang sie eine Arie aus der Oper „Tosca“, wovon sogar Maria Callas (1923–1977), eine der besten Opernsängerinnen im italienischen Fach, begeistert war. Wegen ihrer dunklen Augen, ihres sinnlichen Mundes und ihrer aufregenden Figur war die „Lollo“ damals ein Schönheitsideal und der Prototyp einer „Sexbombe“.

Als schöne Zigeunerin Esmeralda sah man Gina Lollobrigida neben Anthony Quinn (1915–2001) in dem Film „Notre Dame de Paris“ („Der Glöckner von Notre Dame“, 1956). Über Quinn schwärmte sie: „Er war so fröhlich und professionell und vor allem war er so männlich“. Im Monumentalfilm „Solomon and Sheba“ („Salomon und die Königin von Saba“, 1959) mimte sie neben Yul Brunner (1920 –1985) als König Salomon die legendäre Königin von Saba.

Mitte der 1950-er Jahre empfing man Gina Lollobrigida bereits am britischen Königshof in London und im „Weißen Haus“ in Washington. Ab dieser Zeit stand sie auch für amerikanische und britische Filme vor der Kamera.

Zwischen 1947 und 1990 war Gina Lollobrigida in mehr als 60 Kinofilmen zu sehen. In Hollywood zahlte man ihr angeblich allein für Zigaretten täglich 500 US-Dollar. Mit ihrem Auftritt in „Monsignor Cupido“ („Die Puppen“, 1965) erregte die „Lollo“ den Unwillen des Vatikan. Der Grund: Sie spielte mit nacktem Bauchnabel eine Frau, die einen Priesterschüler verführte. Damals begeisterte sie immer noch das Publikum, geriet aber zunehmend in den Schatten von Sophia Loren.

Im Blätterwald der Boulevardpresse sorgte der schlagzeilenträchtige „Krieg der Busen“ zwischen Gina Lollobrigida (1,64 Meter groß) und Sophia Loren (1,74 Meter groß) zeitweise für starkes Rauschen. Was den Brustumfang der beiden Busen-Konkurrentinnen betraf, lag die sieben Jahre jüngere Sophia mit einem hauchdünnen Vorsprung an Zentimetern vor Gina.

Das Duell der beiden Diven soll am 25. Oktober 1954 bei der Eröffnung des „Italian Film Festival“ in London begonnen haben. Damals wurden zwölf italienische Filmstars – darunter Gina Lollobrigida und Sophia Loren – der Königin Elizabeth II. im Foyer des „Tivoli Theatre“ präsentiert. Gina erschien in einer dezenten weißseidenen Emilio-Schubert-Robe. Sophia kam mit einem Diadem, was eigentlich nur der Königin vorbehalten war, einer perlenübersäten Krinoline und mit einem schwindelerregenden Dekolleté. Als die Loren einen tiefen Hofknicks machte, wobei noch mehr von ihrem Prachtbusen zu sehen war, blickte Prinz Philip starr geradeaus. Zum erstenmal hatte die Loren der großen Lollobrigida die Show gestohlen.

Nach der Rückkehr aus London jubelte Sophia Loren in Italien, sie habe mehr Beifall als Gina Lollobridiga bekommen. Sie habe London in 24 Stunden erobert und die Londoner Zeitungen hätten ihre Fotos in größerer Aufmachung gedruckt als die der Königin. In der Folgezeit kam es fast jede Woche zu Angriffen und Gegenangriffen der beiden Filmdiven. Jede versuchte die Gegenseite auf dem Schlachtfeld der Publicity zu übertreffen. Sei es bei Einladungen zu bedeutenden Veranstaltungen, Foto- oder Malerterminen, bei Wohltätigkeitsveranstaltungen oder bei Filmrollen. Bei ihrem Wettstreit wurden die „Lollo“ und die Loren von den so genannten „Lollobrigadisten“ und den „Lorenisten“ unterstützt.

Wenngleich die „Lollo“ und die Loren manches trennte, in puncto Ernährung hatten sie gewisse Gemeinsamkeiten. Beide hielten sich mit einer strengen Diät fit. Gina aß kein Fleisch, sondern nur Huhn und Salat, trank keinen Alkohol und rauchte nicht. Sophia trank literweise Mineralwasser und schwor auf viel Schlaf.

1966 trennte sich Gina Lollobrigida von ihrem Ehemann Milko Skofic, dem sie im August 1957 den Sohn Milko junior geboren hatte. Die offizielle Scheidung erfolgte erst 1971. Über ihren Ex-Gatten sagte Gina offenherzig: „Ich kann mich an keine einzige Nacht mehr erinnern“.

1969 war Gina kurze Zeit mit dem New Yorker Immobilien-Erben George Kaufmann verlobt. In den 1960-er Jahren hatte sie eine Affäre mit dem südafrikanischen Herzchirurgen Christiaan Barnard (1922 –2001). Ein Team unter seiner Leitung hat am 3. Dezember 1967 die weltweit erste Herztransplantation am Groote Schuur Hospital in Kapstadt durchgeführt.

Anfang der 1970-er Jahre begann Gina Lollobrigida als Fotografin zu arbeiten. Von ihr ließen sich im Laufe der Zeit Fidel Castro, Tito (1892–1980), Henry Kissinger, Paul Newman, Robert Redford, Indira Gandhi (1917–1984), Christiaan Barnard, Ronald Reagan (1911–2004), Salvador Dalí (1904–1989) und die deutsche Fußballnationalelf ablichten. Außerdem publizierte sie Bildbände über Italien („Italia mia“, 1973) und die Philippinen („Le Filippine“), drehte einen Fernsehfilm über Fidel Castro, der 1974 gesendet wurde, und war als Modefotografin für die Zeitschrift „Vogue“ tätig.

Ein Wiedersehen mit Gina Lollobrigida auf der Kinoleinwand gab es in „Him, Her, Male and Female“ (1984) und „The Bocce Showdown“ (1990). Bald darauf beklagte sie sich darüber, es gäbe für sie keine interessanten Rollen mehr.

Gina Lollobrigida erhielt viermal den „Bambi“ des Burda-Verlages als beliebteste ausländische Filmschauspielerin und zahlreiche ausländische Auszeichnungen. 1961 verlieh man ihr den „Golden Globe“, und 1985 nahm sie aus der Hand des französischen Kulturministers Jack Lang das „Offizierskreuz für Kunst und Wissenschaft“ entgegen.

Auf der „Berlinale“ sorgte Gina Lollobrigida 1986 für Aufsehen. Als Jurypräsidentin distanzierte sie sich öffentlich von dem deutschen Festivalbeitrag „Stammheim“, der mit dem „Goldenen Bär“ ausgezeichnet wurde.

1990 lernte Gina Lollobrigida bei Giacomo Manzù die Bildhauerei. Bald schuf bald eigene Kunstwerke wie die riesige Plastik „Fliegende Putte“, die 1992 bei der Weltausstellung in Sevilla im italienischen Pavillon gezeigt wurde und negative Schlagzeilen machte. Politiker meinten, diese Plastik habe auf einer renommierten Schau nichts zu suchen. 1994 erschien ihr Bildband „Wonder of Innocence“.

Der Sohn Milko Skofic junior hat 1994 seine Mutter Gina Lollobrigida mit seinem Sohn Dimitri Milko zur Großmutter gemacht, was ihr nicht behagte. Wenn man sie als „Oma“ anspricht, reagiert sie sehr unwirsch. Diese Erfahrung machte ihre Schauspielerinkollegin Francesca Dellera, als sie Gina bei Dreharbeiten mit den Worten „Ciao Oma“ begrüßte. Daraufhin verlor die „Lollo“ die Contenance und verpasste ihr eine schallende Ohrfeige. Zur Begründung sagte sie: „Großmütter stehen mit einem Bein im Jenseits. Ich aber stehe im Diesseits“. Das ist ein gutes Beispiel dafür, dass auch Prominente falsch reagieren und dummes Zeug sagen können.

Die künstlerische Laufbahn von Gina Lollobrigida erfuhr 1997 durch die Aufnahme in die 1563 gegründete Kunstakademie von Florenz ihre Krönung. Zu ihrem 70. Geburtstag wurde sie 1997 in die Enzyklopädie berühmter Italiener aufgenommen. Ihre Popularität ging ihr eher auf die Nerven: „Diejenigen, die mir gratulieren wollen, sind so zahlreich, dass ich am liebsten verschwände“, sagte sie. Mit 70 verriet sie: „Die Männer gefallen mir immer noch.“

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Details

Titel
Gina Lollobrigida - Die "Lollo", der Stern der 1950-er Jahre
Autor
Jahr
2012
Seiten
49
Katalognummer
V194245
ISBN (eBook)
9783656199038
ISBN (Buch)
9783656200000
Dateigröße
2376 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Schlagworte
Gina Lollobrigida, Lollo, Film, Filmstars, Filmschauspielerinnen, Schauspielerinnen, Frauenbiografien, Kurzbiografien, Biografien, Filmbiografien
Arbeit zitieren
Ernst Probst (Autor:in), 2012, Gina Lollobrigida - Die "Lollo", der Stern der 1950-er Jahre, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/194245

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