Als Studentin der Theologie wird man häufig aufgrund der Studienwahl belächelt und kritisiert. Gespräche mit Kommilitonen bestätigen dies. Eine Kommilitonin, die evangelisches Pfarramt studiert, berichtete kürzlich davon, dass sie manchmal vorgäbe, Germanistik zu studieren, um der Kritik aus dem Weg zu gehen. Nicht selten wird man mit Fragen konfrontiert, warum man heute noch Theologie studiert, welchen Sinn es mache, dass Theologie auch an der staatlichen Universität gelehrt wird und nicht an kirchlichen, ob Glaube und Erkenntnis nicht im Gegensatz zueinander stehen und ob Theologie überhaupt eine Wissenschaft ist.
Auf der Suche nach Gründen für die Kritik an dem Fach Theologie an der Universität drängen sich mir folgende Gedanken auf: Wird die Theologie als universitäre Disziplin angegriffen, weil in Deutschland die Zahl der Menschen, die einer Konfession angehören, im Laufe der letzten Jahrzehnte immer mehr abgenommen hat, diese Menschen demzufolge keine Kirchensteuern zahlen, aber trotzdem durch Steuerzahlungen die Universitäten mitfinanzieren? Könnte es an der multikulturellen Gesellschaft liegen, insbesondere in einer Stadt wie Frankfurt, in der Menschen verschiedener Herkunft, zahlreichen Religionen angehören oder liegt es vielmehr an dem Problem der Überprüfbarkeit theologischer Aussagen?
Meinem Interesse gilt es, mich mit der letzten Frage intensiver auseinanderzusetzen, insbesondere deshalb, weil ich erfahren möchte, wie ich als angehende Theologin die Frage nach der Wissenschaftlichkeit in der Theologie beantworten kann. Die folgende Abhandlung beschäftigt sich daher mit der Frage:
Wozu Theologie als Wissenschaft an der Universität?
Einleitung
Als Studentin der Theologie wird man häufig aufgrund der Studienwahl belächelt und kritisiert. Gespräche mit Kommilitonen bestätigen dies. Eine Kommilitonin, die evangelisches Pfarramt studiert, berichtete kürzlich davon, dass sie manchmal vorgäbe, Germanistik zu studieren, um der Kritik aus dem Weg zu gehen. Nicht selten wird man mit Fragen konfrontiert, warum man heute noch Theologie studiert, welchen Sinn es mache, dass Theologie auch an der staatlichen Universität gelehrt wird und nicht an kirchlichen, ob Glaube und Erkenntnis nicht im Gegensatz zueinander stehen und ob Theologie überhaupt eine Wissenschaft ist.
Auf der Suche nach Gründen für die Kritik an dem Fach Theologie an der Universität drängen sich mir folgende Gedanken auf: Wird die Theologie als universitäre Disziplin angegriffen, weil in Deutschland die Zahl der Menschen, die einer Konfession angehören, im Laufe der letzten Jahrzehnte immer mehr abgenommen hat[1], diese Menschen demzufolge keine Kirchensteuern zahlen, aber trotzdem durch Steuerzahlungen die Universitäten mitfinanzieren? Könnte es an der multikulturellen Gesellschaft liegen, insbesondere in einer Stadt wie Frankfurt, in der Menschen verschiedener Herkunft, zahlreichen Religionen angehören oder liegt es vielmehr an dem Problem der Überprüfbarkeit theologischer Aussagen?[2]
Meinem Interesse gilt es, mich mit der letzten Frage intensiver auseinanderzusetzen, insbesondere deshalb, weil ich erfahren möchte, wie ich als angehende Theologin die Frage nach der Wissenschaftlichkeit in der Theologie beantworten kann. Die folgende Abhandlung beschäftigt sich daher mit der Frage:
Wozu Theologie als Wissenschaft an der Universität?
Zunächst soll geklärt werden, ob es sich bei der Frage, ob die Theologie eine Wissenschaft ist und in die Universität gehört, nur um eine aktuelle Frage handelt oder vielmehr um eine, die bereits in der Vergangenheit Diskussionen aufgeworfen hat.
Daraufhin erfolgt eine genaue Darstellung dessen, worum es sich in dem Diskurs handelt und welcher Kritik sich die Theologie als Wissenschaft aussetzen musste
Danach werden unterschiedliche Positionen bedeutender Theologen skizziert und kommentiert. Schließlich wird ein Fazit formuliert, dass sich an einer Position orientiert und die Fragestellung beantwortet.
Die Frage, was Theologie ist und ob sie in die Universität gehört, ist keinesfalls eine Diskussion des 21. Jahrhunderts. Die Scholastik des 12. Jahrhunderts erweiterte den Ausdruck der Theologie „auf das Ganze der christlichen Lehre.“[3] Zuvor bezeichnete man nur die „Lehre von Gott und der Trinität als Theologie“[4]. Seit der Entstehung der ersten Universitäten im 13. Jahrhundert fand die Theologie ihren Platz in der Universität und war der Frage nach ihrer Wissenschaftlichkeit ausgesetzt.[5] Bereits Augustin unterschied „Wissenschaft und Weisheit“ voneinander, war allerdings nicht der Meinung, dass diese im Widerspruch zueinander stehen, vielmehr kann die Wissenschaft der Weg zur Erlangung der Weisheit sein.[6] Demzufolge bildet die Theologie zusammen mit der Philosophie eine „ewige“ Wissenschaft, da sie sich mit dem Wort Gottes beschäftigt, im Gegensatz zu den anderen Wissenschaften, die ihren Gegenstand in den „zeitlichen Dingen“ finden.[7] Aufgrund der sich ständig verändernden Weltsicht mit Aufkommen der Erklärungen, die die Naturwissenschaften lieferten, hatte es die Theologie nicht leicht, als Wissenschaft angesehen zu werden. Im Gegensatz zur Theologie gelang es den Naturwissenschaften klare Ergebnisse vorzulegen und zu beweisen. Insbesondere wegen der fehlenden Beweisbarkeit sowie Überprüfbarkeit von Aussagen, die der Theologie zugrunde liegen, war sie ständiger Kritik ausgesetzt. Die Frage, ob die Theologie zu Recht ihren Platz an der Universität beansprucht, führt zunächst einmal zu der Frage, welches die Kriterien sind, die die Theologie zu erfüllen hat, um als eine Wissenschaft zu gelten. Denn das wissenschaftliche Arbeiten zeichnet sich gerade dadurch aus, dass Hypothesen überprüft bzw. aufgestellt werden, Ergebnisse, die daraus folgen, systematisch und jedem nachvollziehbar präsentiert werden und unabhängig von der untersuchenden Person erfolgen. Daraus ergibt sich, dass jeder Wissenschaftler bei dem jeweiligen Untersuchungsgegenstand zum selben Ergebnis kommen muss. Das Problem, was sich dadurch für die Theologie stellt, liegt auf der Hand. Ich möchte es mit einem Zitat Franz Werfels verdeutlichen:
Für diejenigen, die an Gott glauben,
ist keine Erklärung notwendig,
für diejenigen, die nicht an Gott glauben,
ist keine Erklärung möglich.
Franz Werfel (1890-1945)[8]
Franz Werfels Zitat wirft folgendes Problem auf: Der Glaube an Gott und die Erklärung dieses Glaubens. Der christliche Glaube stützt sich auf die biblische Überlieferung des Wortes Gottes. Als Theologe vertraut man diesem Wort und betrachtet Gott als Urheber dieses Wortes. Der Glaube allerdings kann sich in unterschiedlichen Vorstellungen und Überzeugungen ausdrücken und wird deshalb als subjektiv wahrgenommen. Aufgrund des Subjektivitätscharakters wurde immer wieder versucht der Theologie die Wissenschaftlichkeit abzusprechen. Kritiker fragen deshalb, ob die Innenansicht, die der Theologe beim Verstehen und Prüfen von Textquellen einnimmt, nicht dem Wissenschaftsgebot der Objektivität entgegensteht. Im Folgenden werden deshalb unterschiedliche Positionen bedeutender Theologen wiedergegeben und auf dieser Basis entschieden, ob Theologie als Wissenschaft ihren Platz zu Recht an der staatlichen Universität beansprucht.
Beginnen möchte ich mit dem Dominikaner Thomas von Aquin (1224/1225 – 1274), der zu den bedeutendsten Theologen und Philosophen der Geschichte zählt.[9] Seine theologischen und philosophischen Schriften sind mehr als umfangreich,[10] so auch sein spätes unvollendetes Hauptwerk (summa theologiae), in dem er sich u.a. der Frage widmet, wie man „Glaube und Vernunft auf einen Nenner“ bringen kann.[11] Dazu bedient er sich dem Sprechakt der Frage „quaestio“[12] und systematisiert diese Fragen mit Unter- und Gegenfragen, um so seine Antworten begründen zu können.[13] Er antwortet zwar aus seinem Glauben heraus, der Glaube jedoch ist ein vernünftiger, da dieser durch methodisch systematisches Fragen überprüft wurde.
[...]
[1] Vgl. Eicken, Joachim: Die Entwicklung der Kirchenmitglieder in Deutschland Statistische Anmerkungen zu Umfang und Ursachen des Mitgliederrückgangs in den beiden christlichen Volkskirchen, 5. Demographie-Kongress Berlin, 6. - 7. Sept. 2010: http://www.best-age-conference.com/Archiv-Kongresse/Kongress 2010/Vortraege/ binarywriterservlet?imgUid=92b7259b-4504-031e-618acd47b988f2ee&uBasVariant= 11111111-1111-1111-1111-111111111111(letzter Aufruf: 27.02.2012).
[2] Vgl. Leonhardt, Rochus: Grundinformation Dogmatik, 4. Auflage, Göttingen, 2009, S. 142.
[3] Pannenberg, Wolfhart: Wissenschaftstheorie und Theologie, 1. Wissenschaftliche Sonderausgabe, Frankfurt am Main, 1977, S. 12.
[4] Pannenberg, Wissenschaftstheorie, 1977, S. 11.
[5] Vgl. Pannenberg, Wissenschaftstheorie, 1977, S. 12.
[6] Vgl. Pannenberg, Wissenschaftstheorie, 1977, S. 13.
[7] Pannenberg, Wissenschaftstheorie, 1977, S. 14.
[8] Online: Held, Armin: Zitate berühmter Persönlichkeiten zum Thema „Gott und die Bibel”, 2009, S. 13:
http://www.urzeitundendzeit.de/Zitate.pdf, letzter Abruf: 06.03.2012.
[9] Vgl. Prange, Klaus: Schlüsselwerke der Pädagogik, Band 1: Von Plato bis Hegel, 1. Auflage, Stuttgart, 2008, S. 66.
[10] Vgl. Prange, Schlüsselwerke der Pädagogik, S. 67.
[11] Prange, Schlüsselwerke der Pädagogik, S. 66.
[12] Ders.
[13] Vgl. Prange, S. 68f.
- Arbeit zitieren
- Andrea Tauber (Autor:in), 2012, Wozu Theologie als Wissenschaft an der Universität?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/194363