Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Die Grundlagen der Kommunikation nach Friedemann Schulz von Thun - die vier Seiten einer Nachricht
3. Die Konversationsmaximen nach Paul Grice
4. Geschlechtsspezifische Kommunikationsmerkmale
4.1. Kommunikationsmerkmale der „männlichen“ Kommunikation
4.2. Kommunikationsmerkmale der „weiblichen“ Kommunikation
5. Konfliktfelder der Geschlechterkommunikation am Beispiel von Loriots „Garderobe“ - eine Grobanalyse
6. Zusammenfassung
7. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Kommunikation generell ist, da sie zwischen mindestens zwei Akteuren stattfindet, von Störungen und Missverständnissen bedroht und kann bei eben diesen zu Konflikten fuhren. Diese können größeren Ausmaßes sein, etwa gesellschaftlicher Art bei missverständlichen Aussagen zu sensiblen Themen. Man erinnere sich beispielsweise an die Aussagen einer Politikerin der Partei DIE LINKE zum Kommunismus oder den Aussagen Thilo Sarrazins bezüglich der Integrationsdebatte. Beide Fälle zogen lange und intensive Diskussionen nach sich und häufig konnte man vernehmen, es handele sich um so genannte missverständliche Aussagen.
Doch können diese Konflikte und Missverständnisse nicht nur auf der großen gesellschaftlichen Bühne, sondern auch im kleinsten Kreise interpersoneller Kommunikation stattfinden, so zum Beispiel in der Kommunikation zwischen Mann und Frau. Häufig, besonders in den letzten Jahren, schmückt gerade dieses Thema sämtliche humoristische Bühnenprogramme welche vorgeben, eine Anleitung zum besseren Verständnis des anderen Geschlechts zu geben. Aber sind Männer und Frauen wirklich so verschieden? Und wenn dem so ist, wo genau liegen die Unterschiede in ihren kommunikativen Praktiken? Und was passiert, wenn genau diese Praktiken mit all ihren Unterschieden unberücksichtigt und ohne Kompromisse aufeinandertreffen? Auf diese Fragen soll in dieser Arbeit eingegangen werden.
Zunächst soll die Kommunikation allgemein an zwei Beispielen genauer erläutert werden, zum einen dem Konzept Schulz von Thuns, zum anderen folgt eine Erklärung der Konversationsmaximen von Paul Grice. Im Anschluss an den Teil der Kommunikationstheorien schließt sich die knappe Darlegung grundlegender Unterschiede in der typischen Männer-und Frauenkommunikation an, welche als Vorüberlegung zur Beschäftigung mit dem Dialog von Loriot angesehen werden kann. Letztlich soll die geschlechtsspezifische Kommunikation samt ihrem Konfliktpotenzial durch eine Grobanalyse des Loriot-Dialoges veranschaulicht und abschließend zusammengefasst werden.
2. Die Grundlagen der Kommunikation nachFriedemann Schulz von Thun - die vier Seiten einer Nachricht
Zweifelsohne ist Kommunikation vielschichtiger als vermutet. Ein Satz, ja manchmal sogar schon ein Wort, kann bei dessen verschiedener Deutung durch den Empfänger in einen vollkommen anderen Zusammenhang gestellt werden und somit ändert sich auch die Reaktion des Kommunikationspartners. Man kann sich die zwischenmenschliche Kommunikation somit wie eine Art Ereigniskette vorstellen, bei dem die Änderung eines Gliedes einen vollkommen anderen Ereignisverlauf zur Folge haben kann. Nicht zuletzt die Vielschichtigkeit einer Nachricht ist der Grund hierfür. Der Psychologe FRIEDEMANN SCHULZ VON THUN untersucht in einem seiner Bücher genau dieses Phänomen der Mehrschichtigkeit von Nachrichten und formuliert die vier Seiten, welche Nachrichten innehaben. Denn keine Nachricht hat nur eine Möglichkeit, nach der sie aufgefasst und interpretiert werden kann. Eine Aussage ist ebenso wenig stets nur Aussage wie eine Frage nur eine bloße Frage ist. Schulz von Thun formulierte dazu:
,Da[ss] jede Nachricht ein ganzes Paket mit vielen Botschaften ist, macht den Vorgang der zwischenmenschlichen Kommunikation so kompliziert und störanfällig, aber auch so aufregend und spannend.“ (1 )
Es werden somit folgende vier Seiten der Nachricht durch Schulz von Thun formuliert. Als erstes steht die geäußerte Nachricht stets für eine schlichte Sache bzw. eine Information, welche durch den Sender an den Empfänger weitergegeben werden soll, von Schulz von Thun als Sachinhalt bezeichnet. Neben dieser bloßen Äußerung einer rein informativen Nachricht wird zudem jedoch auch die Selbstoffenbarung als eine Seite der Nachricht vermittelt, d.h., der Sender selbst gibt Informationen über sich Preis. Wie sieht er sich? Wie möchte er sich durch die Übermittlung seiner Nachricht an den Empfänger präsentieren bzw. präsentiert wissen? Gerade mit diesem Aspekt einer Nachricht gehen, so Schulz von Thun, „viele Probleme der zwischenmenschlichen Kommunikation“ (2 ) einher, wenn sich der Sender in Kommunikationssituationen selbst erhöht oder erniedrigt, um die Selbstoffenbarung in eine gewisse Richtung lenken zu können. Neben dem, was der Sender über sich selbst Preis gibt, wird durch das Übermitteln einer Nachricht (ob willentlich oder nicht soll hier nicht keine Berücksichtigung finden) auch Preis gegeben, was der Sender der Nachricht über deren Empfänger denkt, beziehungsweise, welche Beziehung zwischen beiden herrscht. Fühlt sich der Sender1 2 dem Empfänger über-oder untergeordnet oder handelt es sich um eine symmetrische Kommunikation, also eine Kommunikation welche sozusagen auf Augenhöhe stattfindet? Schulz von Thun spricht in diesem Zusammenhang von Du-Botschaften bzw. Wir-Botschaften (3 ). Die vierte und vielleicht manipulativste Seite der Nachricht ist die des Appells, des Aufrufes zu einer gezielten Handlung. Hierbei handelt es sich nicht zwangsläufig stets um gezielte Handlungsanweisungen als vielmehr und versteckte Versuche, durch Gesagtes Einfluss auf den Gesprächspartner zu nehmen. Hierzu werden nicht zuletzt die anderen Aspekte der Nachricht benutzt, um eine bestimmte Handlung (oder Emotion o.Ä.) erreichen zu können. So können bestimmte Äußerungen im Loriot-Text (siehe Punkt 6.) auch als eben solche Appelle verstanden werden, auf die im späteren Verlauf der Arbeit noch genauer eingegangen werden soll.
Allein diese vier möglichen Seiten einer Nachricht offenbaren die Problematik der Mehrdeutigkeit von Aussagen, selbst bei der Wahl klarer, unmissverständlicher Worte. Zählt man zu diesen vier Seiten der Nachricht noch andere mögliche Problemfelder (bspw. Vagheit von Aussagen, Missverständnisse durch prosodische Unverständlichkeiten, usw.) so wird schnell deutlich, wie störanfällig die menschliche Kommunikation verlaufen kann. Der Sprachwissenschaftler Paul Grice formulierte, nicht zuletzt zur Vermeidung von solchen kommunikativen Störungen, vier Maximen der Konversation, auf die im folgenden Punkt genauer eingegangen werden soll.
3. Die Konversationsmaximen nach Paul Grice
Unter den von PAUL GRICE formulierten Konversationsmaximen kann man eine Art möglichen Leitfaden zur leichteren Kommunikation verstehen, über welchem das schlichte Prinzip der Kooperation steht. Die oberste Forderung an die Kommunikationspartner ist, gegenüber einander kooperativ zu sein und sich dem Gesprächsziel sowie dem Gesprächszweck entsprechend zu verhalten. So sollte man sich beispielsweise bei einem Gespräch im Rahmen eines Autokaufes gegenüber dem Verkäufer anders verhalten als in der Situation eines Heiratsantrages. So weit entfernt die gewählten Beispiele auch erscheinen mögen, so sind sie beide doch in dem Punkt gleich, dass es sich um zwischenmenschliche Kommunikation handelt und beide somit typischen Konventionen unterliegen. Neben dem Grundprinzip der Kooperation formuliert Grice vier Maximen, welche im kommunikativen Umgang berücksichtigt werden sollen, um Komplikationen vermeiden zu können. Diese Maximen sind:
1) Maxime der Quantität
2) Maxime der Qualität
3) Maxime der Relevanz
4) Maxime der Modalität
Unter der Maxime der Quantität ist zu verstehen, dass sowohl nicht zu viel als auch nicht zu wenig im Gesprächsbeitrag formuliert werden soll. Es sollen genau so viele Informationen mitgeteilt werden, wie benötigt werden um den Gesprächsbeitrag richtig verstehen zu können. Folgendes Beispiel soll die Maxime genauer veranschaulichen:
A: Hast Du die Telefonnummer von XY?
*B: Irgendwas mit 049.
B verstößt gegen die Maxime, da nicht die komplette Telefonnummer, sondern lediglich ein Teil genannt wird und somit der Gesprächsbeitrag nicht vollständig verstanden bzw. für die Lösung der Frage genutzt werden kann. Richtigerweise hätte B bei Nichtwissen der Nummer antworten müssen:
B: Ich weiß die Nummer nicht komplett, aber sie muss 049 als Vorwahl haben.
Eine weitere, vielleicht schwerer erfüllbare Konversationsmaxime ist die der Qualität, welche vom Sprecher verlangt, injedem Fall nicht zu sagen, was man als nicht richtig erachtet und ebenso nichts zu sagen, ohne triftige Gründe für die Äußerung zu besitzen. Diese Maxime schließt sämtliche Stilmittel wie beispielsweise Übertreibung, Ironie sowie den Gebrauch von Metaphern kategorisch aus, wie folgendes Beispiel zeigt.
Mutter zum Kind: Ich hab' Dir schon hundert Mal gesagt, dass Du anrufen sollst, wenn Du später kommst!
Die Äußerung schon hundert Mal ist, unter genauer Beachtung der Grice'schen Maxime der Qualität falsch und macht den von der Mutter gesprochenen Beitrag zu einer unwahren Aussage, es sei denn, sie würde nachweisen können, dass sie mitgezählt hat.
Die dritte Maxime soll nicht zuletzt den Gesprächs-bzw. Themenzusammenhang sichern, denn die Maxime der Relevanz verlangt, den Gesprächsbeitrag so zu gestalten, dass er zu dem Thema des Gespräches passt. So ist es zweifelsohne sinnvoll, in einem Gespräch über Politik nicht aus heiterem Himmel beispielsweise über Schäden am PKW zu sprechen. Selbst, wenn zwischen beiden Themen durch Metaphern eine Verbindung geschaffen würde, wäre diese gemäß der Maxime der Qualität eine unwahre.
Eine der kompliziertesten weil vielschichtigsten Maximen ist die der Modalität, da sie durch ihre Unterpunkte eine Art Reihe von Forderungen an den Gesprächsteilnehmer stellt. Zusammengefasst kann man formulieren, dass verlangt wird, während eines Gesprächsbeitrages die logische Reihenfolge von Ereignissen einzuhalten sowie mehrdeutige und dadurch eventuell missverständliche Aussagen zu vermeiden.
Diese von Grice formulierten Maximen können durchaus als mögliche Erleichterung vom zwischenmenschlicher Kommunikation verstanden werden, jedoch eher in theoretischer Hinsicht. In der Lebenswelt zeigt sich jedoch häufiger, wie schnell diese Maximen verletzt werden können, selbst wenn keinerlei Absicht dazu vorhanden ist. Ein Beispiel für die durchaus problematische Komplexität und Kompliziertheit der (zwischen)menschlichen Kommunikation ist das kommunikative Verhalten von Männern und Frauen und möglichen Problemfeldern in ihrer gemeinsamen Sprache.
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1 Schulz von Thun (1981), S. 26
2 ebd.
3 vgl Schulz von Thun (1981), S. 28