Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1. Einführung
2. Die Theorie Christensens
2.1 Value-Network und Entwicklungspfade
2.2 Konzept disruptiver Innovationen
2.2.1 Merkmale von Sustaining Technologies
2.2.2 Merkmale von Disruptive Technologies
2.2.3 Modell der disruptiven Innovation
2.3 Arten von disruptiven Innovationen
2.3.1 Low-End Disruption
2.3.2 New-Market Disruption
2.3.3 Mischformen der Disruption
2.4 Die Probleme etablierter Unternehmen
2.4.1 Gesetzmäßigkeiten der disruptiven Technologie
2.4.2 Reaktionsmöglichkeiten auf disruptive Innovationen
2.5 Die mechanische Baggerindustrie - ein Fallbeispiel
3. Kritische Würdigung und Zusammenfassung
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Das Modell der disruptiven Innovation
Abb. 2: Die dritte Dimension des Modells der disruptiven Innovation
Abb. 3: Beispiele von Unternehmen und Produkten mit Wurzeln in der Disruption
1. Einführung
Im Jahr 1995 entwickelte Clayton Christensen eine Theorie über die sogenannten disruptiven Innovationen, in der er beschreibt, warum etablierte Unternehmen oft an disruptiven Innovationen scheitern und manch andere Innovationen, die sustaining Innovationen, etablierten Unternehmen keine existenzbedrohenden Probleme bereiten. Demnach entsteht eine problematische Situation, wenn es sich andeutet, dass neue Innovationen einen neuen Absatzmarkt schaffen. Unternehmen stehen dann vor der Entscheidung, entweder Ressourcen in die neue Technologie zu investieren oder abzuwarten, ob sich die neue Technologie auch am Hauptabsatzmarkt durchsetzen kann. Beides kann zu Marktanteilsverlusten führen. Falls sich die neue Technologie durchsetzt, könnte das Unternehmen in technologischen Rückstand geraten. Wenn sich die neue Technologie jedoch nicht durchsetzt, werden dadurch Ressourcen verschwendet, die für etablierte Technologien hätten verwendet werden können. Diese Tatsache bezeichnet Christensen in seiner Theorie als innovator ’ s dilemma für etablierte Unternehmen.
In dieser Arbeit wird Christensens Innovationstheorie beschrieben. Zuerst werden die Grundlagen dargestellt, auf die sich seine Theorie stützt. Dann wird auf die unterschiedlichsten Merkmale von Innovationen, speziell den disruptiven Innovationen, eingegangen. In der Folge werden die Probleme etablierter Unternehmen erläutert. Zuletzt erfolgt eine kritische Würdigung und Zusammenfassung der Theorie.
2. Die Theorie Christensens
Clayton Christensen beschreibt in seiner Theorie, dass junge Unternehmen (engl.: entrants), die mit einer Innovation in einen existierenden Markt - das sogenannte Value-Network eines etablierten Unternehmens (engl.: incumbent) - eintreten, häufig Probleme haben sich gegen diese führenden Unternehmen durchzusetzen. Dagegen fällt es solchen jungen Unternehmen weitaus leichter einen neuen Markt durch eine Innovation außerhalb des Value-Networks führender Unternehmen zu erschließen, der mit der Zeit durch Leistungsverbesserungen den existierenden Markt und dessen führende Unternehmen verdrängen bzw. ganz verschwinden lassen kann.
2.1 Value-Network und Entwicklungspfade
Das Value-Network eines Unternehmens bezieht sich auf den Bereich, in dem das Unternehmen tätig ist sowie den dort ansässigen Kunden (Christensen, Dilemma 2006). Ein Unternehmen, das sich in bestimmten Marktsegmenten befindet, wird Innovationen in diesen Bereichen anstreben, um die Nützlichkeit für seine Kunden durch eine Verbesserung der Leistungen zu erhöhen. Damit stellt das Unternehmen die Zufriedenheit des eigenen Kundenstamms sicher. Es befindet sich in einem System aus Lieferanten, Partnern, Kunden und Absatzkanälen, die das Geschäftsmodell des Unternehmens bestimmen und durch dieses bestimmt werden (Melanchuk 2011). Da das Unternehmen den Hauptnutzen darin sieht, die Bedürfnisse der Kunden ihres Value-Networks zu befriedigen, wird es in erster Linie auf ihre größte Kundengruppe abzielen, um so den eigenen Marktanteil und Gewinn zu erhöhen oder zumindest zu behalten (Christensen, Dilemma 2006, 265). Kundengruppen, die sich am Rand oder ganz außerhalb des Value-Networks befinden, werden bei den Innovationen vernachlässigt. Sie versprechen einen geringeren Gewinn und sind daher für das führende Unternehmen uninteressant. Eine Innovation in dieser Kundengruppe wird zwar wahrgenommen, das Unternehmen konzentriert sich jedoch auf ihr eigenes Knowhow. Somit bestimmt ein Value-Network den wirtschaftlichen Wert einer Innovation für das Unternehmen (Christensen und Raynor, Solution 2003, 44). Das Unternehmen bewegt sich intuitiv immer im eigenen bzw. im Value-Network der Branche. Innovationen entstehen demnach auf einem branchenspezifischen technologischen Entwicklungspfad (engl.: trajectory), der durch das Value-Network bestimmt wird (Hüsig und Soppe 2011).
2.2 Konzept disruptiver Innovationen
Christensen erläutert in seiner Theorie, dass sich Technologien bzw. Innovationen1 in zwei unterschiedliche Kategorien einteilen lassen:
Sustaining Technologies (erhaltende Technologien) Disruptive Technologies (zerstörende Technologien).
2.2.1 Merkmale von Sustaining Technologies
Durch die Kundenorientierung des Value-Networks bewegt sich die gesamte Branche auf ihrem technologischen Entwicklungspfad. Auf diesem Pfad auftretende Innovationen haben den Charakter von sustaining Innovationen. Solche erhaltenden Innovationen unterstützen die verbesserte Produktleistung. Sustaining Technologies verbessern die Leistung etablierter Produkte, indem sie sich an den Leistungskriterien der Hauptabnehmer in den wichtigsten Märkten orientieren (Christensen, Dilemma 2006, XVIII). Ein gefestigter Kundenstamm verspricht eine sichere Absatzmöglichkeit. Letzten Endes garantiert eine Verbesserung der Produktperformance auch eine verbesserte Gewinnmarge durch höhere Endpreise (Christensen, Anthony und Roth, Next 2004, 24). Hauptsächlich sind es führende Unternehmen, die erhaltende Innovationen entwickeln, um sicherzustellen, dass ihre Produkte einen möglichst langen Lebenszyklus durchlaufen.
Beispielhaft sei hier das Handy genannt. Durch Innovationen entwickelte es sich vom einfachen Mobiltelefon zum elektronischen Helfer für den Menschen, indem es beispielsweise SMS und MMS verschicken sowie Fotos machen und Musik abspielen konnte.
Sustaining Innovationen sind dabei jedoch nicht nur sogenannte inkrementelle Innovationen2, sondern auch radikale bzw. diskontinuierliche Innovationen3 solange die Anhebung der Leistung innerhalb der ursprünglichen Dimensionen erfolgt (Dowling und Hüsig 2004). Hüsig und Soppe geben dazu ein überzeugendes Beispiel: Ein radikaler Technologiesprung in den bekannten Leistungsdimensionen, der keine Disruption für etablierte Unternehmen auslöst, ist z. B. bei Bahnbetreibern der Wechsel von etablierter ICE-Zugtechnik auf Magnetschwebezugtechnik. Die Verbesserung liegt in der bekannten Dimension „erreichbare Geschwindigkeit“ (Hüsig und Soppe 2011).
Eine ständige Verbesserung der Produkteigenschaften kann allerdings auch zu Problemen führen. So kann es passieren, dass die Kundenwünsche durch die erweiterten Produktfunktionen übertroffen werden und die Kunden nicht bereit sind den Mehrwert der Leistungsverbesserung des Produkts zu bezahlen (Hüsig und Soppe 2011). Auch kann es vorkommen, dass Kunden die neue Ausstattung nicht im vollen Umfang benutzen können, weil sie die dafür erforderlichen Anforderungen nicht benötigen bzw. diese für sie zu teuer sind, z. B. bei der Internetfähigkeit von Prepaid-Handys. So kann es passieren, dass der Markt für dieses Produkt infolge einer Innovation kleiner wird.
2.2.2 Merkmale von Disruptive Technologies
Diese Situation bietet eine Chance für kleinere Unternehmen, neu in den Markt einzusteigen und mit sogenannten disruptiven Innovationen neue Käuferschichten anzusprechen. Disruptive Technologies sprechen häufig nur eine kleine Kundengruppe an, der die etablierten Produkte nicht zusagen - sei es aufgrund ihres Preises oder der angebotenen Leistungen. Sie unterbrechen bekannte Pfade der Leistungsverbesserung und decken komplett neue Leistungsdimensionen ab. Im Gegensatz zu sustaining Innovationen unterbrechen sie den vorhandenen Entwicklungspfad oder definieren die Bedeutung von Leistung neu (Christensen und Bower, Leading Firms 1996). Christensen schreibt dazu: „A disruptive technology or disruptive innovation is an innovation that helps create a new market and value network, and eventually goes on to disrupt an existing market and value network“ (Christensen, Disruptive Innovation 2012).
Bei der Einführung eines neuen Produkts ist dieses den vorhandenen Produkten deutlich unterlegen. Das Hauptmerkmal eines solchen Produkts ist, dass es neue Attribute aufweist, die von der Hauptkundengruppe nicht gefordert werden (Hüsig und Soppe 2011). Häufig ist das neue Produkt preislich sowie in der Zweckmäßigkeit und Kompaktheit den vorhandenen Produkten gegenüber überlegen, besitzt jedoch Einschränkungen im Funktionsumfang. Die untersten Käuferschichten, die durch dieses Produkt angesprochen werden, versprechen einen einfachen Markteintritt, da die Marktführer in dieser Kundengruppe meist nicht vertreten sind. Hat das kleine Unternehmen die Chance die Produktperformance zu verbessern, kann es zu einem späteren Zeitpunkt auch die Kunden der etablierten Unternehmen ansprechen und deren Marktanteile gewinnen.
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1 Die Begriffe Technologie und Innovation werden im Folgenden synonym verwendet.
2 Inkrementelle Innovationen basieren auf etablierten technologischen Fähigkeiten (Christensen, Dilemma 2006, 35) - Beispiel aus der Automobilindustrie: Kurvenlicht.
3 Radikale Innovationen erfordern viele verschiedene technologische Fähigkeiten (Christensen, Dilemma 2006, 34) - Beispiel aus der Automobilindustrie: Allrad-Antrieb.