Conclusio der Arbeit
Ziel der Arbeit war es, die Faktoren zu verstehen, die die individuelle Entscheidung höher qualifizierter älterer Frauen und Männer, ihre Erwerbstätigkeit zu beenden und in den Ruhestand eintreten zu wollen, beeinflussen.
Nach der finanziellen Situation war die eigene Gesundheit der am häufigsten genannte Grund die Erwerbstätigkeit früh beenden zu wollen. Als markant hat sich der Verlauf der Erwerbstätigkeit herausgestellt. Brüche in der Erwerbsbiografie führten in einer Untersuchung zu unsicheren Arbeitsplätzen, einer Zunahme an administrativen Tätigkeiten, mehr gesundheitlichen Belastungen, und weniger Wertschätzung. Die Wahlmöglichkeiten am Ende der Erwerbstätigkeit werden dadurch eingeschränkt.
Frauen tendieren dazu sich bei der Wahl des Zeitpunktes des Austritts an den Ehemännern zu orientieren, was in vielen Fällen einen vorzeitigen Erwerbsaustritt nach sich zieht.
Sofern höher Qualifizierte in ausbildungsadäquaten beruflichen Positionen tätig sind, hätten sie durch ein hohes Einkommen den Spielraum die Erwerbstätigkeit früher zu beenden. Höheres Einkommen geht jedoch öfter mit einem längeren Verbleib im Berufsleben einher. Dafür gibt es mehrere Gründe. Einerseits würde der Gewinn an Freizeit durch eine frühere Pensionierung den Verlust durch Lohnverzicht nicht aufwiegen. Andererseits fühlen sich höher Qualifizierte sowohl moralisch, als auch aufgrund der längeren Ausbildungszeiten dazu verpflichtet bis zum gesetzlichen Antrittsalter berufstätig zu sein. Sie streben außerdem an, ihren erlangten sozialen Status aufrecht zu erhalten, der mit Eintritt in den Ruhestand verloren gehen würde.
Die Absicht länger berufstätig zu bleiben, zeigten Befragte wenn sie sich mit ihrer Arbeit identifizieren können, und sie persönliche Erfüllung durch die Arbeit erfahren, wobei letzteres eher für Frauen als für Männer zutrifft.
Auf betrieblicher Ebene waren Gründe für einen vorzeitigen Erwerbsaustritt eine unflexible Gestaltung der Arbeitszeit und Arbeitsaufgaben, sowie problematische Beziehung zu Vorgesetzten. Das Kommunizieren positiver Altersbilder an ältere ArbeitnehmerInnen fördert die Bereitschaft länger in der Erwerbstätigkeit zu verbleiben.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Definitionen wichtiger Begriffe
2.1 Begriff Ältere
2.2 Begriff höhere Qualifikation
2.2.1 Der Zusammenhang von Qualifikation und beruflicher Stellung
2.2.2 Teilnahme an Weiterbildung
2.3 Begriffe Erwerbsaustritt und Pensionseintritt
3 Zahlen, Daten und Fakten zur Erwerbstätigkeit Älterer in Österreich
3.1 Bevölkerungsstruktur
3.2 Erwerbsbeteiligung Älterer
3.2.1 Erwerbsbeteiligung Älterer im internationalen Vergleich
3.2.2 Wandel in Demographie, Wirtschaft und Bildung
3.2.3 Erwerbsbeteiligung von Frauen
3.2.4 Besondere Merkmale der Erwerbstätigkeit von Frauen
3.2.5 Erwerbsbeteiligung Älterer mit hoher Qualifikation
3.3 Zeitpunkt des Pensionsantritts nach Qualifikation und Geschlecht
4 Einflussfaktoren auf Erwerbsaustritt und Pensionseintritt
4.1 Komplexität der Entscheidung
4.2 Theorien und Modelle zu Erwerbsaustritt und Pensionseintritt
4.3 Ausprägung und Relevanz bestimmter Einflussfaktoren
4.3.1 Kontext des Haushalts und des Individuums
4.3.2 Kontext der Arbeit und des Betriebs
4.3.3 Einfluss von Altersstereotypen
5 Conclusio
6 Literaturverzeichnis
Darstellungsverzeichnis
Darstellung 1: Modell der Erwerbstätigkeit Älterer nach Bäcker u.a. (2009)
Darstellung 2: Einflussfaktoren auf Arbeits- bzw. Ruhestandsentscheidungen älterer Akademikerinnen nach Clarke, Hartmann & Patrickson (2009)
1 Einleitung
Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels gewinnt der längere Verbleib älterer ArbeitnehmerInnen im Erwerbsleben an Bedeutung. Zugleich stellt der wirtschaftliche Wandel Erwerbstätige vor höhere Anforderungen. Angesichts höherer Anforderungen, und des in Österreich besonders niedrigen Durchschnitts- alters beim Erwerbsaustritt (OECD, 2006), stellt sich bei der Personengruppe höher qualifizierter Älterer die Frage, wie diese länger im Erwerbsleben gehalten werden können.
Frauen haben Männer bei der Anzahl an Bildungsabschlüssen mittlerweile überholt (Statistik Austria, 2002), erreichen aber seltener ausbildungsadäquate berufliche Positionen (Statistik Austria, 2010b). Um dieses Potenzial in Zukunft besser nutzen zu können, ist die Frage nach der Ermöglichung der Erwerbs- beteiligung von höher qualifizierten älteren Frauen von Relevanz. Die Bedeutung dieser Frage wird durch Einführung verpflichtender Frauenquoten in Aufsichtsräten1 unterstrichen.
Ziel dieser Arbeit ist es, die Absichten von höher qualifizierten älteren Frauen und Männern hinsichtlich des Übergangs in den Ruhestand zu verstehen. Auf dieser Grundlage können in Folge Überlegungen angestellt werden, wie der längere Verbleib dieser Zielgruppe im Erwerbsleben gefördert werden kann. Die daraus abgeleitete Forschungsfrage lautet: Welche Faktoren beeinflussen die individuelle Entscheidung höher qualifizierter älterer Frauen und Männer, ihre Erwerbstätigkeit zu beenden und in den Ruhestand eintreten zu wollen?
Die Beantwortung der Forschungsfrage erfolgt mittels Auswertung wissenschaftlicher Literatur. Dabei wird neben theoretischen Einführungen hauptsächlich auf Ergebnisse aus wissenschaftlichen Untersuchungen zurückgegriffen.
Die vorliegende Arbeit ist in drei Hauptkapitel gegliedert. Nach Erklärung der wichtigsten Begriffe folgt eine Darstellung der Erwerbstätigkeit Älterer in Österreich. Der größte Teil widmet sich den Übergängen vom Erwerbsleben in den Ruhestand. Dabei stehen die auf individuelle Pensionsentscheidungen wirkenden Einflussfaktoren im Vordergrund. Nach Geschlecht differierenden Ergebnissen wird besonderer Raum gegeben.
2 Definitionen wichtiger Begriffe
2.1 Begriff Ältere
Der Zeitpunkt des Übergangs in den Ruhestand hat sich seit rund 100 Jahren als Beginn der Lebensphase Alter durchgesetzt. Nach Backes & Clemens (2008) geht diese Definition vom Idealtypus einer kontinuierlichen Erwerbsbiografie aus, die auch als „männliche Normalbiografie“ bezeichnet wird. Nicht erwerbstätigen Personen, bzw. Personen, die alternativen Lebens- und Arbeitsformen nachgehen, wird ebenso mit Erreichen des 65. Lebensjahres das Ruhestandsalter zugeschrieben.
Auf diese Definition aufbauend, wird in der Altersforschung (Roßnagel, 2008) nach den „jungen Alten“ (65 bis 75 Jahre), den „mittleren Alten“ (76 bis 85 Jahre) und den über 85-jährigen „alten Alten“ unterschieden. Seit den 1990er Jahren beschäftigt sich die Altersforschung mit den „Neuen Alten“ (Thieme, 2008). Die Altersspanne der auch „aktiven Alten“ genannten Altersgruppe, reicht von etwa 55 bis 60 Jahre. Sie sind, ob erwerbstätig oder nicht, aktiv, bilden sich weiter, sind finanziell gut versorgt, und gesundheitlich wenig bis gar nicht eingeschränkt.
Politische Diskussionen auf europäischer Ebene über die Erhöhung des Antrittsalters, sowie die in vielen Ländern bestehende Abweichung vom faktischen zum gesetzlichen Pensionsantrittsalter, führten zu einer gewissen Unübersichtlichkeit bei der Frage wo „Alter“ beginnt. Backes & Clemens (2008) betonen die Unschärfe der Altersgrenzen, die sich außerdem je nach Perspektive verschieben. Nach dem Verständnis der OECD (2005) nimmt „älter“ zu sein nicht erst nach dem Erwerbsleben seinen Anfang. Die OECD (ebenda) stuft Personen als „älter“ ein, sobald diese in der zweiten Hälfte ihres Erwerbslebens stehen.
In der Wirtschaft variiert, wer als „älter“ betrachtet wird, von Unternehmen zu Unternehmen. Personalverantwortliche aus 154 befragten Unternehmen unterschiedlicher Größe und Branche (Koller & Gruber, 2001) unterscheiden zumeist nach der beruflichen Tätigkeit, also der zu erbringenden Leistung. 80 Prozent aller Aussagen über das Lebensalter, welches als „älter“ betrachtet wird, liegen im Bereich zwischen 45 und 55 Jahren. Es zeigte sich dabei eine geringfügige Abweichung bei der Unterscheidung nach Qualifikation. In Betrieben mit großem Anteil ungelernter Arbeitskräfte werden ArbeitnehmerInnen ab durchschnittlich 49 Jahren als „älter“ bezeichnet. Betriebe ohne ungelernte Arbeitskräfte ziehen die Grenze bei durchschnittlich 51,2 Jahren.
In Materialien von Interessensvertretungen, die ältere ArbeitnehmerInnen als ihre Zielgruppe betrachten, ist die Altersgrenze zwar nicht definiert, aber oft explizit durch den Titel (z.B. „50plus“) ausgedrückt2.
Naegele (2004) versuchte die verschiedenen Sichtweisen aus Wirtschaft und Sozialpolitik in drei Definitionen zusammen zu fassen:
Wenn ArbeitnehmerInnen im Alter von 40 Jahren als Ältere bezeichnet werden, dann ist Alter an körperlich anstrengende Arbeitsbedingungen gebunden. Dies trifft z.B. in der Metall- oder Stahlindustrie zu.
Wenn ArbeitnehmerInnen im Alter von 45 Jahren als Ältere bezeichnet werden, ist Alter verbunden mit der Chance aus der Arbeitslosigkeit heraus einen neuen Arbeitsplatz zu erwerben, oder mit der eingeschränkten Möglichkeit innerhalb des Unternehmens noch einen Karriereschritt zu machen.
Wenn ArbeitnehmerInnen im Alter von 50 Jahren oder mehr, als älter bezeichnet werden, dann ist Alter gebunden an die Gedanken Betroffener über eine Entscheidung zur Pension, bzw. an den Rückgang von Möglichkeiten an innerbetrieblicher Weiterbildung teilzunehmen, oder an die Notwendigkeit, dass Ältere weiterarbeiten um Jüngere ArbeitnehmerInnen zu begleiten.
Beim Versuch zu definieren, um welche Altersgrenzen es sich bei älteren ArbeitnehmerInnen handelt, wird nicht unterschieden zwischen Männern und Frauen. Es wird auch in der Forschung überwiegend oft davon ausgegangen, Ältere wären eine homogene Gruppe (Templer, Armstrong-Stassen, & Cattaneo, 2010).
In der Studie von Koller & Gruber (2001) zeigte sich, bis auf einzelne, einander widersprechende Aussagen von Personalverantwortlichen, dass keine Unterscheidung hinsichtlich der Bewertung des Alters nach Geschlecht getroffen wird. Nach Kloimüller (2009) werden Frauen jedoch bereits im Alter von 40 bis 45 Jahren von ihren Vorgesetzten als älter wahrgenommen. Zudem werden ältere Frauen eher als alt und weniger attraktiv wahrgenommen, während ältere Männer als reifer und reicher an Erfahrung betrachtet werden (ebenda).
2.2 Begriff höhere Qualifikation
Welcher Bildungsabschluss als höhere Qualifikation angesehen wird, ist in wissenschaftlichen Publikationen nicht immer explizit ausgedrückt. In vielen Fällen sind damit jedoch Ausbildungsabschlüsse gemeint, die zumindest dem ISCED- Level 5B (Statistik Austria, 2010c; UNESCO 1997) entsprechen. In Österreich gehören dieser Kategorie, der nichtuniversitären Tertiärausbildungen, Kollegs, Meisterschulen oder andere Kurzstudien an. Sie gehen jedenfalls über die Matura hinaus. Bildungsabschlüsse an einer Fachhochschule oder Universität gehören dem ISCED-Level 5A/6 an. Im Gegensatz zu Level 5B wird dabei ein akademischer Grad erlangt. Dennoch kann nicht davon ausgegangen werden, dass mit dem Begriff „AkademikerInnen“ nur letztere Personengruppe gemeint ist.
2.2.1 Der Zusammenhang von Qualifikation und beruflicher Stellung
In Bezug auf die Forschungsfrage ist von Bedeutung, ob sich tatsächlich die hohe Qualifikation auf Pensionsentscheidungen auswirkt, oder ob nicht eher die berufliche Stellung auf das Entscheidungsverhalten Älterer wirkt. Zwischen dem Zeitpunkt des Erlangens der Qualifikation und dem Zeitpunkt der Überlegungen zu Erwerbsaustritt und Pensionseintritt liegen oftmals mehrere Jahrzehnte. Dennoch werden Einflussfaktoren oft in Zusammenhang mit dem Bildungsabschluss gebracht, da diese Variable leichter zu erfassen ist als die berufliche Stellung, für die zuerst Kategorien gebildet werden müssten.
Die Frage ist nun, ob das Erlangen eines universitären Bildungsabschlusses ein Garant für das Erreichen einer hohen beruflichen Stellung ist.
Nach Konietzka (1999) wird einem Ausbildungsabschluss an einer Fach- hochschule oder Universität eine gehobene oder höhere AngestelltInnen- oder BeamtInnenposition als niveauadäquat zugedacht. Man spricht dabei auch von Statuskongruenz oder Ausbildungsadäquanz. AbsolventInnen von Fachhoch schulen oder Universitäten erreichen die entsprechende berufliche Position jedoch nur zu einem relativ geringen Anteil (zwischen 25 und 42 Prozent) gleich beim Berufseinstieg. Dabei sind keine signifikanten Unterschiede zwischen den Geschlechtern erkennbar.
Bei einer geschlechtsspezifischen Auswertung von Daten der Statistik Austria (2002) zeigte sich hingegen, dass Frauen bei gleichem Qualifikationsniveau in niedrigeren beruflichen Hierarchiestufen anzutreffen sind als Männer.
Anders ausgedrückt, nimmt der Anteil der erwerbstätigen Frauen ab, je höher eine berufliche Position hierarchisch angesiedelt ist. Ausnahmen stellen BeamtInnen und Vertragsbedienstete (Lehrpersonal) dar, wobei der Anteil von Frauen in Positionen mit führenden Tätigkeiten 2009 (Statistik Austria, 2010a) mit nur 30,9 Prozent zwar höher ist als in anderen Bereichen, aber dennoch nicht den Anteil der Männer erreicht.
Der Frauenbericht (Bundesministerium für Frauen und öffentlichen Dienst, 2010) setzt die Geschlechterverteilung wieder in Bezug zur Qualifikationsstufe. Während 23,3 Prozent der Männer mit Ausbildung auf Niveau ISCED 5-6 eine Führungsposition innehaben, trifft dies lediglich auf 7,8 Prozent der gleich qualifizierten Frauen zu. 47 Prozent der Frauen, die 2008 eine hochqualifizierte Tätigkeit ausüben, haben eine Ausbildung auf Universitätsniveau. Nur 38 Prozent der Männer in derartigen Positionen verfügen über eine vergleichbare Ausbildung. Frauen brauchen scheinbar ein besseres Bildungsniveau als Männer, um die selbe Position zu erreichen.
Plicht, Schober & Schreyer (1994) werteten die Mikrozensen 1985 bis 1991 aus Deutschland hinsichtlich der beruflichen Stellung von Erwerbstätigen und deren Qualifikation aus. Sie fanden eine weitere Segregation zwischen AbsolventInnen von Fachhochschulen und AbsolventInnen von Universitäten. Das größere Risiko „unter Niveau“ beschäftigt zu werden, tragen höher Qualifizierte mit Fachhochschulabschluss. 18 Prozent der FachhochschulabsolventInnen, aber nur etwa sieben Prozent der AbsolventInnen von Universitäten, waren im Zeitraum der Auswertung in SachbearbeiterInnenpositionen tätig, die als inadäquat betrachtet werden.
Nach Plicht u.a. (1994) sind Frauen von einer Beschäftigung unter dem Wert ihrer Ausbildung stärker betroffen als Männer, und zwar doppelt so häufig. Teilzeitarbeit und Unterbrechung der Erwerbstätigkeit sind unter Hochschulabsolventinnen weniger stark ausgeprägt als unter Frauen niedrigerer Bildungsstufen. Dennoch beeinflusst die von Brüchen gekennzeichnete Erwerbsbiografie von Frauen Personalstrategien in Unternehmen. Diese verhindern in Folge den ausbildungsadäquaten Einsatz von Frauen, und deren Aufstieg in Führungspositionen.
Durch die mit der Bildungsexpansion einhergehenden steigenden Anzahl von AkademikerInnen, könnte es vermehrt zu Beschäftigungsverhältnissen kommen, deren Anforderungen unter dem Qualifikationsniveau von HochschulabsolventInnen liegen. (Schomaker, 2007). Entsprechend dem Befund von Plicht u.a. (1994), ist zu erwarten, dass diese Stellen überwiegend von Frauen eingenommen werden.
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass eine höhere Ausbildung bei Männern ein relativ verlässliches Merkmal für eine spätere hohe berufliche Position darstellt, während dies bei Frauen keineswegs der Fall ist.
2.2.2 Teilnahme an Weiterbildung
Es wird angenommen, durch Weiterbildung die Chancen auf Erreichen einer ausbildungsadäquaten Position steigern zu können. Darüber hinaus soll eine Teilnahme an betrieblicher Weiterbildung Erwerbstätige vor einer Dequalifizierung bewahren. Davon sind im speziellen Ältere betroffen, da der Zeitpunkt des erlangten Wissen durch die Erstqualifikation weit zurückliegt. Wie hängen Bildungsstand, berufliche Position und Geschlecht nun zusammen?
Nach Wilkens & Leber (2003) ist eine Teilnahme an beruflicher Weiterbildung häufiger, je höher der erreichte Bildungsabschluss ist.
Die Teilnahme an betrieblicher Weiterbildung verteilt sich allerdings ungleich auf Altersgruppen. Bei der Altersgruppe der 50 bis 64-jährigen liegt sie jedenfalls unter den Weiterbildungsbeteiligungsquoten anderer, jüngerer Altersgruppen (ebenda).
Schmid & Kailer (2008) untersuchten Unterschiede zusätzlich in Bezug zur Unternehmensgröße. Bei den über 55 jährigen, die in Betrieben mit 10 bis 49 MitarbeiterInnen tätig sind, nehmen etwa sieben Prozent (aber 24 Prozent der 25 bis 54-jährigen) an Weiterbildungen teil. In Unternehmen mit einer Belegschaft von 50 bis 249 MitarbeiterInnen sind es etwa 14 Prozent (verglichen mit 29 Prozent der Altersgruppe 25 bis 54), und in großen Betrieben über 250 MitarbeiterInnen steigt die Beteiligung Älterer auf 37 Prozent (42 Prozent bei unter 55 jährigen).
Nach Schiersmann (2007) nehmen teilzeitbeschäftigte Frauen wesentlich seltener an Weiterbildung teil, wodurch sich ihre Chancen auf Erreichen einer hohen beruflichen Position zumindest nicht verbessern. Laut Informationen der Statistik Austria (2002) nehmen arbeitslose Frauen mit Hochschulabschluss am öftesten (30 Prozent) an Weiterbildung teil. Bei gleichqualifizierten arbeitslosen Männern liegt der Anteil nur bei 8,8 Prozent.
Ob die Teilnahme an Weiterbildung tatsächlich zu höheren Statuspositionen führt, geht aus Forschungsergebnissen (Nittel, 1996) nicht eindeutig hervor. Zumindest konnte für Männer eine steigende inner- und zwischenbetriebliche Mobilität nachgewiesen werden, die zu besseren Aufstiegschancen führt.
Behrens, Morschhäuser, Viebrok & Zimmermann (1999) sehen in der Teilnahme Älterer an Weiterbildung eine Maßnahme zur Förderung des Verbleibs dieser Altersgruppe im Erwerbsleben. Eine Nichtteilnahme an Weiterbildung führt nicht nur zu einer Verkleinerung des möglichen Einsatzfeldes, sondern auch zu einem Nachlassen des Zutrauens Älterer, sich in neue Aufgaben einzuarbeiten.
2.3 Begriffe Erwerbsaustritt und Pensionseintritt
Der Austritt aus dem Erwerbsleben und der Eintritt in den Ruhestand sind keine kongruenten Ereignisse im Lebenslauf. Zwischen den beiden Ereignissen liegen oft Jahre. Es hat sich daher in Forschungen zu diesem Thema (siehe z.B. Radl 2007) ein Verständnis für Übergänge bzw. Pfade in den Ruhestand entwickelt. Vereinzelt werden in wissenschaftlichen Artikeln beide Begriffe synonym verwendet, wobei in diesen Fällen der Übergang als Prozess verstanden wird, wie beispielsweise bei Clarke, Hartmann & Patrickson (2009). Individuen setzen sich schon während ihrer Erwerbstätigkeit mit ihrem Pensionsantritt auseinander. Der Pensionsantritt dient als Meilenstein, um den sich der Entscheidungsprozess, wie der Übergang gestaltet werden soll, dreht.
Wenn es darum geht, zwischen Erwerbstätigkeit und Pensionsantritt zu entscheiden, stehen Älteren mehrere Optionen zur Verfügung: der direkte Eintritt in die Pension aus der Erwerbstätigkeit heraus, ein Übergang durch aktive und passive Arbeitsphasen mittels einer Altersteilzeitlösung, ein Eintritt in die Pension aus der Erwerbslosigkeit heraus. Der Ausstieg aus einem unselbständigen Erwerbsverhältnis, kann auch in die Gründung eines eigenen Unternehmens münden3.
Eine weitere Unterscheidung kann hinsichtlich der Freiwilligkeit des Erwerbsaustritts getroffen werden. Freiwilliges Ausscheiden aus der letzten Erwerbstätigkeit erfolgt durch Bestreben der ArbeitnehmerInnen. Unfreiwilliges Ausscheiden geschieht meist durch Kündigung durch den Arbeitgeber. Aber auch ein freiwilliger Ausstieg ist nur in den seltensten Fällen eine „freie Wahl“ (Clarke, u.a. 2009), da viele Faktoren auf die Entscheidung wirken. Beispielsweise kommt laut Radl (2007) der Verlust eines Beschäftigungsverhältnisses im späteren Erwerbsalter häufig einem erzwungenen Ruhestand gleich, weil die Nachfrage nach Älteren am Arbeitsmarkt sehr gering ist.
Clemens (2000) beleuchtete den Umstand, dass Frauen die Zeitspanne zwischen Erwerbstätigkeit und Pensionseintritt nicht zwangsläufig in Arbeitslosigkeit verbringen. Sie tendieren eher dazu in den Haushalt bzw. in die Familienarbeit zurückzukehren. Fuchs, Walwei & Weber (2005) betonen die Zugehörigkeit dieser Frauen zur Gruppe der Nichterwerbspersonen. Bei der Erfassung der Arbeitslosenzahlen nach Alter sind sie somit nicht berücksichtigt, sie sind Teil der „stillen Reserve“.
Eine Darstellung der Pensionsoptionen in Österreich und Möglichkeiten in der Pension erwerbstätig zu sein, führt an dieser Stelle zu weit. Es sei hiermit auf die ausführlichen Erläuterungen der Pensionsversicherungsanstalt4 verwiesen. Darüber hinaus betreffen aktuelle Pensionsmodelle zukünftige Generationen von Älteren. Nur zum Teil wirken sich diese auf die heute älteren Erwerbstätigen aus, sie sind eher geprägt von der Frühverrentungspolitik vergangener Jahrzehnte.
Nach der Kritik der OECD (2006) wirkt sich das Vorhandensein von Frühpensionierungsmodellen auf die Erwartungshaltung Älterer aus. Vorzeitig in den Ruhestand einzutreten wird zur Norm.
3 Zahlen, Daten und Fakten zur Erwerbstätigkeit Älterer in Österreich
3.1 Bevölkerungsstruktur
In Österreich leben mehr Frauen als Männer. Im Jahr 2000 (Statistik Austria, 2002) betrug der Frauenanteil an der Gesamtbevölkerung 51 Prozent. Im Jahr 2008 (Statistik Austria, 2009) kommen auf 949 Männer 1.000 Frauen, die somit 51,3 Prozent an der Bevölkerung halten. In Zukunft wird der Anteil älterer Männer steigen, da von Kriegen unberührte Generationen in das höhere Alter nachrücken. Aufgrund der um sechs Jahre höheren Lebenserwartung der Frauen, bleibt das Alter dennoch eine weiblich dominierte Lebensphase, wobei dieser Umstand ab einem Alter der Frauen von etwa 55 Jahren zutrifft (Statistik Austria 2002).
3.2 Erwerbsbeteiligung Älterer
Als erwerbstätig werden nach der Definition der Internationalen Labour Organization (ILO) alle 15 bis 74-jährigen verstanden, die in einem Zeitraum von einer Woche mindestens eine Stunde lang im Rahmen einer selbständigen oder mithelfenden Tätigkeit oder gegen Entgelt gearbeitet haben. Als erwerbslos werden Personen betrachtet, die nicht erwerbstätig sind, oder aktiv Arbeit suchen, und dem Arbeitsmarkt sofort zur Verfügung stehen. Erwerbspersonen sind jene Personen, die entweder erwerbstätig oder erwerbslos sind. Nichterwerbspersonen sind demzufolge jene Personen, die nicht erwerbstätig sind und ihre Arbeitskraft auf dem Arbeitsmarkt nicht anbieten5.
Berechnungen der Statistik Austria (2007) liegt obige Definition zugrunde. Die Erwerbsquote bezieht sich allerdings auf die Zahl der Erwerbstätigen zwischen 15 und 64 Jahren, und stellt sie den entsprechenden Altersgruppen der Gesamtbevölkerung gegenüber.
Laut der Arbeitskräfteerhebung 2009 (Statistik Austria, 2010a) betrug die Erwerbsquote der Frauen 66,4 Prozent6
[...]
1 http://www.bmwfj.gv.at/Presse/AktuellePressemeldungen/Seiten/frauenanteil.aspx
2 Siehe beispielsweise bei AK (2005) http://m.arbeiterkammer.com/bilder/d43/Studie_50plus_Endbericht.pdf, WKO (2010) http://portal.wko.at/wk/format_detail.wk?AngID=1&StID=452366&DstID=29&titel=%C3%84ltere, Arbeitnehmer,Das,Herzst%C3%BCck,im,Unternehmen, oder ÖGB (2004) „Das verborgene Gold im Unternehmen.
3 Ältere, die nach Frühpensionierung eine eigene Unternehmung gründen, oder sich ehrenamtlich engagieren, werden als „Silver Workers“ bezeichnet. Deller, Liedtke und Maxin untersuchten 2009 wie Unternehmen diese aktiven Älteren wieder einbinden können.
4 http://www.pensionsversicherung.at/portal27/portal/pvaportal/channel_content/cmsWindow?action=2&p_menuid=5263&p_tabid=4
5 http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Content/Statistiken/Arbeits markt/ILOArbeitsmarktstatistik/Content75/ILOArbeitsmarktInfo,templateId=renderPrint.psml
6 Gemessen an der gleichaltrigen (15-64 Jahre) weiblichen Bevölkerung.
- Arbeit zitieren
- Bettina Nemeth (Autor:in), 2011, Erwerbstätigkeit höher qualifizierter älterer Frauen und Männer im Hinblick auf deren Pensionsentscheidungen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/194558
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