Die Relevanz der Mitte in der Unendlichkeit oder Die Unzulänglichkeit als Folie von Erkenntnis


Diplomarbeit, 1999

87 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichniss

Einleitung
Quellenlage
Zur Gliederung

Teil 1 / Vorhandenheit
Metaphysik
Phänomen
Lichtung
Heidegger und Leibniz
Monade
Drang

Teil 2 / Zuhandenheit
Heidegger und Jaspers
Denken und Sein

Teil 3 / Bewandtniszusammenhang
Nichts als Weg [Tao]
Drang, Lichtung, Sage
Aktualisierung
Feld (Zen)
Aktualisierung [Lichtung] als Sein

Teil 4 / Bewandtnisganzheit
Unzulänglichkeit als Folie
Die Relevanz der Mitte
Weitere Darstellung: die Quantenmechanik

Conclusio

Literaturverzeichnis

1 Abbildung (aus Heidegger, M., GA Bd. 26, S. 73) auf

Einleitung

Zu allen Zeiten haben Menschen versucht, sich ein Bild davon zu machen wie der Kosmos aussieht und zu verstehen, welchen Platz sie selbst darin einnehmen. Von anfänglichen Weltentstehungs-mythen gelangte der Mensch über die Philosophie zur Wissenschaft und von dieser immer wieder zurück zur Philosophie. Die Notwen­digkeit eines Überbaus, der die einzelnen Disziplinen zusammenfaßt, verwies immer schon auf die Problematik aber auch auf die Existenz der Ganzheit bzw. des ganzheitlichen Denkens. Als dieser Überbau wird die Metaphysik im Sinne einer prima philosophia thematisiert werden.

Vor allem die Moderne gelangt in diesem fortschreitenden Zerglie­dern und Zusammenfügen zu immer abstrakteren Bildern und be­scheidet sich dabei nicht auf Modelle der Welt, sondern fragt zurück nach dem Sein von Sein selbst.

Die vorliegende Magisterhausarbeit möchte an eine Problematik anschließen, die als die grundlegendste der Metaphysik gilt und mehr oder weniger in allen philosophischen Schulen und Richtungen ungelöst vorliegt (sofern diese die Metaphysik nicht gänzlich aus­klammern, wie dies vor allem bei moderneren Philosophien der Fall ist).

Diese Problematik ist bekannt unter dem Schlagwort "ontologische Differenz" und thematisiert die Tatsache, daß Sein nicht seiend ist, obwohl Seiendes immer schon Sein inne hat. Da alles was ist, Seiend ist, ergab sich die Frage nach dem Grund, nach Sein, welches somit nicht "ist".

Die Hausarbeit konzentriert sich in ihrem Versuch des Aufzeigens der Problematik auf die Phänomenologie und die daraus hervor­gehende Ontologie und Existenzphilosophie Martin Heideggers, wel­che dieses Problem am weitgehendsten, im Sinne des Ansatzes die­ser Hausarbeit beantwortet.

Ein Ansatz, der, um es hier vorwegzunehmen, darin besteht, Hei­degger in solcher Art zu interpretieren, daß seine Philosophie einen ganzheitlichen Entwurf von Sein darstellt, der in sich eine Identität von Sein und Seiendem enthält. Diese Interpretation ist durch die Konstruktion des Daseins als Lichtung, meiner Ansicht nach, gerechtfertigt.

Ein zweiter Schwerpunkt, diesen Ansatz gleichsam fördernd, liegt auf der zen-buddhistischen bzw. taoistischen[1] Sicht der "Welt" (gleichbedeutend mit Sein). Mit einem Aufzeigen dieses Modells soll die Phänomenologie aus östlichem Blick und dieser als Parallele zur Phänomenologie dargestellt, und beide einander in einer solchen Interpretation fruchtbar gemacht werden. Die Tatsache, daß Heideg­ger in Asien stark rezipiert wurde, scheint einen solchen Versuch zu rechtfertigen. Die vergleichende Sicht der beiden Thematiken ist philosophisch noch weitgehend unergründet.

Quellenlage

"Alles ist Weg."

(Heidegger)

In Ermangelung einer größeren Zahl gut zugänglicher Texte, die das Thema dieser Hausarbeit behandeln, habe ich zu einem großen Teil auf Originalliteratur zurückgegriffen. Heideggers Begriff der Lichtung findet sich vor allem in Brief über den Humanismus (HB) und ist nur im Zusammenhang mit Teilen aus dessen Hauptwerk Sein und Zeit (SZ) zu verstehen. Hier vor allem als die Problematik des Phänomens thematisiert, welches als: Das was sich zeigt, so wie es sich von ihm selbst her zeigt, definiert wird (SZ 34). Die generelle Problematik der Phänomenologie geht dabei weit hinter Descartes zurück, indem sie nach eben jenem Grund nicht hinter, sondern in dem Schein, als dem Phänomen, fragt und damit nach der Wahrheit. Diese nicht erste aber doch anfängliche Frage der Philosophie hängt sicherlich mit jener des Seins von Sein selbst zusammen. Heidegger sagt dazu: "Die Metaphysik stellt zwar das Seiende in seinem Sein vor und denkt so das Sein des Seienden. Aber sie denkt nicht den Unterschied beider." (HB 14)[2]. Wo es sich anbietet soll daher über die Identität von Denken und Sein referiert werden, welche als Frage­stellung zuerst bei Parmenides aufkam und ebenfalls (hier) eine Variante der Frage nach Wahrheit darstellt.

Aus also ursprünglich metaphysischen Gründen betont Heidegger in Sein und Zeit die Notwendigkeit einer ausdrücklichen Wiederho­lung der Frage nach dem Sein und behandelt dabei die Rolle des Fragenden, was zur Besonderheit des Menschen als Dasein führt ("Da" des Seins), welche im Humanismusbrief thematisiert ist. Hier ist der Mensch ein Herausstehendes (ek-sistierend) unter den seienden Dingen, der Hirte des Seins, der in der Sprache als dem Haus des Seins wohnt (HB 5).

Die dabei sich stellende Frage nach dem Wesen der Wahrheit, im gleichen nach dem Wesen überhaupt, untersucht Heidegger in dem gleichnamigen Essay Vom Wesen der Wahrheit (WdW), welches ein wenig Licht in den Vorgang des Lichtens bringen soll und damit in die Frage des Primaten und Grundes im Sein selbst. Die besondere Rolle des Seins des Menschen unter den seienden Dingen, sein Lichten des Seins, sagt nichts über die Übereinstimmung der inneren und äußeren Welt. Diesen Fragen wird, als Wahrheit, im letztge­nannten Essay nachgegangen.

Darüber hinaus soll Heideggers Leibnizinterpretation in Weg-marken (WM, Aus der letzten Marburger Vorlesung), sowie im Band 26 (26B) der Gesamtausgabe, der Interpretation neue Impulse geben. Heidegger wird hier gewissermaßen als Sekundärliteratur genutzt, um sich über dessen Denken klarer zu werden. Neben der Themati­sierung der Leibnizschen Monade als Drang und dem Drang als Substanz selbst, der dabei gewisse Ähnlichkeiten mit der Lich­tung gewinnt, wird in dem Band W egmarken noch ein anderes Essay nutzbar gemacht, Heidegger über Heidegger als Sekundärliteratur deutlicher zu machen. In den Anmerkungen zu Jaspers Psychologie der Weltanschauung (WMKJ) wird erstmals deutlich, daß sich Heideg­gers Fundamental-Ontologie von der Phänomenologie seines Leh­rers Husserl absetzt[3].

Dort wird gezeigt, daß die Phänomenologische Reduktion (die Dinge ohne Urteil als evident "erkennen") die Frage nach der Ver­stellung des Seins durch das Subjekt nach wie vor nicht ausreichend thematisiert. In direktem Zusammenhang steht die Einschätzung des ek-sistierenden Daseins als lichtender Vorgang, oder besser als lichtendes Sein[4].

Die Verstellung von Sein wird in der Forderung, die Ganzheit des Seins in den Vorgriff zu nehmen und sich somit "in dieses Ganze als ein Letztes wesentlich mit hineingestellt" zu sehen (KJ 12), zur Spra­che gebracht und findet unter dem Stichwort der Antinomie Eingang in diese Hausarbeit. Einer solchen Antinomie sieht sich der Mensch gegenüber, wenn er "sein Dasein als von diesem ungebrochenen 'Medium' 'umschlossen' erfährt" (ibid.), von dem eben als Ganzes die Rede war.

Der Begriff des 'Ganzen' führt dann auch zu dem zweiten Literatur-Schwerpunkt dieser Hausarbeit, indem er als Totalität angesprochen, Heidegger mit dem asiatischen Denken verbindet. Das Wesen der Wahrheit ist die Wahrheit des Wesens, welches die Offenheit des Seins zum Seienden durchmessend vom Seienden vorstellend ver­stellt wird, wobei das Bewußtsein, mehr noch die Apperzeption die­ses Bewußtseins, das in diesem Vorstellen zu sich kommende "Da" des Sein, in eine Antinomie für dieses Dasein stellt. Eng an Heideggers Sprachgebrauch angelegt macht dieser para-phrasierende Satz gleichzeitig die Tiefe wie auch die Komplexität seines Denkens deutlich. Ein einfacheres Modell (z.B. Zen / Tao), zumal ein seit Jahrhun­derten bewährtes, sollte hier als möglicher Vergleich nicht zurückge­wiesen werden. Die Rezeption Heideggers in östlichem Raum scheint dabei den Anspruch auf eine gültige Analogie zu autorisieren.

Die bekanntesten und konzentriertesten Arbeiten zu diesem Thema, sind Philosophie des Zen-Buddhismus (PDZB) von Toshi­hiko Izutsu - welcher sachlich dem Vorurteil entgegenwirkt, über Zen lasse sich nicht reden und jegliche Philosophie des Zen wäre somit Unsinn - sowie das Werk von Hans-Peter Hempel, Heidegger und Zen (HUZ), welches die Nähe der beiden Denkweisen auf das deutlichste dar­stellt. Neben diesen klaren und einfach geglie­derten Einführungen in die Thematik zeigt sich vor allem Kah Kyung Cho mit seiner redun­danten Arbeit, Bewußtsein und Natursein: Phä­nomenologischer Ost-West Diwan (CHO) als Experte westlicher Zusammenhänge und deren Einordnung in östliches Denken. Kein Thema scheint ihm fremd. Von Plato über Nietzsche bis hin zur Ästhetik des Taoismus und moderner Physik, bleibt scheinbar kein Bereich dieses Zusammenhangs unberührt. Eine Ausführlichkeit, der an dieser Stelle leider nicht nachgegangen werden kann. Dann ist noch das neben anderen Werken in Honolulu verlegte Werk John Steffneys Transmetaphysical Thinking in Heidegger and Zen-Buddhism zu erwähnen, welches innerhalb dieses Themenkreises stark rezipiert scheint, sowie Honolulu sich der Zahl der Veröffent­lichungen nach, als Brückenkopf zwischen West und Ost ausmacht. Daneben das von Graham Parks herausgegebene Buch, Heideg­ger and Asian Thought (HAT), welches mit erstaunlicher Leichtigkeit ein ebenfalls großes Spektrum umfaßt.

Mit dem im Zen thematisierten Begriff der Totalität, sowie dem noch weiter zu klärenden Begriff der Aktualisierung, (des Seins) ent­steht, anknüpfend an das vorher Gesagte, eine mögliche Triade Leibniz - Heidegger - Zen[5] bzw. Monade - Lichtung - Aktualisierung. Das im "Da" des Seins Gelichtete rückt damit in die Nähe einer Selbstaktualisierung des Seins, unter der bestimmenden Perspektive des Zusammenfallens von Subjekt und Objekt in der Totalität. Deren jeweilige Aktualisierung, bei Heidegger das "Da", wird auch als Spiegelung angesprochen, wobei Subjekt und Objekt als zwei leere Spiegel, Sein aktualisierend, sich gegenüberstehen. Dieses Modell des Abbildens von Ganzheit in Sein entspricht dem Modell der Monade, welche somit in weiterem Sinne ebenso als Lichtung, und diese wiederum als Selbstrepräsentanz von Sein, angesehen werden kann. Es ist verwunderlich, daß die Monadologie in Bezug auf Zen-Philosophie gänzlich unrezipiert scheint. Eine Gegebene Verbindung Leibniz-China beschränkt sich auf dessen Interessa an chinesischen Schriftzeichen, als Bausteine seiner characteristica universalis.

Der Hauptteil der japanischen Beiträge zur Phänomenologie betrifft Heidegger nicht, da diese sich fast ausschließlich auf die von Husserl intendierte Transzendentalphänomenologie, deren Methode der Reduktion und Historie, beziehen. Damit sind sie sicherlich nicht weniger inhaltlicher denn technischer Natur, gehen jedoch am Kern­punkt des Themas weit vorbei. Einzig in der direkten Bezugnahme auf Heidegger finden sich einige Essays, oft mit fast persönlicher Anteilnahme und Verehrung dem "Geehrten Professor" gegenüber. Diese sind vor allem in dem von einem Intimus Heideggers verlegten Jubilarband der Stadt Meßkirch, Japan und Heidegger (HUJ) versammelt. Daneben sind unbedingt noch die Arbeiten Daisetzu T. Suzukis zu nennen, die Heidegger selbst als Ausdruck dessen bezeichnet, was er immer sagen wollte[6].

Weitere Werke sind dem Literaturverzeichnis hinzugefügt, um ein möglichst umfassendes Bild zu geben, in der bei diesem Thema doch eher dürftigen Quellenlage. Neben Veröffentlichungen, welche die schon genannten Verbindungen schließen und abrunden sollen, so z.B. Steven Heines Existential and Ontological Dimensions of time in Heidegger and Dogen, auch indisch wie chinesisch-buddhistisch beeinflußte Werken.

All diese an den Buddhismus angelehnten Werke haben ein gro­ßes Thema gemeinsam: das Nichts. (skt. Nirwana, skt. Sunyata[7] ) Dieses "letzte Mysterium" sehe ich als ein Analogon zu Heideggers Sein, insofern er dieses als das 'Unverfügbare Ereignis' bezeichnet. Auffallend ist dabei, und dies sei vorweggenommen, daß der Bud­dhismus als pragmatisch dialektische Ontologie weniger Pro­bleme mit Mysterien hat als die westliche, exakte Philosophie. Der zumin­dest transzendente Grund von Seiendem kann in wissen­schaftlich geprägter Sichtweise nicht erfaßt werden. Das bedeutet aber in keiner Weise, daß Zen-Buddhismus, wie oft fälschlich gedacht wurde, nur Religion oder gar esoterisch verklärte Erleuchtungslehre ist. Alle Anleitung zur Lebensführung ist zu Zen sekundär. In seiner einzigen Anleitung: sitzen und schweigen (Za-Zen), wird überdeutlich auf die Problematik der Einheit von Denken und Sein hingewiesen, auch und vor allem, weil Denken hier weder als aktiver, geschweige denn rationaler Akt zu verstehen ist. Es kommt damit der metaphysi­schen Prämisse, über Ganzheit etwas zu erfahren bzw. auszudrüc­ken, wortlos besser nach als jegliche Lehre. Za-Zen (sitzen und schwei­gen) heißt somit Sein.

Nicht zuletzt ist auch die philosophische Fakultät der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Form einer Veröffentlichung von Matthias Jung Das Denken des Seins, der Glaube und Gott (JUN) an einigen Stellen in diese Hausarbeit eingeflossen, sowie der erste westliche Lama, Lama Anagarika Govinda, der in über 60 Jahren eine tiefe buddhistische Lebenspraxis in vielen Veröffentlichungen dargelegt hat.

Im Gegensatz zu westlichen Philosophen, die erstmals Buddhis­mus im Westen rezipierten, wie beispielsweise Schopenhauer, diesen aber nicht "verkörperten", spürt man hier Buddhismus als gelebte Philosophie, wie sie heute in unserer modernen Welt leben­dig ist. Dies aber scheint unabdingbare Voraussetzung für ein Zusammenfallen von Subjekt und Objekt und einen Zugang zu dem diesem entsprechenden metaphysischen nicht weiter erklärbaren Mysterium der Einheit von Denken und Sein.

Allein dieses Denken ("der Totalität") scheint die Verwirrungen westlicher Philosophie zu übersteigen und damit zu klären; indem es feststellt, daß die Dinge eins sind und es weder ein Subjekt in einer Welt, noch eine Welt in einem transzendentalen Subjekt gibt.

Einzig ein Werk ist zu exkludieren, welches, wie gesagt, nur der Vollständigkeit halber in die Literaturliste gelangte. Hierbei handelt es sich um die Inaugural- Dissertation Kwang Seop Shims, Der Nachmetaphysische Gott.

Eine theologische Arbeit, welche den Begriff des Denkens Gottes bei Heidegger (und zwei seiner Schüler) überprüfen will, scheint mir Heidegger wie dem hier gesteckten Rahmen nicht angemessen, der nun weiß Gott, dank seiner interdis­ziplinären Ausgangsposition gar zu flexibel anmutet. Allein das Kapitel 8, welches Gott als dem Nichts äquivalent und darüber hinaus das Denken der Schüler Heideggers, auch in Bezug auf ihren Lehrer thematisiert, machen es dennoch, jenseits dieser Hausarbeit, wertvoll als Informationsquelle.

Heidegger bleibt bei aller Vielfalt zentraler Punkt. Von diesem aus soll die Distanz zu den anderen Eckpunkten der Triade deutlich werden. Eine Distanz, die erst in ihrer Überwindung verstanden werden kann. Dazu ist der durchgängige Grundtenor des Nichts, bzw. der Totalität, verbindendes Glied, indem dieser Ein-heit von Nichts und Totalität Lichtung und Monade als Analogien an die Seite gestellt werden.

Die Informationen zu Denken und Leben Heideggers sind, neben der Originalliteratur, vor allem aus der sachlichen und einfachen Monographie Walter Biemels und der umfassenderen, ein sehr gutes Gesamtbild zwischen Leben, Werk und politischen wie menschlichen Verirrungen darstellenden Biographie von Ernst Nolte, aber auch aus dem schon erwähnten Japan und Heidegger entnommen.

Eine weitere Biographie von Hugo Ott (Martin Heidegger unterwegs zu seiner Biographie) erschien mir unter einer individuellen Denk­weise perspektivisch vorgezeichnet, was an dem politischen Schwerpunkt liegen mag. Der durchaus verständige Ton scheint Heidegger aber gerade in der Entschuldigung zu verurteilen. Ein Eindruck zu starker persönlicher Leitung des Urteils, der sich in einer großen Fernsehdiskussion des Hessischen Rundfunks (u.a. mit Herrn Mörchen) zu Heidegger bestärkte, bewog mich diese Quelle nicht zu verwenden.

Zur Gliederung

In ihrer Gliederung ist diese Arbeit angelehnt an eine Konstruktion Heideggers. Diese ergibt sich in Sein und Zeit im 3. Kapitel, insbe­sondere ab §17ff (vorbereitet durch Kapitel 2, §12). Die Erläuterung des Seins als eines sich befinden-in, das das für Dasein konstitutive Mit- und In-Sein (SZ §15) einführt. Grob vereinfacht kann gesagt werden, daß das über die Sorge sich ergebende Verhalten zu und Verhalten in einem einfachen Schema folgt. Dieses Schema ist lediglich symbolisch der Hausarbeit übergeordnet. In Teil 1 werden die Grundbegriffe aus westlicher Sicht aufgezeigt. Dies entspricht der ontischen Vorhandenheit Heideggers. Teil 2 gibt dazu Seitenblicke, insofern er Heideggers Denken unter erweiterter Perspektive dar­stellt. Nach der Vorhandenheit der Dinge (Teil 1) wird hier eine sich aus diesen "Fakten" ergebende Möglichkeit der Verwendung dieser, bei Heidegger die Zuhandenheit (ontologisch[8] ) der Dinge, geschil­dert. Diese Zuhandenheit ist weder den Dingen selbst, noch ihnen vom urteilenden Benutzer (Dasein) verliehen. Sie ergibt sich aus einem Zusammenhang, sprich aus Relation[9]. In einen Zusammen­hang sollen sich auch die bis hier geleisteten Darstellungen (Lich­tung, Drang, Vorgriff) einfinden, allerdings in einer Form der Analo­gie. Deren gemeinsamer Ausdruck ist die Aktualisierung des Zen-Buddhismus (Teil 3).

Das erste Aufzeigen einer Möglichkeit, wie sich der Zusammen­hang selbst zu seiner Bewandtnis verhält bzw. umgekehrt, soll meta­phorisch in Teil 4 dargestellt werden, bei Heidegger ist dies die Be­wandtnisganzheit des Vor- wie Zuhandenen in seinem Zusammen­hang.

Teil 1 / Vorhandenheit

Aufgrund der metaphorischen Analogisierung der unter­schied­lichen Themenbereiche werden die wichtigsten Grundbegriffe Ein-heit, Totalität, Nichts etc. in ihrer grundlegendsten, möglichst nicht zu hinterfragenden und interpretationslos evidenten Form angewendet.

Dies scheint für keine der Positionen problematisch. Heidegger mit seiner klaren Sprache, bietet die Worte selbst nur zu oft als ihre eigene Erklärung an (das Nichts nichtet und das Wesen west), und definiert Sprache als das Haus des Seins, der Zen-Buddhismus negiert auf gewisse Art und Weise jegliche formale Relevanz der Begriffe und Leibniz soll zu großen Teil aus der Sicht­weise Heideggers relevant werden.

Die daneben offenen generellen Begriffe, wie Metaphysik, Phä­nomen, etc. sollen hier eine kurze Klärung finden. Spezielle Begriffe wie Dasein, Nichts und Totalität, als zum größten Teil Begriffe bud­dhistischer Philosophie, sollen in den jeweiligen Abschnitten sowie durch ihre Analogisierung Klärung finden.

Der Zentrale Begriff der Hausarbeit ist: Lichtung.

Metaphysik

Aristoteles Metaphysik beginnt mit dem Satz: 'Alle Menschen streben von Natur nach Wissen'. Dieses Wissen, als Wahrheit, soll mit Hilfe der Metaphysik zugänglich gemacht bzw. erklärt werden. Der größte Streit innerhalb der Metaphysik ist dabei, inwiefern sie Wissenschaft oder wissenschaftliche Methode ist bzw. sich von diesen unterscheidet.

Die "Metaphysik ist die Lehre von den allgemeinsten Prinzipien des Seins und den letzten erkennbaren Zusammenhängen des Seienden und des Geschehens. Während die dogmatische Metaphysik eine Wissenschaft vom Transzendenten (Übersinnlichen), von den Dingen an sich, sein will, ist die kritische Metaphysik der [...] Versuch, auf Grundlage der allgemeinsten Ergebnisse der Einzelwissenschaf­ten eine Universalsynthese des Inhalts der Erfahrung überhaupt in einer einheit­lichen, erkenntniskritischen fundierten Weltanschauung zu schaffen, aus der sich die Gebiete des Seins und Erkennens prinzipiell begreifen lassen." (LEX 126)[10]. In neuerer Zeit ist dieses prinzipielle Begreifen in Frage gestellt worden, explizit von Wittgenstein, der hier von Apel mit Heidegger verglichen wird. "Für Heidegger gründet die Metaphysik in dem anfänglichen Selbstmißver­ständnis der Frage nach dem Sein und der daraus resultierenden Seinsverges­senheit, d.h. aber vom Menschen her gedacht: in einer Art Selbstentfremdung der menschlichen 'Ek-sistenz', die ihr eigenstes Anliegen, das Sein, um das es in allem Weltverständnis immer schon geht, mitversteht, in dem sie in der sprachlich kate­gorialen Fassung dieses Anliegens dem Anblick des innerweltlich begegnenden Seienden 'verfällt'." (KOA 227).

Karl-Otto Apel klärt in diesem Zitat dreierlei. Zunächst, daß die Metaphysik in einem Nichtverstehen gründet[11]. Dieses Nichtverste­hen aber ist es, welches die Frage nach der Wahrheit erst möglich macht. Zweitens, daß dieses Unverständnis jenes des Menschen ist und drittens, daß dieses darauf hinausläuft, wie gleichermaßen daraus resultiert, daß der Mensch sich in seinem Sein, um dieses bemüht, nur an Seiendes halten kann, was wieder zu Punkt 1 führt. Damit befinden wir uns mitten im Problem der Ontologischen Diffe­renz (s. Einleitung).

In dem Essay Apels Wittgenstein und Heidegger, Die Frage nach dem Sinn von Sein und der Sinnlosigkeitsverdacht gegen alle Meta­physik wird eine Analogie Wittgensteins zitiert, die in ihrer Ein­fachheit dieses Problem zu benennen, besticht - "Nichts im Gesichtsfeld läßt darauf schließen, daß es von einem Auge gesehen wird." (TRA 5.633) - und ursprünglich auf die Sprache und der dieser inhärierenden Logik abzielte[12]. Hier gilt diese Analogie Sein und Seiendem. Diese Problematik der Gültigkeit findet sich auch bei Kant. Für ihn ist Meta­physik nur als kritische Disziplin möglich, als System der apriorischen Voraussetzungen der Erfahrung, als Transzendentalphilosophie[13] und nicht als transzendente Metaphy­sik[14].

Eine Vorhandenheit von Sein ist in einer Ontologie (als Seiendes im weiteren Sinne) nicht zu erfassen, da sie sich lediglich selbst ent­hält, sie keinen äußeren Standpunkt einnehmen kann. Das hieße, das Auge sieht sich selbst. Die Metaphysik steht hier also unter Sinnlosigkeitsverdacht, weil sie 'im Gesichtsfeld des Auges' liegend, die ontologische Differenz thematisierend, des 'Auges' Existenz behauptet.

In dieser Hausarbeit soll die Metaphysik als Ontologie in Form eines Spiegels gedacht werden. In gewisser Hinsicht verstellt so das Seiende (die Metaphysik) den Blick auf Sein (s.a. Heidegger WdW 11f.), indem es ihn gerade ermöglicht. Der Spiegel soll aber nicht als das Gesichtsfeld verdeckend gedacht werden, sondern das Gesichtsfeld als Spiegel (dessen Teil Metaphysik ist). Sein erblickt sich in Seiendem. Das Auge apperzipiert seine Existenz anhand der Tat­sache der Apperzeption oder übersetzt, wenn das Auge weiß, daß es sieht, weiß es auch daß es sieht. Der wahre Spiegel ist demnach nicht die Wahr- genommenen Dinge, sondern das Bewußtsein. Daß dieses aber nicht allein in den Dingen liegt, scheint unbestritten, so wie die Dinge nicht im Bewußtsein liegen (was weniger bestritten ist). Daß Wahrheit bzw. Sein aber auch nicht nur im Bewußtsein liegen kann, ohne dieses zu einem Transzendenten zu erklären, oder sich auf ein solches zu berufen (Vgl. Descartes Meditationes), legt eine dritte Möglichkeit nahe: das Bewußtsein als Spiegel "der Wahrheit" liegt in den Dingen gleichermaßen wie im Sein ("Auge"). Diese Anschauung, die Zen-Buddhismus grob vorskizziert, versöhnt die durch Descartes "verdoppelte" Welt.

Der Vorwurf des versteckten "Vorranges der Ontologie der Vor­handenheit" bei Heidegger (KOA 251), der aus dem oben erwähnten Sinnlosigkeitsverdacht gegen die Metaphysik bei Apel resultiert, verschwindet damit ebenso, wie die Vernachlässigung der empi­ri­schen Dinge in rein idealistischen Seinsentwürfen.

Metaphysik ist (hier) Apperzeption des Seins von Sein, in Seiendem.

Doch auch wenn Bewußtsein sich als Gemeinsames dieser Einheit anbietet (s.o.) - dessen was der Fall ist und dessen was sich zeigt (Wittgenstein: in der Aussage zeigt) - bleibt aus westlicher Sicht die Wahrheit des Scheins dieses Zeigens[15], als Teilwahrheit zu klären.

Phänomen

Um noch einmal von der Metaphysik zu reden. Diese faßt das Vorhandene "als eine gegebene, aber irgendwie bedingte Erschei­nung, in welcher ein von ihr selbst verschiedenes Wesen, welches demnach das Ding an sich wäre, sich darstellt."[16] Diese Darstellung ist der Schein. In der Antike wurde Schein in allen Möglichkeiten des Wortes phainomenon genannt.

Die Frage nach dem Phänomen war im Grunde seit jeher die Ursache der Frage nach der Wahrheit. Diese soll mit Hilfe der Meta­physik geklärt werden. Die Ansicht Goethes: "Man suche nur nicht hinter den Phänomenen; sie selbst sind die Lehre." (MUR 432), geht in einer Vielfalt anderer Meinungen unter. Das Phänomen als der Schein kann Trug sein, oder auch das Scheinen. In beiden Fällen aber muß es eine Ursache bzw. ein Wahres geben. Für Anaxagoras war dies das Verborgene, für Plato das wahre Sein und in der Ästhe­tik galt es als Meinungen (eudoxa), gemäß einem gefaßten Urteil. Aristoteles hatte, im Vergleich dazu, eher ein empirisches Modell, in dem die Phänomene nichts verbargen, sondern selbst als Überbau der Wissenschaftstheorien (logoi), bzw. diesen gleichberechtigt ge­genüberliegend, galten. Dennoch führten sie zum Wissen, wie die Fortführung des ersten Satzes der Metaphysik belegt. "Alle Menschen streben von Natur nach Wissen. Dies beweist die Liebe zu den Sinneswahrnehmungen." (Schein). Das Wissen, erlangt über den Schein, führt schließlich zur Wahrheit bzw. ist diese bereits.

Im Mittelalter ist 'der Schein', unter anderem, die graduell sich vermittelnde Selbstentäußerung des impartizipablen Einen und bei Cusanus das In-Erscheinung-treten des unsichtbaren Absoluten. Descartes geht zurück zu einem Begriff der Wahrheit des Erschei­nenden (die nicht sinnlichen Eindrücken entspringt, sondern der Vernunft).

Das entscheidende Gewicht gibt Kant, der dem Phänomen das Ding an sich gegenüberstellt. Dieses sinnlich nicht Zugängliche nimmt dabei den Platz des Wahren ein. Das Phänomen, als das Beurteilte, entstammt lediglich als Erscheinung der Quelle des Wahren. Das Transzendentale bestimmt den Wahrheitsbegriff des common sense bis heute. Häufig taucht in der Heideggerrezeption die Frage auf, ob das Ding an sich dem X, dem unverfügbaren Ereignis Heideggers, entspricht.

Heideggers Begriff des Phänomens als eines Evidenten, sich-selbst-habens, ist ursprünglich von Husserl beeinflußt. Dieses hat nur insofern entfernt mit Kant zu tun, indem es dem Psychologismus entspringt und Kant die Erscheinungen je schon strukturiert durch die Verstandesbegriffe und Anschauungsformen definiert hat. Eine solche Struktur (etwa als kosmische Ordnung der Vernunft [ logos ][17] ), jetzt nicht zu verwechseln mit dem Urteil der Ästhetik, könnte leicht als psychische bzw. psycho-physische Struktur ausgelegt werden.

Vor Kant liegt, wie vorab schon erwähnt, Descartes. Dessen Verdopplung der Welt (Körper, Geist) bringt das Problem der Gewährleistung der Objektivität und Realität der Erkenntnis mit sich. Dieser Skeptizismus hat meiner Ansicht nach sicher dazu beigetragen, die Wahrheit in den Bereich des Transzendentalen zu verschieben.[18]

Doch sind bei Kant Ding an sich und Erscheinung als Phainome­non und Noumenon "nicht ontologisch-metaphysisch unabhängige Gegenstände zweier Welten" (HLX 475). Auch wenn das Ding an sich nur noch als die Anmaßung der Sinnlichkeit und als problematischer Grenzbegriff von nur negativem Gebrauch zulässig ist. (Vgl. ibid.).

Zu dem Problem dieses Zusammenhangs, der auf der einen Seite keinen Ausdruck und auf der anderen Seite nur scheinbare Wahrheit findet, möchte ich noch einmal K.-O. Apel anführen, der dies analog mit Welt und Sprache darstellt. "Wenn nun aber das Wesen der sprachlichen Weltdarstellung in der Abbildung von Tatsachen durch Tatsachen vermöge einer identischen Form besteht, so kann die Form der Welt und der Sprache nicht selbst abgebildet, und das heißt: sprachlich dargestellt werden; denn dazu müßte die sprachliche Darstellung einen Standpunkt außerhalb ihrer Form der Darstellung einnehmen können, was a priori unmöglich ist." (KOA 229).

Wenn Sein hinter Schein sich durch diesen ausdrückt und daher in gewisser Form mit diesem identisch ist, so kann das Wesen des Scheins und des Seins nicht selbst abgebildet werden. Wie also soll man sie bestimmen?[19]

Lichtung

Bei Heidegger wird das Phänomen als das, welches es ist, ange­sehen (vgl. SZ 28). Der Begriff der Lichtung läuft darauf hinaus, daß im Schein bzw. im Erscheinen Sein ist. Sein an sich (hier als Vergleich mit dem Ding an sich) ist aber nicht nur nicht thematisier­bar (unver­fügbar), es "ist" auch nicht, im Sinne von seiend. In HB wird das Verhältnis zwischen Sein und Seiendem angesprochen. "Der Mensch [Seiendes] ist vielmehr vom Sein selbst in die Wahrheit des Seins ‚geworfen‘, daß er, dergestalt ek-sistierend, die Wahrheit des Seins hüte, damit im Lichte des Seins das Seiende als das Seiende, das es ist, erscheine." (HB 21f.). Nur im Lichte des Seins ist also Seiendes es selbst und in diesem Sinne Phänomen. Aus der Auseinandersetzung Heideggers mit Husserl weiß man aber, daß die Wendung des Phänomens zum Transzendentalen Heidegger nicht radikal genug war[20]. Das Lichten ist somit Lichten des Seins in zweifachem Sinne. Sein lichtet und wird gelichtet. Die Lichtung ist lediglich ein ausgezeichneter Ort in Sein. D.h. das besondere Seiende, der Mensch, ist nur in der Auszeichnung der Lichtung, in der er steht, dieser. "Der Mensch west so, daß er das 'Da', das heißt die Lichtung des Seins, ist. Dieses 'Sein' des Da, und nur dieses, hat den Grundzug der Ek-sistenz, das heißt des ekstatischen Inneste­hens in der Wahrheit des Seins." (HB17)[21]. Gleichzeitig aber ist der Mensch (als ausgezeichnetes Seiendes) das Lichten des Seins als dessen ausgezeichneter Ort.[22]

[...]


[1] Die Verwandtschaft des Buddhismus (im speziellen des Zen-Buddhismus) mit der altchinesischen Weltanschauung des Taoismus ist vor allem gegeben in den Begriffen "Sein (chin. yu, jap. u), Nichtsein (chin. wu, jap. mu), und das fundamentale Nicht-sein (chin. pen-wu, jap. hommu), über Substanz (chin. t'i, jap. tai) und Funktion (chin. yung, jap. yo) [...] und das 'Große Eine' (chin. t'ai-i, jap. taikyoku)." (Dumoulin, H. S. 68)

[2] Vgl. (SZ 230).

[3] Vgl. (JUN 67) "Das radikale Fragen als Ausgangspunkt der Philosophie verträgt sich nicht mit dem Bestreben, den Verzicht auf die verlorene Weltorientierung [...] dadurch rückgängig zu machen, daß man nunmehr eine philosophische Weltanschauung entwickelt."

[4] Vgl. (CHO 47). Dem Dasein geht es um weit mehr als um sein eigenes Seinkönnen, wenn anders mit dem 'eigenen' Seinkönnen gerade das 'Offensein' für die Welt gemeint sein sollte. Nicht im Leben, auch nicht im vernünftigen Leben, sondern im Über-sich-hinaus-Stehen und Platz-halten in der Wahrheit des Seins liegt sein Wesen."

[5] Zen "bezeichnet die in China entstandene Meditationsschule des Mahayana-Buddhismus. [...] Hintergrund bilden die ind. Mahayana-Sutren, die während des ersten nachchrist Jh.e ins Chinesische übersetzt wurden, sowie die altchinesiche Weisheitslehre des Taoismus." (Dumoulin in: Lexikon der Religionen, S. 717). Der Begriff selbst bedeutet "Versenkung" (chin. ch'an, skt. dhyana). (Vgl. Dumoulin, H., 67).

[6] Vgl. Hinweise in (LUX 16) auf Petzet 1983, S. 190; und Barrett Zen for the West in: Suzuki Zen Buddhism, New York 1956, S. VII- XX.. Suzuki lehrte bereits vor der Jahrhundertwende in den Verinigten Staaten.

[7] "Die nihilistische Deutung des Nirvana die zeitweise im Westen vorherrschte, hat heute nur noch wenige Anhänger. Nachdrücklich betont H. Nakamura den positiven Charakter des Nirvana. Er schreibt: 'Im Gegensatz zur im Westen herrschenden Auffassung von Nirvana verwarf der Buddhismus ausdrücklich das Verlangen nach Auslöschen im Sinne von Annihilation oder Nicht-Existenz. [...] Nirvana ist nur dem Wortbild nach ein Negativum'." (Dumoulin, H., S. 286f.). "[Skt.] va (=wehen, wie der Wind), mit der verneinenden Vorsilbe [skt.] nir bedeutet es unbewegte Ruhe, wo kein Wind weht, das Feuer erloschen."(ibid. 28); [Skt.] Sunyata (jap. Ku) "wörtl.: 'Leere, Leerheit'; zentraler Begriff des Buddhismus." (Fischer-Schreiber, I:, S. 352). In Notz ist die philosophische Bedeutung von Sunyata angeführt: "Das begriffliche Denken ist nicht in der Lage, die Wirklichkeit exakt u. widerspruchsfrei zu erfassen. Der statische Charakter der begrifflichen Einteilungen scheitert zunächst an dem dynamischen Charakter der Wirklichkeit, wie ihn die Lehre von der Allvergänglichkeit (anitya) betont. Weiterhin gelingt es den begrifflichen Zäsuren nicht, zu einem realen, von anderem exakt geschiedenem Gegenstand vorzudringen, vielmehr erhält jeder Begriff seine Bedeutung von einem logischen Gegenbegriff. [...] Die logischen Grundkategorien von Identität u. Differenz sind interdependent; um die Gültigkeit einer von beiden zu beweisen, muß auf die andere zurückgegriffen werden, so daß beide unbewiesen sind. Fälschlicherweise suggeriert somit das begriffliche Denken die Existenz von in sich abgegrenzten, selbständigen Wesenheiten (svabhava). 'Sein' u. 'Nicht-Sein' sind die ontologischen Varianten von 'Identität' u. 'Differenz'." (Notz, K-J., S. 442). "Das Sanskritwort sunya ist abgeleitet von der Wurzel svi, schwellen. Sunya bedeutet wörtlich: in Verbindung mit dem Geschwollenen. [...] So scheint die Wurzel Svi, griechisch Ky, die Vorstellung ausgedrückt zu haben, daß etwas, was von außen geschwollen aussieht, von innen hohl ist. [...] Weiter kann geschwollen bedeuten gefüllt mit etwas Fremdem. [Z.B. Schwangerschaft] - auch hier benutzen die Griechen dieselbe Wurzel in kyo." (CONZ 123).

[8] Zu der Unterscheidung ontisch ontologisch, die hier vereinfacht dargestellt ist, nun eine für diese Arbeit grundlegende Feststellung: "Sobald aber das 'Phänomen des Welterkennens' selbst erfaßt wurde, geriet es auch schon in eine 'äußerliche' formale Auslegung. Der Index dafür ist die heute noch übliche Ansetzung von Erkennen als einer 'Beziehung zwischen Subjekt und Objekt', die soviel 'Wahrheit' als Leerheit in sich birgt. Subjekt und Objekt decken sich nicht etwa mit Dasein und Welt." (SZ 60).

[9] "Auch wo es nicht nur um ontische Erfahrung, sondern um ontologisches Verständnis geht, nimmt die Seinsauslegung zunächst ihre Orientierung am innerweltlichen Seienden. Dabei wird das Sein des zunächst Zuhandenen übersprungen und zuerst das Seiende als vorhandener Dingzusammenhang (res) begriffen." (SZ 201, vgl. 89 u. 100). Sein ist demnach immer in seinem Zusammenhang (des Seienden) erkannt und entspricht einem vorläufigem Seinsverständnis. Dieser aber verdeckt Sein gerade. Nur als dieser Zusammenhang selbst kann Sein in diesem verstanden werden. Vgl. dazu (CHO 40) "Dem Fernbleiben des Seins entspricht die Nähe und Allgegenwart des Seienden.

[10] Vgl.[Platner (Logik und Metaphysik §335) :"Die M. ist ihrem Zwecke nach, eine Reihe geordneter Untersuchungen über die wirklichen Gründe unserer Vorstellung von Welt.". Bzw. Schopenhauer (Parerga und Paralipomena II §21), der die Betonung auf die Erfahrung im Ganzen legt. Zitiert nach Eisler, S. 128 f.].

[11] Vgl. (HUZ 36. 2. Absatz).

[12] Für Wittgenstein ist Logik (wie Metaphysik) das nicht mehr Aussagbare. Siehe (LEX 129 f.) Dies gilt auch für das eigene der Sprache, siehe Östliches Denken.

[13] Zu diesem Begriff siehe FZI Kapitel 1.

[14] Vgl. [KrRV Vorrede II"... ganz isolierten spekulativen Vernunfterkenntnis, die sich gänzlich über Erfahrungsbelehrung erhebt und zwar durch bloße Begriffe." sowie (Kleine Schriften III): "Die Metaphysik ist eine Philosophie über die ersten Gründe unserer Erkenntnis [...] vermittels ihrer [man] über alle Gegenstände möglicher Erfahrung (trans physicam) hinausgehen [will], um womöglich das zu erkennen, was schlechterdings kein Gegenstand derselben sein kann". (S.146f.). Beide nach Eisler 128 ff.].

[15] Gerade die Anerkennung der Metaphysik als wissenschaftlich fundierte Wirklichkeitslehre bringt die (nur vermeintlich) objektiven Anschauungen (Vgl. Die Quantenmechanik) in Beweisnöte. Das Zeigen ist vielmehr Lichtung und soll in Teil 3 als Sage thematisiert werden.

[16] Schopenhauer a.a.O. II §21.

[17] Eckige Klammern sollen in dieser Arbeit, außerhalb von Zitaten, Synonyme zu den vorangegangenen Begriffen anzeigen. In Zitaten zeigen sie Ergänzungen zur Verständlicheit an.

[18] Vgl. zu diesem Abschnitt Historisches Wörterbuch Hrsg.: Joachim Ritter. S. 470 - 486

[19] Heideger nennt den formalen Phänomenbegriff im Sinne Kants: der Zugänglichkeit der empirischen Anschauung, einen vulgären, nicht im Sinne der Phänomenologie (vgl. SZ 31). Der Begriff bleibt aber vorerst unbestimmt.

[20] [Vgl. Rentsch S. 16, nach (HILE 520)].

[21] Auf S. 16 wird erläutert, daß diese Ek-sistenz (Heraus-stehendes) Wesen ist, nicht im Sinne von Wirklichkeit und Möglichkeit (existentia und essentia) als Gegensatzpaar. Nur im Sein, also im Lichten, ist der Mensch. Dies ist das Stehen in der Wahrheit (des Seins).

[22] "Lichten ist somit mehr als nur Erhellen, mehr auch als Freilegen. Lichten ist das sinnend-versammelnde Vorbringen ins Freie, ist Gewähren von Anwesen [Sein]"..."Die Lichtung [das Nichts] beleuchtet Anwesendes [Seiendes] nicht nur, sondern sie versammelt und birgt es zuvor ins Anwesen [Sein]." Zitate aus Heidegger, Aletheia nach (LUX 50); Einfügungen von May.

Ende der Leseprobe aus 87 Seiten

Details

Titel
Die Relevanz der Mitte in der Unendlichkeit oder Die Unzulänglichkeit als Folie von Erkenntnis
Hochschule
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main
Autor
Jahr
1999
Seiten
87
Katalognummer
V194980
ISBN (eBook)
9783656210382
ISBN (Buch)
9783656211884
Dateigröße
838 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Existentialismus, Heidegger, Leibniz, Unendlichkeit, Zen und Existentialismus, Quantenmechanik, Vollkommenheit
Arbeit zitieren
Roman Stöppler (Autor:in), 1999, Die Relevanz der Mitte in der Unendlichkeit oder Die Unzulänglichkeit als Folie von Erkenntnis, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/194980

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Die Relevanz der Mitte in der Unendlichkeit oder Die Unzulänglichkeit als Folie von Erkenntnis



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden