Thomas Hobbes' Staatstheorie in Relation zu Max Webers modernem Staatsverständnis

Die Notwendigkeit eines (starken) Staates mit dem Monopol der Gewalt


Seminararbeit, 2011

15 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

0. Einleitung

1. Thomas Hobbes
1.1 Leben
1.2 Der Mensch im Naturzustand
1.3 Der Weg aus dem Naturzustand: Der Gesellschaftsvertrag
1.4 Die Konstruktion des Staates: Der Leviathan
1.5 Rechte und Pflichten des Souveräns

2. Max Weber
2.1 Leben
2.2 Der moderne Staat und das Gewaltmonopol
2.3 Legitimität im modernen Staat
2.4 Der Zweck des Staates

3. Schlussfolgerung

0. Einleitung

„Der Leviathan, der furchtlos-furchterregende, ist alt geworden. Er wird sich mit der Rolle als nützliches Haustier abfinden müssen“. [1]

Mit diesem Zitat erklärt Erhard Denninger den von Thomas Hobbes geschaffenen Leviathan für tot, indem er ihm jegliche Bedeutung für unser heutiges Staatsverständnis abschlägt. Thomas Hobbes gilt nicht nur als Begründer der Vertragstheorie, sondern er markiert mit seinem 1651 veröffentlichtem Werk „Leviathan“ den Beginn des typisch neuzeitlichen Verständnisses von Staat und Souveränität.

Der zweite Theoretiker, von dem in dieser Arbeit die Rede sein wird, ist Max Weber, der zwar keine systematische Staatslehre entwickelte, sich jedoch vor allem in seinen späten Jahren verstärkt mit staatstheoretischen Themen befasste und diese Ausführungen über sein ganzes Werk verstreut sind. Seine Definitionen politischer Begriffe sind für unser heutiges Staatsverständnis undenkbar. So kommt der Staatsdefinition „eine axiomatische Bedeutung zu, da dort bereits zentrale Aspekte seines Staatsdenkens verankert sind“. [2]

Obwohl zwischen Thomas Hobbes und Max Weber knapp drei Jahrhunderte (276 Jahre), liegen, bietet die gemeinsame Vorstellung einer Zwangsgewalt, eines starken Staates, der alle Gewalt in sich vereinigt, Anlass für einen Vergleich. Die Frage nach dem Verhältnis von Staat und Gewalt ist eine der zentralen Fragen des neuzeitlichen politischen Denkens, mit der sich schon Hobbes im 17. Jahrhundert in seinem berühmten Werk „Leviathan“ beschäftigt. Der Leviathan, aus Furcht vor Gewalt geboren, soll die Gewalt der Menschen untereinander beenden und inneren Frieden garantieren, indem sich die Menschen einer Zwangsgewalt unterwerfen, die alle Macht in sich vereinigt. Auch Weber denkt den Staat im Angesicht von Gewalt und spricht ihm das „Monopol legitimer physischer Gewaltanwendung“ zu.

Unter dem Titel „Thomas Hobbes' Staatstheorie in Relation zu Max Webers modernem Staatsverständnis“ wird diese Arbeit wie folgt gegliedert sein: Im ersten Teil werden die staatstheoretischen Gedanken Thomas Hobbes' ausgehend vom vorstaatlichen Zustand, dem Naturzustand, bis hin zur Konstruktion des Staates behandelt. Der zweite Teil der Arbeit widmet sich mit Max Webers Verständnis eines modernen Staates. Dabei werden das Verhältnis von Staat und Gewalt, die Legitmitätsgründe einer legitimen Herrschaft sowie der Zweck des Staates für den Vergleich mit Thomas Hobbes herangezogen. Die daraus gefolgerten Schlüsse werden schließlich im dritten Teil zusammengefasst.

1. Thomas Hobbes

1.1 Leben

Der englische Philosoph und Staatstheoretiker Thomas Hobbes wurde am 5. April 1588 in Westport geboren, zu einer Zeit, in der in England Furcht vor dem Angriff der Spanier herrschte. Die Furcht, die ihn später sein Leben lang begleiten sollte, drückt Hobbes mit eigenen Worten aus: „Und eine solche Furcht empfing da meine Mutter, dass sie zwei Kinder gebar, mich und die Furcht“ [3] .

Hobbes, der aus einer bäuerlichen, wenig gebildeten Familie stammte, war jedoch intellektuell sehr begabt und wurde von einem Onkel und Lehrern gefördert.[4] 1603 begann er sein philosophisches Studium in Oxford, welches er bereits nach vier Jahren mit dem Bachelor of Arts beendete. Daraufhin wurde er Hauslehrer des ältesten Sohnes der Familie von William Cavendish, bei der er die meiste Zeit seines Lebens verbrachte. In seiner Funktion als Hauslehrer reiste Hobbes nach unter Anderem nach Frankreich und Italien und unterhielt Kontakt zu den führenden Gesellschaftsschichten des Landes. [5]

1637 brach der Verfassungsstreit zwischen dem absolutistischen König Karl I. und den Adligen im Parlament in England aus. Dieser Konflikt führte zu einer bürgerkriegsähnlichen Situation, die mit der Hinrichtung Karls I. 1649 endete, sodass England unter Oliver Chromwell eine Republik wurde (1649-1660). In seiner dreiteiligen Abhandlung „De homine“, „de corpore“ (1640) und „de cive (1642)“ verteidigte Hobbes das Hoheitsrecht. Er beabsichtigte damit, die Notwendigkeit eines absoluten Königs zu begründen, ohne auf das Gottesgnadentum zu verweisen. Doch aufgrund seiner pro-königlichen Position war Hobbes gezwungen ins Exil nach Frankreich zu flüchten, wo 1651 sein berühmtestes Werk „Leviathan“ [6] entstand. Hobbes' Furcht nimmt in diesem Werk eine zentrale Rolle ein, denn aus dem Bürgerkrieg in England folgert Hobbes, dass es Aufgabe des Staates ist, die öffentliche Sicherheit und den Frieden zu gewährleisten. Dieses Ziel sei nur durch die Gründung des Staates und durch eine eingreifend überordnende Gewalt zu erreichen. Doch mit seiner Argumentation und Kritik am Papsttum sah sich Hobbes gezwungen Frankreich zu verlassen und zurück nach England zu flüchten. Dort gab das Unterhaus im Jahre 1666 ein Gesetz heraus, das anordnete, den „Leviathan“ und andere Bücher wegen angeblicher atheistischer Ideen zu untersuchen, woraufhin viele seiner Schriften verbrannt wurden. [7] In seinen letzten Lebensjahren zog sich Hobbes zurück und erlebte noch vor seinem Tod am 4. Dezember 1679 den Tod Chromwells, die Abdankung seines Sohnes und die Wiederherstellung des Königtums unter Karl II.

1.2 Der Mensch im Naturzustand

In seiner Staatstheorie geht Hobbes von dem Naturzustand aus. Es ist ein anarchischer Zustand [8] , dem es an einer übergeordneten Instanz fehlt, die für Ordnung und Sicherheit sorgt. Aus dem Naturzustand zeigt sich die Natur bzw. das eigentliche Wesen des Menschen: Alle sind von Natur aus insofern gleich und frei, als dass kein Mensch „einen Vorteil beanspruchen könnte, den ein anderer nicht ebenso gut für sich beanspruchen dürfte“ [9] . Hobbes nimmt die natürliche Gleichheit der Individuen in ihren geistigen und körperlichen Fähigkeiten als Grundlage für die Analyse menschlicher Verhaltensweisen. So folgt auf diese Gleichheit der Menschen einerseits die gleiche Hoffnung der Menschen, ihre Bedürfnisse zu befriedigen und andererseits das natürliche Recht eines jeden, alles tun zu dürfen, um sich selbst zu erhalten und seine Ziele zu erreichen. Das Naturrecht enthält die absolute Handlungsfreiheit, mit der jedes Individuum ein Recht auf alles hat und folglich mit der Furcht konfrontiert ist, „dass andere mit vereinten Kräften anrücken, [...] um ihn von seinem Besitz zu vertreiben und ihn nicht nur der Früchte seiner Arbeit, sondern auch seines Lebens und seiner Freiheit zu berauben“ [10].

So werde das menschliche Handeln von Natur aus durch die drei hauptsächlichen Konfliktpotentiale Konkurrenz, Ruhmsucht und Misstrauen bestimmt [11] , woraus sich die Selbsterhaltung als Grundlage menschlichen Handelns ergibt. Als Ursache jeder Handlung zwingt die Selbsterhaltung die Menschen, nach immer mehr Macht zu streben, um im Überlebenskampf als Sieger hervorzugehen. Unter diesem Gesichtspunkt ist es verständlich, warum Hobbes den Menschen als Wolf bezeichnet („homo homini lupus est“). Das Streben nach Macht ist kennzeichnend für den Menschen im Naturzustand, da es das geeignetste Mittel zu einem zufriedenen Leben darstellt. Für Hobbes ist der Naturzustand ein elender Zustand, da infolge der Gleichheit der Menschen, die Möglichkeit der gegenseitigen Tötung stets gegenwärtig ist. Diese Unsicherheit führe zum Krieg, weshalb nach Hobbes der Naturzustand ein allgegenwärtiger Zustand des „Krieges eines jeden gegen jeden“ [12] ist.

1.3 Die Flucht aus dem Naturzustand: Der Gesellschaftsvertrag

Die von Hobbes zentrale Frage ist: Wie ist es möglich, dem elenden Zustand des Krieges aller gegen alle zu entfliehen, sodass eine stabile, friedliche und vor allem dauerhafte Ordnung entsteht? Um sich der Furcht um die eigene Existenz und um Eigentum zu entziehen, müssen die Menschen den Naturzustand verlassen. Hobbes spricht von Naturgesetzen, die als handlungsweisendes Regelwerk ebenso wie das natürliche Recht „im Dienst der Selbsterhaltung“ [13] stehen. Darin weist die Vernunft den Weg vom friedlosen Naturzustand in einen friedlichen Zustand. Die Egoisten eint nach Hobbes das Streben nach Frieden. So schreibt er im ersten Naturgesetz, das jeder den Frieden suchen solle, solange Hoffnung darauf besteht. Von diesem grundlegenden Naturgesetz leitet Hobbes das zweite ab: „Jedermann soll freiwillig, wenn andere ebenfalls dazu bereit sind, auf sein Recht auf alles verzichten, soweit er dies um des Friedens und der Selbsterhaltung willen für notwendig hält, und er soll sich mit soviel Freiheit gegenüber anderen zufrieden geben, wie er anderen gegen sich selbst einräumen würde.“ [14] Den Naturzustand verlassen die Menschen also, indem alle auf ihre absolute Freiheit und ihr natürliches Recht [15] verzichten und freiwillig einen Vertrag eingehen, dessen Grundsatz ist: „Ich autorisiere diesen Menschen oder diese Versammlung von Menschen und übertrage ihnen mein Recht, mich zu regieren, unter der Bedingung, daß du ihnen ebenso dein Recht überträgst und alle ihre Handlungen autorisierst.“ [16] Die Individuen geben ihre einzelnen Rechte auf, damit ihre Selbstbeherrschung, und übertragen diese auf einen Souverän (einen Einzelnen oder eine Gruppe), der ihnen dafür Schutz und Sicherheit garantiert.

[...]


[1] Schlussfolgerung... 13

[2] Schulze-Fielitz, Helmuth: Der Leviathan auf dem Wege zum nützlichen Haustier? In Voigt, Rüdiger (Hrsg.): Abschied vom Staat - Rückkehr zum Staat? IfS-Werkstatt, 3. elektronische Auflage, 2000, S. 100. http://www.staatswissenschait.de/pdf/IfS-Werkstatt1.pdf (abgerufen am 31.08.2011)

[3] Anter, Andreas: Max Webers Theorie des modernen Staates. Herkunft, Struktur und Bedeutung. Duncker und Humblot, Berlin 1995, S. 13.

[4] Maier, Hans: Hobbes. In: Klassiker des politischen Denkens I. Verlag C.H. Beck, München 1968, S. 266.

[5] Vgl. Willms, Bernard: Thomas Hobbes. Das Reich des Leviathan. Piper Verlag, München 1987, S. 29.

[6] Vgl. Maier, Hans: Hobbes, a. a. O., S. 266-267.

[7] Der vollständige Titel des Werks lautet „Leviathan: Or the Matter, Forme, and Power of a Commonwealth Ecclesiasticall and Civil“(Leviathan oder Wesen, Form und Gewalt eines kirchlichen und bürgerlichen Gemeinwesens).

[8] Hobbes, Thomas: Leviathan. Übersetzt von Jutta Schlösser. Herausgegeben von Hermann Kenner. Meiner Verlag, Hamburg 1996, S. 21.

[9] Soziale Ordnung, gekennzeichnet durch Abwesenheit von Herrschaft.

[10] Hobbes, Thomas: Leviathan oder Stoff, Form und Gewalt eines kirchlichen und bürgerlichen Staates.

Übersetzt von Walter Euchner. Luchterhand, Neuwied und Berlin 1966, S. 94.

[11] Ebenda. S. 95.

[12] Ebenda. S. 95.

[13] Ebenda. S. 96.

[14] Kersting, Wolfgang: Thomas Hobbes zur Einführung. Junius Verlag, Hamburg 1992, S. 126.

[15] Hobbes, Thomas: Leviathan, a. a. O., S. 100.

[16] Das natürliche Recht meint das subjektive Recht jedes Einzelnen, sich im Naturzustand mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu verteidigen.

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Thomas Hobbes' Staatstheorie in Relation zu Max Webers modernem Staatsverständnis
Untertitel
Die Notwendigkeit eines (starken) Staates mit dem Monopol der Gewalt
Hochschule
Universität Potsdam  (Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät)
Note
1,7
Autor
Jahr
2011
Seiten
15
Katalognummer
V195361
ISBN (eBook)
9783656215363
ISBN (Buch)
9783656217893
Dateigröße
473 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Schlagworte
Thomas Hobbes, Max Weber, Gewalt, Gewaltmonopol, Staat, Politische Theorie, moderner Staat, Legitimität, Legitimitätsgründe, Herrschaft, Leviathan, Gesellschaftsvertrag, Naturzustand, Souverän, Macht, Idealtypen, Theoretiker, Ideengeschichte
Arbeit zitieren
Faten EL-Dabbas (Autor:in), 2011, Thomas Hobbes' Staatstheorie in Relation zu Max Webers modernem Staatsverständnis, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/195361

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