Leseprobe
Inhaltverzeichnis
1. Einleitung
2. Grundlage: Werte, Normen und Sanktionen
3. „Abweichendes Verhalten“
3.1 Theorie von Émile Durkheim
3.2 Theorie von Robert King Merton
3.3 Die „labeling –approach“ Theorie (Howard Saul Becker)
4. Soziale Kontrolle
5. Fazit
Literaturverzeichnis
Darstellungsverzeichnis
1. Einleitung
„Unter Handeln (action) kann man ein in bestimmten Situationen stattfindendes, motivationsgemäßig zustande gekommenes, zielgerichtetes und sozial geregeltes Verhalten begreifen.“
(Bellebaum, Alfred, Soziales Handeln und soziale Normen, Vallendar 1983, S.20)
Bei genauerer Betrachtung stellt man fest, dass es in jeder Form von Gesellschaft ein etwas „anderes“ Verhalten gibt, das die dort anerkannten Vorschriften und unter Umständen sogar Normen durchbricht. In dieser Arbeit liegt der Fokus auf diesem „abweichenden“ Verhalten. Dazu werden verschiedene Theorieansätze, die ein „anderes Verhalten“ zu ergründen versuchen, angeführt und in ihren Kernaussagen dargestellt. Die Soziologie hält hierfür eine reichliche Menge an untersuchender und erklärender Literatur bereit.
Welchen „Wert“ unsere erlernten Verhaltensweisen besitzen, richtet sich danach, wofür man sie einsetzt. Dass können nicht nur gute, sondern auch schlechte, ja sogar unsittliche Ziele sein.[1] In einem ersten Schritt werden auf die Begrifflichkeiten Werte, Normen und Sanktionen eingegangen, da diese Zusammenhänge eine Grundlage für das „abweichende Verhalten“ und der „sozialen Kontrolle“ darstellen, um „schlechte“ Ziele/Werte überhaupt zu definieren. Werte sind nämlich mit Normen und Verhalten aufs engste Verknüpft.
Darauf aufbauend werden die Verhaltenstheorien von Émile Durkheim, Robert King Merton und Howard Saul Beckergenauer näher beleuchtet und kritisch betrachtet. Zuletzt wird auf die „Soziale Kontrolle“ eingegangen, die alle vorherigen Themen in sich vereint, um abschließend ein Fazit daraus zu formulieren. Wie im obigen Zitat schon angedeutet, ist unser Handeln nicht willkürlich. Liegen sozial manifestierte Regeln zu Grunde, aus denen wir zielgerichtet ausbrechen wollen? Oder liegt das „Andersartige“ doch in unserer Natur? Wenn ja, ist dann eine Kontrolle unseres sozialen Verhaltens dann überhaupt möglich? Diese Sachverhalte werde ich nun im Folgenden analysieren.
2. Grundlage: Werte, Normen und Sanktionen
Jeder Mensch besitzt eine eigene Wertewelt, die sich in seinen Denk- und Verhaltensweisen ausdrückt. Auch wenn man davon ausgeht, dass die meisten Handlungen aus der Routine heraus geschehen, darf man nicht ausschließen, dass das, was aus Gewohnheit passiert, nicht auch auf verinnerlichten Weltstrukturen beruht. „Jeder von uns besitzt sein eigenes, ganz einmaliges Kompendium an Werten “( Holzhausen, Walter, Die Welt unserer Werte. Ihre Bedeutung für die Gesellschaft und im Leben der Einzelnen. Die Theorie der Werte, Salzburg 2011, S.86). Dieses setzt sich besonders in der Kindheit zusammen, als im Rahmen der Erziehung sowohl die Wertvorstellungen als auch die Handlungsmuster der Eltern und Erzieher unbewusst übernommen und verinnerlicht werden. Das Ansammeln von Werten wird in der Jugend weitergeführt und durch die eigene Erkenntnis und Erfahrung im Laufe des Lebens geprägt.[2]
Eine einheitliche Definition des Begriffes „Wert“ gibt es nicht. Als Wert bezeichnet man jene Vorstellungen, welche in einer Gesellschaft allgemein als wünschenswert anerkannt werden.[3] Sie sind für das menschliche Handeln objektiv vorgegeben und unverzichtbar.[4] Man unterscheidet moralische (Aufrichtigkeit, Gerechtigkeit, Treue), religiöse (Gottesfurcht, Nächstenliebe), politische (Toleranz, Freiheit, Gleichheit), ästhetische (Kunst, Schönheit) und materielle Werte (Wohlstand).[5]
Man kann eine größere Unterteilung in Präsittliche Werte und Sittliche Werte vornehmen. Mit den Präsittlichen Werten bezieht man sich auf Grundwerte, die in einem bestimmten Kulturkreis der sozialen Gemeinschaft „vorgegeben“ sind, damit sie überhaupt funktioniert, z.B. Recht auf Leben und Eigentum. Sittliche Werte, sind diejenigen Werte, an denen der Mensch sein sittliches Verhalten ausrichtet, also Grundeinstellungen oder Überzeugung wie z.B. Gewaltlosigkeit oder Wahrhaftigkeit[6].
Die Tugenden wie Treue, Hilfsbereitschaft sowie Fleiß und Ordnung gelten für viele geradezu als Inbegriff der Werte.[7] Besonders die Toleranz als Tugend steht bei einem Großteil der Menschen in den westlichen Demokratien ganz oben auf der Werteskala[8] (Wichtige Tugenden oder Wertehaltungen im Überblick, siehe Abbildung 1). Diese Wertvorstellungen liegen immer in der absoluten Zukunft, das bedeutet, dass man sie nie voll und ganz erreichen kann. Wichtig ist zu beachten, dass Werte auch mal einem langsamen oder einem schnelleren Wandel unterliegen. Somit gelten Werte nicht automatisch für das ganze Leben. Sie können sich besonders durch sich ständig ändernde menschliche Lebensbedingungen, durch Generationenwechsel sowie durch andere innere und äußere Einflüsse ändern.
Aus Werten lassen sich soziale Normen und somit konkrete Vorschriften für das soziale Handeln ableiten.[9] Nach den verbreitetsten Definitionsvorschlägen werden Normen als Verhaltensregeln (conduct norms) definiert.[10] Normen sind Regeln für menschliches Verhalten (Sitte, Brauch, Vorschrift, Gesetz, Gebot), die in einer Gesellschaft (Stamm, Land, Berufsgruppe, Staat, Kirche) in Geltung treten und den Anspruch erheben, befolgt zu werden.[11] Allgemeine Normen richten sich an alle Mitglieder einer Gesellschaft (Strafrecht) und sogenannte Partikularnormen beziehen sich auf einzelne Menschen/Menschengruppen (Beamtenrecht).[12] Speziell die von den Sozialwissenschaften untersuchten Normen werden als soziale Normen bezeichnet.[13] Weitere vorherrschende Normauffassungen gibt es auch in der Wissenschaftstheorie und Ethik.[14]
Soziale Normen können nach ganz unterschiedlichen Kriterien eingeteilt werden. Man kann die Bewusstheit der Befolgung als maßgebliches Merkmal nutzen. So wird bei Gewohnheiten und Gebräuche von einer unbewusst wirksamen Normierung gesprochen.[15]
Es handelt sich um unreflektierte Selbständigkeiten wie zum Beispiel Bekannte grüßen. Sitten sind wirksamere Vorschriften, mit denen ein bestimmter Sinn verbunden ist oder wenigstens ein ansatzweise überlegtes Tun. Ein Beispiel wäre: Ich bin Arzt geworden, weil es alle in der Familie geworden sind. Rechte und Gesetz sind schließlich bewusste und zweckmäßig ausgearbeitete, meistens schriftlich formulierte Vorschriften. Nach Anzahl der Bertoffenen kann man bei Normen von einem engen oder weiten Geltungsbereich sprechen. Der enge Geltungsbereich begrenzt sich auf die Menschen, die beispielsweise in einer Berufsgruppe betroffen sind. Der weite Geltungsbereich bezieht sich auf die größtmöglichen Anzahlen von Betroffen. Dies gilt zum Beispiel für die Beachtung von Verkehrsregeln im Straßenverkehr. Der Grad der Ausdrücklichkeit stellt eine weitere Differenzierungsmöglichkeit dar. Es gibt Kann-Vorschriften (es ist erlaubt), Soll-Vorschriften (Grüßen als Pflicht) und Muss-Vorschriften (Steuern zahlen).[16]
Es ist nur dann sinnvoll die Einhaltung von Normen zu betonen und einen Verstoß gegebenenfalls zu sanktionieren, wenn diesen bestimmte Grundwerte zu Grunde liegen, z.B. Ehrlichkeit, Treue, Erhaltung von Leben.[17] Grundwerte sind die höchsten handlungsleitenden Werte innerhalb eine soziokulturellen Einheit.[18] Soziale Normen existieren nicht aufgrund einer universellen oder natürlichen Ordnung. Sie sind Gruppenstrukturen und ihre Gültigkeit bezieht sich immer nur auf eine spezifisch definierte Gruppe.[19]
Um die Einhaltung von festgelegten Normen in einer Gesellschaft zu sichern müssen Sanktionen ausgeübt werden. Die Sanktion bezeichnet eine belohnende (positive Sanktion) oder strafende (negative Sanktion) Reaktionen auf bestimmte Verhaltensweisen eines Individuums.[20] Sowohl die Belohnung als auch die Bestrafung soll letztlich zur (dauerhaften) Einhaltung von Normen führen.[21]
[...]
[1] Holzhausen, Walter, Die Welt unserer Werte. Ihre Bedeutung für die Gesellschaft und im Leben der Einzelnen. Die Theorie der Werte, Salzburg 2011, S.106.
[2] Holzhausen, Walter, Die Welt unserer Werte. S.86 f.
[3] http://www.mindpicnic.de/cardbox/normen/4/ Zugriff: 22.05.11
[4] http://www.mindpicnic.de/cardbox/normen/4/ Zugriff: 22.05.11
[5] http://www.mindpicnic.de/cardbox/normen/5/ Zugriff: 22.05.11
[6] http://www.mindpicnic.de/cardbox/normen/4/ Zugriff: 22.05.11
[7] Holzhausen, Walter, Die Welt unserer Werte. S.9.
[8] Holzhausen, Walter, Die Welt unserer Werte. S.10.
[9] http://www.mindpicnic.de/cardbox/normen/4/ Zugriff: 22.05.11
[10] Dimmel, Nikolaus/ Hagen, Johann J., Strukturen der Gesellschaft. Familie, soziale Kontrolle, Organisation und Politik, Wien 2005, S.31.
[11] http://www.mindpicnic.de/cardbox/normen/1/ Zugriff:22.05.11
[12] Bellebaum, Alfred, Soziales Handeln und soziale Normen, Vallendar 1983, S. 47.
[13] Talaulicar, Till, Entstehung und Befolgung von sozialen Normen. Ein theorieorientierte Übersicht, Berlin 1997, S.6.
[14] Talaulicar, Till, Entstehung und Befolgung von sozialen Normen. S.3.
[15] Prisching, Manfred, Soziologie, Böhlau 1990 , S.130.
[16] Prisching, Manfred, Soziologie, Böhlau 1990 , S.130.
[17] http://www.mindpicnic.de/cardbox/normen/1/ Zugriff: 22.05.11
[18] http://www.mindpicnic.de/cardbox/normen/1/ Zugriff: 22.05.11
[19] Talaulicar, Till, Entstehung und Befolgung von sozialen Normen. S.33.
[20] http://www.bpb.de/popup/popup_lemmata.html?guid=0B2GAL Zugriff: 30.05.11
[21] http://www.bpb.de/popup/popup_lemmata.html?guid=0B2GAL Zugriff: 30.05.11