Steuerungsmöglichkeiten der kommunalen Energiewende durch Energieleitstellen: Untersuchung anhand der Energieregion-Erzgebirge


Masterarbeit, 2012

150 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

Vorwort und Danksagung

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkurzungsverzeichnis

1. Einleitung
1.1. Energiewende im kommunalen Fokus
1.2. Zielstellung und Aufbau der Arbeit
1.3. Aktuelle Studien zur kommunalen Energiewende
1.4. Methodik
1.4.1. Wissenschaftlicher Forschungsansatz
1.4.2. Fallstudien in der quantitativen & qualitativen Forschung
1.4.3. Fragebogenerhebung und Experteninterviews

2. Rahmenbedingungen der kommunalen Energiewende
2.1. Energiepolitische Rahmenbedingungen
2.1.1. Energiepolitik der Europaischen Union
2.1.2. Energiepolitik der Bundesrepublik Deutschland
2.1.3. Energiepolitik im Freistaat Sachsen
2.2. Raumplanerische Rahmenbedingungen der Energiewende
2.2.1. Raumplanung auf Bundes- und Landesebene
2.2.2. Rolle der Regionalplanung
2.3. Kommunen als Wegbereiter der Energiewende

3. Umsetzungsinstrumente der kommunalen Energiewende
3.1. Formelle Umsetzungsinstrumente
3.1.1. Flachennutzungsplan
3.1.2. Bebauungsplan
3.1.3. Stadtebauliche Vetrage
3.2. Informelle Umsetzungsinstrumente
3.2.1. Energiemanagement-Instrumente
3.2.1.1. Kommunale Initialberatung
3.2.1.2. Kommunales Energiemanagement
3.2.1.3. European Energy Award®
3.2.1.4. Kommunales Klimaschutz- und Energiekonzept
3.2.2. Offentlichkeitsarbeit und Beratungssangebote
3.2.3. Finanzierungsinstrumente

4. Energieregion - interkommunale Kooperation in der Energiewende
4.1. Etablierung einer Energieregion
4.2. Einrichtung einer Energieleitstelle
4.3. Aktivierung des Akteursnetzwerks vor Ort
4.4. Bedeutung lokaler Energieversorgungsunternehmen
4.5. Burgerbeteiligung als „Erfolgsrezept"

5. Identifikation von Bewertungsschwerpunkten
5.1. Fordernde und hemmende Faktoren der kommunalen Energiewende
5.2. Bewertungsschwerpunkte zur Bedeutung der Energieleitstelle fur die Energieregion
6. Fallbeispiel Energieregion-Erzgebirge
6.1. Regionalanalyse
6.2. Energieautarke Modellregion
6.3. Untersuchungsergebnisse
6.3.1. Ergebnisse der Expertengesprache
6.3.2. Ergebnisse der Fragebogenerhebung
6.3.2.1. Problembewusstsein
6.3.2.2. Offentlichkeitsarbeit
6.3.2.3. Aktivitaten und Projekte
6.3.2.4. Einschatzungen zur Energieleitstelle
6.3.2.5. Kommunale Erzeugungs- und Verbrauchsstruktur
6.4. Beurteilung der Auswertungsergebnisse
6.5. Methodenkritik

7. Zukunftige Bedeutung von Energieleitstellen
7.1. Fazit und Zusammenfassung
7.2. Handlungsempfehlungen
7.3. Ausblick

Literatur- und Quellenverzeichnis

Anhang

VORWORT UND DANKSAGUNG

Die vorliegende Masterarbeit wurde im Rahmen meines Masterstudiums im Studiengang „Raumentwicklung und Naturressourcenmanagement" an der TU Dresden erstellt. Die Idee fur die Arbeit entstand nicht nur aufgrund der aktuellen energiepolitischen Diskussion, son- dern auch und vor allem wegen meines personlichen und fachlichen Interesses an der Ener- giewende als Herausforderung an die Raumentwicklung.

Die konkrete Fragestellung fur die Arbeit entstand in enger Zusammenarbeit mit der Energie Ressourcen Netzwerk GmbH (ERN GmbH) aus Ehrenfriedersdorf/Erzgebirge, was es mir ermoglichte, die wissenschaftliche und theoretische Basis mit einem praktischen Fallbeispiel zu verknupfen.

In erster Linie mochte ich mich daher bei meinen Betreuern und Gutachtern, Herrn Prof. Bernhard Muller und Dipl.-Volkswirt Robert Fritzsche (ERN GmbH) fur die zahlreichen und wertvollen Anregungen zu meiner Masterarbeit bedanken. Der ERN GmbH danke ich insbe- sondere fur die intensive Betreuung und die Herstellung der Kontakte zu den jeweiligen kommunalen Verwaltungen sowie zu weiteren Gesprachspartnern. Ohne diese Unterstut- zung ware eine Fertigstellung dieser Masterarbeit in der vorgegebenen Zeit kaum moglich gewesen.

Daruber hinaus bedanke ich mich bei den Gesprachspartnern von der Energieleitstelle Rade- beul sowie der Sachsischen Energieagentur (SAENA). Die Gesprache haben sich als sehr hilfreich fur die Auswertung der Untersuchungsergebnisse herausgestellt. Des Weiteren danke ich dem Leibniz-Institut fur okologische Raumentwicklung (IOR) in Dresden fur die Unterstutzung meiner Masterarbeit.

Mein Dank gilt auBerdem allen Kollegen des Lehrstuhls fur Raumentwicklung an der TU Dresden, die mir durch zahlreiche konstruktive Gesprache eine wertvolle Hilfe bei der Anfer- tigung dieser Arbeit waren.

Ganz besonders bedanken mochte ich mich schlieBlich bei meiner Familie, meiner Lebens- gefahrtin und meinen Freunden fur die stetige Begleitung, Motivation und Unterstutzung wahrend meiner gesamten Studienzeit und insbesondere wahrend der Masterarbeit.

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

Abb. 1: Zieldreieck der Energiepolitik

Abb. 2: Screenshot (Bildschirmdruck) der Online-Version des Fragebogens

Abb. 3: Horizontale und vertikale Koordination von EE-Strategien

Abb. 4: Verhaltnis von Regionalem Energiekonzept und formeller Regionalplanung

Abb. 5: Kombination und Abfolge von Umsetzungsinstrumenten der Energiewende

Abb. 6: Entwurf zur Anderung des Flachennutzungsplanes Gotha aufgrund des

Bebauungsplanes Nr. 87 „SO Photovoltaikpark Guldene Aue" (Ausschnitt)

Abb. 7: Projektphasen der Kommunalen Initialberatung

Abb. 8: Verteilung des kommunalen Energieverbrauchs nach Liegenschaften

Abb. 9: Uberblick uber die am European Energy Award® teilnehmenden sachsischen

Kommunen

Abb. 10: Auswertungsmatrix der Starken und Schwachen

Abb. 11: Kommunikative Instrumente zur Offentlichkeitsarbeit

Abb. 12: Anzeige fur „Woche der Erneuerbaren Energien 2009"

Abb. 13: Energieberatung mittels einer kommunalen Energieleitstelle

Abb. 14: Grundform des stadtinternen Contractings

Abb. 15: 100% Erneuerbare Energie-Regionen

Abb. 16: Fur Energiewende relevante lokale Akteure

Abb. 17: Burgerprotest gegen geplant 380 kV-Hochspannungsleitung

Abb. 18: Energieregion-Erzgebirge

Abb. 19: Energieautarke Modellregionen im Freistaat Sachsen

Abb. 20: eea-Auszeichnung sachsischer Kommunen im Rahmen des KEDS

Abb. 21: Anzeige zur kommunalen Energieberatung im Dorfblatt fur Arnsfeld & Mildenau

Abb. 22: Beurteilung der Wichtigkeit einer Energieleitstelle durch die Kommunen

Abb. 23: Beratungen durch die Energieleitstelle

Abb. 24: Nutzer der Energieleitstelle

Abb. 25: Inhalte von Beratungsgesprachen

Abb. 26: Projektzuordnung der Energieleitstelle

Abb. 27: Ubersicht uber EE-Anlagen in der Energieregion-Erzgebirge

Abb. 28: Entwicklung der Brutto-Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien in der

Energieregion-Erzgebirge

Abb. 29: Anteile regenerativer Stromquellen an der Brutto-Stromerzeugung in der

Energieregion-Erzgebirge

Abb. 30: Investitionen in den Kommunen

Abb. 31: Realisierte Einsparung bei Strom/Warme

Abb. 32: Stromverbrauch kommunaler Liegenschaften 2008 - 2010

Abb. 33: Warmeverbrauch kommunaler Liegenschaften 2008 - 2010

Abb. 34: Einsparkoeffizient aus den realisierten Ma&nahmen

TABELLENVERZEICHNIS

Tabelle 1: Gesetze, Verordnungen & Richtlinien zum Thema „Erneuerbare Energien und

Klimaschutz"

Tabelle 2: Ubersicht von EE-Forderma&nahmen nach Anlagengro&e

Tabelle 3: Gesetze, Verordnungen & Richtlinien zum Thema „Erneuerbare Energien und

Klimaschutz"

Tabelle 4: Bedeutung des Klimaschutzes und des Umbaus der Energieversorgung im

Landesentwicklungsplan Sachsen

Tabelle 5: Moglichkeiten und Grenzen formeller und informeller Regionalplanung

Tabelle 6: Bedeutung des Klimaschutzes und des Umbaus der Energieversorgung im

Regionalplan

Tabelle 7: Rollen der Kommune in der Energiewende

Tabelle 8: Kommunale Planungsinstrumente im Uberblick

Tabelle 9: Relevante Umsetzungsinstrumente fur die kommunale Energiewende

Tabelle 10: Kommunaler Klimaschutz nach dem Baukasten-Modell

Tabelle 11: Vergleich Kommunales Klimaschutz- und Energiekonzept mit dem European

Energy Award®

Tabelle 12: Zielgruppen und Themenbereiche der Energieberatung

Tabelle 13: Fordernde und hemmende Faktoren der kommunalen bzw. regionalen

Energiewende

Tabelle 14: Energieverbrauchs- und Energieerzeugungsstruktur in der Energieregion-

Erzgebirge

ABKURZUNGSVERZEICHNIS

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. EINLEITUNG

1.1. ENERGIEWENDE IM KOMMUNALEN FOKUS

Die derzeitige Diskussion zur sogenannten Energiewende wurde nicht erst mit dem aktuells- ten atomaren Super-GA[1] im Kernkraftwerk Fukushima (Japan) entfacht. Der Begriff Ener­giewende trat erstmals Anfang der 1980er-Jahre durch einen Forschungsbericht des Oko- Institutes[2] an die Offentlichkeit und wurde in den folgenden Jahren durch Forschung, Politik und Medien aufgegriffen. Er bezeichnet die Abkehr von (in menschlichen MaBstaben) endli- chen Energierohstoffen wie Kohle, Erdol, Erdgas oder Uran, hin zu erneuerbaren Energie- quellen. Neben der Endlichkeit dieser Rohstoffe bezieht sich der wohl wesentlichere Aspekt dabei auf die negativen Umweltauswirkungen, die sowohl bei der Gewinnung als auch bei der anschlieBenden Nutzung dieser Rohstoffe zutage treten.

Erneuerbare Energien garantieren in diesem Zusammenhang nicht nur den Klima- und Um- weltschutz, sondern wirken auBerdem geopolitisch stabilisierend, da fur eine okonomisch effiziente Energieversorgung mit erneuerbaren Energien ein engmaschiges, aber gleichzeitig landerubergreifendes Energienetzwerk notwendig ist. Dieser Umstand wirkt sich wiederum direkt auf die Versorgungssicherheit aus. Die Ethikkommission Sichere Energieversorgung (2011:9) schreibt hierzu: „Die Energiewende muss als Gemeinschaftswerk fur die Zukunft so gestaltet werden, dass Energie sicher, umwelt- und sozialvertraglich sowie zu wettbe- werbsfahigen Preisen bereitgestellt wird."

An dieser Stelle zeigt sich die zentrale Rolle der Kommunen bei der Energiewende als Ak- teur innerhalb einer nachhaltigen und zukunftig mehr dezentralisierten Energieversorgung. Dezentralitat bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die Energieproduktion durch erneu- erbare Energien dort erfolgen sollte, wo durch die entsprechenden Standortbedingungen die Wirtschaftlichkeit am hochsten ist. Als Grundlage einer nachhaltigen Energieversorgung gilt das sgn. „Zieldreieck der Energiepolitik" (s. Abb. 1), welches u.a. die Eckpunkte des 2007 beschlossenen Integrierten Energie- und Klimaprogramms (IEKP) bildet (BMWi/BMU 2007:3). Das Gleichgewicht zwischen Klima- und Umweltschutz, Versorgungssicherheit und Wirtschaftlichkeit ist ein ausschlaggebender Punkt nachhaltiger Energiepolitik. Das im Sep­tember 2010 veroffentlichte Energiekonzept der Bundesregierung (vgl. BMWi/BMU 2010) sieht nicht nur den verstarkten Ausbau erneuerbarer Energien und die Erhohung der Ener- gieeffizienz vor, sondern auch einen weiteren Ausbau des Stromnetzes. Das Energiekonzept ls „Super-GAU" [GAU = groBter anzunehmende Unfall] wird „ein nicht beherrschtes, auslegungsuberschreitendes Ereignis definiert, das mit zusatzlichen pessimistischen Annahmen zu einer groBen Freisetzung radioaktiver Stoffe fuhrt." (Schwarz, D.: 3.3 Moderne Kernspaltungskraftwerke. In: Rebhan, E. (Hrsg.) (2002): Energiehandbuch. Gewin­nung, Wandlung und Nutzung von Energie. Berlin, Heidelberg. S. 260.)

vgl. Krause, F./ H. Bossel/K.-F. Muller-Reissmann (1980): Energiewende-Wachstum und Wohlstand ohne Erdol und Uran. Frankfurt.

des Bundes kann bei der tatsachlichen Umsetzung aber nur rahmengebend sein. Entschei- dend fur das Erreichen der Energiewende, also der 100-Prozent-Versorgung durch erneuer- bare Energien und einer erhohten Energieeffizienz, sind Entwicklungsprozesse auf kommu- naler Ebene.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Gerade Kommunen kommt bei der Umsetzung, der fur die Energiewende relevanten In- strumente, eine besondere Rolle zu. Laut Bocher (2009:127) sind auf der kommunalen Ebe- ne „die Ursache- und Wirkungszusammenhange des menschlichen Handelns eng aneinan- der gekoppelt". Bereits 1992 wurde mit der lokalen Agenda 21 in Rio de Janeiro ein Leitbild zur nachhaltigen Entwicklung, auf Grundlage der wirtschaftlichen, okonomischen und sozia- len Bedeutung der regionalen und lokalen Ebene, verabschiedet. Ein weiterer Ausdruck des wissenschaftlichen, politischen und offentlichen Interesses an der kommunalen Energie­wende sind zahlreiche[3] Onlineportale, die - neben der interaktiven Anwendung von Analyse- instrumenten in einem Geoinformationssystem (GIS) - auch aktuelle Forschungsergebnisse vorstellen. Im Zuge der nachhaltigen Entwicklung soll insbesondere auch auf den Schutz von Natur und Umwelt geachtet werden.

Dieser Appell steht auch in Zusammenhang mit weiteren Herausforderungen, mit denen die Kommunen aktuell konfrontiert werden: der zunehmenden Diskrepanz zwischen Politik und Burgern, dem demographischen Wandel, der Abwanderung von Burgern aus strukturschwa- chen Regionen sowie der damit einhergehenden, sich verstarkenden kommunalen Finanz- not. Aufgrund der Vielfaltigkeit der Herausforderungen, vor denen die Kommunen stehen, werden oft mehrere Projekte zur Problembewaltigung gleichzeitig gestartet.

Dies hangt oftmals davon ab, welche Fordertopfe aktuell erschlieBbar sind. Die kommunale Daseinsvorsorge schlieBt damit auch Kompetenzen (hier insbesondere die Versorgungs- und Planungsfunktion) in der Energiepolitik ein. Die Aktualitat der Energiewende bewirkt daher, dass sich zunehmend mehr Kommunen dieser Herausforderung stellen, indem sie eigene Projekte initiieren oder als Projektpartner eine beratende Funktion erfullen. Als niedrigste politische Entscheidungsebene haben die Kommunen somit den direktesten Zugang zu den Menschen und konnen damit besonders ihrer Vorbildfunktion gerecht werden.

Im Rahmen von regionalen Energiekonzepten oder mithilfe einer interkommunalen Koopera- tion in Form einer Energieregion werden „Tage der Energie", Energiesparwettbewerbe oder Energieberatungen ins Leben gerufen, um nicht nur die Verwaltungsmitarbeiter, sondern auch die Burger selbst zu nachhaltigem Handeln zu motivieren. Da die Energiewende, mit dem Grundsatz der Dezentralisierung der Energieversorgung, langfristig nur mit der Nutzung erneuerbarer Energien und der Erhohung der Energieeffizienz auf Haushaltsebene erfolg- reich sein kann, braucht es engagierte Akteure, die nicht nur Beratung und Information in den Kommunen vorantreiben, sondern auch Projekte initiieren und umsetzen.

Hier setzt diese Arbeit an. Zur Realisierbarkeit von kommunalen Projekten im Bereich der erneuerbaren Energien/Energieeffizienz gibt es in der Forschung bereits zahlreiche Ansatze, Leitfaden und Empfehlungen[4]. Im Bereich der Evaluierung von Umsetzungsinstrumenten besteht allerdings noch Nachholbedarf. Im Rahmen dieser Arbeit soll der Blick daher insbe­sondere auf die Bedeutung von Energieleitstellen (Beratungs- und Koordinierungsstellen zu Fragen der Energieeffizienz und zum Ausbau erneuerbarer Energien) fur die Energiewende auf kommunaler bzw. regionaler Ebene gelenkt werden.

1.2. ZIELSTELLUNG UND AUFBAU DER ARBEIT

Zur Forcierung der Energiewende gibt es inzwischen eine Reihe von Umsetzungsinstrumen- ten, welche bisher aber meist nur ungenugend auf ihren Erfolg hin untersucht wurden. Die­se Masterarbeit sieht ihren thematischen Schwerpunkt im Handlungsbereich kommunaler Verwaltungen und ihrer Beziehung zu Akteuren, die an der Umsetzung der Energiewende vor Ort beteiligt sind. Anhand eines Fallbeispiels soll analysiert werden, welche Bedeutung einer Energieleitstelle innerhalb einer Energieregion (Form interkommunaler Kooperation) zukommt und inwieweit sie die kommunale Energiewende konkret beeinflusst.

Beispielhaft seien genannt:

Gust, D. (Hrsg.) (2007): Wandel der Stromversorgung und raumliche Politik. ARL Band 227. Hannover.

UBA (Hrsg.) (2011): Statusbericht zur Umsetzung des Integrierten Energie- und Klimaschutzprogramms der Bundes- regierung. <http://www.umweltdaten.de/publikationen/fpdf-l/3971.pdf> (Stand: 2011-04-14) (Zugriff: 2011-11-01) WBGU (Hrsg.) (2011): Hauptgutachten - Welt im Wandel - Gesellschaftsvertrag fur eine Gro&e Transformation. Berlin. WBGU (Hrsg.) (2003): Welt im Wandel - Energiewende zur Nachhaltigkeit. Berlin.

Die zentrale Forschungsfrage dieser Arbeit lautet demzufolge:

Inwieweit haben Energieleitstellen eine Bedeutung fur die Umsetzung der Energiewende in Kommunen einer Energieregion?

In diesem Zusammenhang ist somit nicht nur zu klaren, ob und wie Energieleitstellen auf das Handeln der Kommunen Einfluss nehmen oder inwieweit uberhaupt ein Interesse an einer Energiewende vor Ort, also die Nutzung erneuerbare Energien und die Steigerung der Energieeffizienz) vorhanden ist, sondern auch, welche Instrumente den Kommunen generell fur die Umsetzung der Energiewende zur Verfugung stehen. AuBerdem soll untersucht wer- den, ob Energieleitstellen zu einer eventuellen Beschleunigung der Energiewende in den Kommunen beitragen. Folgende forschungsleitende Fragen sollen im Rahmen der Untersu- chung beantwortet werden.

FF 1: Haben Energieleitstellen Einfluss auf das Problembewusstsein der Kommunen

fur die Notwendigkeit der Energiewende?

FF 2: Inwieweit haben Energieleitstellen Einfluss auf das Handeln der Kommunen im

Bereich Energieeffizienz und beim Ausbau erneuerbarer Energien?

FF 3: Ist der Einfluss von Energieleitstellen in einer veranderten kommunalen Ver-brauchs- und Erzeugungsstruktur nachweisbar?

Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass die zu untersuchenden Kommunen durch eine interkommunale Kooperation in Form einer Energieregion organisiert sind. Daher wird die Arbeit der Energieleitstelle nicht isoliert pro Kommune betrachtet, sondern muss im Zu­sammenhang mit den Vereinbarungen der Energieregion gesehen werden. Die Ergebnisse der Arbeit sollen nicht nur Kommunen in ihrem Entscheidungsdenken zur Einrichtung einer Energieleitstelle behilflich sein, sondern auch bereits vorhandenen Energieleitstellen Verbes- serungsmoglichkeiten in der Kommunikation mit den potenziellen Nachfragern sowie mit Akteuren vor Ort aufzeigen. Zentrale Aufgabe der Arbeit ist die Beantwortung der oben ge- nannten zentralen Forschungsfrage mithilfe einer empirischen Fallstudienanalyse sowie durch Expertenbefragungen.

Bei dem Fallbeispiel handelt es sich um eine Energieregion, in der im Jahr 2008 eine Ener­gieleitstelle eingerichtet wurde. Die Arbeit besteht aus einer Kombination sekundaranalyti- scher und eigenstandiger Datenerhebung mittels eines Fragebogens, der durch die Kommu­nen der Energieregion ausgefullt wurde. Des Weiteren wurden erganzende Experteninter- views mit Vertretern von Energieleitstellen sowie der Sachsischen Energieagentur (SAENA) durchgefuhrt.

Der Aufbau der Arbeit orientiert sich an der zuvor genannten zentralen Fragestellung der Arbeit. Einleitend wird ein Uberblick uber die Ursachen der Energiewende, die energiepoliti- schen und raumplanerischen Rahmenbedingungen (Kapitel 2.) sowie die Umsetzungsin- strumente der Kommunen gegeben, welche diesen fur die Umsetzung der Energiewende zur Verfugung stehen (Kapitel 3.). In Kapitel 4. wird die Energieregion als eine spezielle Form der interkommunalen Kooperation herausgestellt. Ein zentraler Betrachtungsschwerpunkt liegt hierbei auf der Einrichtung einer zentralen Koordinierungsstelle (Energieleitstelle), die fordernd auf die interkommunale Zusammenarbeit wirken soll.

Anhand von fordernden und hemmenden Faktoren der kommunalen Energiewende, welche durch Literaturrecherche zusammengetragen wurden, werden anschlieBend Schwerpunkte fur die Bewertung der Erhebungsergebnisse identifiziert (Kapitel 5.). Der Vorteil in der An- wendung mehrerer Analyse-Schwerpunkte liegt dabei in der verbesserten Aussagekraft der Ergebnisanalyse. Diese werden im Rahmen der Fallstudienanalyse sowie bei der Auswer- tung der Expertengesprache (Kapitel 6.) angewendet. AbschlieBend werden Handlungsemp- fehlungen aufgezeigt, die einerseits die zukunftige Bedeutung von Energieleitstellen in Energieregionen berucksichtigen, andererseits aber auch die Bedeutung der Kommunen selbst innerhalb der Energiewende herausstellen (Kapitel 7.).

1.3. AKTUELLE STUDIEN ZUR KOMMUNALEN ENERGIEWENDE

Wie die nachfolgende Aufstellung zeigt, wird die Thematik der Energieautarkie (bzw. Ener- gieautonomie)[5] bereits in zahlreichen Publikationen diskutiert. Scheer (2005) zeigt bspw. auf, mithilfe welcher MaBnahmen und Leitlinien der Umbau der - momentan zentralistisch auf GroBkraftwerke hin ausgerichteten - Energieversorgungsinfrastruktur vollzogen werden soll- te. Speziell mit der regionalen, aber v.a. auch mit der kommunalen Energieautonomie be- fasst sich der Leitfaden „Auf dem Weg zur 100%-Region: Handbuch fur eine nachhaltige Energieversorgung von Regionen" von Tischer (2009).

Anhand von Praxiserfahrungen werden hier Umsetzungsempfehlungen an lokale Akteure weitergegeben, die an der kommunalen Energiewende beteiligt sind. Als ein wichtiger Fak- tor fur das Gelingen der MaBnahmen, wird hier ein funktionierendes lokales Akteursnetz- werk genannt, welches eine stringente Gesamtstrategie verfolgen sollte, das wiederum auf- grund eines breiten Konsenses in der Gesellschaft vor Ort eine problemlose Umsetzung der geplanten MaBnahmen ermoglicht. Dabei wurden von Tischer (2009) auch eindeutige eide Begriffe werden in der offentlichen Diskussion entweder getrennt voneinander oder synonym definiert. Wah- rend in Sachsen vorrangig der Begriff Energieautarkie, infolge der Definition durch die SAENA, verwendet wird, defi­niert Scheer (2005) Energieautonomie als Zustand, der uber die wirtschaftliche Perspektive hinausgeht, indem er auch den Umbau der Energieversorgungsstruktur vorschlagt.

Hemmnisse erkannt, die einen gesellschaftlichen Konsens verhindern. Diese sind neben mangelnder Innovationskraft, eine fehlende wirtschaftliche Starke lokaler Unternehmen, mangelndes Wissen und Interesse der Verbraucher vor Ort, eine mangelnde Kommunikation zwischen Anbietern von Leistungen und potenziellen Nachfragern sowie schlichtweg Kapi- talmangel der Verbraucher (Burger, Unternehmen, Kommunen).

Im Gegensatz zur Energiewende an sich oder zu Konzepten der Energieautarkie, wird die Thematik der kommunalen Energieberatung derzeit noch wenig in der Literatur diskutiert, obwohl es allerdings bereits Studien zu dieser Problematik gibt. Zwar wurden in Kommunen bereits Energieberatungsstellen aufgebaut, allerdings fehlt es bisher an einer tiefgreifenden Evaluierungsmethodik. Dieses Beispiel zeigt auch das Grundproblem der aktuellen For- schung auf. Es werden (und wurden) anhand einer Reihe von Fallbeispielen Leitfaden er- stellt, wie bestimmte Instrumente, die zur Umsetzung der Energiewende auf kommunaler Ebene dienen, anzuwenden sind.

Da diese Leitfaden aber anhand bestimmter Fallbeispiele erstellt wurden, sind sie nicht ohne weiteres auf andere Kommunen oder Akteure ubertragbar. Die Ursache fur die (noch) gerin- ge Zahl an Publikationen liegt vermutlich in der Aktualitat dieser Thematik. Es ist daher zu- kunftig mit dem Erscheinen weiterer Publikationen zu Umsetzungsinstrumenten der Ener­giewende zu rechnen. Auch zeigen aktuelle Universitats-Abschlussarbeiten (vgl. Helzig 2011, Schubert 2011 etc.) das groBe Interesse fur die Problematik der Energiewende und dem Umgang mit passenden Umsetzungsinstrumenten.

Nachdem 1997 das Deutsche Institut fur Urbanistik (DIFU) bereits einen umfangreichen Leit­faden „Klimaschutz in Kommunen" herausgegeben hatte, machten veranderte Rahmenbe- dingungen eine Neuauflage dieses rege genutzten Leitfadens notwendig, welcher im Jahr 2011 erschien. Der Leitfaden wurde an die veranderte Gesetzeslage und die neuen Heraus- forderungen angepasst und dient seither als umfassende Zusammenfassung von Umset- zungsinstrumenten zum kommunalen Klimaschutz und damit auch fur die Aufgaben der Energiewende. Der Leitfaden bietet einen Uberblick uber die gesetzlichen und finanziellen Rahmenbedingungen sowie Voraussetzungen, die vor Ort erfullt sein sollten, um eine Ener- gieleitstelle erfolgreich zu betreiben.

Des Weiteren erschien ebenfalls im Jahr 2011 ein Werk der WUstenrot Stiftung mit dem Namen „Zukunft der Energieberatung in Deutschland", welches nicht nur die Gebaudesa- nierung in den Mittelpunkt der Betrachtung stellt, sondern zudem vier regionale Beratungs- systeme anhand von Angebot und Nachfrage analysiert. Angesichts der Betrachtung der verschiedenen regionalen Beratungssysteme, entwickelte die Stiftung konsistente Szenari-Methodik en, um die Vorteile und Risiken der zukunftigen Struktur bzw. des zukunftigen Bedarfs an Energieberatungsstellen aufzuzeigen und untereinander abzuwagen.

Weitere intensive Forschungen zur Energieberatung vor Ort fuhrte das Institut fur Energie- und Umweltforschung Heidelberg (ifeu) zusammen mit TNS Emnid, im Auftrag des Bun- desministeriums fur Wirtschaft und Technologie, durch. Der 2008 vorgelegte Bericht zur Evaluation des Forderprogramms „Energieeinsparberatung vor Ort" stellt allerdings nicht die Unabhangigkeit kommunaler Energieberatungsstellen heraus, sondern analysiert hauptsach- lich die Qualifizierung der Energieberater, quantifiziert die Antragszahlen und verdeutlicht die soziodemographische Struktur der Nutzer der Vor-Ort-Beratung.

Der 2005 vom Institut fur Energie- und Umweltforschung Heidelberg (ifeu) zusammen mit TNS Emnid erstellte Evaluationsbericht zu stationaren Energieberatungen der Verbraucher- zentralen, des Deutschen Hausfrauenbundes Niedersachsen und des Verbraucherservice Bayern untersuchte EnergiesparmaBnahmen, welche infolge von Energieberatungen ver- wirklicht wurden. Dabei wurde nicht nur die konkrete Energieeinsparung und die damit ver- bundene Senkung der CO2-Emission erfasst, sondern auch die Kosteneinsparung den einge- setzten Fordermitteln gegenubergestellt sowie die Zufriedenheit der Beratungsnehmer er- mittelt. Hierbei war es insbesondere von Interesse fur die Forscher, ob und in welcher Hohe die Beratungsnehmer bereit sind, fur die (bisher kostenlosen) Beratungsangebote einen fi- nanziellen Beitrag zu leisten. Anhand der in diesen Publikationen genannten Instrumente, Faktoren und Hemmnisse fur eine erfolgreiche kommunale Energiewende soll in dieser Ar­beit gepruft werden, welche davon im Untersuchungsgebiet von Bedeutung fur das Funkti- onieren der Energieleitstellen immanent sind.

1.4. METHODIK

1.4.1. WISSENSCHAFTLICHER FORSCHUNGSANSATZ

Die thematische Schwerpunktsetzung dieser Masterarbeit erfolgt aufgrund des Interesses des Autors an der aktuellen offentlichen Diskussion, um die mit der Energiewende in Zu- sammenhang stehenden kommunalen Herausforderungen.

Der Analyse-, Forschungs- und Handlungsbedarf ergibt sich dabei aus Sicht eines Unter- nehmens, welches in Kooperation mit drei kommunalen Verwaltungen eine Energieleitstelle in der Energieregion-Erzgebirge eingerichtet hat. Die Energieregion-Erzgebirge umfasst 13 Kommunen im sachsischen Erzgebirgskreis. Das Gebiet umfasst eine Flache von 334,7 km2 und hat rund 61.400 Einwohner (Stand: 31.10.2011). 11 der 13 Kommunen haben weniger als 5.000 Einwohner (STALA 2012). Das Untersuchungsgebiet befindet sich ganzlich im land- lichen Raum sudostlich des Ballungsraums Zwickau-Chemnitz (vgl. auch Kapitel 6.2.).

Durch wissenschaftliche Uberprufung des Einflusses der Energieleitstelle vor Ort und uber die Auswertung von Energieverbrauchsdaten und Energieerzeugungsdaten[6] soll versucht werden, ein umfassendes Bild uber die Bedeutung der Energieleitstelle fur die Kommunen sowie die Probleme der Kommunen, bei der Umsetzung der Energiewende, zu erhalten. Des Weiteren sollen diesbezuglich Handlungsmoglichkeiten aufgezeigt werden.

Mit Blick auf die anfangs genannte zentrale Forschungsfrage erschlieBen sich fur die Bear- beitung dieser Arbeit unterschiedliche Moglichkeiten zur Herangehensweise. Der Autor hat sich fur eine Kombination aus sekundaranalytischer und eigenstandiger Datenerhebung ent- schlossen. Um die Erfahrungen und Herangehensweisen der einzelnen Kommunen erfassen zu konnen, ist es sinnvoll, gezielte Untersuchungen vor Ort durchzufuhren und die Erkennt- nisse zu bewerten. Aus diesem Grund wurde als methodischer Ansatz eine Fallstudienun- tersuchung gewahlt, die durch Literatur- und Dokumentenauswertung erganzt wird.

Fur die Erarbeitung der theoretischen Grundlagen wurden die bereits erwahnte Leitfaden sowie weitere Publikationen zu kommunalen und regionalen Energieautarkieprozessen ver- wendet. Eine weiterfuhrende Recherche wurde anhand von Amtsblattern und Dokumenten zum Untersuchungsgebiet durchgefuhrt. In diesem Zusammenhang musste geklart werden, in welcher Beziehung die einzelnen Umsetzungsinstrumente zueinander stehen und welche fordernden bzw. hemmenden Faktoren sich auf die kommunale Energiewende auswirken. Bezuglich der Literatur- und Dokumentenauswertung sind hierbei sowohl Studien zu kom- munalen Umsetzungsinstrumenten fur die Energiewende zu nennen als auch zur Nutzung erneuerbarer Energien und konkret zur Energieregion-Erzgebirge, lokale Amtsblatter, Infor- mationsbroschuren, das „ILEK - Integriertes Landliches Entwicklungskonzept Annaberger Land", aber auch Webseiten (z.B. der Kommunen, Energieleitstelle oder SAENA).

Im Rahmen einer Primarerhebung, in Form einer Befragung mittels Fragebogen sowie durch Experteninterviews sollten Grundlageninformationen erhalten werden. Dadurch wurde ein Uberblick uber bereits erfolgte Aktivitaten und HandlungsmaBnahmen geschaffen. Fur die Analyse der Erhebungsergebnisse sowie der Aussagen der befragten Experten erfolgte eine Operationalisierung von Schwerpunkten, welche zur Ergebnisfindung und Beurteilung der Energieleitstellen als Umsetzungsinstrument von Interesse sein konnten. Die Operationalisierung erfolgte dabei nach den Prinzipien der empirischen Sozialforschung Ein- deutigkeit, Vollstandigkeit und Ausschliefclichkeit (Atteslander 2010:40).

Hierbei soll insbesondere die Stromerzeugung durch erneuerbare Energien in den jeweiligen Kommunen betrachtet und evaluiert werden, um ggf. einen Einfluss der Energieleitstelle ableiten zu konnen.

Fallstudien in der quantitativen & qualitativen Forschung Die ausgewahlten Indikatoren erfullen in diesem Zusammenhang eine Doppelaufgabe. Zum einen fragen sie nach den Informationen der Einflussfaktoren und zum anderen sollen Infor- mationen zu der ausgewerteten Literatur angezeigt werden (Glaser & Laudel 2009:83).

Im Nachgang der Fragebogenabfrage wurde die Operationalisierung teilweise uberarbeitet, um in den nachfolgenden Expertengesprachen die bereits zur Verfugung stehenden Antwor- ten der Kommunen aus externer Sicht heraus zu uberprufen und zu beurteilen. Grundlage hierfur bilden die Uberlegungen von Atteslander (2010:38), der darauf hinweist, dass die Operationalisierung auf Lernvorgangen beruht, wodurch es zu Veranderungen, Erganzungen oder Eingrenzungen des Problems kommen kann.

1.4.2. FALLSTUDIEN IN DER QUANTITATIVEN & QUALITATIVEN FORSCHUNG

Fallstudien sind besonders in den Gesellschaftswissenschaften ein weit verbreitetes Mittel zur konkreten Erkenntnisgewinnung uber forschungsrelevante Inhalte, insbesondere wenn es um die Untersuchung komplexer Phanomene geht, also bspw. das Aufdecken kausaler und sozialer Zusammenhange (Muno 2009:123ff.). Dieser Forschungsansatz macht eine umfassende und detaillierte Analyse eines Falles oder eine vergleichende Betrachtung meh- rerer Falle moglich. Dabei wird bei Fallstudien zur Prufung von Hypothesen entweder induk- tiv (Erstellung von Hypothesen durch Betrachtung eines Einzelfalles) oder deduktiv (Uberpru- fung von zuvor aufgestellten Hypothesen anhand eines oder mehrerer Fallbeispiele) vorge- gangen (vgl. Behnke 2006:75ff.).

Da in der empirischen Sozialforschung zwei unterschiedliche, aber sich doch gegenseitig erganzende Verfahren ublich sind - quantitative und qualitative Forschungsverfahren - kommt es in der Praxis zunehmend zur Verwendung von Kombinationen beider Verfahren. Dabei geht es vorrangig um die Ausnutzung der jeweiligen Vorteile der Verfahren. Qualitative Ver­fahren kommen gerade dann zur Anwendung, wenn es gilt, Erkenntnisse uber Struktur und Funktionsweise der Realitat zu gewinnen. Die Datenerhebung erfolgt in Form von (ggf. teil- standardisierten) Interviews oder auch Beobachtungen. Dabei spielt die Offenheit der Kom- munikationspartner untereinander eine bedeutende Rolle, da nur dadurch auf sich im Verlauf des Gesprachs andernde Situationen und Entwicklungen reagiert und ggf. nachfolgende Schritte angepasst werden konnen (vgl. ARL 1998:95f., Meier-Kruker & Rauh 2005:4ff.).

Quantitative Verfahren hingegen zeigen Vorteile bei der Uberprufung von Hypothesen, die aus der Forschungsfrage heraus generiert wurden (vgl. Bolay 2009:36). Die Erhebung der Daten erfolgt meist mithilfe einer standardisierten Befragung relevanter Personen. Dadurch soll versucht werden, ein generalisierbares Bild vom jeweiligen Untersuchungsgebiet zu bestimmten Fragestellungen zu erhalten. Eine derartige Standardisierung ist bei qualitativen Methoden nicht ublich. Ausgewertet werden die gewonnenen Daten meist mithilfe statisti-scher Verfahren unter Zuhilfenahme von computergestutzten Anwendungen. Generell lasst sich also sagen, dass keine festgesetzte Grenze zwischen qualitativer und quantitativer Sozi- alforschung existiert und der Forscher selbst entscheiden muss, ob er ein einzelnes oder eine Kombination beider Verfahren anwendet. Diese Entscheidung ist sowohl abhangig von den forschungsleitenden Fragen als auch vom erwarteten Informationsgewinn.

Aufgrund der Komplexitat der Thematik und der Vielzahl relevanter Akteure im Untersu- chungsgebiet, wird die dargestellte Verknupfung der Methoden als geeignet erachtet, um im Rahmen dieser Studie Aussagen zur Bedeutung von Energieleitstellen fur das Handeln der Kommunen in der Energiewende treffen zu konnen.

1.4.3. FRAGEBOGENERHEBUNG UND EXPERTENINTERVIEWS

Einen zentralen Faktor zum Erkenntnisgewinn uber die aktuelle Situation vor Ort bildete die schriftliche Befragung (s. Anhang 3 ab S. v) der Mitgliedskommunen der Energieregion- Erzgebirge. Die Reihenfolge der Fragen, die Fragenformulierung und Antwortvorgaben wur- den zum groBten Teil festgelegt. Etwa 20 Prozent des Fragebogens bestand aus Fragen, die frei bzw. durch eintragen eines Zahlenwertes beantwortet werden konnten.

Die schriftliche Befragung der Mitgliedskommunen der Energieregion-Erzgebirge erfolgte sowohl auf postalischem Weg also auch mittels einer Online-Version. Fur die Erstellung des Fragebogens wurde auf die Software „grafstat4" zuruckgegriffen, welche gleichzeitig so­wohl eine zentrale Datensammlung der eingehenden Daten sicherstellt als auch eine nach- folgende Datenauswertung ermoglicht. Der Fragebogen wurde dabei so aufgebaut, dass er nach Moglichkeit ubersichtlich gestaltet ist und zudem eine zugige Beantwortung der Fragen zulasst. Die meisten Fragen wurden daher mit sgn. „Checkboxen" ( ) oder mit sgn. „Radio- buttons" ( ) versehen. Des Weiteren wurden bei offenen Fragen Textfelder eingefugt. Bei mehreren Antwortoptionen wurde den Fragen der Vermerk „mehrere Antworten moglich" beigefugt. Je nach Frage wurden zwei bis acht Merkmalsauspragungen bzw. ein konkreter Wert (z.B. Energieeinsparung in Prozent) abgefragt (s. Abb. 2).

Die Adressaten wurden zunachst per Schreiben uber die baldige Zusendung des Fragebo­gens vorinformiert. 1,5 Wochen spater erfolgte die Zusendung des Fragebogens mit An- schreiben (siehe Anhang 1 S. iii). Fur die Beantwortung des Fragebogens wurden zwei Ar- beitswochen (10 Werktage), zwischen dem Zeitpunkt des Versands und dem Rucksen- dungsdatum, veranschlagt. Nach dieser Frist wurden die Adressaten zunachst per Mail und anschlieBend telefonisch um die Beantwortung und Rucksendung des Fragebogens gebe- ten. Bis zum Abgabetermin dieser Arbeit haben nicht alle Mitgliedskommunen der Energie­region-Erzgebirge den Fragebogen ausgefullt, sodass mit einer reduzierten Menge an Daten gearbeitet werden musste. Insgesamt sind 10 von 13 Fragebogen zuruckgeschickt worden.

Abb. 2: Screenshot (Bildschirmdruck) der Online-Version des Fragebogens

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Befragung: Umsetzung der Energiewende in Kommunen der "Energieregion Erzgebirge"

Name der Kommune

Ja Nein. 1st aber geplant Nein. ist auch nicht geplant Wurde in Ihrer Kommune. durch ein authorisiertes Gremium (z.B Gemeinderat). ein formaler Beschluss zur Energieeffizienzsteigerung und zur Umstellung der Energieversorgung auf Erneuerbare Energien getroffen?

Wurde fur Ihre Kommune eine Potenzialanalyse zu Energieeffizienzsteigerung bzw. zur Nutzung Emeuerbarer Energien erstellt?

Wurde fur Ihre Kommune ein kommunales Energie- Entwicklungskonzept erstellt?

Wurde die Thematik Energieeffizienz/Emeuerbare Energien in die Bauleitpianung integriert?

Gibt es seitens der Kommune Anstrengungen.

Burgerkapital fur Projekte im Bereich Erneuerbare Energien zu akqumeren (z.B. Burgersolaranlagen)?

Wurden Projekte an Oder mit Bildungseinrichtungen durchgefuhrt. die die Thematik "Erneuerbare Energien/Energieeffizienz" betreffen?

Quelle: Screenshot Der Fragebogen wurde in gedruckter Form den 13 Mitgliedskommunen zugesendet. Ein frankierter Ruckumschlag wurde beigelegt, in der Hoffnung, die Rucklaufquote dadurch zu erhohen. Im Anschreiben wurde zudem die Moglichkeit offeriert, die Befragung auch online durchzufuhren. Der hierfur notige Link und die Zugangsdaten waren ebenfalls in dem Schreiben festgehalten. Die Online-Version hat dabei den Vorteil, dass die Befragung einfa- cher und zugiger durchzufuhren ist. Fur den Autor war die elektronische Ubersendung in dem Sinne vorteilhaft, da die eingegebenen Daten sofort in Form einer einfach auswertbaren Excel-Tabelle vorlagen und nicht noch transkribiert werden mussten.

Der Fragebogen wurde auf einen Web-Server aufgespielt und war dort unter der Internetad- resse:

http://befragung-energieregion.benos.eu

mit den entsprechenden Zugangsdaten abrufbar.

Die postalisch zugegangenen oder eingescannten Fragebogen wurden nach Erhalt ebenfalls in das Datenerfassungssystem ubertragen. Hierbei musste allerdings darauf geachtet wer­den, dass auch die Daten und Bemerkungen fur die Auswertung Berucksichtigung finden, die zusatzlich durch die Befragten auf den Fragebogen vermerkt wurden. Neben der Frage­bogenerhebung bilden leitfadengestutzte Interviews mit Experten einen zentralen methodi- schen Baustein der empirischen Untersuchung in der vorliegenden Arbeit (s. Anhang 2 S. iv).

Der Begriff Experte wird unspezifisch verwendet. An dieser Stelle sind damit Personen ge- meint, „die uber Spezialwissen und Spezialfahigkeit auf einem bestimmten Gebiet verfu- gen." (ARL 1998:104)

Diese Form des qualitativen Interviews hat die Aufgabe, dem Forscher „das besondere Wis- sen der in die Situationen und Prozesse involvierten Menschen zuganglich zu machen" (Glaser & Laudel 2009:13). Experteninterviews werden in den Raumwissenschaften zu- nehmend eingesetzt, einerseits um an ganz konkret erwunschte Informationen zu gelangen, andererseits weil „die Analyse komplexer Entscheidungsprozesse an die Kenntnis von Kommunikationsgangen, Hierarchien, politischen Wertentscheidungen usw. gebunden ist." (ARL 1998:106)

In der vorliegenden Arbeit umfassen die Gesprachspartner der durchgefuhrten Expertenin­terviews hauptsachlich Personen mit privilegiertem Zugang zu Informationen. Von besonde- rem Interesse waren dabei Mitarbeiter der Energieleitstelle und Experten der Sachsischen Energieagentur (SAENA). Kommunale Entscheidungstrager (z.B. Burgermeister) wurden nicht befragt, da davon ausgegangen wurde, dass die Beantwortung der Fragebogen mit deren Wissen geschehen ist. Im Rahmen der Auswertung der Interviews wurde versucht, die geteilten Wissensbestande und gemeinsamen Ansichten herauszuarbeiten (vgl. ARL 1998:105f.).

Das methodische Vorgehen bestand dabei aus der Durchfuhrung qualitativer face-to-face- Interviews mit Experten der SAENA, der Energieleitstelle Radebeul und der Energieleitstelle der Energieregion-Erzgebirge.

Rahmenbedingungen der kommunalen Energiewende

2. RAHMENBEDINGUNGEN DER KOMMUNALEN ENERGIEWENDE

2.1. ENERGIEPOLITISCHE RAHMENBEDINGUNGEN

2.1.1. ENERGIEPOLITIK DER EUROPAISCHEN UNION

Bereits 1992 wurde auf der Weltklimakonferenz in Rio de Janeiro die besondere Rolle der Kommunen beim Klimaschutz hervorgehoben. Die dort festgeschriebenen Bestimmungen sind noch heute ein Grundpfeiler weltweiter Klima- und Energiepolitik auf allen politischen Ebenen. Als Bestandteil der Europaischen Union ist Deutschland in vielerlei Bereichen an Entscheidungen auf europaischer Ebene gebunden.

Laut Fischer (2011:16) ist also nicht nur die Gestaltung energiepolitischer Steuerungsme- chanismen fur eine erfolgreiche Transformation des Energiesystems entscheidend, sondern „ebenso die Rahmenbedingungen, innerhalb derer sich ein solcher Prozess vollzieht. [...] Dabei ist einerseits entscheidend, wie die europarechtlichen Regelungen ausgestaltet sind und inwieweit diese eine Veranderung des Energiesystems zulassen, ermoglichen oder un- terstutzen."

Als uberstaatliche Organisation hat die EU gegenuber den Mitgliedslandern eine Richtlinien- kompetenz inne. Die Beschlusse auf europaischer Ebene mussen demnach zeitnah durch nationales Recht umgesetzt werden.

„Mit der Vertragsreform von Lissabon wurde die faktische Existenz einer gemeinsamen Energiepolitik erstmals auch primarrechtlich verankert. Mit dem neuen Vertragstext besitzt die EU nun die explizite Kompetenz und den Auftrag zur Gestaltung europaischer Energiepo­litik." (ebd.:18) Im April 2009 wurde, durch Beschlusse der Staats- und Regierungschefs und des Europaischen Parlaments, ein MaBnahmenpaket zu klimaschutzrelevanten und energie- politischen Fragen fur die Mitgliedsstaaten verbindlich. Dadurch wurden die Staaten ver- pflichtet, „unabhangig von den MaBnahmen anderer Lander, die Emissionen bis 2020 auf mindestens 20 Prozent gegenuber dem Niveau von 1990 zu reduzieren." (Europaische KOMMISSION 2009:9)

Energiepolitisch wurden folgende Ziele festgesetzt, die es bis 2020 zu erreichen gilt („20-20- 20-Ziele"):

- Senkung des Energieverbrauchs um 20 Prozent durch hohere Energieeffi- zienz,

- Erhohung des Marktanteils erneuerbarer Energien auf 20 Prozent

- Einsatz eines Anteils von 10 Prozent nachhaltig produzierter Bio- und an­derer erneuerbarer Kraftstoffe im Verkehrsbereich Neben nationalen Losungsansatzen zur Umsetzung dieser Ziele, stellen v.a. marktwirtschaft- liche Anreize innerhalb der EU wichtige Instrumentarien dar.

Dazu gehort, neben der Beeinflussung der Preise durch Steuern und steuerliche Anreize, auch der Emissionszertifikatehandel, der Energie-Grofcverbraucher zum Handel mit CO2- Zertifikaten verpflichtet (Europaische Kommission 2007:3f.). Des Weiteren sind die Fonds der europaischen Regionalpolitik zu erwahnen. Hierbei ubernimmt v.a. der EFRE die kom- munale Forderung im Bereich Energie und Klimaschutz.

„Wahrend also Richtlinien und Verordnungen fur den Handel mit Strom oder den Schutz der Umwelt im Rahmen der EU-Gesetzgebung verabschiedet werden konnen, bleibt die Ent- scheidung uber die Nutzung einzelner Energiequellen oder Energietechnologien in der Hand der Mitgliedstaaten[7]. Auch zukunftig ist nicht zu erwarten, dass die nationalen Regierungen an dieser Stelle einen Eingriff aus Brussel zulassen werden." (Fischer 2011:18)

2.1.2. ENERGIEPOLITIK DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND

Als eine der weltweit grofcten Volkswirtschaften (und als „Exportnation"), wird Deutschland bzgl. seiner Energiewirtschaft stark von globalen Veranderungen beeinflusst. Einflussfakto- ren sind dabei „Energieangebot, die Verfugbarkeit und die Reserven an energetischen Roh- stoffen, die politischen Rahmenbedingungen in den Forderregionen und nicht zuletzt die verfugbaren Transport- und Umwandlungskapazitaten fur diese Energierohstoffe." (BMWi 2010:8)

Innerhalb Deutschlands hangt die energiewirtschaftliche Entwicklung von der Bevolkerungs- entwicklung, der Anzahl der Haushalte, der konjunkturellen Entwicklung, dem Strukturwan- del in der Wirtschaft, technologischer Entwicklungen sowie institutionellen, rechtlichen und politischen Rahmenbedingungen ab, die begrenzend auf die Entwicklung des Energiever- brauchs wirken (ebd.). Im Energiekonzept der Bundesregierung wird deutlich herausgestellt, dass Deutschland „in Zukunft bei wettbewerbsfahigen Energiepreisen und hohem Wohl- standsniveau eine der energieeffizientesten und umweltschonendsten Volkswirtschaften der Welt werden" (BMWi/BMU 2010:3) soll. Entscheidend sei die Formulierung einer integrier- ten Gesamtstrategie. Diese bezieht sich zum einen auf den Ausbau des Anteils erneuerbarer Energien im Stromsektor und der damit einhergehenden Erhohung der Energieeffizienz (so- wohl beim Strom-, als auch Warmeverbrauch), den Ausbau des, momentan noch nicht aus- reichend auf dezentralisierte Stromversorgung ausgelegten, Stromnetzes sowie die Er- schliefcung neuer Speicher fur Strom aus Nachfragelucken (ebd.:4).

Konsolidierte Fassungen des Vertrags uber die Europaische Union und des Vertrags uber die Arbeitsweisen der Europaischen Union, Amtsblatt der Europaischen Union, 2010/C 83/01, 30.3.2010, S. 134f.

Zur Umsetzung dieser Strategie wurden in den letzten Jahren gesetzliche Regelungen ge- troffen, die fur alle an der Umsetzung beteiligten Akteure gelten. Aus erneuerbaren Energien erzeugter Strom wird seit 1991 staatlich subventioniert. Grundlage dafur bildete das Strom- einspeisungsgesetz (StromEinspG), das kleineren Unternehmen per Gesetz die Abnahme ihres selbst erzeugten Stromes aus erneuerbaren Energien garantierte. Zuvor hatten dies die grofcen Stromanbieter aufgrund ihrer Monopolstellung verhindert (Petermann 2006:309).

Von nun an waren die Netzbetreiber zur Abnahme und auch Vergutung des eingespeisten Stromes verpflichtet (§2 StromEinspG).

Mit dem 1. April 2000 ersetzte das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) das StromEinspG. Sich standig andernde Rahmenbedingungen erfordern eine regelmafcige Novellierung des EEG. Das Gesetz aus dem Jahr 2004 forderte bis 2010 beispielsweise einen Anteil von 12,5 Prozent der erneuerbaren Energie an der Stromversorgung. Diese Zahl wurde aufgrund ei- nes boomenden Windkraft- und Photovoltaik-Marktes deutlich ubertroffen.

Ende 2010 lag der Anteil erneuerbarer Energien an der Bruttostromversorgung schon bei knapp 17 Prozent. Im Jahr 2011 wurde das EEG, aufgrund des zugig verlaufenden Ausbaus der erneuerbaren Energien, erneut grundhaft novelliert. Mit der Zustimmung des Bundesra- tes zum Gesetzentwurf am 8. Juli 2011, trat die Novellierung am 1. Januar 2012 in Kraft. Anders als bei „Klein-Novellierungen", betrifft die Neugestaltung dieses Gesetzes jegliche Bereiche der erneuerbaren Energien. Bei der Novellierung wurde sich an folgenden Leitlinien orientiert (BMU 2011b:1):

- Dynamischer Ausbau der EE und Verbesserung der Kosteneffizienz

- Beschleunigung der Markt-, Netz- und Systemintegration der EE

- Festhalten an den bewahrten Grundprinzipien des EEG, insbesondere an dem Einspeisevorrang und der gesetzlichen Einspeisevergutung

Durch diese Leitlinien wurden Regelungen getroffen, die sich an den dynamischen Ausbau der erneuerbaren Energien flexibel anpassen lassen. Das EEG ist damit die mit Abstand be- deutendste gesetzliche Regelung zum Umbau der fossilen hin zu einer okologisch nachhalti- gen Energieversorgung. Dabei ist allerdings zu beachten, dass das EEG lediglich die Erzeu- gung von Strom aus erneuerbaren Energien fordert und nicht die von Warme.

Fur den Warmesektor gibt es zudem erganzende Fordermoglichkeiten und zusatzliche Rege­lungen. Da die Kommunen an die Befolgung ubergeordneten Rechts gebunden sind, sind folgende gesetzliche Regelungen, Verordnungen und Richtlinien des Bundes fur die Umset­zung des kommunalen Klimaschutzes bzw. der damit verbundenen Energiewende von Rele- vanz (s. Tabelle 1):

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Gesetz uber den Handel mit Berechtigung- en zur Emission von Treibhausga- sen (Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz - TEHG) vom 08.07.2004

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Neben den politischen und gesetzlichen Rahmenbedingungen spielen auch die finanziellen Rahmenbedingungen eine entscheidende Rolle, ob und in welchem MaSe Kommunen die eigene Energiewende in Angriff nehmen konnen. Hierfur bieten der Bund und Kreditinstitute die unten ersichtlichen Forderprogramme an (s. Tabelle 2).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die in Tabelle 2 aufgezeigten Forderprogramme schlieSen alle Arten von erneuerbaren Energien sowie EnergieeffizienzmaSnahmen ein. Meist handelt es sich dabei um zinsgunsti- ge Darlehen bzw. Kredite. Diese dienen dann zumeist der Anschubfinanzierung von Projek- ten, die mithilfe des EEG refinanziert werden. Neben oben genannten Fordermoglichkeiten, bieten die Bundeslander und Kommunen teilweise selbst zusatzliche Investitionsanreize an.

2.1.3. ENERGIEPOLITIK IM FREISTAAT SACHSEN

Mit dem politischen und wirtschaftlichen Umbruch 1990 in Sachsen ging auch eine grundle- gende Veranderung der Umwelt- und Energiepolitik einher. Die Umsetzung neuer Umwelt- auflagen gehorte genauso dazu wie EnergieeffizienzmaSnahmen in Industrie, Gewerbe, Pri- vathaushalten und Kommunen. Nachfolgende Tabelle 3 zeigt Gesetze, Verordnungen und Richtlinien des Freistaates Sachsen auf, welche der Unterstutzung von Klimaschutzinitiativen und Initiativen zur kommunalen Energiewende dienen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: verandert nach Helzig 2011:26f.

Seit 1990 werden Kommunen aktiv bei der Umsetzung von Umweltschutz- und damit auch Klimaschutzkonzepten unterstutzt. Auch wenn in Sachsen im Bereich der Energieversorgung der Fokus noch immer (und auch fur kommende Jahrzehnte) auf fossilen Energietragern liegt (Braunkohle hat momentan einen Anteil von etwa 80 Prozent an der Bruttostromerzeu- gung), so wurde die Notwendigkeit zum Ausbau einer nachhaltigen Energieversorgung er- kannt (SMWA 2011:8ff.). Um eine positive Entwicklung besonders beim Klimaschutz und der nachhaltigen Energiepolitik auf Landesebene zu gewahrleisten, wurde im Jahr 2007 die Sachsische Energieagentur GmbH (kurz: SAENA) gegrundet, an welcher zu 51 Prozent der Freistaat Sachsen und zu 49 Prozent die Sachsische Aufbaubank beteiligt ist, und die Arbeit des Energieeffizienzzentrums des Freistaates Sachsen fortfuhrt (SMWA/SMUL 2011:9).

Die SAENA versteht sich dabei als vermittelndes Bindeglied zwischen Kommunal- und Lan- desebene. Sie berat zu Fragen im Energiebereich und ist insbesondere treibende Kraft beim Projekt „Energieautarke Modellregion", in dem sie die Kommunen bzw. die handelnden Ak- teure ideell und beratend unterstutzt. Fur die Akteursebene der Kommunen und Landkreise erfullt die SAENA folgende Aufgaben (SMUL 2008:31f.):

- Unterstutzung bei der Einfuhrung von Energiebeauftragten bzw. kommunalen Energiedienstleistungsgesellschaften mit entsprechenden Kompetenzen

- Unterstutzung der Fortfuhrung und Optimierung bestehender Weiterbildungs- angebote fur Verwaltungsangestellte

- Unterstutzung bei der weiteren Verbreitung des European Energy Award®

(eea) in den Kommunen, Erfahrungsaustausch der kommunalen Energiebera- ter bzw. eea-Berater, Modellhafte Ubertragung des eea auf Landkreise; Bera- tung zu den Moglichkeiten des Energiemanagements, der rationellen Ener- gieanwendung und Energieeinsparung und zur Nutzung erneuerbarer Ener- gien sowie Unterstutzung bei der Erstellung von Energie- und Klimaschutz- konzepten

- Unterstutzung lokaler und regionaler Energieagenturen und Beratungsstellen

- Ausbau und Pflege des Energieeffizienz-Netzwerkes inkl. Regionaler Work­shops und Kommunalforen (Kommunaler Energiedialog)

- Unterstutzung von Initiativen zu „Energieautarken Regionen"

- Modellvorhaben zur energetischen Sanierung von Baudenkmalern

- Verbundvorhaben zur Unterstutzung der Energieleittechnik in Kommunen

- Unterstutzung der Kommunen bei der Durchfuhrung von Vorhaben zum Ener- gieeinsparcontracting, also der Beseitigung kommunalrechtlicher Hemmnisse sowie Durchfuhrung eines Modellprojektes zur okonomischen Machbarkeit und Rentabilitat in Kommunen verschiedener GroBe und Struktur 2008 wurde der „Aktionsplan Klima und Energie" verabschiedet, der hervorhebt, dass die kommunalen Gebietskorperschaften einen „erheblichen Beitrag zum Klimaschutz und fur eine nachhaltige Energiewirtschaft leisten" (SMUL 2008:31). Der 2007 ins Leben gerufene Energiebeirat Sachsen, der detaillierte „Aktionsplan Klima und Energie" von 2008 sowie das Energie- und Klimaprogramm 2011 machen das Engagement der sachsischen Regierung im Bereich Energie und Klima deutlich. Hierin wird „die Erhohung des Anteils erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch auf ein Drittel in den nachsten zehn Jahren" (SMWA/SMUL 2011:36) angestrebt.

Die Bedeutung dieses Aktionsplans fur den Klimaschutz, durch Steigerung der Energieeffizi- enz und der Erhohung des Anteils erneuerbarer Energien am Bruttoenergieverbrauch, be- steht darin, Kommunen durch begleitende Informationsveranstaltungen im Rahmen des Kommunalen Energie-Dialogs (KEDS) zur beraten, sie mithilfe der Forderrichtlinie „Energie- effizienz und Klimaschutz - FRL EuK/2007" finanziell zu unterstutzen sowie kommunalrecht- liche Hemmnisse zu beseitigen (Kupfer 2010:4). Zur Unterstutzung bei der MaBnahmenum- setzung werden die SAENA, das SMI (Sachsisches Staatsministerium des Inneren) und das SMUL (Sachsisches Staatsministerium fur Umwelt und Landwirtschaft) hervorgehoben.

Als bedeutsam werden zudem die formalen Planungsinstrumente (Landesentwicklungsplan und Regionalplan) herausgestellt. Sie dienen den Kommunen als raumplanerische Steue- rungs- und Koordinierungshilfe. Nur in wenigen Punkten wird im derzeit rechtskraftigen und gultigen Landesentwicklungsplan auf die zunehmende Bedeutung des Klimawandels und den Umbau des Energieversorgungssystems hingewiesen. Zudem werden beide Themen- komplexe getrennt voneinander dargestellt (s. Tabelle 4).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Energieversorgung soll sicher, kostengunstig sowie umwelt- und sozialver- traglich sein. Sie soll sich auf ein breites Angebot an Energietragern stutzen.

In allen Bereichen ist es erforderlich, Energie zu sparen und die Effizienz der Energienutzung zu erhohen. Die Verstromung der sachsischen Braunkohle mit modernen Technologien soll langfristig gesichert werden. Der Anteil erneuerbarer Energien am Energieaufkommen soll weiter erhoht werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Trager der Regionalplanung sollen im Rahmen ihrer Moderations- und Koordinierungsaufgaben darauf hinwirken, dass unter Berucksichtigung der regionalen Gegebenheiten der Anteil der energetischen Nutzung insbeson- dere von Biomasse, Biogas, Solarenergie, Geothermie sowie Windenergie und von Wasserkraft am Endenergieverbrauch entsprechend dem Klima- schutzprogramm und dem Energieprogramm des Freistaats Sachsen aus- gebaut wird. Sofern dazu konzeptionelle Grundlagen vorliegen, sollen die Regionalplane Festlegungen zur raumlichen Nutzung erneuerbarer Energien beinhalten.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Neu zu errichtende Nahwarmeversorgungssysteme in verdichteten Gebie- ten sollen unter gegebenen okonomischen und okologischen Vorausset- zungen vorzugsweise auf dem Einsatz erneuerbarer Energien (insbesondere der Nutzung der Biomasse) und der Warme-Kraft-Kopplung beruhen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Der Bund hat sich zum Ziel gesetzt, 2020 einen Anteil von 35 Prozent am Bruttostromver- brauch durch erneuerbare Energien zu decken; in Sachsen lag das Ziel vor der Katastrophe von Fukushima (Marz 2011) bei gerade 24 Prozent. Inzwischen ist im oben erwahnten Ener- gie- und Klimaprogramm von einem Drittel die Rede.

Obwohl sich die sachsische Regierung in Sachen Klimaschutz- und Energiepolitik an den Zielen des Bundes und der EU orientiert, scheinen andere Bundeslander in diesem Bereich deutlich engagierter zu sein, wie der Endbericht des Bundesvergleichs erneuerbare Energien (Forschungsprojekt des Deutschen Instituts fur Wirtschaftsforschung (DIW), des Zentrums fur Sonnenenergie- und Wasserstoffforschung Baden-Wurttemberg (ZSW) und der Agentur fur erneuerbare Energien e.V.) deutlich zeigt[8].

http://www.unendlich-viel-energie.de/uploads/media/44_Renews_Spezial_Bundeslaendervergleich_EE_2010_online.pdf Zugriff am 23. Januar 2012

Hier nimmt der Freistaat Sachsen lediglich Platz 11 ein, was eine Verschlechterung von funf Platzen im Vergleich zum Jahr 2008 darstellt. Zu Punktabzug fuhrten dabei insbesondere die ungenugenden Anstrengungen zur Nutzung erneuerbarer Energien und die schlechte gesell- schaftliche Akzeptanz; die Einrichtung einer Landesenergieagentur und der Wille zum tech- nologischen Wandel wurden hingegen positiv bewertet (vgl. DIW/ZSW 2010).

Auf die Verantwortung der Kommunen in der Energiewende wird auf verschiedene Art und Weise Bezug genommen. Zum einen werden die Gemeinden in der sachsischen Verfassung (SachsV) als Trager der Selbstverwaltung definiert (Art. 82 Abs. 2 SachsV), des Weiteren wird in Art. 10 Abs. 1 SachsV auf die sparsame Nutzung von Wasser und Energie verwiesen. Zudem werden durch die sachsische Gemeindeordnung (SachsGemO) der Anschlusszwang (Art. 14 Abs. 1 SachsGemO) sowie die Moglichkeit zur Grundung von Unternehmen gere- gelt, um die wirtschaftlichen Aufgaben bewaltigen zu konnen (Art. 97 Abs. 1 SachsGemO). Aus diesen Regelungen (insbesondere der Selbstverwaltungsgarantie) geht allerdings keine eindeutige Pflicht, sondern vielmehr das Recht zur Betatigung im Energiesektor und beim Klimaschutz hervor (POttner 1990:463).

Verpflichtungen in diesem Bereich werden jedoch durch die Regionalplanung vorgegeben, welche hierbei eine wichtige „Moderationsfunktion zur Umsetzung dieser regionalplaneri- schen Festlegungen mit den relevanten Akteuren der Region" (SMUL 2008:14) ubernimmt. Nachfolgend werden die raumplanerischen Rahmenbedingungen naher erlautert.

2.2. RAUMPLANERISCHE RAHMENBEDINGUNGEN DER ENERGIEWENDE

2.2.1. RAUMPLANUNG AUF BUNDES- UND LANDESEBENE

Im Gegensatz zur Energiepolitik, die auf allen politischen Ebenen (EU, BRD, Bundeslander, Kommunen) wirksam wird, vollzieht sich die raumliche Planung maSgeblich auf vier Ebenen innerhalb Deutschlands (BRD, Bundeslander, Planungsregionen, Kommunen), da auf europa- ischer Ebene die entsprechenden Kompetenzen (noch) nicht vorhanden sind.

Abbildung 3, entnommen aus einer Studie der TU Dortmund[9], zeigt, dass im Rahmen der Energiewende der Landerebene eine besondere Rolle als Integrationsebene zwischen der Energiepolitik und der raumlichen Gesamtplanung zufallt. Ausschlaggebend fur raumplaneri­sche MaSnahmen sind in diesem Zusammenhang das Raumordnungsgesetz (ROG) auf Bundesebene, die entsprechenden Landesplanungsgesetze (z.B. SachsLPlG) fur die Landes- und Regionalplanungsebene sowie das Baugesetzbuch (BauGB) auf kommunaler Ebene.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die uberregionale Planung liegt, bis auf die ErschlieBung der AusschlieBlichen Wirtschafts- zone (AWZ) durch bspw. Offshore-Windkraftparks, in den Handen der Bundeslander. Beim Ausbau der erneuerbaren Energien kann der Bund lediglich Empfehlungen geben, an denen sich die Lander orientieren konnen, aber nicht mussen. Verbindliche Ziele der Raumordnung sind fur die Lander hingegen bindend und sind im ROG definiert.

2.2.2. ROLLE DER REGIONALPLANUNG

Im Freistaat Sachsen sind laut § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ROG Regionalplane aufzustellen. Regi­onalplane dienen den kommunalen Planungsverbanden als Bindeglied „zwischen informel- len Entwicklungsansatzen und Instrumenten der Raumordnung" (BMVBS 2011:18).

Entsprechend vorheriger Grafik betrifft dies damit auch die Energiepolitik. Da die mit der Energiepolitik verknupften Aspekte - wie geographische Randbedingungen oder die lokalen Akteurskonstellationen - verschiedene Regionsbereiche abdecken, gilt die Planungsregion als gunstiger Bezugsraum, um die verschiedenen Voraussetzungen und Interessen auf einer gemeinsamen Ebene zusammenzubringen (ebd.:18f.).

Regionalplane geben durch ihre Formulierungen und Zeichnungen hinsichtlich des Ausbaus erneuerbarer Energien einen Rahmen auf regionaler Ebene vor. Wie aus Abbildung 4 hervor- geht, gilt es bei der Verwirklichung von regionalen Energie- und Umweltzielen, die informel- len Verfahren der Regionalentwicklung und die formellen Verfahren der Regionalplanung aufeinander abzustimmen. Die Regionalplanung ubernimmt, neben ihren Pflichtaufgaben als Trager offentlicher Belange (ToB), auch die Rolle eines Initiators und Ideengebers von Pro- jekten, wie etwa Regionalen Energiekonzepten, welche instrumentell durch § 13 ROG mit der Regionalplanung verknupft sind und zumeist aus Regionalen Entwicklungskonzepten (REK) heraus erarbeitet werden. In vielen Regionen Deutschlands (z.B. Regionales Energie- konzept Nordlippe, Integriertes Regionales Energiekonzept Ostthuringen, Regionales Ener- giekonzept Westmecklenburg etc.) werden solche Konzepte zur konzeptionellen Unterstut- zung von Regionalen Planungsverbanden, Stadt-Umland-Kooperationen, Regionalmanage- ments oder Programmraumen Integrierter landlicher Entwicklung (ILE) genutzt (vgl. BBAW 2010:31, BMVBS 2011:19).

Abb. 4: Verhaltnis von Regionalem Energiekonzept und formeller Regionalplanung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: verandert nach BMVBS 2011:19

Die Erstellung Regionaler Energiekonzepte wird dabei durch die Bundeslander zeitweise finanziell unterstutzt. Sachsen ubernimmt etwa bei der Entwicklung von Energie- und Klima- schutzkonzepten bis zu 75 Prozent der Kosten. Regionale Energiekonzepte bilden damit thematisch spezialisierte Entwicklungskonzepte, die auch eigenstandig, d.h. „unabhangig von institutionalisierten Regionalentwicklungsprozessen erarbeitet werden konnen." (BMVBS 2011:19)

Vorbereitende Studien zur energiepolitischen Entwicklung in der Region bilden den Grund- stock fur solche Energiekonzepte und betrachten dabei v.a. die Bereiche Energieerzeugung, Versorgungsinfrastruktur, Energieverbrauch, Ausbaupotenziale, aber auch die lokalen Akteu- re werden hinsichtlich ihrer Kooperationsstruktur analysiert. Ein Energiekonzept bietet somit Anknupfungspunkte fur die Entwicklung eines Akteursnetzwerks.

Um die im Konzept gefassten Ziele effizient umsetzen zu konnen, ist die aktive Mitarbeit der lokalen und regionalen Akteure notwendig. Das Beispiel eines Regionalen Energiekonzeptes zeigt die Bedeutung der Regionalplanung innerhalb der Energiewende auf. In Tabelle 5 wer­den allerdings, neben den dargestellten Moglichkeiten, auch die Grenzen der formellen und informellen Planungsinstrumente der Regionalplanung deutlich.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: BBAW 2010:33

„Es gilt [...], fur jede Region, in Abhangigkeit der inhaltlichen Herausforderungen und der jeweiligen Akteurskonstellationen eine eigene Losung zu entwickeln - hier sind insbesonde- re die Fachplanungen bzw. Trager bestimmter Sektoraufgaben gefordert. Aufgrund ihrer ubersektoralen Sichtweise und ihres regionalen Bezugs ist aber gerade die Regionalplanung dafur pradestiniert, zum Promotor regionaler Klimaschutz- und Klimaanpassungskonzepte zu werden." (BBAW 2010:33)

Gerade weil die Regionalplanung in Sachsen kommunal getragen ist, verfugt sie uber eine enge Kommunikationsstruktur mit den Kommunen, in welcher sie sowohl moderierend als auch vermittelnd tatig wird, gerade im Hinblick der Einrichtung regionaler Energieagenturen. Der Regionalplan des Regionalen Planungsverbandes Region Chemnitz macht zum Klima­schutz und erneuerbaren Energien, durch Grundsatze und Ziele bspw. folgende Angaben:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die zuvor in Zusammenhang mit den Herausforderungen der kommunalen Energiewende angesprochene Moderations- und Koordinationsfunktion der Regionalplanung wird im fortzu- schreibenden sachsischen Landesentwicklungsplan (LEP 2012) von zentraler Bedeutung sein und soll auf Grundlage des regionalen Energie- und Klimakonzeptes erfolgen, welches fur die Region Chemnitz allerdings noch nicht vorliegt (Helzig 2011:34). Generell zeigen die Angaben in obiger Tabelle, dass die Regionalplanung nur wenig konkrete Vorgaben fur die Kommunen, hinsichtlich der in Zusammenhang mit der Energiewende stehenden Aufgaben (Siedlungs- und Flachenklima, energetische Nutzung von Solarenergie, Windkraft, Wasser- kraft, Biomasse oder Dezentralisierung der Energieversorgung), macht. Am konkretesten sind die Vorgaben dabei im Bereich der Windenergienutzung. Mit Inkrafttreten des fortge- schriebenen Landesentwicklungsplans (LEP 2012) mussen auch die Regionalplane fortge- schrieben werden. Da der neue LEP 2012 voraussichtlich konkretere Angaben zur Energie­wende enthalten wird, ist dies auch fur die zukunftigen Regionalplane zu erwarten.

2.3. KOMMUNEN ALS WEGBEREITER DER ENERGIEWENDE

Im Rahmen der Energiewende nehmen die Kommunen je nach Handlungsschwerpunkt (Energie, Verkehr, Stadtplanung/Stadtentwicklung, Abfall- und Abwasserwirtschaft, Beschaf- fungswesen) verschiedene Rollen wahr, wodurch sie sowohl auf die eigene Verwaltung als auch auf weitere Akteure Einfluss ausuben (s. Tabelle 7). Nach Kern et al. (2005) erfullen sie dabei Rollen als Verbraucher & Vorbild, Planer & Regulierer, Versorger & Anbieter und Bera- ter & Promoter. Durch die Bewirtschaftung kommunaler Liegenschaften oder die Beschaf- fung von Dienstfahrzeugen treten Kommunen als Verbraucher & Vorbild in Erscheinung.

Da gerade in kleinen Kommunen kommunale Einrichtungen meist die groBten Energiever- braucher sind, konnen hier zielgerichtete MaBnahmen ergriffen werden, um durch das eige­ne Handeln andere Akteure von den (finanziellen) Vorteilen, welche aufgrund von Energie- einsparungsmaBnahmen zu erwarten sind, zu uberzeugen (Kern et al. 2005:11ff.).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Uber die Bauleitplanung nimmt sie durch Gebote und Verbote in der kommunalen Planung Einfluss als Planer & Regulierer und veranlasst dadurch auch andere kommunale Akteure zu einer Planung, die der Energiewende zutraglich sind (vgl. Portz 2009:111). Als Energiever- sorger (Inhaber der Stadtwerke bzw. der Netzinfrastruktur), Anbieter des Offentlichen Per- sonennahverkehrs (OPNV) oder beim Wohnungsbau macht sie ihren Einfluss uber die Ge- staltung entsprechender Angebote als Versorger & Anbieter geltend. Eine vierte Rolle uber- nehmen die Kommunen als Berater & Promoter, indem sie bspw. eigene Forderanreize schaffen, um die Wertschopfung vor Ort und Motivation der Burger zum „mitmachen" zu steigern. Dafur kann die Einrichtung einer Energieberatungsstelle ein hilfreiches Instrument sein (Kern et al. 2005:11 ff.). Mithilfe dieser Rollen nehmen die Kommunen aktiv Einfluss auf die Energiewende. Auf allen verwaltungstechnischen Ebenen ist die Energiewende dabei als kontinuierlicher Prozess zu betrachten. Gerade aber auf kommunaler und regionaler Ebene sind engagierte Personen gefragt, die Projekte voranbringen.

Nach Mixdorf & Zschau (2008:66) sind im Rahmen des regionalen Energiewendeprozesses sechs Ebenen von Bedeutung. Dabei sind die Schritte keineswegs als starres Konstrukt zu verstehen, sondern bauen aufeinander auf und gehen somit kontinuierlich ineinander uber. Die ersten beiden Ebenen betreffen insbesondere die regionale Ebene. Als erster Schritt ist die Sensibilisierung und Aufkiarung der betroffenen Bevolkerung und relevanter Akteure notwendig, um die notwendige Unterstutzung fur den Prozess sicherstellen zu konnen. Hierbei ist es insbesondere wichtig, diese Aufklarungs- und Informationsarbeit durch geeig- nete Mittel durchzufuhren, um Desinformation oder die Verbreitung von „Halbwissen" zu vermeiden. Die nachfolgenden Schritte dienen der Analyse der Bedingungen vor Ort (Res- sourcenpotenziale, Erzeugungs- & Verbrauchsstruktur, Ansprechen relevanter Akteure).

Waren diese MaBnahmen erfolgreich und wurde ein gemeinschaftlicher Konsens vereinbart, ist es hilfreich, eine formaie Zieivereinbarung (Leitbild) in der Kommune oder zwischen meh- reren Kommunen zu entwerfen und zu verabschieden. Die Formalitat dient dabei einerseits der Motivation der beteiligten Akteure und der Verbesserung ihrer Handlungsfahigkeit, ande- rerseits aber auch einer erhohten Messbarkeit des Erreichungsgrads. Dabei ist anzumerken, dass die Zielvereinbarung zwar formalen Charakter besitzt, damit aber keineswegs Verbind- lichkeiten aufzeigt. Die Umsetzung bleibt eine freiwillige Aufgabe.

Erst die Anwendung bestimmter Umsetzungsinstrumente, wie etwa des European Energy Award® (s. Kapitel 3.2.I.3.), bringt fur die Kommunen Verbindlichkeiten mit sich. Nach der Verabschiedung einer kommunalen bzw. regionalen Zielvereinbarung ist es notwendig, eine von Nachhaltigkeit (okologisch, sozial und okonomisch) gepragte Umsetzungsstrategie zu entwerfen, durch die geplante MaBnahmen und Projekte definiert werden. Die anschlieBen- de Reaiisierung und Umsetzung von Projekten und MaBnahmen sollte v.a. der lokalen Wert­schopfung zugutekommen, d.h. es sollte darauf geachtet werden, dass einheimische Be- triebe an der Umsetzung bevorzugt beteiligt werden. Dies kann dann auch dazu beitragen, dass hieraus ggf. neue Projekte generiert werden und sich der Prozess eigendynamisch wei- terentwickelt. Nicht zu vergessen ist die Monitoring-Ebene. Umgesetzte Projekte und MaB­nahmen sollten regelmaBig auf ihren Erfolg hin uberpruft werden, um auf Probleme auf- merksam zu machen, daraus zu lernen und bei Bedarf nachzubessern.

3. UMSETZUNGSINSTRUMENTE DER KOMMUNALEN ENERGIEWENDE

Kommunen konnen durch formelle und informelle Planungsinstrumente Einfluss auf die Entwicklung und Gestaltung von Siedlungsraumen nehmen (s. Tabelle 8). Formelle Instru- mente der Raumplanung basieren auf rechtlichen Grundlagen und sind damit fur die Kom- munen bindend.

Zum rechtlichen Hintergrund zahlt etwa die Beteiligung von Burgern oder Tragern offentli- cher Belange. Informelle Instrumente hingegen basieren auf Kooperation mit anderen Akteu- ren und haben keine Rechtsgrundlage. Sie sind damit fur die Kommunen lediglich selbstbin- dend. Daher gewinnen informelle Instrumente zunehmend an Bedeutung. Aufgrund der Ko­operation mit Partnern vor Ort, sind die Meinungsbildungsprozesse konsensorientiert (BBAW 2010:7 ff.).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: verandert nach http://planung-tu-berlin.de/Profil/Formelle_und_Informelle_Planungen.htm,Zugriff am 22. Dezember 2011

Informelle Instrumente funktionieren somit nicht nach dem top-down-Prinzip wie formelle Instrumente, sondern nach dem bottom-up-Prinzip[10]. Da sie auf keiner Rechtsgrundlage be- ruhen, unterscheidet sich auch ihre Finanzierung von der, formeller Instrumente. Fur die Anwendung informeller Instrumente stehen Forderprogramme zur Verfugung, welche durch Kommunen oder sonstige beteiligte Akteure in Anspruch genommen werden konnen.

Die Prioritat bei informellen Instrumenten liegt in der Handlungs- und Umsetzungsorientie- rung (vgl. Krappweis 2008:o.S.). Durch die Energiewende stehen die Kommunen vor neuen Herausforderungen, die bspw. mithilfe der nachfolgenden Umsetzungsinstrumente ange- gangen werden konnen (s. Tabelle 9).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Da die mit der Energiewende verbundenen kommunalen Aufgaben auf freiwilliger Basis be- ruhen, ist es den Kommunen selbst uberlassen, ob sie entsprechende Programme in An­spruch nehmen bzw. wie sie die selbst gesteckten Ziele erreichen. Bei diesen Aufgaben „sind eine Vielzahl von Aspekten modular zu bearbeiten und zu einer Gesamtstrategie zu verknupfen. [...] Musterlosungen kann es nicht geben - zu unterschiedlich sind die ortlichen Gegebenheiten. So kann es in einer Kommune zudem bei den Zielaussagen zu einzelnen Modulen zu Konflikten mit den Zielaussagen anderer Module kommen. Es gilt einen Kon- sens zwischen miteinander konkurrierenden Nutzungsanspruchen herzustellen. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, ist die Anwendung sowohl formeller als auch informeller Pla- nungsinstrumente notwendig. Insbesondere die Partizipation aller Bevolkerungsgruppen und lokaler Akteure sowie die enge Abstimmung mit anderen Kommunen im regionalen Kontext sind fur den Erfolg entscheidend." (Schindelmann 2010:11) Die nachfolgend erlauterten Umsetzungsinstrumente konnen in verschiedenen Phasen angewandt werden (s. Abb. 5).

Quelle: verandert nach Helzig 2011:50

Je nach Umsetzungsstand der Energiestrategie kann es sinnvoll sein, Instrumente nachei- nander oder nebeneinander auszufuhren (vgl. Helzig 2011:50, IZT 2007:25). Zur Grundlagen- und Bestandserfassung dienen die Kommunale Initialberatung und Potenzialanalysen sowie aus diesen resultierende Absichtserklarungen in Form von Klimaschutz- oder Energiekonzep- ten. Zur kontinuierlichen Umsetzung von MaBnahmen bieten sich das Kommunale Energie- management (KEM) und der European Energy Award® (eea) an.

Der eea ist ein Instrument v.a. fur Kommunen, die sich im Rahmen der Energiewende be- reits konkrete zeitliche und maBnahmenorientiert Ziele gesetzt haben. Instrumente der Bau- leitplanung konnen bspw. durch MaBnahmen zur Anwendung gebracht werden, welche et- wa durch die Umsetzung eines Klimaschutz- oder Energiekonzeptes ausgelost wurden.

Daher sind sie zeitlich nicht in eine bestimmte Phase einzuordnen. Welche(s) Instrument(e) zur Anwendung kommt, ist zum einen abhangig vom Willen der Kommune, sich im Bereich der Energieeffizienz und bei der Nutzung erneuerbarer Energien zu engagieren, zum anderen von den finanziellen, personellen und zeitlichen Rahmenbedingungen.

[...]


[1] Als „Super-GAU“ [GAU = größter anzunehmende Unfall] wird „ein nicht beherrschtes, auslegungsüberschreitendes Ereignis definiert, das mit zusätzlichen pessimistischen Annahmen zu einer großen Freisetzung radioaktiver Stoffe führt.“ (SCHWARZ, D.: 3.3 Moderne Kernspaltungskraftwerke. In: REBHAN, E. (Hrsg.) (2002): Energiehandbuch. Gewinnung, Wandlung und Nutzung von Energie. Berlin, Heidelberg. S. 260.)

[2] vgl. KRAUSE, F./ H. BOSSEL/K.-F. MÜLLER-REISSMANN (1980): Energiewende-Wachstum und Wohlstand ohne Erdöl und Uran. Frankfurt.

[3] vgl. http://www.kommunal-erneuerbar.de/, http://www.100-ee.de/, http://www.100-ee-kongress.de/, http://www.keds-online.de/, http://www.energieportal-sachsen.de etc.

[4] Beispielhaft seien genannt: GUST, D. (Hrsg.) (2007): Wandel der Stromversorgung und räumliche Politik. ARL Band 227. Hannover. UBA (Hrsg.) (2011): Statusbericht zur Umsetzung des Integrierten Energie- und Klimaschutzprogramms der Bundesregierung. http://www.umweltdaten.de/publikationen/fpdf-l/3971.pdf (Stand: 2011-04-14) (Zugriff: 2011-11-01) WBGU (Hrsg.) (2011): Hauptgutachten - Welt im Wandel - Gesellschaftsvertrag für eine Große Transformation. Berlin. WBGU (Hrsg.) (2003): Welt im Wandel - Energiewende zur Nachhaltigkeit. Berlin.

[5] Beide Begriffe werden in der öffentlichen Diskussion entweder getrennt voneinander oder synonym definiert. Während in Sachsen vorrangig der Begriff Energieautarkie, infolge der Definition durch die SAENA, verwendet wird, definiert SCHEER (2005) Energieautonomie als Zustand, der über die wirtschaftliche Perspektive hinausgeht, indem er auch den Umbau der Energieversorgungsstruktur vorschlägt.

[6] Hierbei soll insbesondere die Stromerzeugung durch erneuerbare Energien in den jeweiligen Kommunen betrachtet und evaluiert werden, um ggf. einen Einfluss der Energieleitstelle ableiten zu können.

[7] Konsolidierte Fassungen des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags über die Arbeitsweisen der Europäischen Union, Amtsblatt der Europäischen Union, 2010/C 83/01, 30.3.2010, S. 134f.

[8] Konsolidierte Fassungen des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags über die Arbeitsweisen der Europäischen Union, Amtsblatt der Europäischen Union, 2010/C 83/01, 30.3.2010, S. 134f.

[9] http://www.bbsr.bund.de/cln_032/nn_21918/BBSR/DE/FP/MORO/Studien/EinbindungEnergiekonzepte/01__Start.html Zugriff am 13. März 2012

[10] top-down und bottom-up sind gebräuchliche Formulierungen im Rahmen von Beteiligungsverfahren an Planungsprozessen. bottom-up-Prozesse setzen dabei immer auf der niedrigsten Stufe (z.B. Bürger) an, top-down-P. umgekehrt.

Ende der Leseprobe aus 150 Seiten

Details

Titel
Steuerungsmöglichkeiten der kommunalen Energiewende durch Energieleitstellen: Untersuchung anhand der Energieregion-Erzgebirge
Hochschule
Technische Universität Dresden  (Lehrstuhl für Raumentwicklung)
Note
1,3
Autor
Jahr
2012
Seiten
150
Katalognummer
V195659
ISBN (eBook)
9783656215219
ISBN (Buch)
9783656217800
Dateigröße
9654 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Energieregion-Erzgebirge, Energieregion, Erzgebirge, Bernhard Müller, IÖR, Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung, Energiewende, kommunale Energiewende, Energieleitstelle, Energieleitstellen, Energieagentur, Regionale Energieagentur, Umsetzungsinstrumente, erneuerbare Energien, Windenergie, Photovoltaik, Biomasse, On-Shore, Off-Shore, Atomenergie, Atomzeitalter, Zeitalter, Energie, Zukunft, Nachhaltig, Nachhaltigkeit, Natur, Umwelt
Arbeit zitieren
M.Sc. David Zuk (Autor:in), 2012, Steuerungsmöglichkeiten der kommunalen Energiewende durch Energieleitstellen: Untersuchung anhand der Energieregion-Erzgebirge, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/195659

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