In Diskussionskontexten, in denen Minderheiten thematisiert werden, ist ein objektiver und sensibler Umgang mit den Inhalten notwendig, um nicht diskriminierend oder wertend zu wirken. Diese Maxime der Neutralität zeigt sich besonders in Zeitungstexten, in denen es vermieden werden soll, mit dem Gebrauch bestimmter Ausdrücke, die bedeutungsassoziativ nicht neutral sind, eine Position zu beziehen. Jene Intention setzt einen Prozess der steten Umdeutung bestehender Wörter oder einer Substitution derer durch neue Ausdrücke in Gang.
Dies liegt darin begründet, dass die Bemühung, politisch korrekte Bezeichnungen zu finden, immer nur von kurzzeitigem Erfolg ist. Politische Korrektheit ist immer an einen spezifischen Sprachgebrauch gebunden, welcher somit in einen gesellschaftlichen Gesamtzusammenhang eingebettet wird. Ist dieser Gesamtzusammenhang aber durch Diskriminierung gekennzeichnet, so scheint es, färbt der negative soziale Kontext auf die Wortbedeutung ab und sie wird pejorativ modifiziert.
Dabei wird die denotative Bedeutung eines Wortes so weit von der konnotativen Bedeutungskomponente überlagert, dass ein wertneutraler Gebrauch jener Wortform nicht mehr möglich ist, da sich wertende Implikaturen etabliert haben, die von der Sprachgemeinschaft verinnerlicht worden sind. Jenes Phänomen lässt sich auch im aktuellen Migrationsdiskurs beobachten. Darin zeigte sich, dass die ursprünglich wertneutrale Wortform ‚Ausländer’ mit dem Denotat [+ Mensch]; [- Inland] vom negativen Konnotat überlagert wurde und sich die pejorative oder abwertende Bedeutung scheinbar durchgesetzt hat.
Die folgende Untersuchung widmet sich der Frage, ob dieser Prozess des pejorativen Bedeutungswandels tatsächlich eingetreten ist. Zur Beantwortung dieser Frage sollen basierend auf dem Korpus ‚deutsche Tageszeitungen’ Zeitungstexte auf das Vorkommen des Wortes ‚Ausländer’, sowohl in einer quantitativen als auch qualitativen Analyse, untersucht werden. Inwiefern dies umgesetzt wird und welche konkreten methodischen Schritte hierfür gewählt wurden, soll im Folgenden erläutert werden.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Methodik.
2.1 Hypothese und Zielstellung
2.2 Vorüberlegungen
2.3 Korpuserstellung und Anfragesystematik
3. Ergebnisse der quantitativen Korpusanalyse
4. Qualitative Korpusanalyse
5. Zusammenfassung und Forschungsausblick
6. Anhang.
1. Einleitung
In Diskussionskontexten, in denen Minderheiten thematisiert werden, ist ein objektiver und sensibler Umgang mit den Inhalten notwendig, um nicht diskriminierend oder wertend zu wirken. Diese Maxime der Neutralität zeigt sich besonders in Zeitungstexten, in denen es vermieden werden soll, mit dem Gebrauch bestimmter Ausdrücke, die bedeutungsassoziativ nicht neutral sind, eine Position zu beziehen. Jene Intention setzt einen Prozess der steten Umdeutung bestehender Wörter oder einer Substitution derer durch neue Ausdrücke in Gang. Dies liegt darin begründet, dass die Bemühung, politisch korrekte Bezeichnungen zu finden, immer nur von kurzzeitigem Erfolg ist.
Politische Korrektheit ist immer an einen spezifischen Sprachgebrauch gebunden, welcher somit in einen gesellschaftlichen Gesamtzusammenhang eingebettet wird. Ist dieser Gesamtzusammenhang aber durch Diskriminierung gekennzeichnet, so scheint es, färbt der negative soziale Kontext auf die Wortbedeutung ab und sie wird pejorativ modifiziert.
Dabei wird die denotative Bedeutung eines Wortes so weit von der konnotativen Bedeutungskomponente überlagert, dass ein wertneutraler Gebrauch jener Wortform nicht mehr möglich ist, da sich wertende Implikaturen etabliert haben, die von der Sprachgemeinschaft verinnerlicht worden sind. Jenes Phänomen lässt sich auch im aktuellen Migrationsdiskurs beobachten. Darin zeigte sich, dass die ursprünglich wertneutrale Wortform ‚Ausländer’ mit dem Denotat [+ Mensch]; [- Inland] vom negativen Konnotat überlagert wurde und sich die pejorative oder abwertende Bedeutung scheinbar durchgesetzt hat.
Die folgende Untersuchung widmet sich der Frage, ob dieser Prozess des pejorativen Bedeutungswandels tatsächlich eingetreten ist. Zur Beantwortung dieser Frage sollen basierend auf dem Korpus ‚deutsche Tageszeitungen’ Zeitungstexte auf das Vorkommen des Wortes ‚Ausländer’, sowohl in einer quantitativen als auch qualitativen Analyse, untersucht werden. Inwiefern dies umgesetzt wird und welche konkreten methodischen Schritte hierfür gewählt wurden, soll im Folgenden erläutert werden.
2. Methodik
2.1 Hypothese und Zielstellung
Das Ziel der Untersuchung ist es, innerhalb der objektiven Berichterstattung, d.h. in Zeitungsartikeln, die den Anspruch haben, neutral zu sein, zu prüfen, ob der Prozess des pejorativen Bedeutungswandels eingetreten ist. Dabei wird angenommen, dass ein Bedeutungswandel im Gebrauch des Ausdrucks erkennbar wird und die Vermeidung des Wortes Evidenzen für eine abwertende Bedeutung liefern kann. Daher lautet die zu untersuchende Hypothese:
„Das Wort ‚Ausländer‘ unterliegt einem pejorativen Bedeutungswandel und wird daher speziell in objektiven Berichterstattungen durch neutral wirkende Synonyme, wie ‚Zuwanderer‘ oder ‚Migrant‘ substituiert.“
Um diese Hypothese zu untersuchen, lassen sich folgende Fragen stellen:
a) Lässt sich das beschriebene Phänomen in Zeitungstexten als Medium der objektiven Berichterstattung beobachten?
b) Lassen sich quantitative Unterschiede in der Verwendung des Wortes im Gegensatz zu Synonymen feststellen?
c) Nimmt die Zahl des Ausdrucks ‚Ausländer‘ im Vergleich zu den Begriffen ‚Migrant‘ oder ‚Zuwanderer‘ ab?
d) Welche Kollokatoren tauchen in Verbindung auf? Geben diese Indizien auf pejorative Tendenzen?
e) Worin bestehen Evidenzen für einen allgemeinen Konsens der pejorativen Wortbedeutung?
Die Beantwortung dieser Fragen bildet gleichzeitig den methodischen Rahmen der Untersuchung. Im folgenden Abschnitt werden die Teilschritte zur Beantwortung der Fragen und die notwendige Vorgehensweise erläutert.
2.2 Vorüberlegungen
Da im Zentrum der Untersuchung wertneutrale Texte stehen sollten, benötigt man ein möglichst großes und umfassendes Korpus zur Beantwortung der Forschungsfrage. Um die Frage beantwortbar zu machen, wurde der Fokus bewusst auf einen Aspekt der Sprachverwendung, nämlich der neutralen Berichterstattung in Zeitungstexten gelegt. Zum einen ermöglicht dies die Spezialisierung auf einen Teilbereich der Sprache, an dem nachvollziehbare Aussagen getroffen werden können und zum anderen wird damit der Forschungsbereich für die Methode der korpuslinguistischen Beschäftigung festgelegt.
Ein äußerst ergiebiges und leistungsstarkes Korpus konnte in COSMAS II vom Institut für Deutsche Sprache gefunden werden. Es ist nicht nur frei in seiner Verwendung, sondern auch ohne Installation von Plugins von jedem mit dem Internet verbundenen Rechner der Welt in seiner WWW-Applikation nutzbar. Durch die Größe des Korpus ist es möglich, quantifizierbare Aussagen zu treffen und somit Tendenzen in der Sprachbenutzung, wie in der anfangs gestellten Hypothese aufzuzeigen.
2.3 Korpuserstellung und Anfragesystematik
Die Fragen, die sich aus der Annahme pejorativer Bedeutungstendenzen ableiten, werden vor allem in quantitativen Arbeitsschritten an das Korpus gestellt werden. Die Datengrundlage bildet dabei das Textkorpus „Tageszeitung“ (COSMAS II), welches analysiert wird. Es wird im speziellen die Suchanfrage '&Ausländer' bzw. '&Ausländerin' für das feminine Nomen gestellt. Die daraus erhaltenen Ergebnisse werden wiederum gefiltert, sodass nur der Zeitraum von 1970-2010 betrachtet wird.
Der erste Schritt für die Untersuchung und zur Beantwortung der Frage a) ist die Korpusdefinition. Speziell für die Fragestellung wird hierbei ein Korpus „Zeitschriften_dt.“ aus den bereits existenten Korpora aus dem W-Archiv der geschrieben Sprache in COSMAS II zusammengestellt. Dabei beschränken wir uns nur auf die deutschen Zeitungen, da wir uns lediglich auf einen geografischen und sozialen Raum mit bestimmten kulturellen Eigenheiten beziehen.
An die Zusammenstellung des Untersuchungsmaterials schließt sich zur Beantwortung der Fragen b) und c) die quantitative Analyse des Korpus an. Als Vergleichsmaßstab für die Betrachtung wird dabei die Verwendung der Ausdrücke ‚Migrant’, und ‚Zuwanderer’ herangezogen, um Präferenzen bei der Wortwahl erkennen zu können und daraus Rückschlüsse auf das politische Sprachverhalten als Reaktion auf den Wandel des Wort- Bedeutungs-Verhältnisses ziehen zu können und die vermutete Hypothese zu untermauern. Methodisch werden hierbei die Anfragen ‚AusländerInnen‘ ‚MigrantInnen‘ und ‚Zuwanderer‘ an das benutzerdefinierte Korpus ‚deutsche Tageszeitungen’ gestellt und eine Auszählung der Häufigkeiten vorgenommen. Am Anschluss daran werden die Ergebnisse zu den einzelnen Ausdrücken in Form von Diagrammen und tabellarischer Gegenüberstellungen verglichen. Zu beachten ist dabei, dass Wortformen, die nicht der Suchanfrage entsprechen, ausgeklammert werden müssen. Beispielsweise ergibt die Anfrage „&Ausländer“ die für die Untersuchung redundanten Wortformen ‚ausländern‘ oder ‚AUSLÄNDER‘. Diese werden nicht einbezogen. Ähnlich verhält es sich bei vermeintlichen Genitivformen wie ‚Migrants‘, die ebenso zu vernachlässigen sind, da es sich hier um englische Wortformen handelt.
Problematisch ist weiterhin, im Hinblick auf den Untersuchungszeitraum, dass eine mangelnde digitale Erfassung der Texte aus den Jahren 1970- 90 anzunehmen ist. Daher wird für den Vergleich der Ausdrücke ein kurzer und digital repräsentativer Zeitraum (1990-2010) gewählt. Die Ergebnisse werden im folgenden Teil dargestellt.
3. Ergebnisse der quantitativen Korpusanalyse
Um die Beschränkung auf den Zeitraum von 1990-2010 zu legitimieren, soll an dieser Stelle auf die Ergebnisse aus der Anfrage zum Begriff ‚Ausländer’* und seiner Deklinationsformen gezeigt werden. Diese lieferte folgende Daten:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Ergebnisse der Anfrage ‚&Ausländer’ und ‚&Ausländerinnen’
Es ergibt sich, wie bereits erwähnt, die Konsequenz einen bestimmten zeitlichen Bereich auf Grund seiner mangelnden Aussagekraft auszuklammern und daher nur einen Abschnitt zu betrachten, der nutzbare und miteinander vergleichbare Werte produziert. Dieser beschränkt sich auf den Abschnitt 1990-2009. Im Folgenden sollen daher die Vergleichsausdrücke in einer Tabelle gegenüber dem Referenzbegriff dargestellt und interpretiert werden. Die Beantwortung der Teilfragen zur Beantwortung der Hypothese schließt sich daran an.
[...]
* Der Begriff ‚Ausländerin’ und ‚Ausländerinnen’ tauch in der Anfrage erst ab 1980 wieder auf, in den Jahrzehnten 1960-1979 finden sich auf die Abfrage hin keine Treffer.
- Arbeit zitieren
- Christian Luther (Autor:in), Julia Kothe (Autor:in), 2011, Der semantische Wandel des Ausdrucks 'Ausländer' im Migrationsdiskurs, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/195725
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