Die Berufung des Levi und das Zöllnermahl, Mk 2,13-17


Seminararbeit, 2001

25 Seiten, Note: 1,75


Leseprobe


Inhaltsangabe

1. Textanalyse
1.1 Literarkritik
1.1.1 Äußere Abgrenzung
1.1.2 Kontextanalyse
1.1.3 Einheitlichkeit
1.2 Quellenkritik
1.2.1 Übereinstimmungen zwischen Markus 2,13-17 – Matthäus 9,9-13
1.2.1.1 Diskussion der Übereinstimmungen von Mk 2,14 – Mt 9,9
1.2.1.2 Diskussion der Übereinstimmungen von Mk 2,15 – Mt 9,10
1.2.1.3 Diskussion der Übereinstimmungen von Mk 2,16 – Mt 9,11
1.2.1.4 Diskussion der Übereinstimmungen von Mk 2,17a – Mt 9,12
1.2.1.5 Diskussion der Übereinstimmungen von Mk 2,17b – Mt 9,13
1.2.2 Unterschiede zwischen Markus 2,13-17 – Matthäus 9,9-13
1.2.2.2 Diskussion von Mk 2,13
1.2.2.3 Diskussion der Unterschiede von Mk 2,14 – Mt 9,9
1.2.2.4 Diskussion der Unterschiede von Mk 2,15 – Mt 9,10
1.2.2.5 Diskussion der Unterschiede von Mk 2,16 – Mt 9,11
1.2.2.6 Diskussion der Unterschiede von Mk 2,17a – Mt 9,12
1.2.2.7 Diskussion der Unterschiede von Mk 2,17b – Mt 9,13
1.3 Formgeschichte
1.3.1 Nachweis der Gattung
1.3.2 Bestimmung des Sitzes im Leben

2. Einzelauslegung des Mk-Textes

3. Redaktionskritik
3.1 Auswahl
3.2 Anordnung
3.3 Rahmung
3.4 Abwandlung

4. Literaturverzeichnis

1. Textanalyse

1.1 Literarkritik

Im Rahmen der Literarkritik möchte diese Arbeit die literarische Struktur und Eigenart der Perikope Mk 2,13-17 erhellen.

1.1.1 Äußere Abgrenzung

Mk 2,13-17 kann als einheitliche Erzählung angesehen werden, denn wenn man die Perikope genauer betrachtet, so erkennt man, daß die einzelnen Stücke der Perikope nicht unabhängig voneinander konzipiert wurden. Vers 13 ist die Voraussetzung für Vers 14: Die Berufung des Levi (Vers 14) erfolgt, als Jesus auf dem Weg von Kafarnaum zum Meer Levi trifft. Auch Vers 13b hat Bedeutung. Der Erzähler verdeutlicht dem Leser die Aufgabe und Bedeutung Jesu, der unter großem Zulauf das gesamte Volk lehrte. Jesus öffentliche Verkündigung ist für die Berufung des Levi notwendig: Levi weiß, von wem er berufen wird und wohin diese Berufung führt. Eine Verbindung von Vers 14 mit den Versen 15-17 wird auch durch die Gemeinschaft mit Sündern hergestellt. Diese Verbindung ist besonders eng, wenn man davon ausgeht, daß das Mahl in Levis Haus stattfand. Das abschließende Logion (Vers 17b) verbindet ebenfalls die Berufungsgeschichte mit dem Streitgespräch: während 17b formkritisch nur zu der Mahlszene gehört, nimmt es mit dem „gekommen ... zu rufen“ sachlich auf die Berufungsgeschichte Bezug.[1]

Diesen Beobachtungen, die für eine einheitliche Komposition des Werkes sprechen, stehen andere gegenüber. Nach einer Einleitungsbemerkung in Vers 13, die von Jesu Wanderung am Ufer des Galiläischen Meeres und der Belehrung der Volksmenge berichtet, folgen zwei unterschiedliche Begebenheiten: die Berufung des Levi und das Zöllnermahl. Die Berufung erfolgt, als Jesus auf dem Weg von Kafarnaum zum Meer bzw. am Meer entlang Levi an einer Zollstätte sitzen sieht. Die Berufung des Levi ist ihrem Inhalt nach ein selbständiges Stück der Überlieferung. Dies wird durch die Formbestimmung bestätigt. Es handelt sich um ein Paradigma, näherhin um eine Berufungsgeschichte, die kurz und knapp berichtet wird und in Kurzform die gleichen Formelemente aufweist wie die Berufungsgeschichte der vier Fischer in Mk 1, 16-20.[2] Mk 2,15-17 hingegen handelt es sich um ein Streitgesprächen.

Die Berufung des Levi muß auch nicht an dieser Stelle berichtet werden. Die Reihenfolge der thematischen Einzelszenen folgt nicht immer einem stringent nachvollziehbaren Gedankengut, da die Berufung des Levi beispielsweise auch ebensogut auf die Perikope über die Fastenfrage (Mk 2, 18-22) folgen könnte.[3]

Die stereotype Übergangsformel in Vers 15 Und es geschieht gibt der Erzählung gleichfalls eine neue Wendung[4] und bekräftigt die These, daß keine innere Zusammengehörigkeit des Textes besteht. Daraus ist zu schließen, daß Markus die Berufung des Levi und die Mahlszene als zwei selbständige Traditionen verband. Somit wird auch begreiflich, daß die Bestimmung des Hauses nicht näher definiert wird.[5]

Von der Zollstätte wechselt die Szene in Vers 15 in sein Haus, wo Jesus mit Zöllnern und Sündern Mahl hält. Vers 15 – 17 setzt neu ein, da Levi nicht mehr bei Namen genannt wird und ein Ortswechsel stattfand. In wessen Haus das Tischgelage stattfindet wird nicht deutlich. Nicht völlig auszuschließen ist jedoch ein vorgegebener erzählerischer Zusammenhang, der in dem auf den Levinnamen zurückweisenden Personalpronomen „sein“ Haus gegeben ist. Der Text läßt jedoch auch die Auslegung zu, daß Jesus in seinem eigenem Hause zu Tisch sitzt.[6] Dies kann auch dadurch bestätigt werden, daß Jesus die Antwort auf die Frage der Schriftgelehrten gibt und somit Rechte und Pflichten eines Hausvaters übernimmt.

Die Schriftgelehrten tauchen in Vers 16 plötzlich auf, ohne daß diese besonders eingeführt worden wären. Ob sie am Mahl teilnahmen oder lediglich Zuschauer diese Mahls waren, geht aus der Perikope nicht hervor. Es geht ausschließlich um ihren Einspruch gegen das skandalöse Verhalten Jesu. Ihnen antwortet Jesu mit einer abschließenden Stellungnahme, die aus zwei Logien (Doppellogion) besteht: einmal bedient er sich einer sprichwortartigen Sentenz (Vers 17a), das anderemal erteilt er ein persönliches Urteil über seine Sendung (Vers 17b). Der „Ich bin gekommen“-Spruch weist zudem eigene Gattungsmerkmale auf. Jesus rechtfertigt sein Handeln mit einem Hinweis auf seine Sendung. Die zwei formal parallel gebauten Sprüche stehen somit zueinander in Spannung und lassen vermuten, daß es sich um einen überlieferungsgeschichtlichen Entwicklungsprozeß handelt.[7]

1.1.2 Kontextanalyse

Mk 2,13 f steht im ersten Hauptteil des Markusevangeliums, der von Jesu öffentlichen Wirken erzählt (1,1-8,26). Der zweite Unterabschnitt dieses Hauptteils (1,9-6,6a) berichtet von der ersten Periode dieses Wirkens in Galiläa. In ihm findet sich ein Zyklus von Streitgesprächen (2,1-3,6).[8] Diese Konflikte mit Repräsentanten des Judentums setzen sich mit der Vollmacht des Gottgesandten und dem Widerspruch der sich formierenden Gegner auseinander.[9]

Die vorliegende Perikope bildet das erste Stück von drei Streit- bzw. Lehrgesprächen. Sie ist durch das Thema „Sünde“ zugleich eng mit der vorangehenden Erzählung 2,1-12 verbunden.[10] Im Anschluß an dies Perikope folgt ein Streitgespräch mit einem zentralen Ausspruch Jesu (Apophthegma), nämlich von den Hochzeitsgästen, die nicht trauern.[11]

Im dramatischen Aufbau des Evangeliums wächst sowohl die Schar der Jünger als auch der Widerstand der Gegner.[12]

1.1.3 Einheitlichkeit

Mk stellt die Berufung des Levi und das Zöllnermahl als eine Einheit dar. Dadurch bedingt ist die ursprünglich selbständige Berufungsgeschichte zur Einleitung für das nachfolgende Streitgespräch geworden, indem der Schwerpunkt eindeutig auf dem Wort Jesu (Vers 17) liegt. Aus den beiden ursprünglich eigenständigen Erzählungen ist somit ein Paradigma geworden.[13]

1.2 Quellenkritik

Die Quellenkritik soll die literarische Abhängigkeit des Textes klären. Die Mk-Fassung soll mit der entsprechenden Parallele im Matthäus-Evangelium (Mt 9,9-13) verglichen werden. Anschließend werden die Übereinstimmungen und Unterschiede diskutiert.

1.2.1 Übereinstimmungen zwischen Markus 2,13-17 – Matthäus 9,9-13

Bei dem Vergleich des Mt-Textes (Mt 9,9-13) mit dem Mk-Text soll zunächst auf die Übereinstimmungen eingegangen werden, weil diese erkennen lassen, ob zwischen Markus und Lukas ein literarisches Abhängigkeitsverhältnis besteht.

Tab. 1: Übereinstimmungen zwischen Markus und Matthäus

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Anhand dieses Vergleiches der Übereinstimmungen läßt sich erkennen, daß gemeinsame Traditionen vorliegen. Eine literarische Abhängigkeit könnte bestehen und soll anhand der folgend geführten Diskussion und der Herausarbeitung der Unterschiede überprüft werden.

1.2.1.1 Diskussion der Übereinstimmungen von Mk 2,14 – Mt 9,9

Die Übereinstimmung von Und weitergehend und sah haben keine schwerwiegende Bedeutung. Von größerer Bedeutung ist die gemeinsame Wendung sitzend bei der Zollsstelle. Das diese Partizipalkonsstrukion anstatt eines Relativsatzes durch eine mündliche Tradition begründet ist, ist sehr zweifelhaft. Auch die Wahl des Wortes t e l w n i o n[14] (Zollgebäude) ist sehr auffällig, da dieses nur an diesen Stellen und im Parallelbericht Lk 5,27 im Neuen Testament vorkommt.

Der wörtlich übereinstimmende Bericht über den Ruf Jesu und die Reaktion des Levi bzw. Matthäus zwingt einen nahezu zu der Annahme, daß ein literarisches Abhängigkeitsverhältnis besteht. Dabei hat weniger die Feststellung für den Ruf Jesu selbst Bedeutung (Folge mir!), als die Einleitungsformel und er sagte ihm. Erstaunlich ist das beidemale das Verbum mit dem Dativ verbunden ist.

1.2.1.2 Diskussion der Übereinstimmungen von Mk 2,15 – Mt 9,10

In beiden Perikopen bleibt offen, in wessen Haus das Mahl stattfindet und wer der Gastgeber ist. Auch die Zusammenstellung Zöllner und Sünder ist auffällig und kommt im ersten und zweiten Evangelium nur in dieser Perikope vor.[15] Die Formulierung Zöllner und Sünder ist weiterhin außergewöhnlich, weil die Sünder nicht wie die Zöllner einen besonderen Stand bilden. Das Begriffspaar dürfte also von einem Erzähler ad hoch gebildet worden sein.[16] Sowohl von Mk, als auch Mt wird erwähnt, daß es sich um viele handelt.

1.2.1.3 Diskussion der Übereinstimmungen von Mk 2,16 – Mt 9,11

Neben der Einleitung (Und sehend) stimmt wieder die Kombination mit den Zöllnern und Sündern überein.

1.2.1.4 Diskussion der Übereinstimmungen von

Mk 2,17a – Mt 9,12

Bei dem Herrenwort ist eine völlige Übereinstimmung gegeben. Auffällig ist der Ausdruck die Gesunden, da er im Neuen Testament lediglich an dieser Stelle vorkommt.

1.2.1.5 Diskussion der Übereinstimmungen von

Mk 2,17b – Mt 9,13

Auch in den beiden Versen stimmt das Herrenwort vollständig überein.

Nach Betrachtung dieser Gemeinsamkeiten, die sich sowohl auf die Wortwahl, die Wortformen und die Satzkonstruktion erstrecken, muß man zu dem Schluß kommen, daß eine literarische Abhängigkeit besteht. Zu beachten ist, daß die Gemeinsamkeiten in der griechischen Sprache vorliegen, also in der Übersetzung der ehemals aramäischen Perikope bzw. der aramäisch gesprochenen Worte.

[...]


[1] Vgl. Schmithals: Das Evangelium nach Markus, S. 165.

[2] Vgl. Kertele: Markusevangelium, S. 44.

[3] Vgl. Fendler: Studien zum Markusevangelium, S. 50.

[4] Vgl. Ernst: Das Evangelium nach Markus, S. 95.

[5] Vgl. Gnilka: Das Evangelium nach Markus, S. 104.

[6] Vgl. Grundmann: Das Evangelium nach Markus, S. 79.

[7] Vgl. Pesch: Das Markusevangelium, S. 167.

[8] Vgl. Roloff: Neues Testament, S. 7.

[9] Vgl. Ernst: Das Evangelium nach Markus, S. 18.

[10] Vgl. Schmithals: Das Evangelium nach Markus, S. 166.

[11] Vgl. Schnackenburg: Matthäusevangelium 1,1-16,20, S. 86.

[12] Vgl. Gnilka: Das Evangelium nach Markus, S. 110.

[13] Vgl. Zimmermann: Neutestamentliche Methodenlehre, S. 182.

[14] Vgl. Dietzfelbinger: Das Neue Testament. Interlinearübersetzung, S. 144.

[15] Vgl. Zimmermann: Neutesstamentliche Methodenlehre, S. 90.

[16] Vgl. Schmithals: Das Evangelium nach Markus, S. 168.

Ende der Leseprobe aus 25 Seiten

Details

Titel
Die Berufung des Levi und das Zöllnermahl, Mk 2,13-17
Hochschule
Justus-Liebig-Universität Gießen  (Institut für Evangelische Theologie)
Veranstaltung
Seminar Exegese synoptischer Texte
Note
1,75
Autor
Jahr
2001
Seiten
25
Katalognummer
V1962
ISBN (eBook)
9783638112123
Dateigröße
596 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Exegese, Markus 2, 13
Arbeit zitieren
Korina Solbach (Autor:in), 2001, Die Berufung des Levi und das Zöllnermahl, Mk 2,13-17, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1962

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