Emotionen im Arbeitsleben

Ein Vergleich von Arlie Hochschilds "Gefühlsarbeit" und Daniel Golemans "Emotionaler Intelligenz"


Hausarbeit (Hauptseminar), 2011

16 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1. Einführung

2. Gefühlsarbeit
2.1 Gefühlsarbeit bei Arlie Hochschild
2.2 Oberflächenhandeln und Inneres Handeln

3. Emotionale Intelligenz
3.1 Emotionale Intelligenz nach Daniel Goleman
3.2 Die vier Dimensionen Emotionaler Intelligenz

4. Vergleich und kritische Betrachtung

5. Abschluss

6. Literaturverzeichnis

1. Einführung

Die vorliegende Hausarbeit beschäftigt sich mit zwei unterschiedlichen Ansätzen zu Gefühlsarbeit im Arbeitsleben. Der eine, vertreten durch die Soziologin Arlie Russel Hochschild, sieht die Notwendigkeit der Gefühlsarbeit bei Beschäftigten in personennahen Berufen als auferlegte Anforderung der Unternehmen. Der andere, postuliert durch den Psychologen Daniel Goleman, sieht in emotionalem Selbstmanagement, insbesondere bei Führungskräften, ein wirkungsvolles Werkzeug zur Optimierung des eigenen beruflichen Erfolges.

Repräsentativ für diese beiden Sichtweisen und gleichzeitig Grundlage dieser Hausarbeit, sind die Beobachtungen von Hochschild, die sie in ihrem Buch Das gekaufte Herz (1990) beschrieben hat, und das Konzept der „Emotionalen Intelligenz“, welches Goleman in mehreren Schriften von 1997 an ausführt. Auch wenn beide Autoren Gefühlsarbeit im Privatleben nicht außer Acht lassen, wird in dieser Arbeit lediglich das Berufsleben im Vordergrund stehen.

Dem rational handelnden homo oeconomicus ist sowohl in der Ökonomie als auch in der Soziologie jahrelang nichts weniger zugeschrieben worden, als eine emotionale Facette die sein Handeln beeinflusst. Emotionen galten als Störfaktoren für den Nutzenmaximierer, bis sich die Perspektiven ca. 1980 änderten und Emotionen erstmals ins Zentrum soziologischer Analysen rückten (vgl. Flam 2002: 178, 200). Neue Erkenntnisse aus der Ökonomie und den Neurowissenschaften ähneln sich im Wesentlichen mit dem aktuellen Forschungsstand der Emotionssoziologie welcher postuliert, dass „wirtschaftliche Organisationen und ihre Akteure Emotionen weder aus ihren Funktionskreisen ausschalten können noch darauf verzichten, Gefühle für ökonomische Zwecke zu nutzen“ (Neckel 2005: 420). Darüberhinaus sieht Neckel die Eigenschaft der flexiblen, nach eigenen Wünschen formbaren Persönlichkeit als eine Art Modetrend, den die breite Öffentlichkeit mit offenen Armen begrüßt. Indikatoren dafür seien nicht zuletzt die „Flut von Ratgebern und populären Sachbüchern“ (Neckel 2005: 422), die unter professioneller Aufbereitung Anleitungen zur Selbst- und Fremdsteuerung bieten. Vielfältige Techniken emotionalen Selbstmanagements werden als verkäufliches „Rezeptwissen“ zur „Lösung verschiedenartigster Effizienzprobleme modernen Managements“ (Neckel 2005: 423) angepriesen.

Die Untersuchungen von Hochschild und Goleman verfolgen jedoch zwei unterschiedliche Herangehensweisen und Perspektiven: Goleman interessiert die Optimierung des beruflichen Erfolgs mit Hilfe von Emotionsarbeit, wobei er sich auf Führungskräfte konzentriert. Hochschild hingegen beschäftigt sich mit der Gefühlsarbeit von Angestellten in Dienstleistungssektor. ServicemitarbeiterInnen leisten Gefühlsarbeit weil ihnen durch die Institutionen spezifische Gefühlsregeln auferlegt werden. Die Fähigkeit Emotionen zu unterdrücken, zu modellieren oder neu herzustellen um den Beruf nach den Vorstellungen des Arbeitgebers auszuüben ist - insbesondere im Dienstleistungssektor - essentielles Qualifikations- und Bewährungskriterium. Beide Autoren beschäftigen sich mit Gefühlsarbeit als eine ökonomische Anforderung. Trotz offensichtlicher Unterschiede lohnt es sich, die beiden Konzepte, eingebettet in den Kontext der Marktwirtschaft, nebeneinander zu betrachten.

Im Folgenden werden zunächst die Kerngedanken von Hochschild und Goleman zu Gefühlsarbeit im Arbeitsleben sowie deren praktische Umsetzung nacheinander vorgestellt. Da beide Ansätze die zielgerichtete Modellierung und Beinflussbarkeit des Gefühlshaushaltes diskutieren, scheint es auf den ersten Blicke naheliegend, dass die Ansätze gemeinsame Schnittstellen aufweisen. Ziel dieser Hausarbeit ist es, in einem Vergleich eventuelle Gemeinsamkeiten und auch unvereinbare Elemente herauszuarbeiten. Außerdem werden kritische Sichtweisen zu den Konzepten aus der Literatur vorgestellt, um eine einseitige Betrachtungsweise zu verhindern.

2. Gefühlsarbeit

2.1 Gefühlsarbeit bei Arlie Hochschild

Die amerikanische Soziologin Arlie Hochschild prägte mit ihrem Buch Das gekaufte Herz 1 den Begriff der Gefühlsarbeit 2 und eröffnete neue Forschungsfelder auf dem Gebiet Organisationssoziologie. Erstmals waren es die Emotionen die im Zentrum soziologischer Analysen standen (vgl. Flam 2002: 200).

Hochschild beobachtet und analysiert die Anforderungen an Mitarbeiter in personenbezogenen Dienstleistungsberufen, wobei sie sich beispielhaft zwei Extremen zuwendet: zum einen den FlugbegleiterInnen, die stets das Wohlbefinden der Kunden erhalten und herstellen müssen. Zum anderen den GeldeintreiberInnen, bei denen die Erniedrigung des Kunden zum Alltag gehört (vgl. Hochschild 1990:113). Im Mittelpunkt ihrer Untersuchung stehen vom Unternehmen vorgeschriebene „Gefühlsregeln“, die jeder Angestellte während seiner Arbeitszeit zu befolgen hat. Dabei ist vor allem deren Umsetzung unter den Angestellten mit Hilfe von „Gefühlstechniken“ interessant.

Grundsätzlich geht Hochschilds konstruktivistischer Ansatz davon aus, dass das Individuum in der Lage ist die eigenen „Gefühle zu erleben, zu reflektieren und zu managen“ (Flam 2002: 127). Kulturelle und soziale Normen geben vor, wie eine Situation zu empfinden und entsprechend auszudrücken ist. Im Arbeitsleben sind es die Unternehmensnormen die entscheiden, inwieweit das Personal in der Gefühlsarbeit geschult und auch kontrolliert wird.

In der Dienstleistungsbranche müssen die Angestellten das Image ihres Arbeitgebers nach außen hin repräsentieren. Ein Werbeslogan zum Beispiel, der exzellenten Service preist, sollte idealerweise von den Angestellten des Unternehmens verkörpert werden. Dabei reicht es nicht aus, die institutionell geforderten Gefühle lediglich zu zeigen, sondern die Unternehmen fordern die Angestellten zum inneren Handeln auf: „sie bringen ihrer Belegschaft bei, wie man sich etwas vorstellen kann, und beeinflussen damit auch, wie sie fühlen soll“ (Hochschild 1990: 66). Durch das bewusste herstellen und modifizieren von Gefühlen unterscheidet sich Hochschilds Gefühlsarbeit von bloßem kontrollieren unerwünschter Gefühle (vgl. Flam 2002: 130). Emotionen müssen spezifischen Interpretationsrahmen und Gefühlsregeln unterworfen werden. Dies geschieht zum einen aus repräsentativen Gründen und zum anderen um Kundenzufriedenheit und Kundenbindung zu erlangen, „die wiederum im Dienste der Profitsteigerung stehen.“ (Rastetter 2001: 114)

Die Befolgung von Gefühlsnormen und die Herstellung der erwünschten Ausdruckformen bedeuten Arbeit und Anstrengung für den Angestellten, insbesondere dann, wenn der erforderliche Gefühlsausdruck „von den sozialen und gesellschaftlichen Normen“ (Rastetter 2001: 115) abweichet. Durch diese Einsicht kommt dem wahren Arbeitsaufwand in Serviceberufen eine neue Bedeutung zu und kausale Zusammenhänge mit psychischen Erkrankungen erscheinen auf plausibel.

Berufen bei denen Gefühlsarbeit integraler Bestandteil der Tätigkeit ist, schreibt Hochschild drei gemeinsame Merkmale zu (vgl. Hochschild 1990: 120). Erstens erfordern sie alle persönlichen Kundenkontakt. Zweitens wird dabei ein konkreter Gefühlszustand wie Dankbarkeit oder Angst bei dem Kunden durch den Angestellten hervorgerufen und drittens wird dieses Vorgehen von dem Unternehmen kontrolliert.

Zugehörige Berufsbilder sind hauptsächlich in der Mittelklasse zu finden (vgl. Hochschild 1990: 124). In den unteren Schichten ist vor allem die Unterdrückung von negativen Emotionen vorherrschend, da ein Emotionsausdruck bei den meist praktischen Tätigkeiten nicht gefragt oder gar erwünscht ist. Keinerlei Gefühlsregeln unterworfen, genießen die Praktiker wie zum Beispiel Bauarbeiter das „Privileg der Besitzlosen“ (Hochschild 1990: 125). Interessant für einen Vergleich mit Golemans Konzept, sind Hochschilds Ansichten über Gefühlsarbeit bei Managern:

„Jahre des Trainings und der Erfahrung führen, zusammen mit einer von Zuckerbrot und Peitsche geprägten Disziplin, zu einer immer weitergehenden Entfremdung vom eigenen Selbst, d.h. zu einer Verinnerlichung der Gefühlsnormen des Unternehmens. Schließlich kommt es dahin, daß die Normen, die vorschreiben, wie man die Dinge zu sehen und zu empfinden hat, als ganz >> natürlich << und als Teil der eigenen Persönlichkeit erscheinen.“ (Hochschild 1990: 124) Manager nutzen Ihre Macht, um nach eigenem Belieben informelle Normen in das Unternehmen miteinzubinden. Diese Normen spiegeln sich direkt in der Unternehmenskultur und indirekt in den zu befolgenden Gefühlsnormen der Angestellten wieder (vgl. Hochschild 1990: 125).

2.2 Oberflächenhandeln und Inneres Handeln

Allgemein gilt: Um sich im Beruf normkonform verhalten zu können, muss die Diskrepanz zwischen authentischem Gefühl und Gefühlsregel mit Hilfe von Gefühlsarbeit überkommen werden. „Die Gefühlsregeln sind Normen, die sich auf Gefühle beziehen“ (Flam 2002: 129). Sie geben nicht nur vor in welchen Situationen auf eine bestimmte Art und Weise gefühlt werden soll, sondern bestimmen formal auch Intensität und Dauer des Erlebens. Bei dieser bewussten Selbststeuerung kommen expressive, kognitive und physische Techniken zum Einsatz die das normkonforme Erleben und Ausdrücken von Gefühlen garantieren sollen.

Zur Erläuterung zieht Hochschild das Theaterschauspiel und die dort angewandten Darstellungstechniken heran. Sie schreibt jedem Akteur die Fähigkeit zu, „auf zwei verschiedene Arten [zu] schauspielern“ (Hochschild 1990: 53). Zum einen kann durch expressives „Oberflächenhandeln“ (Surface Acting) der äußere Gefühlsausdruck verändert werden. Ein Lächeln zeugt beispielsweise von Freundlichkeit, kann aber lediglich eine aufgesetzte Mimik sein um negative Emotionen zu überspielen. Zum anderen befähigt „Inneres Handeln“ (Deep Acting) durch Einflussnahme auf das eigene Erleben, den gewünschten Ausdruck als Ergebnis seiner Gefühlsarbeit authentisch herzustellen weil er mit dem künstlich erzeugten Gefühl zusammenfällt.

[...]


1 Original- und Erstausgabe: The Managed Heart (1983).

2 Hochschild unterscheidet zwischen „Gefühlsarbeit“ (emotional labor) im Beruf und „Gefühlsmanagement“ (emotion management) im privaten Bereich.

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Emotionen im Arbeitsleben
Untertitel
Ein Vergleich von Arlie Hochschilds "Gefühlsarbeit" und Daniel Golemans "Emotionaler Intelligenz"
Hochschule
Universität Leipzig  (Institut für Soziologie)
Veranstaltung
Soziologie der Emotionen
Note
1,3
Autor
Jahr
2011
Seiten
16
Katalognummer
V196364
ISBN (eBook)
9783656225157
ISBN (Buch)
9783656226062
Dateigröße
416 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Emotionen, Emotionale Intelligenz, Gefühlsarbeit, Arlie Hochschild, Daniel Goleman, EQ, Soziologie der Emotionen, Der Erfolgsquotient, Emotionsmanagement, Gefühlsmanagement, Flam
Arbeit zitieren
Constanze Schelten-Peterssen (Autor:in), 2011, Emotionen im Arbeitsleben, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/196364

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