Das Schicksal von Schillers Schädel


Fachbuch, 2012

173 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

I. Schillers Beisetzung
Das Kassengewölbe
Schillers Beisetzung
Warum die Stille bei der Beisetzung?
Die Trauerfeier in der St. Jakobs-Kirche
Die Froriep-Schwabe-Kontroverse
Tannen- oder Eichensarg?
Der Zugang zum Kassengewölbe

II. Gall und die Schädeljäger
Die Schädeljagd der Phrenologen
Gall und das Industrie-Comptoir in Weimar
Gall besuchte Weimar
Gall und Schillers Totenmaske

III. Schillers Gebeine sollen umgebettet werden
Die Beisetzungen im Kassengewölbe
Der Jakobskirchhof wird abgewickelt
Ludwig Friedrich von Froriep
Die geplante Umbettung Schillers
Wo war der echte Schiller-Schädel?
Potentielle Schädel im Kassengewölbe

IV. Wie man den Fürstengruft-Schädel zum Schiller-Schädel erkor
Die erste Durchsuchung des Kassengewölbes am 13.03.1826
Die zweite Durchsuchung des Kassengewölbes am 15.03.1826
Welcher Schädel ist es denn?
Die Zahnmanipulation am Fürstengruft-Schädel
Die Rolle der Zähne bei der Identifizierung
Froriep hat den Fürstengruft-Schädel nicht gemäß der Gallschen Lehre untersucht
Messungen am Schädel und an der Totenmaske
Wer hat den „Doppelgänger-Schädel“ untergeschoben?
Grundsätzliche Feststellungen
Wann wurde der Schädel ausgetauscht?

V. Wer war der Doppelgänger?
Die Bertuch-These
Die Russen-These
Die Gefallenen-These

VI. Letzte Fragen
Wo ist der Schiller-Schädel jetzt?
Schillers Schädel-Schicksal
Das Gerücht vom Leichendiebstahl
Der Fürstengruft-Schädel

VII. Biographisches Lexikon

Literatur

» It is a capital mistake to theorize before one has data. Insensibly one begins to twist facts to suit theories, instead of theories to suit facts.« (Arthur Conan Doyle: The Adventures of Sherlock Holmes).1

» Es ist ein schwerer Fehler, Theorien aufzustellen, bevor man Tatsachen hat. Dann fängt man unmerklich an, die Tatsachen zu verdrehen, bis sie zu den Theorien passen, statt die Theorien den Tatsachen anzupassen.« (Arthur Conan Doyle: Die Abenteuer des Sherlock Holmes ).2

Einleitung

Seit Mai 2008 ist bekannt, daß die Friedrich v. Schiller zugeschriebenen Gebeine in der Wei- marer Fürstengruft nicht dem Dichter gehörten. "Der Friedrich-Schiller-Code", das interdis- ziplinäre Wissenschaftsprojekt des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR) in Zusammenarbeit mit der Klassik Stiftung Weimar, hatte dies zweifelsfrei bewiesen. 150 Jahre lang galt Schil- lers Schädel als echt, auch wenn sich der Wissenschaftlerstreit darüber immer wieder entzün- dete. Das hat Fragen aufgeworfen, die zuvor niemand stellte. Wieso könnte der Fürstengruft- Schädel ein Zwilling Schillers sein, wenn doch anthropologisch Doppelgänger extrem selten sind? Was geschah mit Schillers Schädel? Wo blieb Schillers Skelett? Läßt sich ein Schädel- raub beweisen? Wie groß ist der Kreis der Verdächtigen, die zu einer solchen Tat die Kennt- nisse und Möglichkeiten gehabt hätten? Wohin führen die Spuren? Was sagen die Quellen, und wo weisen sie eventuell Leerstellen auf?

Dr. Ralf G. Jahn, Historischer Fachberater des MDR und der Klassik Stiftung Weimar bei den Fernsehdokumentationen „Der Friedrich-Schiller-Code“ und „Schillers Schädel-Schicksal“, außerdem Co-Moderator beim „Goethezeitportal“, beantwortet diese Fragen und andere.

Die wichtigste Literatur, die bislang zu diesem Themenkomplex erschienen ist, stellen zweifellos die verdienstvollen Werke des Anthropologen Dr. Herbert Ullrich dar, die hier ausgiebig zitiert werden. Er hat sich über 50 Jahre intensiv mit der ganzen Materie auseinandergesetzt. Dennoch ist mein zentrales Forschungsergebnis ein ganz anderes. Es geht hier um unterschiedliche Methodik bei diesem interdisziplinären Thema.

Vor ihm gab es insbesondere die drei wissenschaftlichen Schiller-Schädel-Bücher von Welcker, Froriep und Hildebrandt, die ebenfalls intensiv ausgewertet wurden.

Sehr wichtig ist auch die Quellensammlung von Hecker, die unverzichtbar ist. Allerdings muß man diese Dokumente zuweilen uminterpretieren, denn wenn sie vom „Schiller-Schädel“ sprechen, meinen sie in Wirklichkeit den Fürstengruft-Schädel, der aufgrund der DNS eben nicht der echte Schädel Schillers ist. Historisches Quellenstudium allein genügt hier folglich nicht, man muß auch die anderen beteiligten Disziplinen und deren Ergebnisse mit heranzie- hen, aber auch die Aussagemöglichkeiten ihrer Methoden kritisch hinterfragen. Warum mein- ten denn so viele Personen, in dem Fürstengruft-Schädel den von Schiller zu sehen, welche Einflüsse wirkten dabei auf sie ein?

Dieses Buch beschäftigt sich mit dem Stoff des Filmes „Schillers Schädel Schicksal“, das meine Erklärung für das unerwartete Ergebnis der interdisziplinären Forschungen zum „Friedrich-Schiller-Code“ ist.

Anschließend findet man die Biographien der wichtigsten Protagonisten. Konstruktive Kritik ist immer willkommen!

Zum Schluß, aber nicht zuletzt möchte ich mich bei folgenden Personen bedanken:

- Frau Hempel und Herrn Direktor Dieste vom Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) sowie ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern,
- Herrn Präsident Seemann von der Klassik Stiftung Weimar sowie seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern,
- Frau Dr. Gebhardt, Regisseurin und Drehbuchautorin von „Der Friedrich-Schiller- Code“ und „Schillers Schädel-Schicksal“, sowie ihrem Filmteam,
- Frau Prof. Dr. Wittwer-Backofen,
- Herrn Prof. Dr. Parson,
- Herrn Dr. Ullrich,
- Herrn Franz Ehret,
- Frau Dr. Danica Krunic vom „Goethezeitportal“,
- Frau Vera Faßhauer M.A.,
- Den Mitarbeitern des Hauptstaatsarchives Stuttgart,

für die Überlassungen von Materialen, Fotos, Finanzierung, Ermöglichen von Recherchen etc.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(wiedergegeben bei A.v.Froriep).

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(Lage des Jacobskichhofes, wiedergegeben bei: Welcker, S. 23).

I. Schillers Beisetzung

Schiller weilte nicht mehr unter den Lebenden. Sein Stern war erloschen. Nun galt es für seine sterbliche Hülle einen würdigen Platz zu finden.

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Das Kassengewolbe

Adelige oder angesehene Bürger, die in Weimar selbst kein Erbbegräbnis besaßen, wurden im sogenannten Kassengewölbe an der Südseite des Jakobsfriedhofes standesgemäß beigesetzt.3 Kassengewölbe, welch ein profaner Name für die Aufbewahrungsstätte der sterblichen Hin- terlassenschaft eines so bedeutenden Lebens! Der Name rührt daher, daß der ursprüngliche Erbauer dieses Erbbegräbnisses zahlungsunfähig wurde und die Begräbnisstätte 1742 in den Besitz der Landschaftskasse übergegangen war. Dieses scheint den Beschluß gefaßt zu haben, das Gewölbe in eigener Verwaltung als „ adeliges Begräbnis “ zu verwerten. Das Kassenge- wölbe wird nun mit zur Entlastung der überfüllten hochadeligen Gruft unterm Turm der Ja- kobskirche eingesetzt.

Etwa von dem Jahre 1746 ab zog der dunkle Zug derer ein, die nach dem Willen der Hinter- bliebenen auch noch im Tode die bevorrechtigte Stellung ihres Lebens behaupten sollten. Es kamen Offiziere der herzoglichen Armee, Beamte des Staates und der Stadt, die Hofdamen der Herzogin, höchste Würdenträger und Exzellenzen. Zwischen 1755 und 1823 wurden 64 Leichen im Kassengewölbe beigesetzt; Schiller war der 53. Gast, den die Totengräberliste verzeichnet.

Das Kassengewölbe war eine vielbegehrte letzte Ruhestätte, ein hochangesehenes Gemein- schaftsgrab für solche Mitglieder des Adels und des Beamtenstandes, die in Weimar über kein eigenes Erbbegräbnis verfügten und doch aus dem Vorzug der Geburt oder bürgerlicher Ver- dienste für sich und die Ihrigen das Recht herleiten zu dürfen glaubten, in einem großen, aus dauerhaften Quadern gefügten Steinsarge, unvermischt mit gleichmachendem Erdenstaub, dem Tag der Auferstehung entgegenzuschlummern, ein würdig-vornehmes Begräbnis, das nicht für zu gering geachtet wurde, Seine Exzellenz den Herrn Hofmarschall Friedrich Hart- mann von Witzleben (1788) und die Reichsgräfin Wilhelmina Elisabetha Eleonora von Gianini, Oberhofmeisterin der Herzogin Luise, aufzunehmen (1784). Auch im Tode waren nicht alle gleich!

Hier nun sollte der bedeutende Dichter seine vorerst letzte Ruhestätte finden, allerdings nur vorübergehend, denn Charlotte wünschte ihm ein gesondertes Grab, um sich dereinst im Tode neben dem Lebensgefährten betten zu können. Aber man schrieb das Jahr 1805! Drohende Wetterwolken zogen auf, Europa rüstete zum Krieg. Keiner wußte, ob es das Staatswesen, dessen treuer Untertan man zu sein hatte, auch nächstes Jahr noch existieren würde. In einigen Teilen Deutschlands hat die territoriale Zugehörigkeit innerhalb von 20 Jahren nicht weniger als siebenmal gewechselt. Noch im selben Jahr brach der Dritte Koalitionskrieg aus. Der britische Admiral Nelson fiel in der Schlacht von Trafalgar, in der Schlacht von Austerlitz erlitten die Kaiser von Österreich und Rußland eine schwere Niederlage. Da hatte auch Charlotte erst einmal an dringlichere Daseinssorgen zu denken.

Die Vergünstigung, einen Toten im Kassengewölbe beisetzen zu lassen, war nur durch ausdrückliche Bewilligung der Landschaftskasse zu erlangen, die ihre Erlaubnis von der Zahlung einer gewissen Summe abhängig machte.

Pochte ein neuer Gast an der Pforte um Einlaß, so suchte Totengräber Bielke unter den älteren Insassen der dunklen Halle denjenigen aus, dessen irdischer Leib am vollständigsten der Ver- wesung anheimgefallen war: Er nahm die entfleischten Knochen aus ihrem Behältnis, um sie beiseite zu legen, und schichtete die aus ihrem Zusammenhang gelösten Bretter des Sarges einzeln übereinander an den Wänden auf, Bohle über Bohle. „Versenken“ nannte er gewohn- heitsmäßig diese seine Tätigkeit; zutreffender ist der auch gebrauchte Ausdruck „Zusammen- räumen“. Nicht weniger als sechsmal hat Totengräber Bielke in der Zeit von 1805 bis 1826 „Versenkungen“ vorgenommen, nicht weniger als 13 Särge, vielleicht sogar noch mehr, hat er „zusammengeräumt“,4 unter ihnen auch den Sarg Schillers. Aber davon später.

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Schnitt durch Oberbau und Gruft des „ Kassengew ö lbes “ 5

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Grundriß des Oberbaues vom „ Kassengew ö lbe “ 6

Mutmaß liche Stellung der Särge und Lage der Falltüre (nach A. v. Froriep)7

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Aufnahme der Moderschicht am Boden der Gruft (Nr. 34 ist der „ Froriep-Schädel “ )8

Die Skizze IV gibt im allgemeinen Befunde in den tieferen und tiefsten Schichten wieder, etwa von 2,90 Meter unterhalb der Scheitelebene des Gewölbes bis zum festen Erdboden.

Im südlichen Drittel lagerte in der Tiefe ein Haufen zusammengemoderter leerer Särge und auf ihm durcheinander geworfenen Bretterreste. Von dessen nördlichem Ende etwa beginnt ein Gebiet, in dem eine auffallend große Zahl von Schädeln nahe, ja teilweise sogar dicht bei- sammen, neben- und übereinander lag. Diese anderthalb Dutzend Schädel (Nr. 31 bis 48) wa- ren, ebenso wie sie selbst sehr verschiedenen Erhaltungszustand darboten, so auch eingebettet in ein Konglomerat von Knochenteilen aller Art, deren viele recht gut erhalten, andere aber so stark zersetzt waren, daß sie aus der feuchten Moderkrume kaum herausgelöst werden konn- ten, ohne völlig zu zerbrechen.

Ungefähr in der Mitte der östlichen Wand, nördlich neben dem Sarghaufen, lag der Schädel Nr. 34, der am 31.08.1911 von Froriep gefunden wurde. Der Unterkiefer lag in nordwestlicher Richtung 30 Zentimeter von dem Schädel entfernt, und zwar nicht der Schädelbasis, sondern dem Scheitel gegenüber.9

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Draufsicht auf das geöffnete Kassen-Gewölbe 1911

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Schillers Beisetzung

Bereits am zweiten Tag nach seinem Ableben10 wurde Friedrich von Schiller in der Nacht gegen 1 Uhr in der Gruft des Kassengewölbes beigesetzt. Der zeitliche Rahmen der Beiset- zung hat in Übereinstimmung mit Volksbrauch und gesetzlicher Vorschrift stattgefunden.11 Damals war in Weimar die nächtliche Beisetzung das beneidete Vorrecht des Adels und der höchsten Beamten gewesen, eine Auszeichnung, die zu erlangen der mittlere Beamtenstand sich nicht geringes Geld kosten ließ, die den Untergeordneten selbst „gegen Erlegung be- trächtlicher Dispensationsgelder “ versagt blieb. Sie war nur innerhalb der vornehmsten und teuersten Begräbnisform möglich.12

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Schiller

Schillers Beisetzung konnte nicht länger aufgeschoben werden, weil der Verwesungsprozeß an seiner Leiche bereits starke Fortschritte gemacht hatte.13

Weder Charlotte von Schiller noch Caroline von Wolzogen waren bei der nächtlichen Beisetzung anwesend - sie waren beide körperlich nicht dazu imstande. Zu sehr hat sie die unermüdliche Pflege am Krankenbett erschöpft. Alles hatten sie unternommen, um die irdische Daseinszeit ihres heißgeliebten Fritz zu verlängern, doch vergebens. Als seine Sonne sank, sanken auch sie ausgelaugt zu Boden.

Nun schlug die Stunde von Carl Leberecht Schwabe (1778-1851). Damals noch ein junger Mann und Kommissionssekretär, aber 20 Jahre später hochangesehener Bürgermeister seiner Vaterstadt, der sich um das Wiederauffinden von „Schillers Gebeinen“ große Verdienste erwerben und einen Platz in der Geschichte sichern sollte.

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Schwabe

Aber zurück ins Jahr 1805.

Gewöhnliche Handwerker sollten, wie es üblich war, Schillers Sarg zum Friedhof tragen? Bei einem normalen Menschen durchaus akzeptabel, aber bei einem so bedeutenden Dichter? Noch in 200 Jahren würde die gebildete Welt sich darüber aufregen, die Namen von Schillers Zeitgenossen mit Kritik verbinden. Dies vor Augen trommelte - nur wenige Stunden vor der nächtlichen Beisetzung - Schwabe viele jugendliche Schiller-Verehrer aus der näheren und weiteren Umgebung zusammen, zumeist Vertreter und Söhne des Bildungsbürgertums, Künstler und Gelehrte, ebenso Beamte des Staates und der Stadt. Auch Künstler waren darun- ter. Sie trauerten, sie kamen, sie trugen den Sarg, denn dieser große und verehrungswürdige Mann dürfe nur von solchen beerdigt werden, die auch seinen Verlust schmerzlich zu fühlen wissen, so Schwabe.

Selbstverständlich erhielten die zunftmäßig organisierten Handwerker ihren Lohn auch für das Nicht-Tragen, denn sie wollten ihrer Einnahmequelle nicht verlustig gehen.

Die Namen der treuen Männer, die den Sarg zum Kassengewölbe getragen haben, sind der Nachwelt überliefert und sollen daher nicht unerwähnt bleiben: Professor Voß, Amtsadvokat Treuter, Doktor Treuter, Riemer, Doktor Schütz, Bildhauer Klauer, Kriegssekretär Helbig, Amtsadvokat Oettelt aus Eisenach, Doktor Schwabe, C. Irgang, Candidat Brehme14, Doktor Kanngießer, der nachherige Rat und Kammersekretär Lungershausen, der Maler und Profes- sor Jagemann (Bruder der bekannten Schauspielerin), der Maler und nachherige Hofrat Westermeyer, der Bildhauer Weißer und der Kupferstecher Stark.15 Nicht genannt wird der spätere Landschaftskassenregistrator Stötzer, der vermutlich unter den Sargträgern gewesen ist.16 Dafür läßt sich Riemer entschuldigen, weil er keinen Leichengeruch ertragen könne.

Ein Kreis würdiger Bildungsbürger und Künstler, eifriger Verehrer des letztlich doch unsterb- lichen Dichters, denen es ein besonderes Anliegen war, Schiller auf seinem letzten Weg zu begleiten.

Einige von ihnen sollten auch bei den Vorgängen des Jahres 1826 eine wichtige Rolle spielen, aber davon später.

Franz Eduard Genast17 hingegen berichtet etwas ganz anderes: „ Nachts um 12 Uhr fand die Beerdigung statt. Vor dem Sarge gingen die Schüler der ersten Klasse mit Laternen; diesen folgten die […] Herren vom Theater [die Regisseure Genast[18] und Becker19, die Schauspieler Malkolmi20, Unzelmann21, Oels22 und Wolff23 ], au ß er Graff24 und Haide25, die den Sarg mit trugen. Die ferneren Träger waren Karl und Wilhelm Schwabe, Professor Vo ß , Gebrüder Träuter, St. Schütze, Klauer, Helbig, Irrgang, Brehme, Kannegie ß er, Oettelt, Lungershausen, Jagemann, Westermeyer, Wei ß er und Stark, alle teils Staatsbeamte, teils Maler, Bildhauer und Literaten. Hinter dem Sarge ging ein gro ß er Mann in einen Mantel gehüllt, der fast das Gesicht bedeckte, der Sage nach Goethe; dem war nicht so, denn dieser war krank und wu ß te nichts von Schillers Tod, noch weniger von dessen Beerdigung. Schillers Schwager, Herr von Wolzogen, war von Naumburg zu diesem Akt der Trauer herübergekommen.“26

Jetzt sollen es plötzlich Schauspieler gewesen sein, sogar Goethe, der bei jedem Begräbnis fehlte, wenn es um seine Nächsten ging, wird bemüht. Die Legende versucht die Fakten zu verändern. Was Genast erzählt,27 ist nach Hecker eine „Fabel“.28

Mathilde Ludendorff trieb es noch weiter, sprach von einem „ Verbrecherbegräbnis unter der Hülle schweigender Nacht “, „ ein ruchlos Gemordeter wird hier gleich einem Missetäter in

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hastiger Heimlichkeit zur Grube gebracht “.29 Um ihre Verschwörungstheorie zu verbreiten, mußten Schillers sterbliche Überreste herhalten. Wie anders doch war die Wirklichkeit!

Diejenigen, die dem Aufruf Schwabes Folge geleistet hatten, fanden sich in dessen Haus in der Rittergasse 17 ein, wurden schwarz eingekleidet und mit Trauerhüten, Trauerflor und weißen Handschuhen versehen. Sie holten den Sarg aus Schillers Haus gemeinsam ab. Beleuchtet wurde der nachtstille Weg durch Schüler mit Laternen.

Bürgermeister Schwabe berichtet weiter: „ Still und ernst begab sich nach Mitternacht der kleine Zug von Schwabes Wohnung nach Schillers Haus in der Esplanade … So ging der Zug durch die stille Stadt, durch die Esplanade,über den Markt und durch die Jacobsgasse nach dem alten Kirchhofe vor der St. Jakobskirche. “30 Die Verehrer Schillers lösten sich je zu 8 Mann im Tragen ab, und es blieben so immer 12 oder 13, die dem Sarge folgen mußten. Der Sarg muß sehr schwer gewesen sein, wie einige der Träger berichteten, und durch das mehrmalige Absetzen und Wechseln der Träger brauchte der schweigende Leichenzug von der Esplanade bis zum Jakobskirchhof eine halbe Stunde.

Das Wetter war trüb, windig und kalt. Der Zug der Wolken, das gespensternde Wechselspiel des bald verhüllten, bald freien Mondes, dessen Scheibe sich schon in der übernächsten Nacht zum Vollmond runden würde, das kalte Wehen des Nachtwindes umgab mit Schauer den trübseligen Gang.31

„ Gleich rechts am Eingange befindet sich noch jetzt das sogenannte Kassengew ö lbe, vor des- sen Türe die Träger die Bahre mit dem Sarge niedersetzten … Nun ö ffnete sich die Pforte des düstern Gew ö lbes, der Totengräber und seine drei Gehilfen nahmen den Sarg auf, trugen ihn hinein, ö ffneten eine Falltüre, und der teure Tote wurde an Seilen in die unterirdische, von keinem Lichtstrahl erhellte Gruft hinabgesenkt in die schweigsame Gesellschaft derer, die ihm in diese schaurige Wohnung des Todes vorangegangen waren. Die Falltüre ward wieder niedergelassen und dann auch dasäu ß ere Thor des Grabgew ö lbes wieder geschlossen. “32

Das Kassengew ö lbe nachts

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Die Falltüre

Warum die Stille bei der Beisetzung?

War die Beisetzung im kleinen Kreise eine Mißachtung des Dichters seitens der Gesellschaft? Bürgermeister Schwabe verneint dies, wenn er fortfährt: „ Die so stille Beerdigung wurde zu- nächst und vor allem geboten durch den ausdrücklichen Willen der Schiller ’ schen Familie, namentlich der Witwe. “33 Sie scheute sich, den tiefen Schmerz in die Öffentlichkeit hinauszu- tragen. „ Von den letzten Stunden unseres Verewigten laßt uns gegen andere Menschen schweigen “, so bat sie am 12.06.1805 die Schwägerin Luise Franckh; „ sie sind mir zu heilig, als da ß ich davon sprechen sollte, und die Menschen sind so zudringlich und wollen unter der Hülle des Mitleidens nur Nahrung für ihre Neugierde und Schreibsucht.“34 Und ebenso an ihre Schwägerin Christophine Reinwald: „ Ich spreche mit niemandüber die letzten Momente unsres Geliebten als mit Menschen, die ich kenne, die meine alten Freunde sind. Versprecht es mir auch, meine Freunde!35 Es darf vermutet werden, daß Charlotte mit ihrer Anordnung möglichster Prunklosigkeit auch den Wunsch des geliebten Ehemannes erfüllt hat. So hat sich ihre tief betrübte Seele dafür entschieden, die entseelte Hülle des Geliebten ohne Kondukt ziehen zu lassen, sie hat verzichtet auf die Marschälle und das Fackellicht. Durch keine Glo- cke in der windigen Mainacht hat sie ihre verschwiegene Trauer über die Stadt dahintragen lassen.

Konnte sich Charlotte kein aufwendigeres Begräbnis leisten?

Die Aussage des Tischlermeisters Engelmann vom 15.03.1826 legt dies nahe. Dort heißt es: „… alles sei mit möglichster Kostenersparnis geschehen, darum er auch einen sehr einfachen Sarg fertigen müssen, auf welchen seines Wissens nicht einmal ein Schild gekommen sein würde.“36

Charlotte von Schiller erhielt am 26.05.1805 vom Verleger Cotta 10.000 Gulden als Honorar- zahlung für die 5 Bände umfassende Ausgabe der gesamten Dramen. Mit Hilfe dieser Summe konnte sie die Restschuld von 1.100 Talern, die das Anwesen an der Esplanade kostete, un- verzüglich abtragen. Noch kurz vor seinem Tode hatte Schiller mit Cotta einen Vertrag abgeschlossen, der dem Verleger die Rechte für sein Werk auf die Dauer von 20 Jahren sicherte. Charlotte und die vier Kinder vermochten von den Honoraren, die sich aus diesem Kontrakt ableiteten, solide zu leben. Zwischen 1812 und 1825 flossen an die Witwe allein 30.000 Taler Reingewinn. Davon konnten die Studien der Söhne ebenso wie die alltäglichen Aufwendungen des Haushalts ohne Not bestritten werden.

Nach dem Tod Schillers gewährte Erbherzogin Maria Pawlowna seinen Söhnen Carl und Ernst eine jährliche Unterstützung bis zum Abschluß von deren Ausbildung.

Herzog Carl August verfügte zudem am 14.06.1805, daß Schillers Witwe „ wegen der vorwaltenden besonderen Umstände “ eine jährliche Pension von 300 Reichstalern aus dem Pensionsetat der Weimarer Kammer erhalten sollte, was jedoch keine Besonderheit, sondern der Regelfall bei Professorenwitwen war.

Diese schmale Rente bot eine angenehme, aber kaum erforderliche Aufstockung des Fami- lienetats.

Außerdem sammelte der Schriftsteller Rudolf Zacharias Becker (1752-1822) für ein Landgut, welches den Söhnen Schillers gehören sollte, insgesamt 8.307 Taler, 12 Groschen und 8 Pfennige.37

Nach Schillers Tod blieb Charlotte mit den vier Kindern im Haus wohnen. Ein Teil der Räu- me, speziell in der Mansarde, wurde vermietet, vor allem als die Kinder nach und nach das Haus verließen. So ist belegt, daß die Hauslehrer Friedrich August Ukert (erwähnt 1807/1808) und Bernhard Rudolph Abeken (1780-1866) einige Zeit das Arbeits- und Schlafzimmer Schil- lers bewohnten. Einer der letzten Mieter war Bertha von Brawe, die von 1823 bis 1826 in der oberen Etage des Hauses lebte.

Die Hinterbliebenen konnten sich folglich eines bescheidenen Wohlstandes erfreuen. Zudem waren regelmäßige Einkünfte garantiert. Dank ihrer sparsamen Haushaltsführung konnte die Witwe damit auskommen.

Allerdings ist zu berücksichtigen, daß ein standesgemäßes Leben auch gewisse Aufwendungen erforderte. Die Kinder Schillers waren zu „arm“, um eine gute Partie zu sein, und haben daher erst relativ spät geheiratet.

Die Trauerfeier in der St. Jakobs-Kirche

Und die Familie, und die Geistlichkeit, und die ganze Weimarer Gesellschaft? Warum glänzten sie durch Abwesenheit? Boykottierten sie die Beisetzung? Sollte Schiller ohne religiöse Zeremonie ins Jenseits hinübergleiten? Nein! „ Am Nachmittage des 12. Mai wurde zu Ehren Schillers in der St. Jakobskirche die kirchliche Feier begangen, in welcher der Generalsuperintendent Vogt die Gedächtnisrede hielt und den Segenüber den Verblichenen sprach … Das geräumige Gotteshaus fa ß te die Menge der Zuh ö rer nicht. “38

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bei der Trauerfeier39 in der St. Jakobs-Kirche um 15 Uhr hielt Oberhofprediger Johann Lud- wig Gottfried Vogt (1760-1818) die Leichenrede. Unter Tönen aus dem Mozartischen ‚Re- quiem’ nahm die Trauergemeinde den irdischen Abschied von Schiller. „ Die Kinder waren mit in der Kirche; die kleine Emilie lachte während der Trauerrede und bewegte die Herzen aller Anwesenden mehr als die Worte des Redners.“40 Vom Hofe war niemand vor Ort in Weimar außer der Herzoginmutter Anna Amalia und der Herzogin Luise, der Herzog befand sich zur Truppenschau in Magdeburg - es bestand akute Kriegsgefahr - und der Erbprinz, Großfürstin Maria Pawlowna sowie Prinzessin Caroline besuchten die Leipziger Messe.

Dem erkrankten Goethe wird vermutlich erst an diesem Tage durch seinen Sohn August die Trauerkunde überbracht worden sein. Der Tod Schillers bedeutete für den Dichterfürsten ei- nen schmerzlichen Verlust. Zuerst beabsichtigte er, Schillers „Demetrius“-Fragment zu voll- enden, denn dieses Stück „ auf allen Theatern zugleich gespielt zu sehen, wäre die herrlichste Totenfeier gewesen, die er selbst sich und seinen Freunden bereitet hätte “. Den Plan gab er indes wieder auf und entwarf für Schillers Geburtstag die große chorische Dichtung „Schillers Totenfeier“, die Zelter vertonen sollte. Davon kam Goethe wieder ab, als in Bad Lauchstädt, wo das Weimarer Hoftheater in den Sommermonaten spielte, ein Schiller-Gedenkabend ge- plant wurde (10.08.1805). Szenisch aufgeführt wurde Schillers „Lied von der Glocke“ und im Anschluß daran Goethes „Epilog zu Schillers Glocke“, ein Rückblick auf Persönlichkeit und Werk des verstorbenen Freundes.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Epilog zu Schillers Glocke41

Wiederholt und erneut

bei der Vorstellung am 10. Mai 1815

Freude dieser Stadt bedeute, Friede sei ihr erst Geläute!

Und so geschah's! Dem friedenreichen Klange Bewegte sich das Land, und segenbar Ein frisches Glück erschien: im Hochgesange Begrüßten wir das junge Fürstenpaar; Im Vollgewühl, in lebensregem Drange Vermischte sich die tät'ge Völkerschar, Lind festlich ward an die geschmückten Stufen Die Huldigung der Künste vorgerufen.

Da hör ich schreckhaft mitternächt'ges Läuten, Das dumpf und schwer die Trauertöne schwellt. Ist's möglich? Soll es unsern Freund bedeuten, An den sich jeder Wunsch geklammert hält? Den Lebenswürd'gen soll der Tod erbeuten? Ach! wie verwirrt solch ein Verlust die Welt! Ach! was zerstört ein solcher Riß den Seinen! Nun weint die Welt, und sollten wir nicht weinen?

Denn er war unser! Wie bequem gesellig

Den hohen Mann der gute Tag gezeigt,

Wie bald sein Ernst, anschließend, wohlgefällig, Zur Wechselrede heiter sich geneigt, Bald raschgewandt, geistreich und sicherstellig Der Lebensplane tiefen Sinn erzeugt Und fruchtbar sich in Rat und Tat ergossen; Das haben wir erfahren und genossen.

Denn er war unser! Mag das stolze Wort

Den lauten Schmerz gewaltig übertönen!

Er mochte sich bei uns im sichern Port

Nach wildem Sturm zum Dauernden gewöhnen. Indessen schritt sein Geist gewaltig fort Ins Ewige des Wahren, Guten, Schönen, Und hinter ihm, in wesenlosem Scheine, Lag, was uns alle bändigt, das Gemeine.

Nun schmückt' er sich die schöne Gartenzinne, Von wannen er der Sterne Wort vernahm, Das dem gleich ew'gen, gleich lebend'gen Sinne Geheimnisvoll und klar entgegenkam. Dort, sich und uns zu köstlichem Gewinne, Verwechselt' er die Zeiten wundersam,

Begegnet' so, im Würdigsten beschäftigt,

Der Dämmerung, der Nacht, die uns entkräftigt.

Ihm schwollen der Geschichte Flut' auf Fluten, Verspülend, was getadelt, was gelobt, Der Erdbeherrscher wilde Heeresgluten, Die in der Welt sich grimmig ausgetobt, Im niedrig Schrecklichsten, im höchsten Guten Nach ihrem Wesen deutlich durchgeprobt. - Nun sank der Mond, und zu erneuter Wonne Vom klaren Berg herüber stieg die Sonne.

Nun glühte seine Wange rot und röter

Von jener Jugend, die uns nie entfliegt,

Von jenem Mut, der früher oder später

Den Widerstand der stumpfen Welt besiegt,

Von jenem Glauben, der sich, stets erhöhter,

Bald kühn hervordrängt, bald geduldig schmiegt, Damit das Gute wirke, wachse, fromme, Damit der Tag dem Edlen endlich komme.

Doch hat er, so geübt, so vollgehaltig,

Dies bretterne Gerüste nicht verschmäht;

Hier schildert' er das Schicksal, das gewaltig Von Tag zu Nacht die Erdenachse dreht, Und manches tiefe Werk hat, reichgestaltig, Den Wert der Kunst, des Künstlers Wert erhöht. Er wendete die Blüte höchsten Strebens, Das Leben selbst, an dieses Bild des Lebens.

Ihr kanntet ihn, wie er mit Riesenschritte

Den Kreis des Wollens, des Vollbringens maß, Durch Zeit und Land, der Völker Sinn und Sitte, Das dunkle Buch mit heiterm Blicke las; Doch wie er atemlos in unsrer Mitte In Leiden bangte, kümmerlich genas, Das haben wir in traurig schönen Jahren, Denn er war unser, leidend miterfahren.

Ihn, wenn er vom zerrüttenden Gewühle Des bittern Schmerzes wieder aufgeblickt, Ihn haben wir dem lästigen Gefühle Der Gegenwart, der stockenden, entrückt, Mit guter Kunst und ausgesuchtem Spiele Den neubelebten edlen Sinn erquickt Und noch am Abend vor den letzten Sonnen Ein holdes Lächeln glücklich abgewonnen.

Er hatte früh das strenge Wort gelesen,

Dem Leiden war er, war dem Tod vertraut. So schied er nun, wie er so oft genesen;

R. G. Jahn, Schiller

Nun schreckt uns das, wofür uns längst gegraut. Doch schon erblicket sein verklärtes Wesen Sich hier verklärt, wenn es herniederschaut. Was Mitwelt sonst an ihm beklagt, getadelt, Es hat's der Tod, es hat's die Zeit geadelt.

Auch manche Geister, die mit ihm gerungen, Sein groß Verdienst unwillig anerkannt, Sie fühlen sich von seiner Kraft durchdrungen, In seinem Kreise willig festgebannt: Zum Höchsten hat er sich emporgeschwungen, Mit allem, was wir schätzen, eng verwandt. So feiert ihn! Denn was dem Mann das Leben Nur halb erteilt, soll ganz die Nachwelt geben.

So bleibt er uns, der vor so manchen Jahren - Schon zehne sind's! - von uns sich weggekehrt! Wir haben alle segenreich erfahren,

Die Welt verdank ihm, was er sie gelehrt;

Schon längst verbreitet sich's in ganze Scharen, Das Eigenste, was ihm allein gehört.

Er glänzt uns vor, wie ein Komet entschwindend, Unendlich Licht mit seinem Licht verbindend.

Goethe knüpft an die Schlußzeile von Schillers „ Lied von der Glocke “ an, bezieht sich zu- nächst auf Schillers letztes Werk, „ Die Huldigung der Künste “ zur Heirat des Erbprinzen Carl Friedrich mit Großfürstin Maria Pawlowna, zeichnet ein menschliches Bild des toten Freun- des mit Einzelheiten seines Lebens und seiner Entwicklung, seiner Krankheit und Willens- kraft, würdigt den Philosophen, Historiker und Dichter und gipfelt inhaltlich in der Totenkla- ge um den erhabenen Denker der Idee, den Dichter des Wahren, Guten, Schönen.

Die Froriep-Schwabe-Kontroverse

Jahrzehnte später hob ein erbitterter Streit an, wer nun wirklich am mitternächtlichen Begräbnis teilnahm.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Froriep

Obermedizinalrat Ludwig Friedrich von Froriep schrieb 32 Jahre später über Schillers Be- gräbnis: „ Im Jahre 1805 befand ich, damals Professor zu Halle, mich gerade in Weimar zum Besuch, als Schiller so unvermutet starb, und als die Hülle des gro ß en Geistes in der hellen

Mitternachtsstunde vom 11. auf den 12. Mai, von einigen jungen Gelehrten, Künstlern und Staatsdienern getragen, beigesetzt wurde, waren - ich begreife noch nicht, wie das so kom- men konnte! - ich und ein mir Unbekannter die einzigen, welche dem Sarge folgten!42

Wichtig ist, daß er als Teilnehmer an der Beisetzung genau sehen konnte, welchen Platz der Schiller-Sarg im Gruftgewölbe exakt erhalten hat.

Weimars Bürgermeister Carl Leberecht Schwabe las die Reminiszenz Frorieps im Druck des „Frankfurter Konversationsblattes“, Nr. 68 (9.03.1838), schrieb sie sich ab und bemerkte da- zu: „ Wie kann Herr v. Froriep mit Wahrheit behaupten, da ß er und Herr v. Wolzogen die ein- zigen gewesen, die dem Schillerschen Sarg gefolgt?! - Nur seine bekannte Eitelkeit l äß t ihm das sagen; denn wir, die den Sarg zu tragen uns verbunden hatten, l ö sten einander im Tragen immer ab. Acht trugen und dieübrigen folgten.“43 Auch in Carl Schwabes Bericht Nr. 11 wird die Darstellung v. Frorieps abgewiesen, ebenso im Buch von Julius Schwabe, S. 20f.

Auf jeden Fall war Froriep, der damals seinen Hauptwohnsitz in Halle hatte, zu dieser unchristlichen Zeit (etwa 1 Uhr nachts) auf dem Friedhof, um eigens an der Beisetzung Schillers dabei zu sein. Dies gilt es festzuhalten, ebenso, daß das Verhältnis zwischen Schwabe und Froriep nicht das allerbeste war.

Das sollte nicht der einzige Streitpunkt in der Diskussion bleiben. Ein weiterer betraf die Beschaffenheit des Sarges.

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( Karl Gräbner: Die Gro ß herzogliche Haupt- und Residenz-Stadt Weimar. Erfurt 1830, S. 136-138).

Tannen- oder Eichensarg?

Im Bericht an das Oberkonsistorium heißt es: „ Weimar, d. 11. April 1826. Auf geschehene Nachfrage erhielt ich die Auskunft, da ß der Tischlermeister Bezirksvorsteher Engelmann den von Schillerschen Sarg gefertigt habe. Die Ergebnisse der mit ihm genommenen Rücksprache sind Folgende: Er erinnere sich noch recht gut, da ß er den v. Schillerschen Sarg gefertigt habe, jedoch wisse er nicht mehr mit Bestimmtheit anzugeben, ob es ein Sarg von Bohlen oder Brettern gewesen sei. Er glaube jedoch, da ß es ein Begräbnisüberhaupt die gr öß te Kostener- sparnis habe vorwalten sollen. Aus eben diesen Gründen glaube er auch nicht, da ß der Sarg beschlagen worden oder ein Schild erhalten habe. So nachrichtlich Sekretär Hetzer.“44

Auf Tischlermeister Heinrich Gottlieb Engelmann gehen alle die schaurigen Schilderungen zurück, die einander in der Ausmalung der Dürftigkeit, Erbärmlichkeit und Würdelosigkeit des Sarges überbieten. Aber Engelmann ist ein sehr unzuverlässiger Zeuge.45

Aus den Akten sei es, so August von Froriep, der Enkel des Obermedizinalrates, wahrschein- lich, daß Schiller in einem einfachen Brettersarg46 beigesetzt worden ist, wobei er sich auf die Zeugenaussage des Tischlermeisters Engelmann vom 15.03.1826 stützt. Ein solcher Sarg aber widerstehe der Fäulnis schlecht. Daher müsse dieser rascher zerfallen als selbst beträchtlich ältere Sarkophage aus eichenen Bohlen. Infolgedessen befände er sich nach wenigen Jahren in einem Zustand der Auflösung, der den Totengräber nötigte, ihn auseinander zu nehmen und seine Bestandteile beiseite zu legen. Wann das geschah, wisse man nicht, vielleicht am

27.10.1810, vielleicht am 20.09.1811. August von Froriep nimmt an, daß ungefähr von dieser Zeit an die Gebeine Schillers in der Gruft verstreut, die Reste seines Sarges auseinander genommen und mit anderen modernden Brettern auf die Seite geräumt waren.47 Warum wollte August von Froriep diese Version verbreiten?

Schillers einstiger Diener, der Registrator Rudolph, hatte ein besseres Gedächtnis als Engel- mann. Er sagte am 13.03.1826 aus: „ Wie ich nicht anders wei ß , so war der v.Schillersche Sarg von eichenem Holze und mit eisernen Handhaben; auch glaube ich, da ß auf dem Sarge ein kleines Schild befindlich sein mu ß . Doch will und kann ich diese meine Angabe [hinsicht-

lich des Schildes] keineswegs verbürgen.“48 Daß der Sarg wirklich mit einem Täfelchen versehen gewesen ist, weiß man aus dem Brief der Caroline von Wolzogen an ihren Neffen Ernst von Schiller vom 29.05.1826: sie selbst hat es herstellen lassen.49 Für seine Arbeit hat der Flaschner (Blechschmied) 1 Taler erhalten.50

Schillers Sarg hat, ohne die Beschläge, die für sich noch einen Betrag von 16 Talern 10 Gro- schen erfordert haben, 18 Taler und 20 Groschen gekostet: „ Das ist kein schlechter Sarg, das ist ein au ß ergew ö hnlich vornehmer und teurer Sarg, keiner aus billigen Tannenbrettern, son- dern aus gutem Eichenholz “.51 Die Rechnung über die Kosten der Beisetzung Schillers ist erhalten: 36 Taler; der Tischler hat 18 Taler 20 Groschen erhalten, der Schlosser für die Be- schläge 16 Taler 10 Groschen, der Flaschner für das Namensschild 1 Taler. Zum Vergleich: ein Armensarg kostete nur 3 Taler und 6 Groschen. Die Beisetzung Schillers hat insgesamt 114 Taler 17 Groschen 3 Pfennige gekostet. In dieser Summe sind die Gebühren der kirchli- chen Feier der Kollekte mit enthalten.52

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Rechnungüber die Kosten der Bestattung (ausgestellt von Oberkonsistorialrat Günther)53

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Kein würdeloses Armenbegräbnis also! Sondern eine standesgemäße Beisetzung. Warum aber hat sich dieser schwere Eichensarg samt Namenstafel innerhalb von nur 9 Jahren gewissermaßen in Luft aufgelöst? Denn eine Erzählung berichtet, daß man dem Kronprinzen Ludwig von Bayern54, als er 1814 in Weimar den Sarg Schillers zu sehen wünschte, nur den Oberbau des Kassengewölbes gezeigt habe: „ Was den Sarg betraf, so erklärte der Totengräber, es sei nicht mehr m ö glich, den Schillerschen Sarg ausfindig zu machen “.55

Diese Erklärung des Totengräbers Bielke lege nach August von Froriep die Vermutung nahe, daß „ letzterem bewu ß t war, den Sarg Schillers weggeräumt zu haben. Denn 1814 waren seit Schillers Beisetzung nur 9 Jahre verstrichen und nur 7 Särge neu hinzugekommen. Unter die sen Bedingungen ist es … als v ö llig ausgeschlossen zu betrachten, da ß Bielke auf Verlangen den Sarg Schillers nicht sofort erkannt haben würde; er hatte denselben ja selbst an seinen Platz gestellt, mu ß te daher ganz genau wissen, wie er beschaffen war und wo er stand.“56 Insbesondere wenn ein Namensschild vorhanden war.

Vielleicht hatte der Totengräber auch bemerkt, daß der Sarg nicht unbeschädigt war, weil man den Schädel entfernt oder ausgetauscht hatte. Vielleicht hatte er selbst daran mitgewirkt - gegen eine entsprechende Bezahlung natürlich!

Johann Heinrich Bielke (1750-1827) war als Nachfolger seines Vaters seit 1801 der Toten- gräber auf dem St. Jakobs-Friedhof. Schon Hildebrandt konnte sich oft des Eindrucks nicht erwehren, „ da ß Bielkeüber Schillers Sarg - vielleicht auchüber die Leiche und den Schädel Schillers - viel mehr wu ß te, als er sagte und kaum jemals bekannt werden wird.57 Dadurch, daß Bielke keine gegenteilige Äußerung bei den verschiedenen Durchsuchungen des Kassen- gewölbes im Jahre 1826 gemacht hat, sei nach Hildebrandt die Schlußfolgerung berechtigt, daß sich Schillers Schädel 1826 noch in der Gruft befunden haben muß.58 Was aber, wenn der Totengräber Mitwisser des Schädelaustauschs gewesen war? Dann hätte er sich nur selbst belastet!

Die Angabe, daß nach nur 9 Jahren der Schillersche Sarg nicht mehr ausfindig zu machen sei, ist umso erstaunlicher, als man 1826 bei dem zerfallenen Sarg von Hofrat Engelhardt das Schild noch deutlich erkennen konnte - nach 36 Jahren. Das Alter der anderen noch erkennbaren Beschriftungen waren 17, 16, 15, 8 und zweimal 5 Jahre.59

Wem oblag denn die Zuständigkeit über das Gruftgewölbe? Wer konnte unbemerkt sich den Schlüssel beschaffen und sich den Toten nähern?

Der Zugang zum Kassengewölbe

Bürgermeister Schwabe: „ Wer die Aufsichtüber das Kassengew ö lbe zu führen hatte, konnte man eigentlich nicht so recht mit Bestimmtheit sagen. Allerdings war das Landschaftskollegi- um, als Eigentümer, zunächst dazu berechtigt und verpflichtet, und hatte auch die Schlüssel zu diesem Gew ö lbe in Verwahrung; doch konkurrierte mit ihm das Oberkonsistorium, wel- chem die Aufsichtüber die St.-Jakobskirche und den dazu geh ö rigen Kirchhof zustand.60

Der Schlüssel zum Kassengewölbe befand sich im Besitz des Registrators vom großherzogli- chen Landeskollegium.61 Ein einflußreicher Mann wie Ludwig Friedrich von Froriep hätte durchaus sich im zeitweiligen Besitz dieses Schlüssels bringen können, da sich das Landes- kollegium nicht sehr um die Gruft gekümmert hat. Auch konnte er als oberster Beamter des Gesundheitswesens im Großherzogtum jederzeit vor Ort eine Hygiene-Inspektion durchfüh- ren lassen.

Bürgermeister Schwabe: „ Fanden nun auch die im Kassengew ö lbe beigesetzten Toten ein ‚ standesgem äß es ’ Begräbnis, so müssen wir doch leider berichten, da ß für die stillen Bewoh- ner, welche das kleine, unheimliche Haus bezogen, sehrübel gesorgt war. An Seilen lie ß man die neuankommenden Mietsleute in das ziemlich tiefe Souterrain hinabgleiten, und sobald sie Boden fanden, mochte es nun der feuchte Erdboden oder die morschen Särgeälterer Bewoh- ner sein, zog man die Seile wieder herauf und schlo ß die Falltüre, die dann erst wieder ge ö ff- net wurde, wenn ein neuer Ank ö mmling in die Nacht und den Moder da unten gesenkt werden mu ß te. Wenn nun im Laufe der Jahre dieses Souterrain angefüllt worden war, wenn der Zu- wachs zu der Gesellschaft des Todes den Platz zu beengen anfing, so gab das Landschaftskol- legium Befehl, das Kassengew ö lbe ‚ aufzuräumen ’ . O dieses Aufräumen! Es vollendete die Vernichtung, welche der Tod erst begongen hatte; es verwischte die letzte k ö rperliche Spur von dem Dasein Derer, die sich auch einst … der ‚ s üß en Gewohnheit des Daseins ’ erfreut hatten. Wenn das Kassengew ö lbe aufgeräumt wurde, brachte man seinen ganzen damaligen Inhalt, Sargtrümmer, Rudera von Totengewändern, Gebeine und sonstige Ü berreste der Be- grabenen auf einen gro ß en Haufen, und grub in einem Winkel des Totenhofes ein geräumiges Loch, und dahinein wurden nun jene Ü berbleibsel der Toten und ihrer Gehäuse, untereinan- der gemengt, wie es der Zufall nun wollte, eingescharrt. Nur wenig hatte man es mit noch ganzen, erhaltenen Särgen und Leichen zu tun. Das Kassengew ö lbe war eine treffliche Werk- stätte der Verwesung. Seine Lage unter einem sanften Abhang gab dem besten Helfer der Zer- st ö rung, der Feuchtigkeit, ungehinderten Zutritt zu dem Grabgew ö lbe.“62

Man kann sich sehr gut vorstellen, daß keiner von den Verantwortlichen des Landeskollegiums in die Gruft hinabgestiegen ist, um dort zu inspizieren.

Erst im Jahre 1826 ist durch die Nachforschungen des Bürgermeisters Schwabe der „ ganz verwahrloste Zustand des Kassengew ö lbes bekannt “ geworden.63

Niemand hatte sich beschwert, wenn, um ‚aufzuräumen’, „ die Ü berreste der im Kassenge- w ö lbe Beigesetzten, gleich anderem leblosen Schutt, zusammengeschaufelt und in einer Ecke des Kirchhofes eingescharrt wurden.“64 Die Rettungsaktion von Bürgermeister Schwabe im Jahre 1826 wurde hingegen als „Störung der Totenruhe“ angesehen. Daher erhielt dieser vom Oberkonsistorium einen indirekten Verweis, vom Großherzog Carl August aber das Ritter- kreuz des Falkenordens.65

II. Gall und die Schädeljäger

Die Schädeljagd der Phrenologen

Die Phrenologie (gr. Phrenos = „Geist“, „Gemüt“) ist eine zu Beginn des 19. Jahrhunderts von dem Arzt Dr. Franz Josef Gall (1758-1828) begründete pseudowissenschaftliche Lehre, die versuchte, geistige Eigenschaften und Zustände bestimmten, klar abgegrenzten Hirnarealen zuzuordnen. Dabei wurde ein Zusammenhang zwischen Schädel- und Gehirnform einerseits und Charakter und Geistesgaben andererseits unterstellt. Trotz ihrer unwissenschaftlichen Herangehensweise stellt sie einen wichtigen Vorläufer und Bezugspunkt der modernen Neuro- und Kognitionswissenschaften dar.

Nach Galls Vorstellung war das Gehirn der eigentliche Sitz aller geistigen Tätigkeit des Men- schen. Der Charakter und das Gemüt und letztlich auch die Intelligenz ergaben sich für ihn aus dem Zusammenspiel der in verschiedenem Maße vorhandenen geistigen Anlagen. Diese waren für ihn an eine Anzahl von „Organen“, d. h. materiell vorhandene Teile des Gehirns gebunden, wobei jedes Organ Sitz einer charakteristischen Verstandesgabe oder eines Triebes war. Die Größe und Form der einzelnen Organe war demnach ein Maß für die Ausprägung der jeweiligen Charaktereigenschaft, die charakterliche Gesamtveranlagung einer Person war in den Proportionen der Organe zueinander vorbestimmt. Anhaltspunkte für die Ausprägung der Organe ließen sich (am lebenden Objekt) aus der äußeren Form des Schädels gewinnen. Gall selbst zeigte daneben auch Interesse an der Überschreibung der sterblichen Überreste auf geistigem Gebiet aktiver Zeitgenossen und versprach sich von der Untersuchung der Schädel von Haustieren (deren vormalige Eigenheiten ihm mitgeteilt werden sollten) neue Erkenntnis- se.

Gall hat die ausschlaggebende Rolle der grauen Substanz und der Hirnrinde als erster erkannt und hat durch seine neuartige Art der Sezierung die Faserstruktur der weißen Substanz wahr- genommen. Auch hat er anhand seiner Beobachtungen von hirnverletzten Menschen das erst mehrere Jahrzehnte später von Paul Broca beschriebene Sprachzentrum im Gehirn richtig erkannt und lokalisiert.67

Schon 1798 hatte Gall sich in Wielands „Teutschem Merkur“ gewünscht, daß „ jede Art von Genie “ ihn zum Kopf-Erben einsetzte: „ Gefährlich wäre es freilich für einen Kästner, Kant, Wieland u.d.g. wenn mir Davids Würgeengel zu Gebote stünde. Allein als ein guter Christ will ich mit Geduld auf Gottes langmütige Barmherzigkeit harren.“68 Kants Schädel wurde ihm nicht zuteil.69 Von Schillers Schädel konnte er sich 1805 in Weimar wenigstens einen Abguß der durch Ludwig Klauer hergestellten, den ganzen Kopf wiedergebenden Totenmaske ver- schaffen.

Die Phrenologie führte Anfang des 19. Jahrhunderts zu einer regelrechten Jagd auf Menschenschädel, die auch vor Leichenschändung nicht zurückschreckte.

In Wien trat zur Zeit der Privatvorträge Galls, nämlich von 1796 bis 1801, eine wahre Jagd nach Schädeln auf; sogar der Kustos der kaiserlichen Sammlungen, Abbé Eberle, jagte in Konkurrenz zu Gall den Köpfen bekannter Persönlichkeiten nach; der Oberhofbibliothekar und Dichter Michael Denis (1729-1800) sah sich veranlaßt, in seinem Testament zu verfügen, sein Kopf solle nicht in Galls Hände fallen. Dieser Schädeleuphorie gewährten die Wiener Totengräber ihre hilfreiche und lukrative Unterstützung, denn der vergleichende Anatom Karl Asmund Rudolphi (1771-1832) berichtet, man könne von ihnen „äußerst wohlfeil“ schön ge- bleichte Knochen und gesprengte Köpfe kaufen. Zu den Köpfen in der Schädelsammlung Galls zählte auch der ihm im Scherz vermachte des Dichters Alxingers70, die Schädel Blumauers71, Jüngers und des General Wormsers; in Paris wurden später die Schädel von Boi- leau72 und La Fontaine73 ausgegraben. Zur Not wich Gall aber auch auf Büsten und Schädel- abgüsse aus, wenn er, der seine Studien vor allem an Schädeln berühmter oder berüchtigter Personen vornehmen wollte, den Originalschädel nicht zur Verfügung hatte.74

Vor allem interessierten sich die „Schädeljäger“, Schüler Galls, für die Schädel herausragen- der Persönlichkeiten: Der Schädel des Dichters William Shakespeare wurde 1794 aus der Gruft auf dem St. Trinitatis-Friedhof in London gestohlen. Der Kopf des österreichischen Dichters Alxinger wurde 1797 vor der Beerdigung durch einen seiner Freunde vom Rumpf abgetrennt (der Schädel befindet sich heute in Paris). Den Schädel von Wolfgang Amadeus Mozart, dessen Existenz seit 1868 allgemein bekannt ist, hat wahrscheinlich der Totengräber 1801 bei der Umräumung des mehretagigen Schachtgrabes (also 10 Jahre nach Mozarts Tod) an sich genommen. Der Kopf des deutschen Dichters Heinse (†1803) befand sich als Spiritus- Präparat in der Sammlung des Anatomen Sömmering in Frankfurt am Main. Joseph Haydns Leichnam ist 1809 nur wenige Tage nach der Bestattung von einem Gall-Adepten der Kopf im Grabe abgetrennt worden. Als 1818/19 der Sarkophag von René Descartes in das Panthéon in Paris überführt wurde, fehlte der Schädel. Des Theosophen Emanuel Swedenborgs Schädel ist 1816 von dem Londoner Phrenologen Holm aus dem Sarg entwendet und gegen einen an- deren ausgetauscht worden. 1840 wurde der Schädel des Dichters Sir Thomas Browne (†1662) in Norwich von einem Antiquitätensammler und Phrenologen aus dem Grab gestoh- len. 1849 befand sich der Schädel mit dem Etikett „ Kranium des berühmten Sir Thomas Browne “ in der Sammlung des Norwicher Krankenhausmuseums. Dort blieb der Schädel bis 1922, ehe er dann mit großer Feierlichkeit wieder in den Sarg gelegt wurde. Bei der Umbet- tung des Leichnams von Gaetano Donizetti 1875, 27 Jahre nach der Beisetzung, fehlte das bei der Obduktion entfernte Schädeldach.

Die Anatomen haben zu jener Zeit Schädel wie Briefmarken gesammelt “, so Frau Prof. Wittwer Backofen.

Zeitgen ö ssische Gall-Karikatur75

Ein Zitat aus dem Jahre 1800, das die zeitgenössische Stimmung gut wiedergibt: „ Ein jeder ist in Wien sehr besorgt und in gro ß er Angst, da ß sein Kopf in Galls Sammlung kommen k ö nnte. Nun halten nochüberdies alle Menschen so viel auf sich selbst, und haben eine so gro ß e Meinung von sich, da ß jederüberzeugt ist, Gall laure schon lange auf seinen Kopf als einen der wichtigsten seiner Sammlung.“76

Wie dieser Begründer der Phrenologie im allgemeinen zu verfahren pflegte, um beim Hinscheiden berühmter Persönlichkeiten sich Kopfabgüsse zu verschaffen, geht aus einem Brief hervor, der zum voraus darauf hinzielte, in entsprechender Weise die Abformung des Kopfes von Goethe nach dessen etwa eintretendem Tode zu veranlassen. Gall schrieb am 17.05.1827 an Friedrich Brentano, nachdem er sich über eine von ihm von letzterem übersandte Büste Goethes abfällig geäußert: „… so beschw ö re ich Sie, alle Umgebungen des einzigen Genies zu bestechen, daß womöglich der Kopf in natura der Welt aufbewahrt bleibe, oder wenigstens dieser Vorschlag die Seinigen emp ö ren sollte, da ß nach dem Tod der Kopf geschoren und ganz, sowohl von hinten als von vorne, in Gips abgegossen werde.“77

Im „Neuen Teutschen Merkur“ von 1798 ist zu finden: „ Wenn die Ü berreste geschätzter und geliebter Personen als Reliquien ihren Verehrern teuer sind, so k ö nnen diese sich wenigstens damit tr ö sten, die Crania der Genannten nebst vielen anderen eben so wichtigen in der inte- ressanten Schädelsammlung des Dr. Gall zu finden, wo ihre K ö pfe nicht nur vor dem Zahne des Moders gesichert sind, sondern auch noch nach ihrem Tode lehrreich und nutzbar wer- den.“78

An keine Universität jemals gebunden, hielt Gall seine privaten Vorlesungen vor einem breit- gefächerten Auditorium, in dem alle sozialen Stände willkommen waren. Gebildete Frauen nutzten die seltene Gelegenheit, die man ihnen auf diese Weise bot, um Zugang zu einem öf- fentlichen Lehrangebot zu erlangen. Sie durften ohne Unterschied sowohl bei den Schädelbe- trachtungen als auch bei den Gehirnsezierungen anwesend sein. Diese seltene Offenheit in der Verbreitung seiner Lehre sowie die Tatsache, daß er sich seine Vorlesungen von den Zuhö- rern bezahlen ließ (obwohl Gall Unvermögende gerne unentgeltlich zu seinen Vorträgen zu- ließ), trugen ihm bald den Vorwurf der Scharlatanerie und der Geldgier, insbesondere seitens der damals etablierten deutschen Wissenschaft zu.79

Daß der Erfolg seiner Privatvorlesungen in Wien zwischen 1796 und 1801 von Tag zu Tag größer wurde und auch außerhalb Österreichs zu reden gab, trug sicher nicht wenig dazu bei, daß er auch seitens der politischen Autorität mit Mißtrauen betrachtet wurde, insbesondere da während dieser Zeit in Wien eine wahre Schädeljagd ausgelöst schien, die von Wiener Toten- gräbern willig und ertragsreich unterstützt wurde. Anonyme Schädel wurden aus Massengrä- bern geholt, nach Galls Methode beschriftet und mit gutem Etrag verkauft. Aber nicht nur anonyme Köpfe waren gefährdet: Seitdem durch Gall der menschliche Schädel kein unheim- liches und abzuweisendes Memento mori mehr war, sondern das wissenschaftlich bestätigte Spiegelbild der ehemaligen Eigenschaften eines Verstorbenen, wollten gallbegeisterte Samm- ler gern in den Besitz der Schädel berühmter Persönlichkeiten gelangen.80

Folgender Satz im „Neuen Teutschen Merkur“ vom Juni 1798 war nicht ironisch gemeint und zeugt von einem neuen, heidnischen, aufklärerisch geprägten Verständnis des Todes: „ Wenn die Ü berreste geschätzter und geliebter Personen als Reliquien ihren Verehrern teuer sind, so k ö nnen sie sich wenigstens damit tr ö sten, die Crania der Genannten nebst vielen andern ebenso wichtigen in der interessanten Schädelsammlung des Dr. Gall zu finden, wo ihre Köp- fe nicht nur vor dem Zahne des Moders gesichert sind, sondern auch nach ihrem Tode noch lehrreich und nutzbar werden.“

Die Schädeljagd ist auch ein Anlaß des im Dezember 1801 verfügten Dekretes des Kaisers Franz II. an den Staatskanzler Graf Lazansky gewesen, in dem es heißt: „ Der Doktor Medicinae Gall gibt, wie ich vernehme, in seinem Hause Privatvorlesungenüber die von ihm erfundene Theorie des menschlichen Hirnschädels und soll häufigen Besuch nicht nur von Männern, sondern auch von Weibern und jungen Mädchen erhalten. Daüber diese Kopflehre, von welcher mit Enthusiasmus gesprochen wird, vielleicht manche ihren eigenen Kopf verlieren dürften, diese Lehre auch auf Materialismus zu führen […] scheint, so werden Sie diese Privatvorlesungen also gleich durch die N.Oe.L.R.St. verbieten lassen.“81

Ursache des Materialismusverdachtes war einerseits der Mensch-Tiervergleich Galls, der so- wohl den Aufbau des Gehirnes als auch die hierdurch begründeten Verhaltensweisen umfaßte, und andererseits die Anbindung auch der moralischen Eigenschaften des Menschen an spezi- elle Organe des Gehirnes, deren Größe und Reizbarkeit über die Ausprägung des Wohlwol- lens, der Aggression oder der freundschaftlichen Empfindungen entscheiden sollten.

Trotz Galls wiederholten, aber wenig überzeugenden Gegenbeteuerungen war die Tendenz zum Materialismus, zum Determinismus und zum Fatalismus seiner Schädellehre unverkennbar. Die Annahme, daß die seelischen Eigenschaften des Menschen ihren Sitz in verschiedenen voneinander getrennten Zonen des Gehirnes haben, erzwang geradezu die Vorstellung einer Seele, die sowohl teilbar wie auch sterblich ist. Die Hypothese eines angeborenen Mordsinnes und Raubsinnes andererseits stellte im religiösen Bereich die moralische Freiheit des Menschen in Frage und im juristischen Bereich die Zurechnungsfähigkeit des Verbrechers. Auch die Erziehbarkeit des Menschen wird dadurch in Frage gestellt.82

Der Grund für die Durchführung der Propagandareise Galls, die er in den Jahren 1805-1807 durch Deutschland zur Verbreitung und Entwicklung seiner Lehre unternahm, lag in dem Verbot der Privatvorlesungen Galls in Österreich und in den strengen Zensurbestimmungen, die die Publikation der Lehre Galls nicht gestatteten.83

Der Enthusiasmus für die Schädellehre zur Zeit Galls hing zunächst mit dessen Auftreten in den Vorlesungen und mit dem Ungewöhnlichen seines Reisens zusammen. Neben zwei Affen und einem Wachspousirer führte Gall noch eine Auswahl von Schädeln aus seiner Sammlung zu Demonstrationszwecken mit sich. Durch seine Vortragsweise muß Gall besonders in der Damenwelt einen tiefen Eindruck gemacht haben. Charlotte von Schiller beschreibt ihn als interessanten Menschen von Scharfsinn und Genialität, mit einem unbefangenen einfachen Wesen, ganz für die Wissenschaft lebend; sie ist so sehr von Galls Lehre eingenommen, daß sie an Johann Friedrich Cotta berichtet: „ Gall hat sichüber Ernsts Kopf erfreut und gesagt, er habe den Kopf seines Vaters. - M ö chte es einst so sein! M ö chte er in einer künftigen Genera- tion durch sich ein Bild seines einzigen unverge ß lichen Vaters geben! Uns wird diese Er- scheinung alsdann nichts mehr sei k ö nnen. Aber wir müssen uns für die kommende Welt freu- en, da ß das Sch ö nste sich wieder erzeugt.“84

Die Stimmung unter den Gelehrten war geteilt; während einerseits vor allem die Naturfor- scher und Philosophen, die dem deutschen Idealismus nahestanden, wie z.B. Jacob Fidelis Ackermann (1765-1815), Johann Gottlieb Fichte (1762-1814), Friedrich Wilhelm Joseph Schelling (1775-1854) und auch Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770-1831), Gall entweder ignorierten oder bekämpften, so wurde die Lehre Galls andererseits - zumindest was die Hirnanatomie anbelangt - von anderen Gelehrten wie dem königlich preußischen Leibarzt Christoph Wilhelm Hufeland (1762-1836), dem Physiologieprofessor Christian Heinrich Ernst Bischoff (1781-1861) und dem Zoologie- und Anatomieprofessor Friedrich Tiedemann (1781-1861) wissenschaftlich anerkannt.85

Gall-Schädel aus Goethes Besitz

Kaum ein Gelehrter und Schriftsteller jener Zeit nahm keine Notiz von Gall, man verfolgte über die Nachrichten in den Zeitungen seine Vortragsreise. Besonders interessant waren Galls Besuche in den Zucht-, Irren- und Waisenhäusern, die vor den heimischen Gelehrten zur De- monstration der Kenntnisse Galls dienten; Gall wollte in diesen Anstalten die Organe an den

Insassen herausfinden, die die jeweiligen Verbrechen bzw. Geisteskrankheiten verursacht haben sollten oder die eine spezielle Ausbildung eines Waisenkindes als ratsam erscheinen ließen. Dabei wurde die Zwiespältigkeit der Gallschen Lehre deutlich, nämlich einerseits die Annahme einer Prädetermination des einzelnen Menschen durch seine Anlage und andererseits der in ihr enthaltene aufklärerische Impetus nach realitätsgerechter Veränderung bestehender Verhältnisse in den Anstalten.86

Gall scheute keine Kosten, um seine Galerie von Schädeln, Büsten und Gipsabdrücken zu vervollständigen. Seine Sammlung, von der sich noch ein Teil im Muséede l ’ Homme in Paris87 und ein anderer Teil im Städtischen Museum von Baden bei Wien88 befindet, umfaßte ca. 500 Schädel und Abgüsse von Köpfen und Gehirnen.

Das Landes-Industrie-Comptoir von Friedrich Justin Bertuch vertrieb sogenannte „Gallsche Köpfe“ als Gipsabgüsse von Ludwig Klauer, für die unter der Bezeichnung „Organenschädel nach Gall“ im „Journal des Luxus und der Moden“ geworben wurde.89 Sowohl Goethe als auch der Herzog besaßen jeder einen echten menschlichen Schädel, auf dessen Hirnschale die speziellen Regionen mit den zugeschriebenen Hirnfunktionen umrandet und beschriftet wa- ren.

[...]


1 Arthur Conan Doyle: The Adventures of Sherlock Holmes. S. 932 (vgl. Doyle-Holmes, S. 179) http://www.digitale-bibliothek.de/band129.htm

2 Arthur Conan Doyle: Die Abenteuer des Sherlock Holmes. S. 4008 (vgl. Doyle-WA Bd. 5, S. 11 ff.) http://www.digitale-bibliothek.de/band129.htm

3 Die Jakobskirche hatte nur das Taufrecht, aber kein Bestattungsrecht, das ihr erst 1892 erteilt worden ist. Bestattungsrecht hatte einzig die Kirche St. Peter und Paul (die Herder-Kirche), in deren Totenbuch daher auch die Toten der Jakobs-Kirche verzeichnet wurden. (Hecker, S. 40).

4 Verzeichnis der im Kassengewölbe Beigesetzten nach den Begräbnislisten der Totengräber Joh. Tobias Bielke 1755-1801 und dessen Sohn Joh. Heinrich Bielke 1801 bis 1826: Froriep, S. 15-20; Stapff, S. 15-17.

5 Froriep, S. 47.

6 Froriep, S. 45.

7 Froriep, S. 61.

8 Froriep, S. 57.

9 Froriep, S. 55f.

10 Bei Schiller waren die „untrüglichsten Zeichen des Todes“ eingetreten; seine Beisetzung fand 54 Stunden nach erfolgtem Tode statt (Hecker, S. 300).

11 Hecker (S. 298ff.) hat nachgewiesen, daß der zeitliche Rahmen der Beisetzung Schillers in Übereinstimmung mit Volksbrauch und gesetzlicher Vorschrift stattgefunden hat, das nächtliche Begräbnis das beneidete Vorrecht des Adels und der höchsten Beamten gewesen ist, daß Charlotte von Schiller von den Möglichkeiten einer prunkvollen Ausstattung und eines Kondukts bei der Überführung ihres Gatten zum Friedhof keinen Gebrauch gemacht hat, daß kein Geistlicher entsprechend einer Verfügung vom 5.11.1774 Leichname nachts auf dem Friedhof begleiten durfte, und daß schließlich in dem damaligen Brauch, Leichname durch Handwerker zu Grabe tragen zu lassen, keine Herabwürdigung Schillers zu sehen ist.

12 Hecker, S. 307.

13 Hecker, S. 109.

14 Vermutlich identisch mit Gottlieb Brehme, einem Gutsverwalter in Oberweimar.

15 Schwabe, S. 15f.

16 Hecker, S. 39. Stötzer hatte 1826 als Kammerkalkulator die Schlüsselgewalt über das Kassengewölbe. Von der ersten Durchsuchung des Kassengewölbes am 13.03.1826 liegen zwei fast gleichlautende Berichte vor, von denen der eine von Sötzer mitunterzeichnet ist. In beiden Berichten wird die Mitwirkung Stötzers so dargestellt, daß man daraus schließen kann, er sei 1805 unter den Trägern des Schiller-Sarges gewesen. Ja, Sötzer mußte wohl sogar dazu in der Lage sein, noch Angaben über den Standort des Sarges in der Gruft machen zu können, denn er und der Totengräber Bielke haben sich darüber geäußert. Auch sollen Stötzer und Rudolph (Schillers ehemaliger Diener) versichert haben, den Schillerschen Sarg wiedererkennen zu können. Beide machten die Angabe, daß dieser Sarg einer der längsten unter den im Gewölbe befindlichen sein müsse.

17 Franz Eduard Genast (1797-1866), Weimarer Hofschauspieler, Sohn des Weimarer Schauspielers Anton Genast (†1831).

18 Anton Genast, eigentl. Kynast (1765-1831), Schauspieler, Sänger und Regisseur in Weimar.

19 Heinrich Becker, eigentl. von Blumenthal (1764-1822), Schauspieler und Regisseur in Weimar.

20 Carl Friedrich Malcolmi (1745-1819), Schauspieler und Bassist.

21 Karl Wilhelm Ferdinand Unzelmann (1753-1832), Schauspieler.

22 Carl Ludwig Oels (1771-1833), Schauspieler.

23 Pius Alexander Wolff (1782-1828), Schauspieler, auch Bühnenschriftsteller, 1803-1816 am Weimarer Theater, danach in Berlin.

24 Johann Jakob Graff (1768-1848), Schauspieler, seit 1793 in Weimar.

25 Friedrich Johann Haide, eigentlich Halt von der Haide (1771-1832), Ex-Medizinstudent und Schauspieler. Der Freund Schillers errang als Wilhelm Tell bei der Weimarer Uraufführung am 17.03.1804 seinen größten Erfolg.

26 Franz Eduard Genast, Erinnerungen, S. 22f. Zitiert bei: H. Pleticha, S. 218f.

27 Eduard Genast: Aus dem Tagebuch eines alten Schauspielers. Leipzig 1862, S. 153; Hecker, S. 282-284. In den Kapiteln 6 bis 8 seins Buches gibt Eduard Genast die Erinnerungen seines Vaters, des Schauspielers und Regisseurs am Theater in Weimar Anton Genast (1765-1831), wieder.

28 Hecker, S. 39. Es fällt auf, daß kein Schauspieler sich beteiligt hat; zu ihnen hatte Schwabe offenbar keine Beziehung.

29 Ludendorff, Der ungesühnte Frevel, S. 138, 140.

30 Schwabe, S. 17ff.

31 Hecker, S. 305f. Genast schreibt: „Im Jahre 1805 verkaufte mein Vater die eben beschriebene Besitzung und wir bezogen ein neues Haus am Graben. Am 9. Mai dieses Jahres kam mein Vater sehr spät in der Nacht nach Hause. Er trat weinend zum Bett meiner Mutter und sagte: »Schiller ist tot!« Nachdem er uns geküßt und mit der Mutter noch einiges gesprochen, legte auch er sich zu Bett, aber ich hörte ihn noch lange stöhnen und seufzen. Hier ist es wohl am Orte, eines Umstandes zu gedenken, welcher irrtümlich zum Nachteil der Anordner von Schillers Begräbnis und der damaligen Bewohner Weimars schon so oft ausgebeutet worden ist. Zunächst verweise ich den Leser auf die kleine Broschüre: »Schillers Beerdigung«, von Dr. Julius Schwabe aus den Papieren seines Vaters Karl Leberecht Schwabe herausgegeben (Leipzig 1852). Sie enthält eine getreue Darlegung des Tatbestandes und stimmt ganz mit dem überein, was mir mein Vater darüber mitgeteilt, nur daß nicht bloß, wie dort ausgesprochen ist, Gelehrte und herzogliche Beamte den Sarg des großen Toten trugen und bestatteten, sondern auch die Mitglieder des Hoftheaters: die beiden Regisseure Genast und Becker, mit denen Schiller fast in täglichem Verkehr gestanden, die Schauspieler Malkolmi, Graff, Haide, Unzelmann, Oels und Wolff, die ihm mit inniger Liebe ergeben waren, weil er ihnen stets ein wohlwollender Lehrer und Leiter bei ihren Aufgaben gewesen, folgten seiner Bahre und nahmen teil an dem Trauerzug. Dem älteren Schwabe kommt das Verdienst zu, daß Schillers Begräbnis nicht so einfach wurde, wie es die Witwe selbst gewünscht und wie sie den damaligen Oberkonsistorialrat Günther damit beauftragt hatte; er ging mit Genehmigung der Frau von Schiller zu Günther und sagte ihm: »Ich bin von Frau von Schiller an Sie gewiesen und bitte Sie dringend, zu gestatten, daß nicht Handwerker, sondern Männer, welche Schillers Genius zu würdigen wissen und es lebhaft empfinden, was die ganze gebildete Welt an ihm verloren hat, ihm die letzte irdische Ehre erweisen und ihn zu Grabe tragen dürfen.« Schwabe erhielt die trockene Antwort von Günther: »Ja, lieber Freund, das geht nun nicht mehr, es ist schon alles angeordnet; alles soll in der Stille geschehen, auch sind bereits die Träger bestellt.« Nach langem Bitten und erst als Schwabe das Versprechen gegeben, die Träger zu bezahlen, wenn sie auch nicht den Sarg trügen, wurden diese abbestellt und von dem geistlichen Herrn Schwabe die Erlaubnis zu seinem Vorhaben erteilt. Nachts um 12 Uhr fand die Beerdigung statt. Vor dem Sarge gingen die Schüler der ersten Klasse mit Laternen; diesen folgten die oben genannten Herren vom Theater, außer Graff und Haide, die den Sarg mit trugen. Die ferneren Träger waren Karl und Wilhelm Schwabe, Professor Voß, Gebrüder Träuter, St. Schütze, Klauer, Helbig, Irrgang, Brehme, Kannegießer, Oettelt, Lungershausen, Jagemann, Westermeyer, Weißer und Stark, alle teils Staatsbeamte, teils Maler, Bildhauer und Literaten. Hinter dem Sarge ging ein großer Mann in einen Mantel gehüllt, der fast das Gesicht bedeckte, der Sage nach Goethe; dem war aber nicht so, denn dieser war krank und wußte nichts von Schillers Tod, noch weniger von dessen Beerdigung. Schillers Schwager, Herr von Wolzogen, war von Naumburg zu diesem Akt der Trauer herübergekommen. Ein Schrei der Entrüstung erscholl in der ganzen literarischen Welt über den Vandalismus, daß Schillers Leiche von Schneidern getragen worden wäre, und besonders schrie Herr von Archenholtz Zeter über Weimar. Es war dem guten Manne nicht bekannt, daß die Toten, die im Leben einen hohen Rang eingenommen, von den Innungen, welche man allerdings dafür bezahlte, zu ihrer letzten Ruhestätte gebracht wurden; dies war der damalige Brauch, und niemand konnte sich ohne spezielle Erlaubnis der Behörde dem entziehen. Wenn aber auch der Sarg von Schneidern getragen worden wäre, so wäre Schillers Leiche dadurch doch nicht entehrt gewesen, selbst nicht was die Würdigung seiner Größe betrifft, denn mancher dieser Handwerker war vielleicht vertrauter mit Schillers Werken als viele der Schreier. Rochlitz sagt in seinem Werke »Für Freunde der Tonkunst« über seinen Aufenthalt in Weimar: voller Erstaunen hätte er einfache, schlichte Handwerker ganze Stellen aus Wallenstein ohne Anstoß rezitieren hören; und noch jetzt findet man unter dieser Klasse mehr Verehrer Schillers als unter der sogenannten gebildeten Welt. Auch Goethes Sarg wurde von vierundzwanzig Weimarschen Bürgern, die allen Gewerken angehörten, getragen und in der Fürstengruft beigesetzt.“ [Genast: Aus Weimars klassischer und nachklassischer Zeit. Deutsche Autobiographien, S. 25733 (vgl. GenastErinnerungen, S. 21 ff.) http://www.digitale-bibliothek.de/band102.htm ]

32 Schwabe, S. 17ff.

33 Schwabe, S. 17ff.

34 Hecker, S. 305.

35 Urlichs, Bd. 1, S. 356f.

36 Hecker, S. 109. Diese Aussage entspricht nicht den Tatsachen (siehe dagegen Rudolphs Aussagen); von ihr hat die Legende vom Armenbegräbnis Schillers recht eigentlich ihren Ursprung genommen.

37 Hecker, S. 96f. Der Plan des Gutskaufes unterblieb infolge der Kriegswirren; das Geld wurde durch v.Wolzogens Vermittlung zu 5% Zinsen in St. Petersburg angelegt.

38 Schwabe, S. 17ff.

39 In einer Eingabe vom 1.11.1774 hatten sich die „sämtlichen Mitglieder des geistlichen Ministerii an der Stadtkirche zu St. Peter und Paul und an der Garnisonkirche zu St. Jakob“, der Pastor, der Stiftsprediger, der Archidiakonus, der erste Diakonus, an die Herzogin Amalia als an die Regentin mit der Klage gewendet, daß man ihnen seit etwa drei Jahren verschiedentlich ansinne, bei Frühbeerdigungen „des Morgens um 2 oder 3 Uhr die Leiche auf den Gottesacker zu begleiten und die Sacra dabei zu verrichten“; sie hatten die Regentin gebeten, sie vor dieser „Zudringlichkeit“ für die Zukunft sicher zu stellen. Schon am 5. November war eine gewährende Verfügung an das Konsistorium ergangen. (Hecker, S. 308f.).

40 Brief von Heinrich Voß an den Jenaer Kirchenrat und Professor der Theologie Johann Jakob Griesbach vom 13.05.1805. Zitiert bei Hecker, S. 60f.

41 [Goethe: [Gedichte. Nachlese]. Goethe: Werke, S. 1606 (vgl. Goethe-BA Bd. 2, S. 92 ff.) http://www.digitale-bibliothek.de/band4.htm ]

42 Schillers Album. Eigentum des Denkmals Schillers in Stuttgart. Mit einem Stahlstich und Faksimile. Stuttgart 1837, S. 77. Zitiert bei Hecker, S. 278f.

43 Zitiert bei Hecker, S. 279. Vgl. Schwabe, S. 20.

44 Großherzogl. Staatsministerium, Dep. d. Kultus. Akten des Ober-Consistoriums 1826. Vgl. auch Schwabe, S. 52f.

45 Hecker, S. 300.

46 Ein sehr einfacher Sarg, an dem nicht einmal eine Tafel den Namen des Toten verkündet haben soll. So hat am 15.03.1826 der Tischlermeister Heinrich Gottlieb Engelmann bekundet, der selbst vor Zeiten diesen Sarg angefertigt, selbst mit Hand angelegt hatte, den Toten in den Sarg zu betten, und auf Engelmann gehen alle die schaurigen Schilderungen zurück, die einander in der Ausmalung der Dürftigkeit, Erbärmlichkeit, Würdelosigkeit des Sarges überbieten. Aber Engelmann ist nach Hecker (S. 300) ein sehr unzuverlässiger Zeuge;

47 Froriep, S. 28.

48 Hecker, S. 300.

49 Lermann, S. 169.

50 Hecker, S. 41.

51 Hecker, S. 301.

52 Hecker, S. 41-43.

53 Abbildung bei: Hecker, S. 40b.

54 Nach Conte Corti (Egon Caesar Conte Corti: Ludwig I. von Bayern. Ein Ringen um Freiheit, Schönheit und Liebe. München 1937, S. 80, Anm. 2) ist die Aufzeichnung Carl Schwabes trotz Heckers Skepzis (Hecker, S. 113) richtig; im Kriegsjahr 1806 war Kronprinz Ludwig in Weimar. Kronprinz Ludwig an Charlotte von Schiller (Brief, München, 4.05.1808): „Nicht Sie allein trauern um Schiller, viele Tausende betrauerten ihn, betrauern ihn noch; nicht Ihnen war er nur, er gehörte seinem ganzen deutschen Volke, dessen Ruhm der Edle erhöhte. Seine persönliche Bekanntschaft zu machen war ein sehnsuchtsvoller Wunsch von mir, leider blieb es nur ein Wunsch; doch die Werke seiner großen reinen Seele begleiteten mich auf allen meinen Reisen, Nahrung für Herz und Geist.“ (Lexikon Schiller Zitate, S. 642). 1826 redete König Ludwig dem Großherzog Carl August dringend zu, die sterblichen Überreste Schillers ordnungsgemäß beisetzen zu lassen und ihm eine christliche und würdige Begräbnisstätte zu schaffen. So wurden Schädel und Knochen, die man Schiller zuzuordnen meinte, in der Fürstengruft bestattet. Am 29.08.1826 besuchte Ludwig mit Goethes Kanzler das Schiller-Haus in Weimar. Auch Goethe sucht er in seiner Wohnung auf. „Schön, herrlich“, ruft Varnhagen aus, „dieser König weiß, daß auch Könige huldigen müssen.“ König Ludwig stattete 1838 Schillers Tochter, der Freifrau Emilie von Gleichen-Rußwurm, einen Besuch ab, deren Sohn Ludwig sein Patenkind war. Um das Urheberrecht für Schillers Werke zugunsten dessen Nachkommen zu verlängern, hatte er schon 1826 ein Verbot des unerlaubten Nachdrucks für Schillers Werke erlassen, und es gelang ihm auch, auf 20 Jahre das gleiche auch für das ganze Territorium des Deutschen Bundes durchzusetzen.

55 Schwabe, S. 42. Zu dieser Aufzeichnung bemerkt Hecker (S. 113): „Auch das ist ein Irrtum: Kronprinz Ludwig ist in den Kriegsjahren nicht in Weimar gewesen.“ Unabhängig von der zeitlichen Richtigkeit der Mitteilung, Tatsache ist, daß der Sarg Schillers sich 1826 nicht mehr an der alten Stelle befand. Nach Hecker (S. 346) stimme es jedoch nicht, daß nach J. Schwabe (S. 42) Kronprinz Ludwig von Bayern im Jahre 1814 in Weimar weilte und den Sarg Schillers zu sehen wünschte, wo man ihm lediglich den Oberbau des Kassengewölbes zeigen konnte und darauf hinweisen mußte, daß Schillers Sarg nicht mehr identifiziert werden könne. Die Särge stünden übereinander und wären großenteils zer- und umgefallen. (Hecker, S. 112f.).

56 Froriep, S. 28.

57 Hildebrandt, S. 82.

58 Hildebrandt, S. 82.

59 Vgl. Hecker, S. 106, 108.

60 Schwabe, S. 42.

61 Schwabe, S. 45.

62 Schwabe, S. 40f.

63 Schwabe, S. 65.

64 Schwabe, S. 49.

65 Schwabe, S. 74.

66 H. Ullrich, Schädel-Schicksale, S. 12-14; A. v. Froriep: Die Lehren Franz Joseph Galls beurteilt nach dem Stand der heutigen Kenntnisse. Leipzig 1911.

67 Rose, S. 66.

68 Zitiert aus Galls erster schriftlichen Darstellung seiner Lehre, die Wieland im Dezember 1798 in seinem „Neuen Teutschen Merkur“ abdruckte: „Des Herrn Dr. F. J. Gall Schreiben über seinen bereits geendigten Prodromus über die Verrichtungen des Gehirns der Menschen und der Thiere an Herrn Jos. Fr. von Retzer“ (3. Bd., 12. Stück, S. 311-332, bes. S. 326). – Jetzt bei Erna Lesky (Hrsg.): Franz Joseph Gall. 1758-1828. Naturforscher und Anthropologe. Stuttgart und Wien 1979, S. 47-59, bes. S. 55.

69 Immerhin hat Wilhelm Gottlieb Kelch (Ueber den Schädel Kants. Ein Beytrag zu Galls Hirn- und Schädellehre. Königsberg 1804; Nachdruck ebd. 1924) ihn sogleich nach seinem Tod untersucht und sich gemäß den Gallschen Lokalisationsspekulationen über 17 „Organe“ des Philosophen geäußert.

70 Johann Baptist Edler von Alxinger (1755-1797), österr. Dichter.

71 Johann Alois Blumauer (1755-1798), österr. Gelehrter Jesuit, Bücherzensor und Dichter.

72 Nicolas Boileau-Despréaux (1636-1711), frz. Dichter und Kritiker.

73 Jean de La Fontaine (1621-1695), frz. Fabeldichter.

74 Oehler-Klein, S. 40ff.

75 Zeitgenössische Karikatur (englischer Farbendruck) von J. Rawlandson auf Dr. Galls Vorlesung. Abbildung bei: Ullrich, Schädel-Schicksale, S. 14, Abb. 7.

76 Zitiert nach: J. Dalchow, G. Duda u. D. Kerner: Mozarts Tod 1791-1971. Zur 180. Wiederkehr seines gewaltsamen Endes am 5. Dezember 1971. Pähl 1971, S. 171.

77 Galls Brief an Franz Brentano vom 7. Mai 1827 in: Frankfurter Zeitung und Handelsblatt vom 21.06.1902 (Morgenblatt S. 2f.). Zitiert bei: Schöne, S. 51f. Gall wußte nur zu gut, daß auch ein noch so getreuer Abguß des Kopfes idealisiert war. Und dann war er offensichtlich der Überzeugung, daß der Schädel eines Mannes, der „in Jahrtausenden nicht wieder zum Vorschein“ komme, ein ebenso kostbares Gut der Menschheit sei wie dessen Werk. (Hagner, S. &)9:

78 Zitiert nach: J. Dalchow, G. Duda u. D. Kerner: Mozarts Tod 1791-1971. Zur 180. Wiederkehr seines gewaltsamen Endes am 5. Dezember 1971. Pähl 1971, S. 170.

79 Rose, S. 67.

80 Rose, S. 67.

81 Oehler-Klein, S. 42.

82 Rose, S. 68f.

83 Oehler-Klein, S. 46.

84 Brief Charlotte von Schillers an den Verleger Johann Friedrich Cotta vom 14.08.1805. In: Maria Fehling (Hrsg.): Briefe an Cotta. Bd. 1. Das Zeitalter Goethes und Napoleons. 1794-1815. Stuttgart und Berlin 1925, S. 39.

85 Oehler-Klein, S. 62f.

86 Oehler-Klein, S. 68.

87 Vgl. Erwin H. Ackerknecht: Eine phrenologische Walhalla. In: Image 4, 1964.

88 Paul Tausig: Briefe von Andreas und Nannette Streicher an Anton Franz Rollett über die Gallsche Schädelsammlung. In: Archiv für Geschichte der Medizin 12 (1920), S. 50-58, bes. S. 51. Am 18.12.1824 überließ Gall, da sei Haus geräumt werden mußte, seine berühmte Büsten- und Schädelsammlung dem befreundeten Badener Arzt Dr. Anton Franz Rollett (1778-1842) für sein Museum. Bis auf geringe Verluste ist sie im Rollett-Museum der Stadtgemeinde Baden bei Wien erhalten. Antons Enkel, der Physiologe Alexander Rollett (1834-1903), ist der Verfasser des Manuskripts der Briefe Galls, gesammelt von seinem Großvater.

89 „Eben lieferte uns auch Hr. Klauer einen Gallschen Organen-Schädel in Gips, welcher nach einem sehr gut ausgebildeten Schädel geformt, und darauf die Organe mit der größten Genauigkeit, unter Aufsicht des Herrn Dr. Gall beschrieben und umzeichnet worden sind. Der Preis ist 2 Rthlr. Sächs. Crt.“. In: Journal des Luxus und der Moden 20 (1805), S. 736f.

Ende der Leseprobe aus 173 Seiten

Details

Titel
Das Schicksal von Schillers Schädel
Autor
Jahr
2012
Seiten
173
Katalognummer
V196859
ISBN (eBook)
9783656228820
ISBN (Buch)
9783656229179
Dateigröße
84294 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Buch zur historischen Fernsehdokumentation "Schillers Schädel-Schicksal" des MDR und der Klassik Stiftung Weimar. Der Autor war an dieser als historischer und genealogischer Fachberater maßgeblich beteiligt. Seine Hypothese eines Austausches des echten Schiller-Schädels durch einen "Doppelgänger" sorgte für internationales Aufsehen und gilt bis heute als unwiderlegt. Dieses Buch liefert Jahns Erklärung für das unerwartete Ergebnis der interdisziplinären Forschungen zum „Friedrich-Schiller-Code“ und rekonstruiert die Ereignisse um den Schiller-Schädel.
Schlagworte
Friedrich Schiller, Goethe, Fürstengruft, Beisetzung, Schädelsammlung, Schädeljäger, Gall, Pherenologie, Weimar, Klassik, Carus, MDR, Friedhof, Sachsen-Weimar, Doppelgänger, Froriep, Beerdigung, Trauerfeier, Schädel, Skelett, Geschichte, Totenmaske, Zahnmanipulation, Zähne, Identifizierung, Bertuch, Leichendiebstahl, Hufeland, Umbettung, Kassengewölbe, Coudray, Totengräber, Sarg, Gruft, Kenotaph, Dannecker, Anna Amalia, Freimaurer, Wolzogen, Großherzog, Herzog, Residenz, Schlacht, Isotopen, Gefallene, Arsen, Tapete, Vergiftung, Tuberkulose, Terzinen, Beinhaus, Reliquie, Relikt, Knochen, DNS, DNA, Genealogie, Lengefeld, Oken, Loder, Schwabe
Arbeit zitieren
Dr. Ralf G. Jahn (Autor:in), 2012, Das Schicksal von Schillers Schädel, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/196859

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