In der vorliegenden Arbeit soll ausgehend vom Begriff der triuwe im ›Herzog Ernst‹ (B) die Bedeutung dieses Begriffes in dem anonymen mittelhochdeut¬schen Epos ›König Rother‹ analysiert werden.
Der erste Teil der Untersuchung bietet eine Zusammenfassung des 1998 erschienenen Artikels »Âne rede und âne reht« von Monika Schulz zur Bedeu¬tung der triuwe im ›Herzog Ernst‹ (B), dessen Entstehung auf die Zeit um 1200/1210 datiert wird.
Daran anschließend wird auf die triuwe im ›Rother‹ einzugehen sein, der wohl ein halbes Jahrhundert vor dem ›Herzog Ernst‹, also um 1150/1160 entstanden sein dürfte. Beide Epen werden der Gattung der sogenannten »Spielmannsepik« zugerechnet und in der Forschung thematisch einheitlich in den Bereich der »Reichsdichtung« eingeordnet.
Zum Vergleich der Werke muß der ›Rother‹ vor allem in Hinsicht auf die, sich aus dem Begriff der triuwe konstituierenden, lehnsrechtlichen Tatbestände untersucht werden. Dies beinhaltet, bevor die eigentliche Untersuchung einsetzen kann, eine kurze Klärung des allgemeinen Verständnisses von der triuwe im Mittelalter, da – wenn auch Analogien zur Semantik des heutigen Begriffes der Treue vorhanden sind – beide Ausdrücke nicht gleichgesetzt werden können.
Aufgrund der Unterschiede des feudalrechtlichen Funktionierens in den Herrschaftsbereichen Rothers und Constantins, werden beide zunächst einzeln untersucht, wobei hier nicht auf den jeweiligen Bereich im Sinne einer Lokalität abgestellt wird, sondern auf die gesellschaftliche Struktur unter den einzelnen Königen – gleich, wo sich diese geographisch aufhalten.
Größeres Gewicht wird dabei auf den Regierungsverband Rothers gelegt, da hier auch an einzelnen Figuren eine Diskussion der triuwe im Text stattfindet, während die sie im Reich Constantins stark an die Figur des Königs gebunden ist.
Indem sich Rother als der Vertriebene »Dietrich« ausgibt und Constantin seinen Dienst anbietet, treten die unterschiedlichen Systeme eng zueinander, wes¬halb auch in der Analyse auf die vorher getroffene Trennung verzichtet wird.
Erst im Schlußteil soll die triuwe in den Epen ›Herzog Ernst‹ und ›Rother‹ verglichen werden, da sie, wie es auch aus dem Aufsatz von Monika Schulz hervorgeht, nicht in einzelnen Szenen thematisiert wird, sondern die Handlung durchzieht. Das Geschehen konstituiert sich aus für die triuwe entscheidenden Momenten, anstelle einer verbalen Nennung tritt häufig die handlungsmäßige Umsetzung.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. >>Âne rede und âne reht<<
- III. Die triuwe im >Rother<
- 1. Bestimmung des Begriffes »triuwe«
- 2. Die Ausgangssituation
- 3. Der Rat in Rothers Reich
- a) Die erste große Beratung
- b) Die zweite große Beratung
- c) Die Rolle Berchters
- d) Zur Bedeutung des Rates
- 4. Dienst und Hilfe
- a) Die Beziehung Rothers zu seinen Vasallen
- b) Gewinnung der Mannen in Konstantinopel
- c) Das Verhältnis der Vasallen Rothers untereinander
- d) Lupolt der getruwe
- 5. Die triuwe Constantins
- 6. Rother als Vasall Constantins?
- 7. Weitere Formen der triuwe
- a) Die triuwe zu Gott
- b) Die Formel: introwen
- IV. Ergebnisse
- 1. Zum Vergleich der Epen >Herzog Ernst und >Rother
- 2. Rother
- V. Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert die Bedeutung des Begriffs "triuwe" im mittelhochdeutschen Epos "König Rother", ausgehend von einer Betrachtung desselben Begriffs im "Herzog Ernst". Die Untersuchung vergleicht die Darstellung von Treue und Vasallität in beiden Epen, die der "Spielmannsepik" zugeordnet werden. Ein Schwerpunkt liegt auf der Analyse der lehnsrechtlichen Aspekte von "triuwe" im Kontext der Herrschaftsstrukturen bei Rother und Constantin.
- Der Begriff "triuwe" im mittelalterlichen Kontext und seine Unterschiede zur modernen Bedeutung von Treue.
- Analyse der "triuwe" in Rothers Reich und dessen Regierungsverband.
- Vergleich der Darstellung von "triuwe" bei Rother und Constantin.
- Untersuchung der unterschiedlichen Systeme der Vasallität in den Herrschaftsbereichen Rothers und Constantins.
- Vergleich der Behandlung des Themas "triuwe" in "König Rother" und "Herzog Ernst".
Zusammenfassung der Kapitel
I. Einleitung: Diese Einleitung beschreibt die Zielsetzung der Arbeit: einen Vergleich der Bedeutung von "triuwe" in den Epen "König Rother" und "Herzog Ernst". Sie skizziert den Forschungsansatz, der von einem Artikel von Monika Schulz über "triuwe" im "Herzog Ernst" ausgeht und die Unterschiede im Verständnis von Treue im Mittelalter und in der Moderne berücksichtigt. Die Arbeit konzentriert sich auf die lehnsrechtlichen Aspekte von "triuwe" in den Herrschaftsbereichen Rothers und Constantins, wobei der Regierungsverband Rothers im Mittelpunkt steht, da hier die Diskussion von "triuwe" an einzelnen Figuren besonders deutlich wird. Der Vergleich der beiden Epen soll erst im Schlussteil erfolgen, da "triuwe" die Handlung durchzieht und nicht nur in einzelnen Szenen thematisiert wird.
II. >>Âne rede und âne reht<<: Dieses Kapitel fasst die Ergebnisse des Artikels von Monika Schulz über "triuwe" im "Herzog Ernst" zusammen. Schulz analysiert, wie das Thema "triuwe" das gesamte Werk durchzieht und durch narrative Gegensatzpaare dargestellt wird. Der Fokus liegt auf dem Idealzustand des Reichs, der auf einem vorbildhaften Vasallitätsverhältnis basiert, und dessen Krise durch Ottos Untreue gegenüber Ernst. Schulz untersucht die Folgen des Huldentzugs Ottos, das Versäumnis des Kaisers, ein Fürstengericht einzuberufen und die spätere Wiederherstellung der Rechtskonformität. Der Kreuzzug wird als strukturelle Notwendigkeit für Ernsts Rehabilitation betrachtet, wobei die Orientabenteuer als irrelevant bezeichnet werden.
III. Die triuwe im >Rother<: Dieses Kapitel, das den Hauptteil der Arbeit bildet, untersucht detailliert den Begriff der "triuwe" im "König Rother". Es gliedert sich in verschiedene Unterkapitel, die sich mit verschiedenen Aspekten der Treue im Epos befassen, beginnend mit einer Definition des Begriffs selbst und der Ausgangssituation. Es analysiert die Rolle des Rates in Rothers Reich, die Beziehung Rothers zu seinen Vasallen, die Gewinnung von Mannen, sowie das Verhältnis der Vasallen untereinander. Die Treue Constantins, Rothers Verhältnis zu Constantin als Vasall, und andere Formen von Treue (zu Gott, die Formel "introwen") werden ebenfalls untersucht. Die einzelnen Unterkapitel untersuchen diese Themen aus dem Primärtext heraus und bieten eine detaillierte, textnahe Analyse.
Schlüsselwörter
Triuwe, Treue, Vasallität, Lehnsrecht, mittelhochdeutsches Epos, König Rother, Herzog Ernst, Spielmannsepik, Reichsdichtung, Herrschaftsstrukturen, Regierungsverband, mittelalterliche Gesellschaft.
Häufig gestellte Fragen zu "König Rother" und "Herzog Ernst"
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese wissenschaftliche Arbeit analysiert den Begriff "triuwe" (Treue, Vasallität) in den mittelhochdeutschen Epen "König Rother" und "Herzog Ernst". Der Fokus liegt auf einem Vergleich der Darstellung von Treue und den damit verbundenen lehnsrechtlichen Aspekten in beiden Werken, insbesondere im Kontext der Herrschaftsstrukturen und Regierungsverbände von Rother und Constantin.
Welche Themen werden im Detail untersucht?
Die Arbeit untersucht die Bedeutung von "triuwe" im mittelalterlichen Kontext und ihre Unterschiede zur modernen Bedeutung. Sie analysiert die "triuwe" in Rothers Reich, den Vergleich der "triuwe" bei Rother und Constantin, die unterschiedlichen Vasallitätssysteme in ihren Herrschaftsbereichen und den Vergleich der Behandlung des Themas "triuwe" in beiden Epen. Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Rolle des Rates in Rothers Reich und den Beziehungen zwischen Rother und seinen Vasallen.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in fünf Kapitel: Einleitung, eine Zusammenfassung der Analyse von "triuwe" im "Herzog Ernst" nach Monika Schulz (Kapitel II), eine detaillierte Analyse der "triuwe" im "König Rother" (Kapitel III), Ergebnisse und ein Literaturverzeichnis. Kapitel III ist besonders umfangreich und untersucht verschiedene Facetten der Treue, einschließlich der Treue zu Gott und der Formel "introwen". Der Vergleich zwischen "König Rother" und "Herzog Ernst" findet hauptsächlich im Schlussteil statt.
Welche Rolle spielt der Artikel von Monika Schulz?
Der Artikel von Monika Schulz über "triuwe" im "Herzog Ernst" dient als Ausgangspunkt für den Vergleich. Kapitel II fasst die zentralen Ergebnisse von Schulz' Analyse zusammen, insbesondere die Darstellung von "triuwe" durch narrative Gegensatzpaare und die Folgen von Untreue. Dies bildet eine Grundlage für die anschließende Analyse von "König Rother".
Was sind die zentralen Ergebnisse der Arbeit?
Die zentralen Ergebnisse werden in Kapitel IV zusammengefasst. Sie beinhalten einen detaillierten Vergleich der Darstellung von "triuwe" in "König Rother" und "Herzog Ernst", wobei die spezifischen Unterschiede in den Herrschaftsstrukturen und dem Verständnis von Treue herausgearbeitet werden. Die Arbeit liefert eine tiefgreifende textnahe Analyse der "triuwe" im "König Rother" und setzt diese in den Kontext der mittelalterlichen Gesellschaft und des Lehnsrechts.
Welche Schlüsselbegriffe sind relevant?
Die wichtigsten Schlüsselbegriffe sind: Triuwe, Treue, Vasallität, Lehnsrecht, mittelhochdeutsches Epos, König Rother, Herzog Ernst, Spielmannsepik, Reichsdichtung, Herrschaftsstrukturen, Regierungsverband, und mittelalterliche Gesellschaft.
- Arbeit zitieren
- Christina Wagner-Emden (Autor:in), 2000, Die triuwe im "Rother" und der Vergleich zum "Herzog Ernst" (B), München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/197096