Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung in das Thema
2. Grundbegriffe
2.1. Grundzüge und Grundbegriffe der Alphabetisierung
2.2. Erwachsenenbildung und Professionalisierung
2.3. Grundbildung und Literalität
3. Methodik und Didaktik in der Erwachsenenbildung
4. Die Lehr – Lern – Methodik des A.B.C. Forschungs- und
Entwicklungsprojekts zur Alphabetisierung
5. Resümee
Literaturverzeichnis
1. Einleitung in das Thema
Diese vorliegende Hausarbeit zum Thema: „ Professionelle Erwachsenenbildung? – Die Alphabetisierung von Erwachsenen am Beispiel der Methodik des A.B.C. Forschungs- und Entwicklungsprojekts “, welche im Masterstudium der Bildungs- und Erziehungswissenschaften an der Helmut – Schmidt – Universität / Universität der Bundeswehr Hamburg, im Fach der Erwachsenenbildung verfasst wurde, beschäftigt sich mit der leider gegenwärtig immer noch aktuellen Problematik des Analphabetismus von Erwachsenen in Deutschland.
Verschiedene Schätzungen von Experten über die letzten zehn Jahre, aber auch Statistiken, nennen hierzu jedoch bis 2010 leider nur ungenaue Zahlen. Fakt ist gegenwärtig jedoch, dass man heute bundesweit von circa 7,5 Millionen funktionalen Analphabeten ausgehen kann.[1] Diese und weitere Erkenntnisse wurden aus einer relativ neuen Studie, der „Leo. - Level - One Studie“, welche jüngst im Frühjahr 2011 in Hamburg veröffentlicht wurde, gewonnen. Nähere Ausführungen und Definitionen zu dieser grundlegenden und überaus interessanten Studie sowie zum Analphabetismus in Deutschland an sich, werden deshalb anschließend an diese Einleitung in einem einführenden Kapitel erläutert.
Ich möchte in dieser Hausarbeit dennoch nicht nur auf Analphabetismus im Allgemeinen eingehen. Ein Hauptaugenmerk meiner Ausarbeitung soll auch auf eine Methode, beziehungsweise auf ein Projekt zur Alphabetisierung von Erwachsenen gerichtet werden. Das A.B.C. Forschungs- und Entwicklungsprojekt bietet sich dazu mehr als an. Seit dem 01.11.2007 führt die Volkshochschule Oldenburg in enger Zusammenarbeit mit der Universität Oldenburg, ein dreijähriges Forschungsprojekt durch. Ziel ist es hierbei, die Effizienz von Lehr – Lern Methoden zu testen und weiter zu entwickeln. Darüber hinaus sollen empirisch belegbare Daten gesammelt und in anwendbare Ergebnisse übertragen werden. So könnten für Kursleiter und Lehrende erfolgversprechende Unterstützungssysteme für eine tägliche Unterrichtspraxis mit Analphabeten erstellt werden.[2]
Trotz alledem darf die eigentliche Kernfrage des von mir formulierten Themas nicht außer Betracht gelassen werden: „Sind die von dem A.B.C. Projekt neuentwickelten Methoden professionell und kann man hier von Erwachsenenbildung sprechen?“
Ich denke deshalb, dass es unumgänglich sein wird, ebenfalls einführend eine Grundbegriffsklärung zum Thema der Erwachsenenbildung und der Professionalisierung aufzuzeigen, um diese auf das Oldenburger Forschungsprojekt und dessen Ergebnisse anzuwenden.
Weitere Themen dieser Ausarbeitung stellen zudem die Begriffe der Literalität, der Methodik sowie der Didaktik in der Erwachsenenbildung / Weiterbildung dar. Diese werden ebenfalls in einem Abschnitt aufgegriffen und im Kontext der Hauptfragestellung sowie des Themas abgehandelt.
Um diese Ausarbeitung abzurunden, möchte ich in einem abschließenden Resümee versuchen, die Kernfrage unter zu Hilfenahme der ausgearbeiteten Daten und Fakten, zu beantworten.
2.Grundbegriffe
Wie bereits in der Einleitung ausgeführt wurde, ist es sehr wichtig zuerst einige Begrifflichkeiten zu klären und zu definieren, bevor tiefer in den Themenbereich des A.B.C. Projekts eingestiegen werden kann. Dieses muss nun an dieser Stelle geschehen. Im zweiten Kapitel dieser Ausarbeitung sollen deshalb im ersten Abschnitt vorrangig die Grundzüge und Grundbegriffe der Alphabetisierung erläutert werden. Hiezu werden neuste Forschungen und Statistiken mit einbezogen. Anschließend werden im zweiten Abschnitt die Begriffe der Erwachsenenbildung und deren Professionalisierung abgegrenzt. Dieses Kapitel schließt mit einer Grundlagendefinition zur Literalität, sowie zur Grundbildung an sich.
2.1. Grundzüge und Grundbegriffe der Alphabetisierung
Was genau ist eigentlich Alphabetisierung? Wann kann man von einem Analphabeten sprechen? Gibt es verschiedene Arten von Analphabeten?
Die Antworten auf diese Fragen sind, wie schon in der Einleitung erwähnt, lange ohne eine klare Begriffsklärung im Raum stehen geblieben. Jeder Wissenschaftler und Erwachsenenbildner, welcher sich mit diesem Thema beschäftigte, definierte sie anders und für sich und seine Arbeit individuell. Die Operationaliserung dieses Konstrukts ist demnach hoch kompliziert.
Ich möchte nun, um dem Leser einen wissenschaftlich fundierten und einheitlichen Überblick zu geben, ausschließlich mit der neusten empirischen Quelle zu diesem Thema, der „Leo. - Level – One Studie“ zur Literalität von Erwachsenen auf den unteren Kompetenzniveaus, argumentieren.
Diese Studie unterscheidet zu aller erst einmal in drei verschieden Arten, beziehungsweise Ebenen von Analphabetismus. Die Forscher sprechen hier auf der untersten Stufe von Menschen, welche einfach nur mangelhafte Fähigkeiten im Lesen und Schreiben aufweisen. Der Wortschatz und die Schreibfähigkeit ist auf dem Niveau der Grundschule (Abschluss der Klassenstufe 4) stehen geblieben. Diese Gruppe macht laut der Studie gegenwärtig erschreckende 25 Prozent der erwerbsfähigen deutschen Bevölkerung aus.[3]
Eine zweite Ebene, welche die Wissenschaftler in ihren Ausführungen beschreiben, ist die der funktionalen Analphabeten. Diese umfassen immer noch 14 Prozent und stellen in realen Zahlen ausgedrückt 7,5 Millionen deutsche Bundesbürger dar.[4] Diese sogenannten funktionalen Analphabeten können zwar einzelne Wörter oder sogar Sätze lesen und schreiben, verstehen jedoch den Textzusammenhang / Inhalt des Gelesenen und Geschriebenen nicht. Informationen können somit nicht sinnerfassend aus Textquellen erschlossen werden. Hierdurch resultieren vielerlei Probleme, sowohl im sozialen Leben, als auch im persönlichen beruflichen Kontext.[5] Die letzte und extremste Form ist der Analphabetismus im engeren Sinne.
Hiervon betroffene Personen, welche vier Prozent der erwerbsfähigen Bundesbürger ausmachen, unterschreiten mit ihren literalen Fähigkeiten die der Satzebene. Dies bedeutet, sie können zwar oft einzelne Wörter lesen, schreiben und verstehen, jedoch keine zusammenhängenden Wortgruppen oder Sätze. Wörter müssen Buchstabe für Buchstabe zusammen gefügt werden um einer einzelnen Vokabel Sinn zu verleihen.[6]
Somit kann demnach festgehalten werden, dass diese 14 Prozent funktionaler Analphabeten, wovon wiederum 4 Prozent Analphabeten im engeren Sinne sind, insgesamt 7,5 Millionen deutsche Bundesbürger ausmachen und damit weitaus mehr sind, als in allen zuvor gegangen Schätzungen angenommen. Dazu kommen noch die 25 Prozent (13,3 Millionen), deren Schriftsprache auch bei einem gebräuchlichen Wortschatz fehlerhaft ist. Aufsummiert ergibt sich hieraus also eine schockierende Prozentzahl von ungefähr 40 Prozent innerhalb der bundesdeutschen Bevölkerung, welche nicht ausreichend lesen und schreiben können.[7]
Was ist nun jedoch Alphabetisierung? Unter diesem Begriff kann demnach schlussfolgernd ein Prozess, beziehungsweise ein Versuch, von Organisationen und Lehrenden verstanden werden, durch für Lernende freiwillige Bildungsangebote und Kurse, diese eben zuvor beschriebenen Adressaten auch noch im Erwachsenenalter, mit den notwendigen Fähigkeiten zur Anwendung der gebräuchlichen Schriftsprache, auszustatten. Die Hilfen und Maßnahmen des Lehrenden spielen hier eine bedeutende Rolle. Durch einen Alphabetisierungserfolg werden dem Lernenden vielerlei neue Möglichkeiten an der sozialen Teilhabe, an Bildungschancen und an beruflichen Perspektiven geboten. Alphabetisierung ist somit immer ein Gewinn an Lebensqualität.
2.2. Erwachsenenbildung und Professionalisierung
Nachdem im vorhergehenden Abschnitt erläutert wurde, was ein Analphabet ist und was man unter dem Prozess der Analphabetisierung verstehen kann, wird nun der Fokus auf das Thema der Erwachsenenbildung und deren Professionalisierung gerichtet.
Da ich in bereits meiner Bachelorarbeit aus dem Jahr 2010 zu diesen allgegenwärtigen Themen einige Thesen gesammelt und zusammengefasst habe, werde ich nun erneut wieder auf diese zurückgreifen.[8]
Um später klären zu können, ob man bei einem Alphabetisierungsprozess oder Angebot von Erwachsenenbildung sprechen kann, muss deshalb erst einmal geklärt werden, was genau ein Angebot der Erwachsenenbildung überhaupt ist. Eine klare Begriffsdefinition fällt hier schon leichter, denn die Kultusministerkonferenz der Länder vom 01.02.2001 hat dazu in ihrer „Vierten Empfehlung der Kultusministerkonferenz zur Weiterbildung“ klare Aussagen getroffen. Bis heute sind diese folgenden Ausführungen für die Erwachsenenbildung / Weiterbildung essentiell und universell geltend:
„Weiterbildung ist die Fortsetzung oder Wiederaufnahme organisierten Lernens nach Abschluss einer unterschiedlich ausgedehnten ersten Bildungsphase und in der Regel nach Aufnahme einer Erwerbs- oder Familientätigkeit.“[9]
Schon hier wird klar, dass die Kultusminister die Erwachsenenbildung mit Weiterbildung gleich setzten. Rudolf Tippelt und Aiga von Hippel sind ebenfalls der Ansicht, dass es sich hierbei um synonyme Begriffe handelt. Jedoch betonen beide in der Einleitung ihres Handbuches zur Erwachsenenbildung / Weiterbildung auch, dass eine additive Verwendung ebenfalls möglich sei.[10] Wie facetten- beziehungsweise formenreich das Repertoire dieser Wissenschaft sein kann wird gleich klar. Die Konferenz definiert weiterhin:
„Weiterbildung in diesem Sinne liegt auch vor, wenn die Einzelnen ihr Lernen selbst steuern. Weiterbildung umfasst die allgemeine, berufliche, politische, kulturelle und wissenschaftliche Weiterbildung.“[11]
Dieses Zitat impliziert ebenso, dass in der Erwachsenbildung ein Lehrender nicht notwendigerweise existent sein muss.
Durch die modernen gegenwärtigen personenunabhängigen Medien, wie das Internet oder das Fernsehen, kann ein Lehr – Lernprozess auch selbstständig kontrolliert stattfinden. Dieses Argument wird im folgenden Postulat vertiefend aufgegriffen und fokussiert:
„Weiterbildung kann in Präsenzform, in der Form der Fernlehre, des computergestützten Lernens oder in kombinierten Formen stattfinden.“[12]
Dieser Abschnitt verdeutlicht die Modernisierung und Technisierung der heutigen Weiterbildung eingehend.
Der letzte Aspekt der Kultusministerkonferenz, welchen ich an dieser Stelle zur Begriffklärung aufgreifen möchte, ist der des informellen Lernens.
„Informelle Lernprozesse Erwachsener, ob am Arbeitsplatz oder andernorts, sind nicht Gegenstand dieser Empfehlung“[13]
Dieses Zitat der Kultusministerkonferenz schließt also ein, dass informelles Lernen, also spontane Aneignung von Fertigkeiten und Fähigkeiten ohne bewusste Absicht, wie zum Beispiel das anlernen oder einarbeiten in eine Arbeitsstelle oder einen Arbeitsplatz nicht zum Definitionsrahmen der Erwachsenenbildung / Weiterbildung gehören.
Das Gegenteil des informellen Lernens ist das formelle Lernen, welches durch ein eindeutiges Lernziel gekennzeichnet ist. Beispiele sind hier anerkannte Bildungsabschlüsse oder Zertifikate.
[...]
[1] vgl. Leo. Level One Studie 2011, S.2
[2] vgl. Alfa Forum 68, S.38
[3] vgl. Leo. Level One Studie 2011, S.2
[4] vgl. Leo. Level One Studie 2011, S.13
[5] vgl. Leo. Level One Studie 2011, S.2
[6] vgl. Leo. Level One Studie 2011, S.2
[7] vgl. Leo. Level One Studie 2011, S.3
[8] vgl. Janzyk 2010
[9] KMK 2001, S.4
[10] vgl. Tippelt/von Hippel 2009, S.11
[11] KMK 2001, S.4
[12] KMK 2001, S.4
[13] KMK 2001, S.3