Hans und Heinz Kirch - Erzähltheorie, Interpretationsansätze und mögliche Einbindung in den Deutschunterricht


Hausarbeit (Hauptseminar), 2012

21 Seiten, Note: 1,67


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Begriffsbestimmung
2.1 Die Novelle
2.2 Der Bürgerliche Realismus

3. Hans und Heinz Kirch
3.1 Hauptfiguren
3.2 Erzähltheorie
3.3 Aufbau
3.4 Dingsymbol und unerhörte Begebenheit
3.5 Interpretationsansätze

4. Hans und Heinz Kirch für Schülerinnen und Schüler
4.1 Verortung der Novelle im Hessischen Lehrplan
4.2 Mögliche Einbindung in den Deutschunterricht

5. Resümee

Quellen

1. Einleitung

In dieser Hausarbeit wende ich mich der Novelle Hans und Heinz Kirch von Theodor Storm zu.

Beginnen werde ich mit einer kurzen Begriffsdefinition der beiden Begrifflichkeiten Novelle und Realismus. Über die Bedeutung der Novelle im Realismus komme ich zum Hauptteil, der sich um die Novelle Hans und Heinz Kirch dreht.

Nach einer kurzen Vorstellung der beiden Protagonisten versuche ich den Aufbau der Novelle darzulegen. Desweiteren werde ich mit Hilfe ausgewählter Fachliteratur versuchen die Fragen zu beantworten, wie die Novelle aufgebaut ist, was hierin das Dingsymbol ist und wie verschiedene Stellen interpretiert werden können.

Anschließend komme ich zu einem didaktischen Teil. Unter Einbeziehung des Hessischen Lehrplans möchte ich begründen, in welcher Jahrgangsstufe Hans und Heinz Kirch im Deutschunterricht verwendet werden kann. Anhand eines von mir gewählten Beispiels möchte ich eine mögliche Verwendung von Hans und Heinz Kirch im Deutschunterricht anführen. Hierbei interessieren mich die Fragen, wie die Schülerinnen und Schüler einen guten Zugang zu der Novelle finden, den Inhalt besser verstehen und wie sie zum Lesen motiviert werden können.

Abschließen möchte ich diese Arbeit mit einem kurzen Resümee. Ich fasse die Ergebnisse kurz zusammen und nehme Stellung dazu. Ebenso werde ich einige Aspekte nennen, die einer weiteren Betrachtung bedürften, im Rahmen dieser Hausarbeit jedoch leider keinen Platz mehr fanden.

2. Begriffsbestimmung

2.1 Die Novelle

Der Begriff Novelle leitet sich vom italienischen Wort novella ab, welches Neuigkeit bedeutet. Die Novelle erzählt demzufolge von etwas Neuem. Goethe definiert dieses Neue in einem Gespräch mit Eckermann am 25. 01. 1827 noch weiter, indem er von einer „sich ereignete[n], unerhörte[n] Begebenheit“ (zitiert nach Karthaus 1990, 14) spricht. Unter unerhört wird heute etwas Empörendes oder Unsittliches verstanden, hier ist damit jedoch etwas zuvor noch nicht Gehörtes, also etwas Neues, gemeint.

Als erste bekannte Novellensammlung gilt Boccaccios Dekameron (Zehntagewerk) von 1353 aus Italien. Zehn Adlige fliehen vor der Pest in Florenz auf das Land und erzählen sich zum Zeitvertreib und zur Unterhaltung Geschichten. Jeder erzählt eine pro Tag über einen Zeitraum von zehn Tagen, woraus folglich insgesamt 100 Geschichten entstehen. Neu an diesen Geschichten ist, dass sie vielmehr der Unterhaltung als der Belehrung dienen.

Die Novelle erhebt Anspruch auf Wahrheit, womit gemeint ist, dass das Ereignis von welchem erzählt wird, so geschehen, also real, sein könnte. Desweiteren ist der Umfang gering, sie ist also wesentlich kürzer als ein Roman und meist in einem Zug zu lesen. Die Novelle beinhaltet nur wenige bis gar keine Nebenhandlungen und folgt einem einfachen Plan. (Vgl. ebd., 11). Ein Konflikt steht im Mittelpunkt und die Novelle endet fast immer tragisch. Die Figuren können zumeist selbst nichts an ihrem Schicksal ändern, sie sind vielmehr Opfer einer unglücklichen Verkettung verschiedener Umstände (vgl. ebd., 16f).

Die Novelle weist Parallelen, wie zum Beispiel die geschlossene Form, eine kurze Exposition und den Wendepunkt, zum Drama auf.

Weitere zentrale Merkmale der Novelle sind die Rahmenerzählung und das Dingsymbol.

Trotz der frühen Entstehung der Gattung im 14. Jahrhundert in Italien, waren es erst viel später, nämlich zum Ende der Frühen Neuzeit, Goethe, Wieland und Schiller, die diese Form auch in Deutschland etablierten (vgl. Freund 1998, 10). Hier sind besonders Goethes Unterhaltungen deutscher Auswanderer hervorzuheben, die sozusagen als Beginn deutscher Novellen gelten (vgl. Karthaus 1990, 55). Im weiteren literaturgeschichtlichen Verlauf begeistern sich immer mehr Schriftsteller für diese Gattung und schreiben Novellen. Besondere Aufmerksamkeit erhält die Novelle, unter anderem durch Conrad Ferdinand Meyer, Gottfried Keller und Theodor Storm, im Realismus.

2.2 Der Bürgerliche Realismus

Der Realismus folgt auf die Romantik, das Biedermeier und den Vormärz und geht über in den Naturalismus. Zeitlich einzuordnen ist der Realismus, auch Bürgerlicher oder Poetischer Realismus genannt, in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts etwa von 1848 bis 1890 (vgl. Becker 2003, 12). Das Scheitern der Revolution im Jahre 1848 leitet den Beginn dieser Epoche ein. Politische Geschehnisse sind selten Gegenstand der Literatur im Bürgerlichen Realismus. Die Literatur wendet sich vielmehr den Themen Heimat, Nation, Familie und der gesellschaftlichen Stellung des Individuums (vgl. ebd., 20) zu. Humane und soziale Werte verlieren an Bedeutung. Die Gesellschaft orientiert sich vermehrt an ökonomischen und materiellen Werten, was eine Einschränkung für große Teile des Bürgertums bedeutet. Verschiedene Novellen, die in dieser Epoche entstehen, thematisieren diesen Wertewandel und auch den dadurch entstehenden Konflikt zwischen dem Individuum und der Gesellschaft. (Vgl. ebd., 271).

Das Individuum unterliegt gesellschaftlichen Zwängen und hat nur geringe Chancen auf Autonomie (vgl. ebd., 272). Die Novellen jener Zeit greifen diese Problematik auf und erzählen von „individuellen Schicksalen […] im Rahmen der gesellschaftlichen Entwicklung […].“ und der „[…] Kollision der subjektiven Bedürfnisse mit den gesellschaftlichen Belangen.“ (ebd., 273). Auch Theodor Storm trifft mit seinen Novellen den Geist der Zeit und thematisiert in diesen jene Probleme. Die Novelle Hans und Heinz Kirch spiegelt diese gesellschaftlichen Zwänge anhand des Vater-Sohn-Konfliktes wider.

3. Hans und Heinz Kirch

Hans und Heinz Kirch ist eine Novelle von Theodor Storm, die er 1882 fertig stellt. Zentrales Thema dieser Novelle ist der Konflikt zwischen Vater und Sohn, der auf den sozialen Ehrgeiz und die gesellschaftlichen Zwänge, denen der Vater Hans Kirch unterliegt, zurückgeht. Er verstößt seinen Sohn zweimal und zerstört damit schließlich auch die Familie. Erst als ihm der sterbende Sohn Heinz in einer Art Vision erscheint, ändert sich das Wesen des Vaters.

3.1 Hauptfiguren

Hans Adam Kirch und dessen Sohn Heinz sind die beiden Hauptfiguren der Novelle. Desweiteren sind Hans‘ Frau, deren Tochter Lina, die gesellschaftlich schlechter gestellte Wieb, Hans‘ Schwester Jule, der Pastor und Linas späterer Ehemann Christian Martens in dieser Novelle bedeutsame Figuren. Welche Rolle diese Figuren spielen, wird in den nachfolgenden Kapiteln, besonders in 3.5, erläutert, da es hier in 3.1 lediglich um eine kurze Darstellung der Hauptfiguren gehen soll.

Hans wird bereits zu Beginn der Novelle als ehrgeizig, strebsam und sparsam geschildert, der durch seinen Fleiß zum Schiffseigentümer wird. Dieses Geschäft vergrößert und erweitert er fortwährend. Er ist jähzornig, wortkarg, eifrig, sachlich und rastlos (vgl. Storm 2010, 6f). Das erste Kind, der Sohn Heinz, wird sparsam erzogen. Hans möchte, dass sein Sohn eine gute Bildung erhält und erhofft sich für seinen Sohn einen guten gesellschaftlichen Werdegang.

Heinz wird als „[…] Ebenbild […]“ des Vaters, allerdings mit dem „[…] schlanken Wuchs der Mutter.“ (ebd., 7) geschildert. Auch hat er einige Eigenschaften des Vaters, wie Klugheit und Strebsamkeit, was aus einem Gespräch zwischen Vater und Lehrer hervorgeht. Allerdings „[…] fürchtete [Heinz, T.B.] seinen Vater und trotzte ihm doch zugleich.“ (ebd., 9). Heinz lehnt sich gegen seinen Vater auf und sucht doch dessen Gunst zu erlangen. Im Gegensatz zu seinem Vater akzeptiert er weniger die gesellschaftlichen Werte und Normen. So gibt er sich mit der kleinen Wieb ab, die sozial schlechter gestellt ist und keiner guten bürgerlichen Familie angehört, oder er missachtet den Ruf der Bürgerglocke und trifft erst zu Hause ein, als die Haustür bereits verschlossen ist.

[...]

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Hans und Heinz Kirch - Erzähltheorie, Interpretationsansätze und mögliche Einbindung in den Deutschunterricht
Hochschule
Justus-Liebig-Universität Gießen  (Germanistik)
Veranstaltung
Novellen im Bürgerlichen Realismus
Note
1,67
Autor
Jahr
2012
Seiten
21
Katalognummer
V197689
ISBN (eBook)
9783656235743
ISBN (Buch)
9783656237440
Dateigröße
569 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Hans und Heinz Kirch, Kirch, Theodor Storm, Storm, Bürgerlicher Realismus, Realismus, Novelle
Arbeit zitieren
Tanja Bierau (Autor:in), 2012, Hans und Heinz Kirch - Erzähltheorie, Interpretationsansätze und mögliche Einbindung in den Deutschunterricht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/197689

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