"Wer kann sich schon entscheiden?"

Die Strukturanalyse an einem Song von Gisbert zu Knyphausen


Hausarbeit (Hauptseminar), 2011

19 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Vorwort

1. Literarische Kommunikation

2.1 Die Lyrikanalyse
2.2 Die Textebene
2.3 Darstellungsebene
2.5 Pro & Contra

3. Die Lyrikanalyse am Songtext Wer kann sich schon entscheiden?
3.1 Textebene
3.2 Darstellungsebene
3.3 Bedeutungsebene

4. Resümee

Quellen- und Literaturverzeichnis

Vorwort

“Was will der Autor uns damit sagen?” Eine Frage, die wohl jeder aus seiner Schulzeit kennt. Die Situation ist die folgende: der Deutschlehrer steht hilflos vor seiner Klasse und versucht mit gezielten Fragen ein paar Antworten aus seinen Schülern heraus zu kitzeln. Höchstens ein oder zwei von denen heben zögerlich die Hände um ihre Gedanken und Vorschläge zur Bedeutung des Textes zu äußern. Doch den Meisten bleibt die Welt der Enjambements, Metaphern und Reime verborgen. Das Analysieren und Interpretieren von lyrischen Texten ruft häufig alles andere als Jubelschreie hervor, egal ob es sich dabei um die berühmten Werke von Goethe, Celan oder Shakespeare handelt.

In einer Zeit, in der wir ständig von Musik und Gesang begleitet werden, kann es jedoch auch sehr interessant sein sich mit der Analyse von lyrischen Texten zu befassen. Denn was sind die Songtexte der Musik, die uns täglich im Radio, im Supermarkt und zu Hause umgeben, anderes als Lyrik? Auch wenn “die Theorie der lyrischen Dichtkunst […] unter allen Theorien eine der mangelhaftesten”1 ist, lassen sich auch unter Anderem moderne Songtexte zur Gattung der Lyrik zählen. Auf Grund ihrer äußeren Form, wie Metrik, Strophenaufbau lassen sich, die so genannten ‚Lyrics‘, von der Gattung Prosa unterscheiden. Die Kürze der Texte grenzt sie ebenfalls von Epik und Dramatik ab, sowie der Einsatz von rhetorischen Mitteln.2

Diese Arbeit steht unter der Aufgabenstellung einen deutschsprachigen Songtext zu analysieren. Hierbei habe ich mich für den Songtexte Wer kann sich schon entscheiden? von Gisbert zu Knyphausen entschieden. Die Begründung für diese Wahl ist auf der einen Seite das persönliche Gefallen an diesem Stück und auf der anderen Seite halte ich diesen Text auch gehaltvoll genug für eine literaturwissenschaftliche Analyse. Da er den formalen Merkmalen der Lyrik nicht widerspricht, werde ich ihn nach der Vorgehensweise der Lyrikanalyse untersuchen. Dazu wird diese strukturalistische Form der Analyse im ersten Teil meiner Arbeit näher betrachtet. Der zweite Teil dieser Arbeit wird darauf folgend mit den erläuterten Schritten versuchen, den Text Wer kann sich schon entscheiden? von Gisbert zu Knyphausen zu analysieren.

Dazu soll noch erwähnt sein, dass der Originalsongtext im Rahmen dieser Arbeit nicht verwendet werden konnte, da er sich weder im Booklet der CD, noch auf der Website von Gisbert zu Knyphausen finden lässt. Daher habe ich mich dafür entschieden im Internet nach einer Quelle zu suchen. Dort fand ich eine große Vielzahl an Varianten. Schlussendlich habe ich mich für einen Songtext, mit der für mich am sinnvollsten Stropheneinteilung entschieden. An dieser Stelle möchte ich erwähnen, dass ich beim Abgleichen des musikalischen Werkes mit den Varianten des Songtextes, keinen gefunden habe, der in seiner Grammatik richtig war. Daher habe ich die entsprechenden Korrekturen vorgenommen um eine Analyse, die dem Originaltext entspricht zu ermöglichen. Diese sind im Text, der sich im Anhang befindet, durch eckige Klammern gekennzeichnet.

1. Literarische Kommunikation

Zunächst einmal gilt es einen lyrischen Text als viel mehr als eine Aneinanderreihung von Morphemen zu verstehen, denn er stellt eine Sonderform der Kommunikation dar. Diese wird als literarische Kommunikation bezeichnet und beruht auf einem informationstheoretischen Modell der Kommunikation. Es besagt, dass ein Sender über einen Kanal an einen Empfänger eine Nachricht übermittelt. Dabei gilt die Bedingung, dass Sender und Empfänger über einen gemeinsamen Code verfügen und eine gemeinsame Kommunikationssituation besteht.3

Auf die Literaturwissenschaft bezogen bedeutet dass, der Leser (Empfänger) durch sein Textverständnis in der Lage ist, die Bedeutung (Nachricht), des vom Autor (Sender) verfasstem Text (Kanal) zu ermitteln. Um zu der ‚richtigen‘ Nachricht zu gelangen, spielt das Textverständnis eine tragende Rolle. Die Erarbeitung dazu kann man leicht mit dem knacken eines Codes vergleichen. Die Entschlüsselung des Codes bildet somit die Basis zum Verstehen des Textes.

2.1 Die Lyrikanalyse

Eine Möglichkeit sich mit einem lyrischen Text auseinander zu setzen und den besagten Code zu decodieren, ist die Strukturanalyse. In ihrem Zentrum steht die Frage “Wie ein Text funktioniert”.4 Dazu wird der Text auf verschiedenen Ebenen untersucht, um Strukturen aufzudecken und diese zu beschreiben. Dazu lässt sich grundsätzlich sagen, dass “der Begriff der Struktur die Einheit von Inhalt und Form des Textes bezeichnet.”5 Hieraus erschließt sich, dass der Text als eine Struktur-Funktions-Einheit betrachtet wird. Die zu untersuchenden Ebenen sind die Textebene, Darstellungsebene und Bedeutungsebene.6 Sie sind nicht als voneinander losgelöst zu betrachten, sondern stehen in Verbindung zueinander7 und können daher die Ergebnisse jeder einzelnen Ebene, die der darauf folgenden z.B. in Form von “Äquivalenzrelationen und Oppositionsrelationen”8 unterstützen. “Voraussetzung der Strukturanalyse ist immer eine Deutungshypothese, die in einer Lesart oder Textbeschreibung niedergelegt”9 sein kann.

Nach dem nun die grundlegendsten Fundamente für die Strukturanalyse eines lyrischen Textes erläutert wurden, kann nun die Beschreibung der einzelnen Analysen der verschieden Ebenen folgen.

2.2 Die Textebene

Die Analyse der Textebene blickt auf die grafische, klangliche, rhythmische, grammatische und semantische Strukturen des Textes.10

Bei der Untersuchung der grafischen Ebene werden Anzahl der Strophen und Verse betrachtet, sowie die Existenz eines Titels.

In der klanglichen Ebene gilt es Phonemrekurrenzen […] gebildet werden”11 zu untersuchen. Die Klangstrukturen zu ermitteln ist wichtig, um “die Beziehung von Klangphänomenen […] zu anderen Gestaltungsprinzipien”12 im weiteren Verlauf der Strukturanalyse feststellen zu können. Aufgrund dessen werden Reime ermittelt und nach End- Stab und Binnenreim gegliedert und Reimschemata aufgestellt. Ebenfalls wird die Vokalstruktur untersuch, die als hell, dunkel oder neutral klassifiziert werden kann.

“Die Feststellung des metrischen Schemas steht am Anfang”13 der rhythmischen Analyse. Danach erfolgt eine Beschreibung der Verse, die unter anderem eventuelle Zäsuren, Enjambements benennt und vorkommenden Versfußtypen des Textes beschreibt.

Syntaktische, Lexikalische Auffälligkeiten werden in der grammatischen Ebene beschrieben. “Die Funktionsanalyse der poetischen Syntax ist, verglichen mit der Aufmerksamkeit, die man dem Vers oder der Bildlichkeit gewidmet hat eher eine vernachlässigte Disziplin.”14 Dennoch sollte man ihr Beachtung schenken, denn rhetorische Figuren wie Chiasmus, Parallelismus und Ellipse lassen sich hier finden. So zählen auch Satzbau, Einsatz von wörtlicher Rede oder auch besondere Verwendung von Satzzeichen und Groß- und Kleinschreibung zur grammatischen Ebene.

Die semantische Ebene wendet sich nun der Bedeutung von Wörtern zu. Häufig lassen sich semantische Wortfelder über das gesamte lyrische Werk verteilt entdecken15. Deren Verteilung und Häufigkeit kann für weitere Erkenntnisse interessant sein16.

Sind diese fünf Teilanalysen durchgeführt, ergibt sich an dieser Stelle eine erste Struktur des Textes, die der Textebene.

[...]


1 Von Gerstenberg, Heinrich Wilhelm: Briefe über die Merkwürdigkeiten der Literatur, 20. Brief. In: Ludwig Völker (Hg.): Lyriktheorie. Texte vom Barock bis zur Gegenwart, Stuttgart: Reclam 1990, S.77- 82.

2 Vgl. Asmuth, Bernhard: Aspekte der Lyrik. Mit einer Einführung in die Verslehre, Opladen: Westdeutscher Verl. 1984, S. 129.

3 Ludwig, Hans-Werner: Arbeitsbuch Lyrikanalyse, Tübingen: UTB 2005, S. 24.

4 “Strukturen und Beziehungen, die durch Schutte, Jürgen: Einführung in die Literaturinterpretation. 4., aktualisierte Aufl., Stuttgart: Metzler 1997, S. 94.

5 Ebd., S. 99.

6 Vgl. ebd., S. 138.

7 Vgl. ebd., S. 99.

8 Knörrich, Otto: Lyrische Texte. Strukturanalyse und historische Interpretation, München: R. Oldenbourg 1985, S. 23.

9 Schutte, Literaturinterpretation, S.139.5

10 Vgl. Schutte, Literaturinterpretation, S.100.

11 Ludwig, Lyrikanalyse, S. 100.

12 Ebd., S. 100.

13 Ebd., S. 47.

14 Ebd., S. 150.

15 Vgl. Schutte, Literaturinterpretation, S. 146.6

16 Ebd., S. 139.

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
"Wer kann sich schon entscheiden?"
Untertitel
Die Strukturanalyse an einem Song von Gisbert zu Knyphausen
Hochschule
Universität Rostock  (Institut für Germanistik)
Veranstaltung
Aufbaukurs, systematisch
Note
1,3
Autor
Jahr
2011
Seiten
19
Katalognummer
V197845
ISBN (eBook)
9783656241126
ISBN (Buch)
9783656241485
Dateigröße
549 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
strukturanalyse, song, gisbert, knyphausen
Arbeit zitieren
Sophie Schwarz (Autor:in), 2011, "Wer kann sich schon entscheiden?", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/197845

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