Leseprobe
INHALTSVERZEICHNIS
1. Einleitung
2. Emotion und Intelligenz
2.1. Definition Emotion
2.2. Definition Intelligenz
2.3. Definition Emotionale Intelligenz
3. Domänen Emotionaler Intelligenz
3.1. Selbstreflektion
3.1.1. Selbstwahrnehmung
3.1.2. Selbsteinschätzung
3.1.3. Selbstvertrauen, Selbstwertgefühl und Selbstbewusstsein
3.2. Selbstmanagement
3.3. Selbstmotivation
3.4. Empathie
3.5. Soziale Kompetenz
4. Emotionale Intelligenz als Erfolgsfaktor
4.1. Einfluss auf die Führung
4.2. Einfluss auf die Gruppe
5. Professionalisierung Emotionaler Intelligenz
6. Grenzen Emotionaler Intelligenz
7. Zusammenfassung
8. Literaturverzeichnis
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
Abbildung 1 - Der Mandelkern im menschlichen Gehirn (Goleman 2011: 37)
Abbildung 2 - Johari-Fenster (eigene Darstellung, vgl. Blochberger 2010: 33) .
Abbildung 3 - Persönlichkeitsaspekte (eigene Darstellung)
Abbildung 4 - Eigenschaften von Empathie (eigene Darstellung)
Abbildung 5 - Kompetenzen für den beruflichen Erfolg (ILTIS GmbH 2012)
Abbildung 6 - Re-Invention (Schaffer-Suchomel; Krebs 2006: 200)
Abbildung 7 - gezeichnetes Bild vom kleinen Prinzen aus "Der kleine Prinz"
1. Einleitung
„Wenn Du ein Schiff bauen willst, so trommle nicht Männer zusammen, um Holz zu beschaffen, Werkzeuge vorzubereiten, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre die Männer die Sehnsucht nach dem weiten endlosen Meer.“ (Antoine de Saint-Exupéry)
Bereits in den frühen 40er Jahren vertrat Antoine de Saint-Exupéry die Auffassung, Menschen nicht über sachliche Argumente zu Höchstleistungen zu motivieren sondern mittels der Fähigkeit, Bedürfnisse und Sehnsüchte in jedem Einzelnen zu wecken. In der Geschäftswelt ist diese Theorie auch in der heutigen Zeit noch nicht vollends anerkannt. Auch wenn in den letzten Jahren Emotionale Intelligenz in der Unternehmensführung spürbar an Bedeutung gewonnen hat, so sind zeitgenössische Einstellungskriterien, Assessment-Center und Grundlagen für leistungsorientierte Vergütungen nach wie vor stark geprägt durch die Abfrage gängiger Hardskills. Doch sind ausschließlich die Hardskills ein Garant für bezeichnende Erfolge? Das Renommee beruflicher Zwischenstationen und Referenzen sind heute noch die Basis für zahlreiche Personalentscheidungen. Allzu oft werden in den Unternehmen eher die Lebensläufe eingestellt, als die Menschen. Durchsetzungsvermögen und Respekt einer Führungskraft werden gleichgesetzt mit Autorität und Macht. Gefühle werden als Blocker für rationale Entscheidungen wahrgenommen. Insbesondere der gefühlvolle Umgang mit den Mitarbeitern wird auch im 20. Jahrhundert noch in zahlreichen Branchen mit Nachgiebigkeit und Schwäche gleichgesetzt. (vgl. Blochberger 2010:159-162; Goleman 2011: 190-191)
Doch überall dort, wo Menschen zusammentreffen und sich gemeinsam für ein Ziel engagieren, sind Gefühle weder weg zu denken noch weg zu diskutieren. Die Gefühle und Emotionen bestimmen unsere Gedanken und damit auch grundlegend unser Handeln. Es ist der Umgang mit unseren Gefühlen und Emotionen und die Reaktionen unserer Umwelt, die zu beruflichen Depressionen und Burn Outs führen. Ein Kritikgespräch über eine mangelhafte Leistung zwischen dem Vorgesetzten und seinem Mitarbeiter wird ohne das notwendige Maß an Empathie sicher nicht so konstruktiv verlaufen, wie es vom Ziel her gedacht war. Hinzu kommt, dass die Menschen um uns herum in Summe über zahlreiche Verhaltensmuster verfügen, die situationsbezogen nach Bedarf abgespult werden. Es ist die Praxis die lehrt, dass ein Umdenken in der Mitarbeiterführung und der Führungsverantwortung erfolgen muss. Um aber als Führungskraft auf jeden Mitarbeiter individuell so zu reagieren, dass er zu Höchstleistungen und außergewöhnlichem Engagement intrinsisch motiviert ist, bedarf es weitaus mehr Fähigkeiten als das Wissen um die Berechnung von betriebswirtschaftlichen Kennziffern oder der Erstellung von Projektplänen. (vgl. Pletzer 2010: 9-10)
Ist als Konsequenz für die Sicherung des Unternehmenserfolges die Weiterbildung und Förderung der Führungskräfte im professionellen Umgang mit den eigenen und vor allem mit der Steuerung von fremden Gefühlen und Emotionen zukünftig unerlässlich? Ist es möglich, auf die Mitarbeiter individuell mit Einfühlungsvermögen und Situationsverständnis zu reagieren, und dennoch zielstrebig, wirtschaftlich und auf die Sache konzentriert Unternehmen zum Erfolg zu führen? Aber ist es überhaupt möglich, Emotionale Intelligenz zu professionalisieren? Die Fähigkeit zum empathischen Umgang mit seinen Mitmenschen ist bei jedem Individuum unterschiedlich ausgeprägt, ein Charaktermerkmal, das in die Wiege gelegt wurde oder eben nicht. Kann man das trainieren?
Im Rahmen der Hausarbeit soll die Bedeutung der Emotionalen Intelligenz als ein wesentlicher Erfolgsfaktor für Führungskräfte heraus gestellt werden. Dafür werden im ersten Teil der Arbeit als Basis die Definitionen von Emotion, Intelligenz und Emotionaler Intelligenz heraus gearbeitet. Anschließend werden die fünf Domänen Emotionaler Intelligenz vorgestellt. Der zweite Teil der Arbeit befasst sich mit den Einflüssen auf die Führungsqualitäten, einer kritischen Hinterfragung der Grenzen und Schwächen sowie der grundsätzlichen Erlernbarkeit Emotionaler Intelligenz.
2. Emotion und Intelligenz
„Jason H., im zweiten Jahr Schüler einer Highschool in Coral Springs, Florida, mit einem glatten Notendurchschnitt 1, hatte sich in den Kopf gesetzt, Medizin zu studieren, aber nicht irgendwo, sondern in Harward. Doch Mr. Pologruto, sein Physiklehrer, gab Jason in einer Klassenarbeit 80 Punkte. Jason glaubte, die Note - bloß eine „2“ - gefährde seinen Studientraum, nahm ein Schlachtemesser mit in die Schule und stach seinem Lehrer bei einer Konfrontation im Physiksaal ins Schlüsselbein, eher er überwältigt wurde. ... Nach dem Wechsel auf eine Privatschule schloß [!] Jason zwei Jahre später als Klassenbester ab. ... Noch als Jason mit höchsten Ehren seine Abschlußprüfung [!] bestand, beklagte sich Mr. Polo- gruto, sein ehemaliger Physiklehrer, daß [!] er sich nicht entschuldigt und noch nicht einmal die Verantwortung für den Angriff auf sich genommen habe. Wie konnte ein Mensch von so unbestreitbarer Intelligenz so irrational handeln, eine so ausgesprochene Dummheit begehen?“ (Goleman 2011: 53)
Dieses Beispiel zeigt, dass ein hoher Intelligenzquotient bzw. eine hohe akademische Intelligenz primär keinen ausgewogenen Umgang mit den eigenen Gefühlen und den Empfindungen anderer sicherstellt. Oder wie Goleman es auf dem Buchrücken von „EQ Emotionale Intelligenz“ (2011) drastisch ausdrückt: „was nützt ein hoher IQ, wenn man ein emotionaler Trottel ist“. Die Fähigkeit, die eigenen und fremden Gefühle angemessen wahrzunehmen, zu verstehen und zu beeinflussen, wird durch die eigene Emotionale Intelligenz gesteuert. Was verbirgt sich aber nun hinter Emotionaler Intelligenz?
2.1. Definition Emotion
„Affekt, Gefühl, psychische Erregung; innere Empfindung, die angenehm oder unangenehm empfunden und mehr oder weniger bewusst erlebt wird, z.B. Freude, Angst, Kummer, Überraschung. Die Emotion ist ein komplexes Muster aus physiologischen Reaktionen (z.B. Steigerung des Blutdrucks), Gefühlen (z.B. Liebe, Wut), kognitiven Prozessen (Interpretation, Erinnerung und Erwartung einer Person) sowie Verhaltensreaktionen (z.B. lachen, weinen).“ (Gabler 2012: Emotion) „Jede Emotion weckt eine spezifische Handlungsbereitschaft, die uns in eine Richtung weist, welche sich in der Evolution angesichts von Umständen, ., gut bewährt hat. .“ (Goleman 2011: 20)
In den späten 20er Jahren wurden Emotionen noch von zahlreichen Theoretikern als eine physiologische Störung definiert, die nur dann entstünde, wenn ein Organismus mit der Umwelt und deren Reizen nicht fertig wird. (vgl. Zimbardo 1992: 380)
Der Gehirnforscher Joseph LeDoux entwarf Ende der 80er Jahre erstmals ein Erklärungsmodell, warum Emotionen und Gefühle ungefiltert vom Bewusstsein das Verhalten bestimmen können. Nach LeDoux liegt dieses „Phänomen“ im Aufbau des menschlichen Zentralorgans, konkret des Limbischen Systems begründet. Das menschliche Gehirn besitzt zwei so genannte Mandelkerne, je einen pro Gehirnhälfte. Der Mandelkern ist der Speicher für alle emotionalen Erinnerungen und Erfahrungen. Er kann als „emotionaler Wächter“ bezeichnet werden. Der Hippocampus hingegen speichert zusammen mit dem Kortex alle Tatsachen und sachlichen Details, die wir im Laufe unseres Lebens erfahren und gelernt haben. Le- Doux fand heraus, dass auftretende sensorische Reize nicht nur zum Thalamus übertragen und von dort zum Neokortex weitergeleitet werden, welcher die erhaltenen Informationen vollständig wahrnimmt, analysiert und geeignete Reaktionsmöglichkeiten „bereitstellt“, sondern parallel das Signal über eine direkte Synapse zum Mandelkern überträgt, der vorab der abgeschlossenen Analyse des Neokortex eine emotionale Reaktion einleiten kann. (vgl. Goleman 2011: 32-37) Abbildung 1 zeigt visuell die neuronalen Bahnen der Signalübertragung an den Kortex und den Mandelkern.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1 - Der Mandelkern im menschlichen Gehirn (Goleman 2011: 37)
Anhand Abbildung 1 kann das Zusammenspiel der Signalübertragung und die damit verbunden Auswirkungen auch konkret an einem Beispiel erläutert werden. Das Auge nimmt visuell eine Schlange wahr und überträgt diese Information an den Kortex, der nun analysiert, ob es sich um eine Gefahrensituation handelt oder aber die Situation völlig ungefährlich ist. Die Parallelübertragung des Signals an den Mandelkern würde die Person allerdings in einer heftigen emotionalen Reaktion aus Angst sofort aufspringen lassen, ehe die Situation überhaupt in ihrer Komplexität eingeschätzt wurde. Nach und nach erst werden vom Neokortex Informationen geliefert, dass es sich z. B. um eine harmlose Schlange handelt oder aber die Entfernung zur Schlange noch groß genug ist. Die erste, impulsive Reaktion ist aber bereits abgeschlossen. (vgl. Goleman 2011: 32-37)
2.2. Definition Intelligenz
„... in [!] der Psychologie ein hypothetisches Konstrukt (d.h. eine Erklärung für ein nicht direkt beobachtbares Phänomen), das die erworbenen kognitiven Fähigkeiten und Wissensbestände einer Person bezeichnet, die ihr zu einem gegebenen Zeitpunkt zur Verfügung stehen. Je nach theoretischer Auffassung werden meist verschiedene Formen der Intelligenz unterschieden, z.B. a) fluide (Fähigkeit, Beziehungen zu erfassen und anzuwenden) vs. kristalline (verbale und sprachgebun- dene Fähigkeiten) Intelligenz, oder b) sieben eigenständige Formen der Intelligenz (Raumvorstellung, Sprachverständnis, Wortflüssigkeit, Rechenfertigkeit, Induktion, Wahrnehmungsgeschwindigkeit und mechanisches Gedächtnis). Entsprechend der unterschiedlichen theoretischen Konzeptualisierungen der Intelligenz gibt es vielfältige psychologische Testverfahren zur Messung der Intelligenz, die häufig in der Eignungsdiagnostik eingesetzt werden. Viele metaanalytische Ergebnisse zeigen den hohen Zusammenhang zwischen Intelligenz und Ausbildungs- oder Berufserfolg.“ (Gabler 2012: Intelligenz)
Im allgemeinen Sprachgebrauch wird Intelligenz mit Klugheit, Denkfähigkeit und Urteilsvermögen gleichgesetzt. Grundsätzlich gilt, dass alle Menschen intelligent sind, sie sich jedoch in der Höhe der Intelligenz unterscheiden. Zur Messung der Intelligenz werden so genannte Intelligenztests eingesetzt, die allerdings zahlreichen Kritikpunkten ausgesetzt sind. Gardner definiert z. B. sieben Intelligenzen, die je nach kulturellem Umfeld unterschiedlich stark ausgeprägt sind:
- linguistische Fähigkeit
- räumliche Wahrnehmung
- körperlich-kinästhetische Fähigkeit
- intrapersonelle Fähigkeit
- logisch-mathematische Fähigkeit
- musikalische Fähigkeit
- interpersonelle Fähigkeit
Nach Gardner sollten qualifizierte Intelligenzmessungen den natürlichen Lebensraum der Testperson ausreichend berücksichtigen. (vgl. Zimbardo 1992: 448)
2.3. Definition Emotionale Intelligenz
„Fähigkeit eines Menschen, die Emotionen eines anderen zu erkennen und in adäquater Weise darauf zu reagieren. In Managemententscheidungen fließen zwangsläufig neben rationalen Elementen auch Elemente einer emotionalen Vernunft ein. Die stark emotionsgetönte Intuition wird daher zu einer eigenen produktiven Managementkompetenz. Die Emotionsarbeit lässt sich über vier Grunddimensionen beschreiben:
(1) Die Notwendigkeit subjektiver Aufmerksamkeit, die beim Zurschaustellen des emotionalen Ausdrucksverhaltens aufgebracht werden muss;
(2) die Häufigkeit des (erwünschten) emotionalen Ausdrucksverhaltens;
(3) die Vielfalt unterschiedlicher Emotionen, die im Rahmen einer Arbeitsrolle erwartet werden;
(4) der Grad empfundener Dissonanz.
Es gibt Versuche, den Grad der Emotionalen Intelligenz mithilfe psychologischer Testverfahren zu erfassen und in Parallelität zum Intelligenzquotienten (IQ) eine Kennziffer für die Emotionale Intelligenz (EQ) zu erarbeiten. Die Emotionale Intelligenz ist nahe verwandt mit dem Konzept der sozialen Kompetenz.“ (Gabler 2012: Emotionale Intelligenz)
Zusammenfassend lässt sich also festhalten, dass alle Menschen über Emotionen und Intelligenz, in welchem Ausmaß auch immer, verfügen. Weder das permanente impulsive Ausleben emotionaler Reaktionen noch ein hoher akademischer Intelligenzquotient sind Erfolgsfaktoren für zwischenmenschliches Gelingen. Es ist die Ausprägung der Emotionalen Intelligenz die entscheidet, wie heftig, wie impulsiv und wie angemessen bestimmte Reaktionen erfolgen. Dies wiederum macht jetzt schon deutlich, wie wichtig insbesondere im Umgang mit anderen Menschen Emotionale Intelligenz ist. Welche Fähigkeiten konkret für ein erfolgreiches Leben - beruflich wie privat - erforderlich scheinen, wird im folgenden Kapitel 3 näher betrachtet.
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