[...] Andererseits erhält die Bildbeschreibung dementsprechend inhaltliche Priorität.
Nicht nur die Verwendung von Ekphrasis verweist auf die Auseinandersetzung mit Kunst.
Immer wieder wird das Gegensatzpaar Kunst/Künstlichkeit und Natur thematisiert. Die
einfache Natur der arkadischen Welt wird mit der Kunst ge nerell kontrastiert,2 ein Aspekt,
der sich auch in der konstruierten Form der Ekloge niederschlägt. Weiterhin fällt der Gegensatz
zwischen dem einheimischen Namen des Flusses, der mehrere Male erwähnt wird
(v. 53, 57, 66)3, und den neoklassischen Namen der Nymphen auf, denn dadurch wird ein
weiteres Mal die Künstlichkeit der Gattung unterstrichen4 und auf deren Selbstreflexivität
hingewiesen. Ebenfalls die ausführliche und detaillierte Beschreibung des Materials der
Nymphenbilder verweisen auf die Thematisierung von Kunst und Künstlichkeit: „Al
describir los objetos el poeta enfatiza su artificialidad; que queda aún más subrayada por la
importancia que da a los materiales de que están hechos y el uso repetido de términos
relacionados con la pintura.”5
So möchte die vorliegende Arbeit die Gewichtung der Ekphrasis zunächst formal
nachzeichnen und die vier Bilder der Nymphen besprechen. Ausgehend von der Untersuchung
der Funktion der Ekphrasis soll dann Garcilaso de la Vegas dichtungs- und kunsttheoretische
Stellungnahme analysiert werden. Gerade die zeitgenössische Kunsttheorie
liefert hierfür interessante Ansätze, die primär durch den Trattato de la Pittura von Leonardo
da Vinci repräsentiert wird. Garcilaso de la Vega referiert nicht mehr nur auf literarische
Vorbilder, sondern bezieht aus „dem Bedürfnis zu einer Reflexion auf die Geschichte
und auf den Sinn aller Kunst“6 das Medium der Malerei mit ein.
Der vorher innerliterarische Wettstreit wird zum Paragone.
2 Vgl. Rivers, Elias L.: Garcilaso de la Vega. Poems. A Critical Guide. London 1980. S. 77.
3 Alle Zitate und Verweise entstammen folgender Ausgabe: Garcilaso de la Vega: Poesías castellanas
completas. Edición, introducción y notas de Elías L. Rivers. Madrid 131996.
4 Vgl. Navarette, Ignacio: Los huérfanos de Petrarca. Poesía y teoría en la España renacentista. Madrid
1997. S. 157.
5 Ebd., S. 159.
6 Reckermann, Alfons: Das Konzept kreativer imitatio im Kontext der Renaissance-Kunsttheorie. In: Innovation
und. Originalität. Hrsg. v. Walter Haug und Burghart Wachinger. Tübingen 1993. S. 98-132. S. 130.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Der Wettstreit der Künste
- Kunsttheoretisches Umfeld
- Vorwürfe gegen die Dichtung von Seiten den Malerei
- Die Ekloge
- Aufbau
- Ekphrasis
- Die Bilder der Nymphen
- Filódoce: Orpheus und Eurydike
- Dinámene: Apoll und Daphne
- Climene: Venus und Adonis
- Nise: Elisa und Nemoroso
- Der Wechselgesang der Hirten
- Die kunsttheoretische Aussage der dritten Ekloge
- Abbildung wahrer göttlicher Schönheit und Harmonie
- Naturdarstellung und Sinneswahrnehmung
- Originalität und Singularität
- Simultanität
- Das Verhältnis von Malerei und Dichtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der dritten Ekloge von Garcilaso de la Vega, die sich durch ihre Bildbeschreibungen auszeichnet. Sie untersucht die Funktion der Ekphrasis und analysiert Garcilaso de la Vegas dichtungs- und kunsttheoretische Stellungnahme. Durch die Einbeziehung zeitgenössischer Kunsttheorie, insbesondere Leonardo da Vincis „Trattato de la Pittura“, wird der Wettstreit zwischen Literatur und Malerei, der sogenannte Paragone, in den Mittelpunkt gerückt.
- Die Funktion der Ekphrasis in der dritten Ekloge
- Die Beziehung zwischen Kunst und Natur
- Die kunsttheoretische Auseinandersetzung Garcilaso de la Vegas
- Der Paragone-Diskurs und seine Bedeutung für die Renaissance
- Die Rolle der Malerei in der Kunsttheorie der Renaissance
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die dritte Ekloge von Garcilaso de la Vega und ihre zentrale Rolle in seinem Schaffen vor. Sie beleuchtet den Fokus auf die Kunst durch das Mittel der Ekphrasis und die Kontrastierung von Kunst und Natur. Das zweite Kapitel widmet sich dem Wettstreit der Künste in der Renaissance, insbesondere dem Paragone-Diskurs. Es beleuchtet die Legitimationsbestrebungen der Malerei und die Auseinandersetzung mit der Dichtung im Kontext der antiken Rhetorik. Kapitel drei analysiert die Ekloge selbst, ihre Struktur, die Ekphrasis und die Darstellung der vier Bilder der Nymphen. Das vierte Kapitel widmet sich der kunsttheoretischen Aussage der dritten Ekloge. Es untersucht die Abbildung wahrer göttlicher Schönheit und Harmonie, die Naturdarstellung und Sinneswahrnehmung, die Originalität und Singularität sowie die Simultanität.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf die Themen Ekphrasis, Kunst und Natur, Paragone, Renaissance-Kunsttheorie, Leonardo da Vinci, Garcilaso de la Vega, dritte Ekloge, Bildbeschreibungen, Literatur und Malerei, imitatio.
- Quote paper
- Julika Zimmermann (Author), 2003, Garcilaso de la Vegas dritte Ekloge als dichtungs- und kunsttheoretische Stellungnahme, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/19816