Der 1936 in den Niederlanden geborene bekannte Politikwissenschaftler Arend Lijphart veröffentlichte in seinen Werken „Democracies: Patterns of Majoritarian and Consensus Government in Twenty-One Countries“ und „Patterns of Democracy. Government Forms and Performance in Thirty-Six Countries“ seine Studien zu vergleichenden Politikwissenschaft. Hier legt er seine Differenzierung demokratischer Systeme in Mehrheitsdemokratie und Konsensdemokratie dar. Inhaltlich lassen sich diese zunächst wie folgt skizzieren: Die Mehrheitsdemokratie, auch Konkurrenzdemokratie genannt, stellt das politische Verhältnis eines Landes dar, indem zumeist zwei Parteien um die Regierungsverantwortung konkurrieren. Demzufolge erhält eine Partei die Parlamentsmehrheit und ist somit in der Gestaltung der exekutiven Politik ungebunden, wodurch der zweiten Partei die Aufgaben der Opposition und der Kontrolle der Regierungspartei zufallen. In diesem Gegensatz definiert Lijphart die Konsensdemokratie. Aus der Konkurrenz von mehr als nur zwei Parteien um die Regierungsgewalt ergibt sich eine Machtaufteilung. Daraus folgt, dass durch die Interessenverteilung des Volkes auf die Parteien auch die Minderheitsparteien politischen Einfluss erhalten. Konflikte werden daher im gemeinsamen Konsens gelöst, wodurch auch die Minderheiten Beteiligung finden.
Um eine Unterscheidung der beiden Formen zu systematisieren, entwickelte Lijphart zehn Hauptmerkmale, in denen sich diese jeweils nach ihrer Definition differenzieren lassen. Zunächst untersucht er dabei die Exekutive-Parteien-Dimension, bevor er sich ab dem sechsten Kriterium der Föderalismus-Unitarismus-Dimension zuwendet.
von Benjamin Krebs und Eric Kresse
Der 1936 in den Niederlanden geborene bekannte Politikwissenschaftler Arend Lijphart veröffentlichte in seinen Werken „Democracies: Patterns of Majoritarian and Consensus Government in Twenty-One Countries“ und „Patterns of Democracy. Government Forms and Performance in Thirty-Six Countries“ seine Studien zu vergleichenden Politikwissenschaft. Hier legt er seine Differenzierung demokratischer Systeme in Mehrheitsdemokratie und Konsensdemokratie dar. Inhaltlich lassen sich diese zunächst wie folgt skizzieren: Die Mehrheitsdemokratie, auch Konkurrenzdemokratie genannt, stellt das politische Verhältnis eines Landes dar, indem zumeist zwei Parteien um die Regierungsverantwortung konkurrieren. Demzufolge erhält eine Partei die Parlamentsmehrheit und ist somit in der Gestaltung der exekutiven Politik ungebunden[1], wodurch der zweiten Partei die Aufgaben der Opposition und der Kontrolle der Regierungspartei zufallen.[2] In diesem Gegensatz definiert Lijphart die Konsensdemokratie. Aus der Konkurrenz von mehr als nur zwei Parteien um die Regierungsgewalt ergibt sich eine Machtaufteilung. Daraus folgt, dass durch die Interessenverteilung des Volkes auf die Parteien auch die Minderheitsparteien politischen Einfluss erhalten. Konflikte werden daher im gemeinsamen Konsens gelöst, wodurch auch die Minderheiten Beteiligung finden.[3]
Um eine Unterscheidung der beiden Formen zu systematisieren, entwickelte Lijphart zehn Hauptmerkmale, in denen sich diese jeweils nach ihrer Definition differenzieren lassen. Zunächst untersucht er dabei die Exekutive-Parteien-Dimension, bevor er sich ab dem sechsten Kriterium der Föderalismus-Unitarismus-Dimension zuwendet.[4]
Beginnend stellt Lijphart die Konzentration der exekutiven Macht heraus. Die Mehrheitsdemokratie hat hierbei die Eigenschaft, dass die Mehrheitspartei auch die Mehrheit der Sitze im Parlament unter sich vereint. Die Exekutivmacht konzentriert sich demnach auf eine allein regierende Mehrheitspartei.[5] Dem gegenüber beschreibt er das Konsensmodell als ein Teilen der Exekutivgewalt in Koalitionen.[6]
Nun gilt es, dies auf das demokratische System der Bundesrepublik Deutschland zu übertragen. Dieses ist in der Mitte zwischen Mehrheits- und Konsensdemokratie anzusiedeln. Zum einen trägt die Bundesrepublik klare mehrheitsbestimmte Züge, wie die Sitzverteilung im Bundestag, die Wahl des Regierungschefs, des Bundespräsidenten sowie die Zusammensetzung der Bundesversammlung.
Ebenso ist durch das Grundgesetz aber auch eine Konsensebene gegeben. So ist für eine Verfassungsänderung eine Zweidrittelmehrheit erforderlich, welche nicht allein durch die regierende Koalition zu erreichen ist. Dies erfordert Verhandlungen mit allen beteiligten Parteien, wodurch ein Mitregieren der Opposition nicht zu umgehen ist. Der Wettbewerb unter den Parteien hat ebenso Koalitionen zu Folge. Damit ist die Grundlage für neue Kooperationen gegeben, um einen gemeinsamen Nenner zu finden. Es lässt sich also erörtern, dass Deutschland unter Lijpharts erstem Gesichtspunkt der Frage nach der exekutiven Machtverteilung als Mischform zu sehen ist.[7]
Lijpharts zweites Kriterium zur Eingliederung in sein Strukturmodell ist das Verhältnis von Regierung und Parlament. Während die Regierung in einer Mehrheitsdemokratie das Parlament kontrolliert und die Exekutive somit über die Legislative dominiert[8], zeichnet sich die Konsensdemokratie unter diesem Aspekt durch eine Machtbalance zwischen der Regierung und dem Parlament aus.[9] Die Bundesrepublik als parlamentarisches Regierungssystem charakterisiert sich durch eine Abhängigkeit der Regierung vom Parlament. Es wählt nicht nur den Bundeskanzler, sondern kann ihn bei Bedarf durch eine Parlamentsmehrheit abberufen (Art.76 GG), wodurch dieser auf die Unterstützung einer Mehrheit der Abgeordneten angewiesen ist. Dem Bundestag kommt demnach eine wichtige Rolle im politischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozess zu – ebenso bestimmt er auch den Bundeshaushalt.[10] Die Kanzlerdominanz auf der anderen Seite beschreibt einen starken Regierungschef, der über viele Machtmittel verfügt. Mit seiner Fraktionsmehrheit im Bundestag hat der Bundeskanzler die Gesetzgebungskompetenz inne (Art.71 GG/Art.73 GG). Ebenso hat er freie Hand bei der Besetzung der Ministerien. Ferner besitzt die Bundesregierung einen vorbehaltenen Zugang zum Bundesverfassungsgericht. Natürlich ist die Regierung aber auch an die Verfassung gebunden. Sie setzt sich fast immer aus mindestens zwei Parteien zusammen und erfordert somit einen stetigen inneren Konsens.[11] Somit bleibt festzustellen, dass die Bundesrepublik Deutschland hier der Konsensdemokratie zuzuordnen ist, da ein Kräftegleichgewicht zwischen Regierung und Bundestag besteht.
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[1] Vgl. Manfred G. Schmidt(2000): Demokratietheorien. Eine Einführung. 3.überarbeitete und erweiterte Auflage, Opladen, S.340.
[2] Vgl. Schubert, Klaus/Klein, Martina(2007): Das Politiklexikon, Bonn, S.174.
[3] Vgl. Manfred G. Schmidt: [FN1], S.340.
[4] Vgl. Arend Lijphart (1999): Patterns of Democracy. Government Forms and Performance in Thirty-Six Countries, Yale, S.3.
[5] Vgl. Ebd.: S.10-11.
[6] Vgl. Ebd.: S.34-35.
[7] Vgl. Manfred G. Schmidt(2007): Das politische System Deutschlands, München,S.271-273.
[8] Vgl. Lijphart: [FN4], S.11-12.
[9] Vgl. Lijphart: [FN4], S.35-36.
[10] Vgl. Schmidt: Das politische System Deutschlands [FN7],S.133-135.
[11] Vgl. Ebd.: S.181-185.
- Arbeit zitieren
- Eric Kresse (Autor:in), 2009, Die Bundesrepublik Deutschland in der Klassifikation von Arend Lijphart, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/198233