Die Auswirkungen der expansiven, nicht-nachhaltigen Fiskalpolitik der Euroländer, finanziert durch die Aufnahme von Staatsschulden, machen sich bemerkbar. Gerade Peripherieländer, wie die PIG-Staaten (Portugal, Irland, Griechenland), sehen sich derzeit mit enormen Schuldenstandsquoten, ausgeprägten Leistungsbilanzdefiziten und hohen Risikoprämien auf ihre Staatspapiere konfrontiert. Zudem befinden sie sich in einer gewissermaßen einzigartigen Situation, da sie zur EWU gehören und demnach mit dem speziellen Nebeneinander von nati-onal autarker Fiskalpolitik und unionseinheitlicher Geldpolitik zurechtkommen müssen.
An dieses Dilemma knüpft die vorliegende Arbeit an. Aufgrund der oben genannten Problematik besteht Handlungsbedarf. Aber in welche Richtung sollte sich die EWU bewegen? Soll-ten wirtschaftlich stärker aufgestellte Staaten wie die Bundesrepublik Deutschland die im Maastricht-Vertrag festgesetzte „No Bail Out-Klausel“ ignorieren und die verschuldeten Länder mit Transferzahlungen retten? Wie sollte ein neues Fiskalregime für die Eurozone konzipiert sein, damit es helfen kann, die aktuelle Krise zu überwinden und zukünftige Probleme zu vermeiden?
Um Antworten auf diese Fragen zu finden, beschäftigt sich diese Arbeit zunächst mit der Thematik der Staatsverschuldung um zu zeigen, warum ein Markt für Sovereign Debt existiert. In diesem Kontext werden die Vorteile dieser Form der staatlichen Kreditaufnahme beleuchtet, aber auch auf die Gefahren hingewiesen, wonach das Szenario eines Sovereign Defaults und dessen Folgen untersucht wird. Anschließend werden die Besonderheiten der staatlichen Verschuldung in der Währungsunion analysiert, an denen sich die Notwendigkeit der Etablierung eines neuen Fiskalregimes verschärft erkennen lässt. Dabei wird auch die Thematik „Transferunion“ angesprochen und nachfolgend erläutert, warum ein neuer fiskalischer Mechanismus diese vermeiden sollte. Das dritte Kapitel setzt sich mit der Lösung des beschriebenen Problems auseinander. Hier wird zunächst kurz auf historische und aktuelle Lösungsmechanismen eingegangen und deren Probleme skizziert. Danach werden Kriterien herausgearbeitet, die ein effizientes Fiskalregime erfüllen muss. Nachdem ein Analyserahmen herausgearbeitet wurde, werden prominente Vorschläge an diesem gemessen.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. Die Problematik übermäßiger Staatsverschuldung
- II.1 Ökonomische Grundsätze der staatlichen Schuldenaufnahme
- II.1.1 Die Gründe staatlicher Verschuldung
- II.1.2 Gefahren übermäßiger Staatsverschuldung
- II.2 Das Szenario eines Sovereign Default
- II.2.1 Die Kosten eines Staatsbankrotts
- II.2.2 Vertrauen auf die „unsichtbare Hand“ oder Marktversagen?
- II.3 Besonderheiten eines Sovereign Defaults in der EWU
- II.1 Ökonomische Grundsätze der staatlichen Schuldenaufnahme
- III. Ein neues Fiskalregime für die Eurozone
- III.1 Die Geschichte der fiskalischen Regulierung
- III.1.1 Restrukturierung und Haircut – Zwei bewährte Instrumente
- III.1.2 Historische Fiskalregimes – Ein Überblick
- III.1.3 Lehren aus der Geschichte
- III.1.4 EFSF und ESM – Der Euro Rettungsschirm
- III.2 Der Rahmen eines optimalen Fiskalregimes
- III.2.1 Aufgaben und Herausforderungen für ein europäisches Fiskalregime
- III.2.2 Das Kriterium der Anreizkompatibilität
- III.3 Neue Vorschläge für eine europäische Fiskalordnung
- III.3.1 Das Instrument der Eurobondemission
- III.3.2 „Contractual Approaches“
- III.3.3 „Statutory Approaches“
- III.1 Die Geschichte der fiskalischen Regulierung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Diplomarbeit untersucht die Problematik übermäßiger Staatsverschuldung in der Eurozone und analysiert mögliche Wege zur Implementierung eines neuen Fiskalregimes. Ziel ist es, Lösungsansätze zu evaluieren, die sowohl die aktuelle Schuldenkrise bewältigen als auch zukünftige Krisen verhindern, ohne die Eurozone in eine Transferunion zu verwandeln.
- Die ökonomischen Ursachen und Folgen exzessiver Staatsverschuldung
- Das Szenario eines Sovereign Defaults und dessen Kosten
- Die Besonderheiten der Staatsschuldenproblematik in einer Währungsunion
- Die Evaluation historischer und aktueller Lösungsansätze
- Die Kriterien für ein anreizkompatibles und effektives Fiskalregime
Zusammenfassung der Kapitel
I. Einleitung: Die Einleitung stellt das Problem der übermäßigen Staatsverschuldung in der Eurozone dar und führt in die Thematik ein. Sie verdeutlicht die aktuelle Krise und die Notwendigkeit eines neuen Fiskalregimes, wobei die zentrale Frage nach der Vermeidung einer Transferunion hervorgehoben wird. Die Arbeit skizziert den Aufbau und die Methodik, welche zur Beantwortung der Fragestellung herangezogen werden.
II. Die Problematik übermäßiger Staatsverschuldung: Dieses Kapitel analysiert die Ursachen und Folgen exzessiver Staatsverschuldung. Es beleuchtet die ökonomischen Gründe für staatliche Kreditaufnahme, wie Konjunktursteuerung und Risikodiversifizierung, und geht auf die Gefahren der Nicht-Nachhaltigkeit und steigender Risikoaufschläge ein. Das Szenario eines Sovereign Defaults wird umfassend untersucht, wobei die Kosten für Gläubiger und Schuldnerstaaten detailliert dargestellt werden. Schließlich werden die spezifischen Herausforderungen der Staatsschuldenproblematik in der Eurozone, insbesondere das Nebeneinander von nationaler Fiskalpolitik und gemeinschaftlicher Geldpolitik, erörtert und die Notwendigkeit eines neuen Fiskalregimes begründet.
III. Ein neues Fiskalregime für die Eurozone: Dieses Kapitel befasst sich mit der Entwicklung und Bewertung möglicher Lösungen für die Staatsschuldenkrise. Zuerst werden historische Ansätze wie Restrukturierungen, Haircuts und die Rolle von Institutionen wie dem Paris Club und dem London Club analysiert und deren Grenzen im Kontext der Eurozone diskutiert. Es wird ein Bewertungsrahmen für ein optimales Fiskalregime entwickelt, der die Anforderungen an die Lösung der aktuellen Krise, die Vermeidung zukünftiger Krisen und die Stärkung des Zusammenhalts in der Eurozone berücksichtigt. Anschließend werden verschiedene Vorschläge für eine neue europäische Fiskalordnung, darunter Eurobonds, vertragliche Ansätze (contractual approaches) und gesetzlich verankerte Ansätze (statutory approaches), im Detail vorgestellt und anhand des entwickelten Bewertungsrahmens bewertet. Die Vor- und Nachteile verschiedener Modelle, insbesondere im Hinblick auf die Anreizkompatibilität und die Vermeidung einer Transferunion, werden kritisch gewürdigt.
Schlüsselwörter
Staatsschulden, Sovereign Default, Eurozone, Fiskalregime, Transferunion, Moral Hazard, Anreizkompatibilität, Restrukturierung, Haircut, Eurobonds, Collective Action Clauses (CACs), Europäischer Stabilitätsmechanismus (ESM), European Financial Stability Facility (EFSF), Europäischer Währungsfonds (EWF), Europäischer Krisenfonds (EKF), Europäischer Schuldenrestrukturierungsmechanismus (ESDRM).
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Diplomarbeit: "Ein neues Fiskalregime für die Eurozone"
Was ist der Hauptfokus dieser Diplomarbeit?
Die Diplomarbeit untersucht die Problematik übermäßiger Staatsverschuldung in der Eurozone und analysiert mögliche Wege zur Implementierung eines neuen Fiskalregimes. Das zentrale Ziel ist die Evaluierung von Lösungsansätzen, die sowohl die aktuelle Schuldenkrise bewältigen als auch zukünftige Krisen verhindern, ohne die Eurozone in eine Transferunion zu verwandeln.
Welche Themen werden in der Arbeit behandelt?
Die Arbeit behandelt die ökonomischen Ursachen und Folgen exzessiver Staatsverschuldung, das Szenario eines Sovereign Defaults und dessen Kosten, die Besonderheiten der Staatsschuldenproblematik in einer Währungsunion, die Evaluation historischer und aktueller Lösungsansätze sowie die Kriterien für ein anreizkompatibles und effektives Fiskalregime.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in drei Hauptkapitel: Einleitung, Die Problematik übermäßiger Staatsverschuldung und Ein neues Fiskalregime für die Eurozone. Jedes Kapitel ist in Unterkapitel unterteilt, die die einzelnen Themenbereiche detailliert behandeln. Zusätzlich enthält die Arbeit ein Inhaltsverzeichnis, eine Zusammenfassung der Kapitel und eine Liste der Schlüsselwörter.
Was wird im Kapitel "Die Problematik übermäßiger Staatsverschuldung" behandelt?
Dieses Kapitel analysiert die Ursachen und Folgen exzessiver Staatsverschuldung. Es beleuchtet die ökonomischen Gründe für staatliche Kreditaufnahme, die Gefahren der Nicht-Nachhaltigkeit und steigender Risikoaufschläge sowie das Szenario eines Sovereign Defaults mit detaillierter Darstellung der Kosten. Die spezifischen Herausforderungen der Staatsschuldenproblematik in der Eurozone werden ebenfalls erörtert.
Was wird im Kapitel "Ein neues Fiskalregime für die Eurozone" behandelt?
Dieses Kapitel befasst sich mit der Entwicklung und Bewertung möglicher Lösungen für die Staatsschuldenkrise. Es analysiert historische Ansätze wie Restrukturierungen und Haircuts und entwickelt einen Bewertungsrahmen für ein optimales Fiskalregime. Verschiedene Vorschläge für eine neue europäische Fiskalordnung, darunter Eurobonds, vertragliche und gesetzlich verankerte Ansätze, werden vorgestellt und bewertet. Die Vor- und Nachteile verschiedener Modelle werden kritisch gewürdigt.
Welche Lösungsansätze für die Staatsschuldenkrise werden diskutiert?
Die Arbeit diskutiert verschiedene Lösungsansätze, darunter historische Ansätze wie Restrukturierungen und Haircuts, sowie neue Vorschläge wie Eurobonds, vertragliche Ansätze ("contractual approaches") und gesetzlich verankerte Ansätze ("statutory approaches"). Die Bewertung dieser Ansätze erfolgt anhand eines entwickelten Bewertungsrahmens, der die Anreizkompatibilität und die Vermeidung einer Transferunion berücksichtigt.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die zentralen Themen der Arbeit?
Schlüsselwörter sind unter anderem: Staatsschulden, Sovereign Default, Eurozone, Fiskalregime, Transferunion, Moral Hazard, Anreizkompatibilität, Restrukturierung, Haircut, Eurobonds, Collective Action Clauses (CACs), ESM, EFSF, und weitere Institutionen und Mechanismen zur Krisenbewältigung.
Welche Fragen werden in der Einleitung beantwortet?
Die Einleitung stellt das Problem der übermäßigen Staatsverschuldung in der Eurozone dar, verdeutlicht die aktuelle Krise und die Notwendigkeit eines neuen Fiskalregimes und hebt die zentrale Frage nach der Vermeidung einer Transferunion hervor. Sie skizziert den Aufbau und die Methodik der Arbeit.
Welche Rolle spielt die Vermeidung einer Transferunion in dieser Arbeit?
Die Vermeidung einer Transferunion ist ein zentrales Anliegen der Arbeit. Die Evaluierung der Lösungsansätze erfolgt unter der Berücksichtigung dieses Kriteriums. Die Arbeit sucht nach Lösungen, die die Staatsschuldenkrise bewältigen, ohne zu einer dauerhaften Umverteilung von Ressourcen zwischen den Mitgliedsstaaten der Eurozone zu führen.
- Arbeit zitieren
- Marius Müller (Autor:in), 2011, Ein neues Fiskalregime für die Eurozone, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/198254