D. Johann Fausten - eine zwiespältige Gestalt


Hausarbeit, 2010

16 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe

Inhaltverzeichnis

1. Einleitung

2. Dr. Johann Fausten

3. Die Vorrede

4. Der Teufelspakt

5. Faust und Mephistopheles

6. Fausts Forschungsreisen

7. Der Faust des Schwankteils

8. Fausts Tod

9. Fazit – Faust als zwiespältige Figur

10. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die Historia von D. Johann Fausten, (auch „Volksbuch“ und „Faustbuch“ genannt)[1], wurde 1587 von einem gewissen Johann Spies veröffentlicht. Sofort erfreute es sich große Beliebtheit: Innerhalb von einem Jahr waren mindestens 10 Ausgaben auf dem Mark 1 und eine englische Übersetzung wurde schnell in Umlauf gebracht. Kurz danach entstanden andere, durch dieses Volksbuch beeinflusste Bearbeitungen des Faust-Stoffes, wie der in Vers geschriebene „Tübinger Reim-Faust“[2] des gleichen Jahres. Die Historia ist das erste bekannte Volksbuch über die historische Figur Johann Faust. Faust soll ungefähr von 1480 bis 1540 gelebt und einen Pakt mit dem Teufel, damit er unmenschliche Kräfte in der Zauberei erwerben konnte, geschlossen haben. Es existierten schon vorher einige fragmentarische Handschriften über Faust und sein Leben, aber es fehlte bis zur Erscheinung der Historia eine allumfassende Bearbeitung des Stoffes. Der Autor des Werkes bleibt bis heute unbekannt, obwohl viele Theorien über seine Identität bestehen. Manche Literaturwissenschaftler, die sich an der Debatte beteiligen, (unter ihnen auch Thomas Mann), sind der Meinung, Spies selbst sei eigentlich der Autor.

Was der Leser des Volksbuches schnell begreift, ist dass es, besonders in Spies’ Vorwort, aber auch während des ganzen Werkes, eine starke religiöse Botschaft enthält. Es entstand in einer Zeitepoche, in der viel Verdacht und Angst vor der Zauberei und den schwarzen Künsten herrschte, und die Hinrichtung angeblicher Hexen die Norm war.

Die Historia von D. Johnann Fausten zeigt entscheidende Stationen im Leben dieser Figur,

zusammengestellt von einem anonymen Autor. Faust wird innerhalb der Forschung immer

wieder verschiedenartig gewertet und charakterisiert. Ziel dieser Hausarbeit ist es zu untersuchen, wie der Protagonist konkret an verschiedenen Stellen der Historia dargestellt wird. Sie ist somit sicherlich als Versuch einer Annäherung an Widersprüche und Ambivalenzen, wie sie diese erste Ausformung der Faustgestalt in ihrem Leben, Wesen und Handeln bestimmen, zu verstehen. Dazu wird es erforderlich sein recht textnah zu argumentieren, da so erst ein möglichst vielschichtiges Bild dieser Figur entstehen kann, das sich dem Anspruch dieser Hausarbeit, Faust in verschiedenen, auch widersprüchlichen Facetten und Kontexten zu zeigen, annähert.

Mit einer kurzen Beschreibung des Dr. Fausten werde ich eine Einführung in den Hauptteil machen. Anschließend erscheint es in diesem Zusammenhang interessant zu sein, auf die Vorrede des Erzählers einzugehen. Bereits hier wird Faust in vielerlei Hinsicht bewertet. So entsteht ein bestimmtes Bild dieser Figur, das in Einklang mit protestantischen Verstehens– und Bewertungskriterien steht, wie sie im Verlauf der Arbeit noch kurz zu benennen sein werden.

Des Weiteren wird es aufschlussreich sein zu beobachten, in welcher Form die im Vorfeld gelieferte Konzeption innerhalb der gesamten Historia verfolgt oder aber vielmehr an bestimmten Stellen verworfen wird. Ferner erscheint der Teufelspakt zentral für die Faustkonzeption. Dieser soll in einem zweiten Abschnitt behandelt werden. Weiterhin soll der Protagonist auch in Bezug auf den ihm zunächst einmal „vnterthenig“[3] dienenden Mephistopheles hin betrachtet werden.

Seine Rolle innerhalb des vorliegenden Lebens- und Schicksalsweges Fausts wird genauer zu untersuchen sein. Zudem erscheint es sinnvoll den Faust im Mittelteil der Historia detaillierter zu betrachten um zu sehen, wie er sich tatsächlich in den 24 Jahren zwischen Paktabschluss und Tod verhält, wie sich seine Verdammnis mit Bezug auf diesen Abschnitt motiviert. Im Anschluss soll zudem thematisiert werden, wie der Schlussteil der Historia, die Darstellung von Fausts Tod, mit dem im Vorfeld entworfenen Faustbild vereinbar ist oder es vielmehr übersteigt, in Ambivalenz zu ihm zu verstehen ist.

2. Dr. Johann Fausten

Dr. Faust wurde in Roda bei Weimar geboren. Seine Eltern waren Bauern. Sie waren arm. Faust hatte einen Onkel. Der Onkel wohnte in Wittenberg. Er war reich und hatte keine Kinder. Deshalb holte er Faust zu sich nach Wittenberg. Hier konnte Faust zur Schule gehen und später Theologie (= Kirchenlehre) studieren. Faust war sehr klug. Er war sehr fleißig und lernte so schnell, dass er bald mehr wusste als seine Lehrer. Er studierte außer Theologie auch die alten Sprachen, z. B. griechisch und arabisch. Danach wollte er kein Theologe mehr sein. Also studiert er lieber Medizin, Astrologie und Mathematik, und wird Arzt. Aber er ist nicht zufrieden. Er will immer noch mehr lernen, doch er kann aus den Büchern und von den Menschen nichts mehr lernen. Da überlegt er: „Wer kann mir helfen, noch mehr zu lernen?“, und fand die Antwort: „Die Geister, die im Himmel und in der Erde wohnen, sollen mir helfen!“ Somit geht er einen Pakt mit dem Teufel ein, um durch die erworbenen Talente Unmögliches zustande zu bringen.

3. Die Vorrede

Nach einer kurzen Vorrede des Druckers Johann Spies, bei dem der von einem Anonymus verfasste Text erschien, folgt eine Vorrede an den christlichen Leser (S. 8). Schwarzkünstlerei und Magie werden ausgiebig als Sünden gebrandmarkt und die Leser auf die Folgen all dessen hingewiesen. In diesem Zusammenhang ist die Vorrede durchzogen von Referenzen auf Bibelstellen, die der vertretenen Deutung Gewicht verleihen. So zitiert der Verfasser beispielsweise den Apostel Paulus: „Wer Abgoetterey vnd Zauberey treibe/ werde das Reich Gottes nicht ererben.“ (S. 11). Das Spiel mit Schwarzkunst und Magie ist eine ganz besonders schlimme, ja die schlimmste Sünde: Es draewet auch Gott den Zauberern vnd Schwartzkuenstlern vnd jren Anhaengern die hoechste Straff/ vnnd befilcht der Obrigkeit dieselbige an jnen zuexequirn. (S. 10) Die Begründung ist darin zu suchen, daß die Zauberei von Gott weg- und zum Teufel hinführt. Könneker schreibt dazu: Damit aber ist die Zauberei per definitionem ein Verstoß gegen das Erste Gebot, gehört also einer grundsätzlich anderen Wertkategorie an als der weite Bereich menschlicher Schwächen, Laster und Verfehlungen und ist daher auch mit grundsätzlich anderen Wertmaßstäben zu messen[4]. Am Verhalten Fausts wird im Weiteren „fressen/ sauffen/ Hurerey vnd aller Vppigkeit/“ (S. 11) gegeißelt.

Dies legt den Schluss nahe, dass die Dichtung im Gedankengut der Reformation verwurzelt sein könnte. Ein ganz wesentliches Bestreben des Protestantismus war es, der Verweltlichung der römischen Kirche entgegenzutreten und den Glauben zu seinen Grundlagen zurückzuführen- dadurch lässt sich auch die Häufung von Bibelzitaten erklären. Die Kritik der Reformationsbewegung an der Kirche hatte zur Folge, dass ein verstärkter Druck nach dem richtigen Verhalten, ein enormes Verantwortungsgefühl für das eigene Schicksal auf den einzelnen lastete. Dies war zuvor nicht in solchem Ausmaß der Fall, da ja jeder Buße tun und so mit der erteilten Absolution in der Gewissheit leben konnte, die Nähe Gottes erlangt zu haben. Hierzu noch ein Zitat von Barbara Könneker:

Die Kehrseite der durch Luther gewonnenen christlichen Freiheit, durch die das Individuum eine nie zuvor gekannte religiöse Aufwertung erfuhr, war also in der Erfahrung des ganz auf sich selbst Gestelltseins ein völlig neues Gefühl religiöser Unsicherheit und Angst […][5].

Die Vorrede endet also nicht grundlos mit einem warnenden Appell an den Leser, das Schicksal Fausts als abschreckendes Beispiel zu nehmen und vielmehr die Nähe Gottes zu suchen, „daß jhr bestehen koennet wider die listige Anlaeuff deß Teuffels.“ (S. 12).

4. Der Teufelspakt

Der Erzähler stellt Faust zu Beginn der Historia in keinen größeren biografischen Kontext.

Für ihn ist vielmehr von grundlegender Bedeutung, dass auf dessen formale Abwendung vom Christentum, manifestiert durch den Abbruch des Theologiestudiums (vgl. S. 14f.), in logischer Konsequenz auch der innere Abfall von Gott erfolgt. Dieses Faktum wird für den weiteren Verlauf der Historia von außerordentlicher Bedeutung sein, da bei solch intensiver Kenntnis christlicher Dogmen, wie sie bei Faust vorliegt, ein Zuwiderhandeln in noch schärferer Form verurteilt werden muss[6]. Der Erzähler verdeutlicht diesen Sachverhalt bereits im ersten Kapitel recht prägnant und wiederholt nochmals seine in der Vorrede vorgenommene Verurteilung des Protagonisten, denn „Wer den Willen deß HERRN weiß / vnd thut jn nicht / der wirdt zwyfach geschlagen“ (S. 15).

Außerdem erfolgt der Ausbruch des Protagonisten aus der christlich geprägten Gesellschaft, wie Roloff in seinem Aufsatz festhält, ohne zwingenden Grund, wie er zum Beispiel durch „materielle“[7] Engpässe gegeben wäre. So ist Faust also auch von dieser Seite her zunächst einmal nicht zu entschuldigen. Übergeordnete Erklärungsansätze für sein konkretes Handeln werden vielmehr in seiner „Spekulation auf die Vernunft“[8] gesucht. Dieser Drang zu „speculieren“ (S. 22) kennzeichnet den Protagonisten im ersten Teil der Historia zunächst einmal recht eindeutig als „Weltmensch“ (S. 15), der sich zudem als „D. Medicinae“, „Astrologus vnnd Mathematicus“ (S. 15) betätigen möchte. Der Erzähler fasst diese Tendenzen in der recht prägnanten Formel zusammen, dass Faust den Drang verspüre „das zulieben / das nicht zu lieben war“ (S. 15).

Wehrli stellt in seinem Aufsatz ebenfalls die Problematik dieses menschlichen Anspruchs auf autonomes Wissen vor lutherischen Verstehenshorizonten heraus. Diese wird dem Leser durch die Natur des weiteren Lebenslaufs Fausts auch klar vermittelt. Die „Eigenverantwortlichkeit“[9] des Protagonisten für seinen radikalen Bruch mit der christlichen Werteordnung und den darauf folgenden Lebensweg thematisiert Müller in ihrer Untersuchung zur Historia.

Dieser wichtige Aspekt manifestiert sich in der „Entschuldigung der Eltern Doct. Fausti“ (S. 13) und wird vom Erzähler an exponierter Stelle betont. Fausts Sozialisation wird somit in ihrer Bedeutung für sein späteres „ruch<->vnd Gottloß“ (S. 14) Leben eindeutig negiert.

Ursachen für diese Entwicklung, so wie Gründe für den Abschluss des Teufelspaktes, werden weiterhin in Fausts Charakter gesehen16. Er wird als Figur mit gegensätzlichen Eigenschaften bezeichnet, die ihn letztlich bis ins Innerste bestimmen. Einerseits wird ihm „Geschickligkeit“ (S. 14) attestiert, der Leser findet zudem eine Liste seiner universitären Erfolge (vgl. S. 14f.).

Andererseits jedoch hat der Protagonist nach dem Bericht des Erzählers auch „einen thummen / vnsinnigen vnnd hoffertigen Kopff“ (S. 14). Letzteres fasst Könneker als „religiöse Unerleuchtetheit“[10] Fausts zusammen, welche ihn verstockt, ihn unfähig macht in religiösen und göttlichen Kontexten zu denken. So ist es ihm unmöglich diese als auch für sich geltend anzunehmen und zu internalisieren. Konsequenz dieser Verstockung ist sicherlich, dass Faust sein Handeln auch nicht vor einem solchen Hintergrund reflektieren kann.

[...]


[1] Theens, Karl: Doktor Johann Faust. Geschichte der Faustgestalt vom 16. Jahrhundert bis zur Gegenwart. Meisenheim am Glan 1948. S. 41

[2] Baron, Frank: Faustus on Trial. The Origins of Johann Spies’s “Historia” in an age of Witch Hunting. Tübingen 1992. S. 5.

[3] Faust-Museum Knittlingen. Unter Mitarbeit von Brigitte Bruns und Ottmar Maier, zusammengestellt von Günther Mahal. Stuttgart 1980. S. 45.

[4] Historia von D. Johann Fausten. Kritische Ausgabe. Stuttgart 1999, S. 23. Im Folgenden werden die Seitenzahlen im Text nachgestelllt.

[5] B. Könneker: Faust- Konzeption und Teufelspakt im Volksbuch von 1587. S. 1

[6] B. Könneker: Der Teufelpakt im Faustbuch. S. 7.

[7] Vgl. Urs Herzog, Faustus- „ein böser und guter Christ“. Das Volksbuch von 1587. In: Wirkendes Wort 27, 1977, S. 27.

[8] Vgl. Hans-Gert Roloff, Artes et Doctrina, S. 543.

[9] Barbara Könneker, Faust-Konzeption und Teufelspakt im Volksbuch von 1587. In: Heinz-Otto Burger (Hg.), Festschrift Gottfried Weber. Zu seinem 70. Geburtstag überreicht von Frankfurter Kollegen und Schülern (Frankfurter Beiträge zur Germanistik 1), Bad Homburg v.d.H. 1967, S. 177.

[10] Maria E. Müller, Der andere Faust, S. 574.

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
D. Johann Fausten - eine zwiespältige Gestalt
Hochschule
Freie Universität Berlin
Note
1,0
Autor
Jahr
2010
Seiten
16
Katalognummer
V198885
ISBN (eBook)
9783656253396
ISBN (Buch)
9783656253778
Dateigröße
515 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
johann, fausten, gestalt
Arbeit zitieren
Mina Elgun (Autor:in), 2010, D. Johann Fausten - eine zwiespältige Gestalt, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/198885

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