György Ligeti spricht im Rückblick auf die Zeit, als er, noch in Ungarn lebend, sein erstes Streichquartett niederschrieb, vom „prähistorischen Ligeti“, da die ersten Schritte zur „wirklichen Ligeti-Musik“ erst danach erfolgt wären. Da der Komponist aber zugleich einräumt, daß Elemente des Stückes sowohl auf den späteren Ligeti vorausweisen, als auch der traditionellen musikalischen Sprache angehören, – denn es gibt nach Ligetis eigenen Worten tonale Schwerpunkte, ein thematisches Denken und eine mit dem Mittel von Variationen und Reprisen gebildete Gesamtform – soll in dieser Arbeit der Frage nachgegangen werden, wie stark Ligetis Anbindung an die Tradition des Streichquartetts wirklich ist. Die klassische Satzanordnung – Sonatensatz, gefolgt von langsamem Satz, Scherzo und
Finale – hat sich trotz aller Veränderungen des Komponierens bis weit in das 20. Jahrhundert hinein als sehr beständig erwiesen. Innerhalb der Gattung ist dieser konventionelle Aufbau das letzte Band, abgesehen von der Besetzung mit zwei Geigen, Bratsche und
Cello, das noch über die dodekaphone Neuerung hinaus die Anbindung an die Tradition gewährleistete und erst in der zweiten Jahrhunderthälfte abriß. Es ist nun im folgenden zu prüfen, inwieweit sich die formell einsätzigen Métamorphoses nocturnes auf das überlieferte Formmodell stützen und wie groß das Erbe der Gattung bei György Ligeti zur Jahrhundertmitte noch ist.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einführung
- II. Werkentstehung
- III. Forschungsstand
- A. Anmerkungen des Komponisten
- B. Wolfgang Burde
- C. Friedemann Sallis
- IV. Formale Anlage
- A. Sonatensatz
- B. Langsamer Satz
- C. Scherzo
- D. Rondofinale
- V. Ergebnisse
- VI. Literatur
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit György Ligetis erstem Streichquartett „Métamorphoses nocturnes“ und untersucht die Frage, inwieweit die traditionelle Form des Sonatensatzes in diesem Werk trotz Ligetis innovativen Ansätzen erkennbar ist. Die Arbeit analysiert die Entstehung des Werkes im Kontext der politischen und musikalischen Landschaft der 1950er Jahre in Ungarn und betrachtet die Entwicklung von Ligetis Stil in Bezug auf die traditionelle musikalische Sprache.
- Analyse der formalen Anlage des Werkes im Vergleich zum klassischen Sonatensatz
- Untersuchung der Rolle des traditionellen motivischen Denkens und der Variation in Ligetis Komposition
- Bewertung des Einflusses von Ligetis Beschäftigung mit Volksmusik auf sein Streichquartett
- Einordnung des Werkes in den Kontext der Streichquartette des 20. Jahrhunderts
- Bewertung des Einflusses des politischen Umfelds in Ungarn auf die Entstehung und Entwicklung des Werkes
Zusammenfassung der Kapitel
- I. Einführung: Die Einleitung stellt die Fragestellung der Arbeit vor und führt in die Thematik von György Ligetis erstem Streichquartett „Métamorphoses nocturnes“ ein. Es wird die Frage aufgeworfen, inwiefern das Werk an die traditionelle Form des Sonatensatzes anknüpft und welche Neuerungen Ligeti in Bezug auf die musikalische Sprache und die formale Anlage des Werkes einbringt.
- II. Werkentstehung: Dieses Kapitel beleuchtet die Entstehung von Ligetis Streichquartett im Kontext der politischen und musikalischen Verhältnisse in Ungarn während der 1950er Jahre. Es werden die Einflüsse der Volksmusik, die Ligeti in seinen Kompositionen verarbeitet, und die Entwicklung seines persönlichen Stils in Bezug auf die traditionelle musikalische Sprache dargestellt.
- III. Forschungsstand: Hier werden verschiedene Ansätze und Interpretationen des Werkes aus der bisherigen Literatur vorgestellt. Es wird insbesondere auf Ligetis eigene Aussagen zu seinem Streichquartett eingegangen, die wertvolle Einblicke in seine Kompositionsabsichten und seine Konzeption des Werkes liefern.
- IV. Formale Anlage: Dieses Kapitel analysiert die formale Anlage des Streichquartetts im Detail und untersucht die einzelnen Sätze - Sonatensatz, langsamer Satz, Scherzo und Rondofinale - im Hinblick auf ihre Beziehung zur traditionellen Form des Sonatensatzes. Es wird aufgezeigt, wie Ligeti Elemente der traditionellen Form verwendet, aber gleichzeitig auch eigene Wege beschreitet und neue Formkonzepte entwickelt.
Schlüsselwörter
Die vorliegende Arbeit konzentriert sich auf die Analyse von György Ligetis „Métamorphoses nocturnes“, einem Werk, das sich durch seine innovative und expressive Sprache auszeichnet und gleichzeitig in Dialog mit der Tradition des Streichquartetts tritt. Die Arbeit befasst sich mit wichtigen Themen wie dem Einfluss von Volksmusik auf Ligetis Kompositionen, der Entwicklung seines persönlichen Stils und dem Verhältnis zwischen traditionellen Formen und innovativen Kompositionstechniken. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Untersuchung der formalen Anlage des Werkes und der Rolle des motivischen Denkens und der Variation in Ligetis Komposition.
- Arbeit zitieren
- Julian Redlin (Autor:in), 2000, Der metamorphe Sonatensatz. Gedanken zur Formkonzeption von György Ligetis Streichquartett Nr. 1, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/19907