Intervalltraining versus Dauertraining in der kardiologischen Rehabilitation


Doktorarbeit / Dissertation, 2003

134 Seiten, Note: sehr gut


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

1 Hermeneutischer Exkurs
1.1 Methoden
1.1.1 Dauermethode
1.1.1.1 Historischer Hintergrund
1.1.1.2 Allgemeines zum Dauertraining
1.1.2 Intervallmethode
1.1.2.1 Historischer Hintergrund
1.1.2.2 Allgemeines zum Intervalltraining
1.1.2.3 Weitere Intervallvarianten
1.1.3 Dauer- versus Intervalltraining
1.2 Training mit Herzpatienten
1.2.1 Ausdauertraining mit Patienten unterschiedlicher Herzerkrankungen
1.2.1.1 Dauertraining mit Patienten unterschiedlicher Herzerkrankungen
1.2.1.2 Intervalltraining mit Patienten unterschiedlicher Herzerkrankungen
1.2.1.2.1 Intensitätsbestimmung für das Intervalltraining mit Patienten unterschiedlicher Herzerkrankungen
1.2.2 Krafttraining mit Patienten unterschiedlicher Herzerkrankungen
1.2.3 Atemtraining mit herzinsuffizienten Patienten
1.3 Die kardiologische Rehabilitation
1.3.1 Historischer Abriss der kardiologischen Rehabilitation
1.3.2 Die Phasen der Rehabilitation

2 Empirische Ausführungen
2.1 Probanden
2.1.1 Das Intervallkollektiv
2.1.2 Das Dauerkollektiv
2.2 Methodik
2.2.1 Training
2.2.1.1 Quantifizierbare Trainingsdaten
2.2.1.1.1 Dauertraining
2.2.1.1.2 Intervalltraining
2.2.1.2 Nicht quantifizierbare Trainingsdaten
2.2.2 Testung
2.2.3 Kontraindikationen für die Teilnahme

3 Datenauswertung – Resultate
3.1 Auswertung der Mittelwertsvergleiche der Maximalwerte des Eingangs- und Ausgangstest mit ANOVA/MANOVA
3.2 Auswertung der Mittelwertsvergleiche geschlechtsspezifisch mit ANOVA/MANOVA
3.2.1 Das Dauerkollektiv
3.2.2 Das Intervallkollektiv
3.3 Zusammenhänge zwischen der Gesamttrainingszeit und den erhobenen Parametern
3.3.1 Korrelationen der Gesamttrainingszeit mit den Änderungen ausgewählter Parameter im Intervallkollektiv
3.3.2 Korrelationen der Gesamttrainingszeit mit den Änderungen ausgewählter Parameter im Dauerkollektiv

4 Diskussion
4.1 Limitierungen der Studie
4.2 Studienüberblick

5 Konklusion

Literatur

Anhang

Abkürzungen

Lebenslauf

1 Hermeneutischer Exkurs

1.1 Methoden

Man unterscheidet die Methoden nach charakteristischen Bewegungsabläufen, also entweder ununterbrochene (Dauertraining) oder intermittierende (Intervalltraining) Bewegungsformen.

1.1.1 Dauermethode

Damit wird eine ununterbrochene längere Dauerbelastung in einer Einheit bezeichnet. (SCHNABEL et al. 1997)

Intensität und individuelle Belastbarkeit bestimmen die Trainingsdauer. Es wird mit gleichbleibender Belastungsintensität trainiert. Isoliert kann dabei der aerobe Stoffwechsel im Training angesprochen werden.

1.1.1.1 Historischer Hintergrund

Seit Beginn der modernen Wettkämpfe bildete diese Trainingsmethode die Basis des Trainings der Ausdauer.

In den 30er Jahren, wurde die Dauerbelastungsmethode aufgrund der Entwicklungen des Intervalltrainings und Fartleks zurückgedrängt. In den 60er Jahren, dann, als mit dem sich rasch entwickelnden Leistungssport die Trainingsumfänge ebenfalls enorm anstiegen, gewann die Dauermethode wieder an Bedeutung. Mit der fortschreitenden leistungsdiagnostischen Entwicklung konnte die überlegene Wirkung dieser Methode zur Entwicklung der aeroben Leistungsfähigkeit bestätigt werden. (ROSKAMM et CLASING 1967, DAVIES et KNIBBS 1971, BURKE et FRANKS 1975, HAWLEY et al. 1997) Diese Aussage gilt auch unabhängig von Alter und Geschlecht (MASSICOTE et MacNAB 1974, CUNNINGHAM et al. 1979, SEALS et al. 1984, MANDIGOUT et al. 2001).

1.1.1.2 Allgemeines zum Dauertraining

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1. Auszug aus Methoden im Ausdauertraining (nach SCHNABEL, HARRE BORDE, 1997)

Die Dauermethode dient in erster Linie dazu Grundlagenausdauer zu entwickeln und zu stabilisieren.

Eine positive Anpassung drückt sich in einer ausgeprägten aeroben und aerob-anaeroben Zone aus. In der Laktatleistungskurve zeichnet sich eine Rechtsverschiebung ab.

Weitere Anpassungsvorgänge, die der Dauermethode zugeschrieben werden:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1.1.2 Intervallmethode

Diese Methode charakterisiert eine systematische Abfolge von Arbeits- und Erholungsphasen. Die Pause ermöglicht aber keine vollständige Erholung, sondern es ergibt sich eine sogenannte „lohnende Pause“. Die Erholungsphase wird dabei so kurz gehalten, dass es nur zu einer unvollständigen Regeneration kommt. Dadurch ergibt sich bei gleicher durchschnittlicher Intensität als beim Dauertraining eine Summe höherer Belastungsanstiege in den intensiveren Arbeitsintervallen.

Wird für die Belastungsphasen nur eine kurze Zeitspanne anberaumt, so kann eine höhere Intensität gewählt werden. Somit wird der anaerobe Stoffwechsel vermehrt beansprucht. Wenn die Arbeitsphasen allerdings länger vorgesehen sind, so ist die Intensität niedriger und der aerobe Stoffwechsel wird dabei mehr betont.

Zusätzlich zur aeroben Ausdauer wird auch Einfluss auf spezielle Ausdauer, spezielle Kraft und Koordination genommen. Mit einer einzigen Trainingsmethode kann die sportliche Leistungsfähigkeit sehr vielfältig positiv gesteuert werden.

Die intermittierenden Belastungsformen sind durch folgende Elemente gekennzeichnet:

- Dauer der Belastungsphase
- Intensität der Belastungsphase
- Dauer der Erholungsphase
- Art und Intensität der Tätigkeit in der Erholung
- Anzahl der Wiederholungen

In der richtigen Kombination von Intensität, Gesamtdauer, Länge der Pausen- und Arbeitsintervalle liegt das Geheimnis der Wirksamkeit des Intervalltrainings. Durch die Vielzahl an möglichen Einflussfaktoren ergibt sich eine Fülle von Variationsmöglichkeiten. Die Personengruppe mit der trainiert werden soll, kann damit viel individueller und dosierter unterstützt werden.

Wichtiges Faktum bei der Gestaltung des optimalen Intervalltrainings ist,...

..., dass die Intensität einer Ausdauerbelastung eine ausgeprägtere Anpassung in Struktur, Stoffwechsel und Hämodynamik der trainierten Muskulatur sowie eine stärkere Leistungssteigerung hervorruft als die Dauer einer Belastung.

MEYER et al 1990d

Spinnt man diese Annahme weiter, so wäre das Intervalltraining jene Methode, die schneller das Trainingsziel erreichen lässt. Durch das Intensitätswechselspiel kann die intensive Phase genutzt werden, die muskuläre Peripherie vermehrt anzusprechen. Studien, die sich genau mit diesem Unterschied beschäftigten, zeigten gute Erfolge mit dem Intervalltraining. (SMODLAKA et al. 1962, 1963, 1973; SAMEK et al. 1982)

Wo genau liegt aber nun die Ursache für die beschleunigte Leistungsverbesserung durch das Intervalltraining?

Hauptsächlich liegt das Geheimnis in der kurzzeitig höheren Beanspruchung der Muskulatur in der Peripherie. Die Zunahme der Sauerstoffkapazität in der Muskulatur führt dabei zur gewünschten raschen Verbesserung der Ausdauerleistungsfähigkeit. Messbar gemacht werden kann dies durch eine Zunahme der Mitochondrienzahl und –größe, einer Vergrößerung der Aktivität der aerob wirksamen Enzyme sowie an einer Senkung des Laktatspiegels auf gleicher Belastungsstufe (zitiert nach MEYER et al. 1990d)

Aus bewegungstherapeutischer Sicht entspricht das Intervalltraining auch der Alltagsbelastung besser. Wobei es seltener zu einer gleichmäßigen Dauerbelastung, sondern häufiger zu kurz andauernden Spitzenbelastungen kommt. Hier sind eine intensive periphere Muskelarbeit und eine belastungstolerante Herzleistung nötig.

1.1.2.1 Historischer Hintergrund

Der deutsche Lauftrainer und Physiologe Woldemar GERSCHLER wird gemeinhin als „Erfinder“ des Intervalltrainings bezeichnet. Er entwickelte in den um 1940 eine Laufmethode, bei der schnelles Laufen über eine vorgegebene Distanz mit Erholungspausen abwechselt, in denen nur locker getrabt wird. Diese Form des Trainings stellte sich als besonders vielseitig heraus. GERSCHLER führte diese intermittierende Trainingsformen ein, um seine Läufer auch bei der Winterarbeit mit Wettkampfgeschwindigkeit laufen zu lassen. Mit dieser neu entwickelten Intensitätsvariante waren viel höhere Lauftempi möglich als mit dem bisher üblichen Dauertraining.

Weiterer Pionier war der Tscheche ZATOPEK, ein ehemaliger Olympiasieger, der zwischen 5000 und Marathon mehrere Rekorde lief.

In der Weiterentwicklung wurden immer kürzere Belastungen gewählt bis es zur Belastungsform „Intervalltraining Freiburger Prägung“ kam. Wissenschaftliche Untersuchungen zu dieser neuen Arte des Ausdauertrainings führten REINDELL und ROSKAMM in den 60er Jahren durch. Diese Trainingsvariante zeichnet sich durch folgende Merkmale aus:

- Letzte Belastungsphase höchstens 1 min
- Pause höchstens 90 sec
- Intensität so hoch, dass am Ende Puls 120-140 erreicht wurde

Als Trainingseffekt nach dieser speziellen Form des Intervalltrainings konnten eine rasche Zunahme des Herzvolumens und des Sauerstoffpulses nachgewiesen werden. (REINDELL, ROSKAMM, GERSCHLER, 1962)

Mit der Einführung des intermittierenden Trainings wurde die Dauermethode zurückgedrängt. Einige Jahrzehnte später zeigte sich, dass jene Sportler größere Erfolge heimbrachten, die sich in der Vorbereitungszeit mit Dauertraining beschäftigten und damit trat man ein in das Zeitalter des extrem umfangorientierten Ausdauersportes.

1.1.2.2 Allgemeines zum Intervalltraining

Bisher bekanntes Faktum über die Wirkung des Intervalltrainings ist eine Steigerung der körperlichen Leistungsfähigkeit über eine verbesserte aerobe Kapazität aufgrund der positiven Beeinflussung des Herzkreislaufsystems. Neueste Studien bestätigen auch einen erhöhten Kalorienverbrauch und damit eine signifikante Verbesserung des Fettmetabolismus. Im Vergleich zu einem Dauertraining bei dem die gleiche kalorische Menge verbrannt wird, kommt es sogar zu einer größeren Menge an absolutem Fettverlust. (KING et al. 2002)

TAYLOR et al. 2002 fanden auch heraus, dass beim Training vom Spitzenläufern jenes Intervalltraining zu geringeren Laktatansammlungen nach dem Training führte, bei dem die Arbeits- und Pausenphasen kürzer gehalten wurden. Diese Intervallstruktur erhöht die Effizienz des Trainingsreiz eines einzelnen Arbeits-/Pausenintervalls. Insgesamt gesehen können mit kürzeren Intervallen signifikantere Trainingsadaptionen erzielt werden als mit längeren.

In der Trainingspraxis entwickelten sich die verschiedensten Varianten des Intervalltrainings.

Durch einen höheren Trainingsstimulus kommt es zu einem Muskelfaserzuwachs und damit verbunden auch zu einem Kraftanstieg. Das bedeutet, dass eine höhere Maximalleistung auch mehr Energieverbrauch auf dem anaeroben Sektor abverlangt.

In addition, it seems that the trainings threshold necessary to improve VO2 max also improved the aerobic metabolism.

MASSICOTTE et MACNAB 1974

Das Intervalltraining hat somit einen positiven Effekt auf die lokale Muskelausdauer. Das bedeutet größere Speicher für energiereiche Substrate wie ATP und Phosphorkreatin. Aber auch eine verbesserte glykolytische Kapazität.

Die herausragenden Leistungszuwächse in der Peripherie durch die kurzen hohen Intervallarbeitsphasen gehen zumindest partiell auf das Konto der energiereichen Phosphate.

Es wird bei kurzfristigen Belastungsformen (30-60 sec) eher auf Muskel- als auf Leberglykogen zurückgegriffen.

Die Intervallmethode wird bei SCHNABEL, HARRE, BORDE, 1997, 2003 entweder nach Intensität oder Belastungsdauer eingeteilt.

- Nach Belastungsdauer: Je kürzer umso höher ist die Intensität. Es wird eine Kurz-/Mittel-/und Langzeitintervallmethode unterschieden (siehe Tab. 2. Klassifizierung der Intervallmethode nach der Belastungsdauer)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2. Klassifizierung der Intervallmethode nach der Belastungsdauer (nach SCHNABEL, HARRE, BORDE, 1997

Da allerdings die Intensität der entscheidende Faktor beim Intervalltraining ist, ist diese Klassifizierung zu favorisieren. (siehe Tab. 3. Dosierung bei verschiedenen Varianten der Intervallmethode)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 3. Dosierung bei verschiednen Varianten der Intervallmethode (nach SCHNABEL, HARRE, BORDE, 1997)

Mit dem Intervalltraining können je nach variabler Konstellation von Dauer und Intensität Grundlagenausdauer trainiert, (niedrig intensives, länger andauerndes Training) mit höheren Intensitäten und kürzerer Dauer aber auch wettkampfspezifische Schwerpunkte gesetzt werden.

Das wesentliche Charakteristikum liegt in der vermehrten Beanspruchung der peripheren Muskulatur. Durch den Wechsel von Arbeits- und Pausenphasen bleibt die Herzfrequenz im ersten Drittel der Pause noch in einem Bereich, der das Herz-Kreislaufsystem trainiert. Dabei bleibt auch das Sauerstoffangebot noch hoch, wie REINDELL und ROSKAMM 1962 erklärten. Das erhöhte Schlagvolumen des Herzens stimuliere während der „lohnenden Pause“ die Herzvergrößerung und unterstreichen damit die These des Sportherzens von HENSCHEN, jener Finne der schon 1899 mit seinen Forschungen rund um die Veränderungen des Herzens bei Ausdauerathleten Furore machte.

Der Blutlaktatspiegel bleibt während der gesamten Trainingseinheit in einem Bereich, wie man ihn auch bei einem kontinuierlichen Dauertraining findet. (de MAREÉS 1979, HOLLMANN et HETTINGER 2000)

Wegen der intensiveren Belastungsphasen beansprucht die Intervallmethode vermehrt die schnellkontrahierenden Muskelfasern und trägt somit auch mehr zur Entwicklung der aerob-anaeroben Leistungsanpassung bei.

Bei der Trainingsgestaltung sollte man sich folgendes Faktum vor Augen halten:

„Das Belastungs-Pausen-Verhältnis bestimmt [...] die Art der Beanspruchung des Stoffwechsels und nicht die Belastungsintensität.“

SCHNABEL, HARRE, BORDE, 1997

Diese Aussage konnten MEYER et al. 1992 mit ihrer Studie unterstreichen. KHK-Patienten wurden dabei 3 verschiedenen Trainingsmethoden unterzogen. Die Gruppe (n=9) führte eine gewöhnliche Fahrradergometrie durch. Anschließend absolvierten sie ein Kraftausdauertraining mit 65% und eine intensive Kraftbelastung mit 85% der Maximalkraft an Kraftgeräten.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab 4. Untersuchungsdesign der Studie von MEYER et al. 1992

Die beiden Kraftbelastungsformen unterschieden sich im Blutdruck- und Herzfrequenzverhalten nicht signifikant. Auch der maximal erreichte arterielle systolische Blutdruck differierte in allen 3 Formen nicht signifikant. Die maximale Herzfrequenz, Druckfrequenzprodukt, Noradrenalin, Adrenalin und Laktat lagen bei der Fahrradergometrie höher als bei den beiden Kraftbelastungen.

Der Grund warum die Kraftbelastungen in der Studie zu keiner erhöhten Herzfrequenz-, Blutdruck-, Katecholamin- und Laktatbelastung gegenüber der Fahrradergometrie führten, lag in dem ausgeklügelten optimalen Belastungs-Pausen-Verhältnis. Je intensiver die Belastung umso kürzer das Zeitintervall für die Arbeitsphase und umso länger die Pause. (MEYER et al. 1992)

Dies gilt gleichermaßen für Kraft- als auch Ausdauerbelastungen die als Intervall strukturiert sind.

1.1.2.3 Weitere Intervallvarianten

- Fartlek:

„Fartlek“ ist schwedisch und bedeutet „Schnelligkeitsspiel“.

Der Cheftrainer der schwedischen Olympiamannschaft von 1948 Gösta HOLMER und OLANDER erarbeiteten in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts eine revolutionäre Variante des Lauftrainings. Die bei uns auch als „Fahrtspiel“ [Fartlek= Spiel mit der Geschwindigkeit] bekannte Methode ist eine Mischform von Dauer-, Intervall- und Wechselmethode. Ganz zu Beginn waren es Waldläufe in schnellem Tempo ohne Stoppuhr über verschiedene Strecken und unterschiedliches Gelände. Die Trainingsmethode versuchte bewusst Monotonie und Wiederholung zu vermeiden. Das Fartlek hatte eine zu den anderen isolierten Methoden ergänzende Aufgabe. Damit wurde einerseits die Selbständigkeit des Trainierenden aber auch ein vielseitiger Trainingreiz geboten. Als Ersatz für die anderen Trainingsmethoden kann Fartlek aber nicht gesehen werden, da im Gegensatz zu den bisher besprochenen Ausdauertrainingsmethoden das Fahrtspiel nur sehr schwer zu strukturieren und steuern ist.

- Wiederholungsmethode:

Dabei wechseln sehr kurze Arbeitsphasen mehrere Male mit Pausenphasen ab. Die Intensität liegt sehr hoch, sodass sehr viel Laktat kumuliert wird. Dazwischen kommen immer wieder längere erholende Pausen, in denen Herzkreislauf, Atmung und Stoffwechsel auf Ausgangslevel absinken.

1.1.3 Dauer- versus Intervalltraining

Vergleichsuntersuchungen, die an gesunden Personen durchgeführt wurden kamen zu keinem eindeutigen Ergebnis, welche der beiden Trainingsmethoden zu bevorzugen sei. Einmal wurde dem Dauer- ein anderes Mal dem Intervalltraining überragendere Effekte auf das Herzkreislaufsystem und die Verbesserung der aeroben Leistungsfähigkeit gegenüber der anderen Methode nachgesagt. (ROSKAMM et CLASING 1967; SMITH et WENGER1981; POOLE et GAESSER 1985; PERRY et al 1988) Wiederum gab es Studien, die keinem der beiden Methoden den Vorzug gaben. (EDDY et al. 1977; DOLGENER et BROOKS 1978; McMANUS et al. 1997; BJARNASOHN-WEHRENS et al. 1999; WILLIAMS et al. 2000)

Unterschiedliche Variationen von wissenschaftlichen und praktischen Umsetzungsmethoden, vor allem der Intervallmethode, führten zu den teils kontroversiellen Resultaten.

1.2 Training mit Herzpatienten

Das Training mit Herzpatienten umfasst nicht nur das Ausdauertraining. Auch Krafttrainingsreize, Atemtraining und ein angepasstes Auf- und Abwärmprogramm vor und nach dem Training zählen zu wichtigen Bestandteilen der Einheit.

Vor dem Training muss der Arzt den Patienten auf periphere Ödeme hin kontrollieren, Herzfrequenz und –rhythmus auf Stabilität überprüfen, Ruheblutdruck messen und das allgemeine Wohlbefinden erfragen. Veränderungen im Körpergewicht sollen ebenfalls vor jeder Einheit festgehalten werden.

Während des Trainings sollten Herzfrequenz, –rhythmus und Blutdruckverhalten weiter mitverfolgt werden. Die Aufsichtsperson sollte sich immer wieder nach Symptomen wie Atemnot, Beinmüdigkeit oder anderer Beschwerden erkundigen.

Nach dem Training wird der Patient abermals einer routinemäßigen Kontrolluntersuchung unterzogen.

1.2.1 Ausdauertraining mit Patienten unterschiedlicher Herzerkrankungen

Die Schwierigkeit beim Entwickeln einer geeigneten Ausdauertrainingsmethode für Patienten mit unterschiedlichen Herzerkrankungen liegt global gesehen darin, dass jedes Krankheitsbild separate Spezifika aufweist, die teilweise nicht dieselben Trainingsempfehlungen nach sich ziehen. Die Grundlage des Trainings mit allen Arten der Herzerkrankung ist aber, dass eine adäquate Trainingsintensität gefunden werden muss, die die periphere Muskulatur genügend beansprucht, den kardialen Apparat aber nicht überfordert. Mit dem weiter unten beschriebenen steilen Rampentest (siehe 1.2.1.2.1. Intensitätsbestimmungen für das Intervalltraining mit Herzpatienten) wurde ein diagnostisches Instrument entwickelt, mit dem die individuell optimale Intervallbelastung definiert werden kann. Dieser Test gibt zum einen Teil Auskunft über die Muskelkraft und zum anderen Teil kann eine objektive Aussage über die anaerobe Leistungsfähigkeit gewonnen werden.

Die Besonderheiten, die am Beginn einer Trainingstherapie mit Herzpatienten zu beachten sind, basieren auf dem schlechten metabolischen und kardiozirkulatorischen Zustand der Personen. Darum muss sich der Herzpatient für eine individuelle Trainingsanpassung zuerst einer umfassenden kardiopulmonalen Testung unterziehen. Neben dem Status der momentanen Ausdauerleistungsfähigkeit muss auch erhoben werden welche Medikamente eingenommen werden, welche zusätzlichen Risikofaktoren vorliegen, eine Verhaltensanamnese gemacht werden und eine Erhebung der Zielstellung und bevorzugten Sportarten durchgeführt werden.

Die Folgen der langen Bettruhe von Patienten mit schwerer Herzinsuffizienz wurden lange unterschätzt. In der Skelettmuskulatur verändert sich die Zellstruktur, die Energiedepots von Substraten mit hoher Flussrate wie Phosphorkreatin sind entleert, die Sauerstoffkapazität ist vermindert, die Muskelmasse ist atrophiert und die Mitochondrienanzahl ist stark reduziert. Auch Veränderungen im Blutfluss, bedingt durch Gefäßverengung wurden beobachtet. (HORNIG et al. 1996)

Auch bei Patienten mit abgeschwächter Linksventrikelfunktion liegt die Leistungsfähigkeit weit unter der altersspezifischen Normleistung, die allerdings mit gezielten trainingstherapeutischen Reizen wieder rückgängig gemacht werden kann. (SULLIVAN et al. 1989, SAMEK et al. 1990, COATS et al. 1992) Sowohl Kraft- als auch Ausdauerleistung müssen gefördert werden. Dazu sind hohe Trainingsreize auf die periphere Muskulatur nötig.

Zur Trainingsgestaltung für diese Patientengruppen fehlt es bis jetzt an konkreten Empfehlungen von renommierten Gesellschaften (z. B. ACSM, HANSON 1994,...). Bisherige Richtlinien wurden entweder in Anlehnung an das Training mit Gesunden oder an die Trainingstherapie von Herzpatienten erstellt.

Darüber hinaus galt bislang das kontinuierliche Dauertraining als einzige anerkannte Methode.

Katharina Meyer beschreibt in einem sehr informativ gehaltenen Artikel (MEYER

2001) wie sie das Training mit herzinsuffizienten Patienten in der Praxis effektiv gestaltet und welche Trainingsform für sie nach intensiven Trainingsstudien an Herzpatienten in erster Linie in Frage kommt.

[...], interval exercise is recommended for aerobic training in patients with significant baseline limitations related to CHF.

MEYER 2001

In der Arbeit gibt sie auch Empfehlungen zum Auf- und Abwärmen beim Training mit herzerkrankten Patienten ab.

Als Gründe für eine Aufwärmphase gibt sie an, dass der Stoffwechsel angekurbelt, und Herzfrequenz sowie Nervenleitgeschwindigkeit erhöht werden. Dadurch wird die physische und psychische Vorbereitung für das Training vorgenommen.

Speziell bei intensiveren längeren Trainingseinheiten ist es für Herzpatienten nötig langsam auf die Trainingslast hingeführt zu werden. Die Situation für Herzpatienten wird noch dadurch verschlechtert, weil am Trainingsbeginn die Sauerstoffaufnahme verzögert einsetzt. Daraus resultiert eine langsamere Wiederbefüllung der Energiespeicher im Muskel, eine schlechtere Sauerstoffaufnahme aus dem Blut und eine reduzierte kardiale und zirkulatorische Leistungsfähigkeit.

Vor allem in der Verbesserungs- und Erhaltungsphase (siehe Tab. 7) ist eine Aufwärmphase von mindestens 5-10min wichtig. Nach der Trainingsbelastung soll langsam die Last zurückgenommen werden, um das Versacken des Blutes in der Peripherie zu verhindern und die Laktatkonzentration zu senken. Auch auf ein abschließendes Dehnen zur Verminderung von Verkürzungen und Versteifungen sei hier hingewiesen.

1.2.1.1 Dauertraining mit Patienten unterschiedlicher Herzerkrankungen

Die optimale Trainingsintensität für das Dauertraining lässt sich über die maximale Herzfrequenz, die VO2 max oder die BORG-Skala (siehe Tab. 5) für die subjektive Empfindlichkeit bestimmen. Für die VO2 max gilt ein Intensitätsbereich zwischen 40-80% VO2 max. Dabei gilt je niedriger die Intensität umso länger die Trainingsdauer oder –frequenz. Bei der Orientierung nach der Herzfrequenz empfiehlt die Literatur 60-80% der Herzfrequenzreserve oder 75% der maximalen Herzfrequenz (nach MEYER 2001). Dabei muss auf eine Anpassung der Herzfrequenz - anfangs und bei Patienten mit (sehr) schlechter Leistungsfähigkeit in kürzeren Abständen - geachtet werden, um langfristig eine Ökonomisierung des Herzkreislaufsystems zu erwirken. Das heißt die Herzfrequenz zu senken und die Erholungsphase des Herzmuskels, also die Diastole zeitlich auszubauen. Bei der Intensitätssteuerung nach der BORG-Skala liegt die Trainingslast für Herzpatienten bei etwa 12-15.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 5. BORG Skala alt und neu, ACSM, 1998

Wichtig ist es während dem Training die Patienten ständig zu überwachen und wenn nötig einzuschreiten.

Bei den Empfehlungen zu Dauer und Häufigkeit der Einheiten gehen die Hinweise in der Literatur weit auseinander (nach MEYER 2001). So soll ein Training zwischen 10 und 60min dauern und 3-7mal pro Woche wiederholt werden. Patienten mit schwächerer Leistungsfähigkeit sollten 3-5min nach der Intervallmethode trainieren und zwar mehrere Einheiten pro Tag. Gesteigert wird das Training dann im Umfang und in weiterer Folge erst in der Intensität.

Genauere Angaben finden sich in der Tab. 6.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab 6. Trainingsempfehlung für Herzpatienten abgestuft nach der spezifischen Leistungsfähigkeit nach MEYER 2001

Das American College für Sportmedizin definiert 3 Phasen des Trainingsfortschrittes (siehe Tab. 7) wie sie beobachtet werden können (ACSM 2000).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab 7. Die Phasen des Trainingsfortschrittes definiert nach ACSM 2000

1.2.1.2 Intervalltraining mit Patienten unterschiedlicher Herzerkrankungen

Besonders in der Trainingstherapie mit Risikogruppen wie KHK-Patienten, oder Personen im Stadium postoperativ nach kardiovaskulären Erkrankungen traute und traut man sich keine „Experimente“ mit solchen teils mangelhaft erforschten und „gefährdenden“ Methoden des Ausdauertrainings zu. Warum das Intervalltraining im Zusammenhang mit der kardiologischen Rehabilitation noch immer eher zögerlich Anwendung findet, liegt unter anderem auch in der weit verbreiteten Meinung, dass die aerobe Leistungsfähigkeit zu wenig angesprochen werde. Darüber hinaus wird der Intervallmethode nachgesagt, dass die hohe Reizsetzung besonders bei bereits vorgeschädigtem Organismus eine Überlastung des Herzkreislaufsystems provoziere. Außerdem könnten die durch die intermittierende Trainingsform hervorgerufenen ungünstigen Belastungsreaktionen während des Trainierens nicht über Herzfrequenz- und Blutdruckmessung aufgezeichnet werden. (WEIDEMANN et MEYER 1991) MEYER et al. 1990a, 1990b, 1990c, 1990d konnten den Beweis anführen, dass diese Annahmen unbegründet sind.

Weshalb ist das Intervalltraining dem Dauertraining in der Therapie von KHK-Patienten nun so überlegen?

Wegen der schlechten Ausdauerleistungsfähigkeit eines Großteils der Patienten brächten weder längere noch häufigere Trainingseinheiten den gewünschten Erfolg. Eine ideale Lösung bringen kurze intensive Intensitäten mit einer dazwischenliegenden niedrigen Belastung im Sinne eines Intervalltrainings.

Als Trainingsreaktion auf einen Intervallreiz erfolgt eine beschleunigte Muskeladaption in der Peripherie. Dadurch wird die Herzarbeit verringert und entlastet, da es zu einer deutlichen Herzfrequenzabnahme und Blutdrucksenkung kommt. Im Übrigen entspricht diese Form der Belastung viel eher der Alltagsbelastung, bei der häufiger kurze Spitzenbelastungen als langandauernde mittelintensive Aktivitäten von Bedeutung sind. Die raschere Trainingsanpassung erfordert auch eine häufigere Intensitätsanpassung während der Therapie. Nur so kann der mögliche raschere Trainingserfolg, den die Intervallmethode verspricht, genutzt werden. Die Intensität muss also ständig dem aktuellen Leistungsvermögen des Patienten angepasst werden. Diese neue Einstufung sollte zumindest am Beginn jeder Trainingswoche eines Rehabilitationsaufenthaltes passieren. (MEYER et al. 1997) Viele renommierte Studien gehen auf dieses Trainingsprinzip der Intensitätsanpassung auch bei längerer Studiendauer nicht ein. (WIELENGA et al. 1999, CHILIBECK et al. 1998, COPPOOLSE et al. 1999, ROBERTS et al. 1982)

Das Hauptproblem, sowohl des Gesundheitssportes, wie auch der Rehabilitation, liegt in der reduzierten körperlichen Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit der zu trainierenden Personen. Als zusätzliches Übel erweisen sich oftmals gesundheitliche Einschränkungen in Form von Sekundärerkrankungen und Funktionsstörungen, die ihren Ursprung in der Grunderkrankung haben. Damit treten eine Reihe zusätzlicher gesundheitlicher Risiken auf, die die Trainingstherapie einschränken. Daraus resultiert eine Diskrepanz zwischen Wollen und Können.

Neben einer verringerten Ausgangsbasis und zusätzlichen Risikofaktoren besteht permanent die Gefahr der Überbeanspruchung. Methodisch muss man sich daher schwerpunktmäßig mit der Frage der individuellen Belastungssteuerung beschäftigen. Dies stellt eine hohe fachliche interdisziplinäre Aufgabe dar, bei der alle an der Therapie beteiligten Berufsgruppen in komplementärer Weise zusammenarbeiten müssen. Dabei darf der Patient als einzigartiges Individuum mit eigener Krankengeschichte niemals aus dem Auge verloren werden.

Ursache für die Suche nach neuen Trainingsmethoden in der stationären Behandlung von Herzkranken lag in der unzureichenden Leistungsfähigkeit nach dem 4-wöchigen Kuraufenthalt nach einem kardialen Ereignis. Gerade diese Patienten sind durch Schonung vor der Operation und langer körperlicher Inaktivität (Bettruhe,...) nach der Operation in einem schlechten Leistungszustand. Sie sind vor allem muskulär geschwächt. So konnte aufgrund von Muskelschwäche im kontinuierlichen Dauertraining nicht in der Intensität trainiert werden, die für das kardiale System nötig gewesen wäre. Darum kommt es in Herzkreislaufrehabzentren, die nur nach der Dauermethode trainieren vor, dass die Leistung des Patienten bei der Entlassung nicht den Anforderungen entspricht, denen er im Alltag gewachsen sein soll.

Welche Faktoren gab es also zu beachten bei der Suche nach neuen Trainingsmethoden?

- 3-4 Wochen Aufenthaltsdauer im Rehabilitationszentrum
- rasche muskuläre Verbesserung soll das Ziel sein
- Verbesserung der allgemeinen Ausdauerleistungsfähigkeit

Am besten in Einklang bringen lassen sich diese Gesichtspunkte mit einem Training nach der Intervallmethode.

Somit können gleichzeitig die Trainingsinhalte Grundlagenausdauer und Kraftausdauer zeiteffektiv optimiert werden.

Vor der Trainingsaufnahme steht eine umfangreiche Anamnese, die diagnostische Verfahren und ein eingehendes Gespräch umfasst, um ein genaues Bild über die Leistungsfähigkeit bzw. die Art und Schwere von eventuellen primären und sekundären Funktionseinschränkungen zu bekommen.

Das Intervalltraining mit Herzpatienten ist nicht als solches im klassischen Sinne zu verstehen. Deshalb haben WEIDEMANN et MEYER 1991 diese spezielle Form des intermittierenden Trainings auch als „bewegungstherapeutisches Intervalltraining“ bezeichnet. Es sieht eine dem Krankheitsstadium des Patienten und seinem muskulären sowie kardialen Leistungszustand angepasste Arbeits- und Pausengestaltung vor. Diese Vorgangsweise ist jener der individuellen Abstimmung des Dauertrainings an den Patienten angeglichen. Der Patient kann nun mit hohen Belastungsintensitäten seine geschwächte periphere Muskulatur verbessern. Diese Intensitäten würden bei gleichbleibendem Dauertraining zu kardialen Beschwerden führen oder das Training müsste aufgrund von Beinschwäche schon nach kurzer Zeit abgebrochen werden.

Das Intervalltraining erlaubt auch für Patienten mit sehr geringer muskulärer Leistungsfähigkeit und reduzierter kardialer Belastbarkeit eine Trainingsintensität zu absolvieren, die eine Verbesserung der Ausdauerleistungsfähigkeit und damit eine Anpassung der Struktur, des Stoffwechsels und der Blutflusseigenschaften verspricht. Es kann demnach mit Risikopatienten im Intervalltraining das gesamte Spektrum der noch vorhandenen Leistungskapazität ausgeschöpft werden.

Oft vernachlässigt bei der Erstellung eines therapeutischen Trainings wird der, wie auch im Hobbysport wichtigste Faktor der Motivation zur Bewegung, nämlich der Spaß und die Freude am Trainieren. Dazu führten MEYER et al. 1990a, 1990b eine Messung der subjektiven Belastungsempfindung nach BORG 1970 beim Training nach der Dauer- und der Intervallmethode durch. Es kam dabei zu keinen signifikanten Unterschieden zwischen den beiden Methoden. Obwohl die Patienten durch die intensiveren Arbeitsphasen im Intervalltraining muskulär wesentlich mehr belastet waren, empfanden sie diese Methode nicht als anstrengender, sondern es wurde das Intervalltraining als wesentlich angenehmer bewertet, was sich auch in einer statistischen Signifikanz manifestierte. Die Intervallmethode kann daher für das psychische Durchhaltevermögen und die subjektive Befindlichkeit als günstiger bewertet werden. (MEYER et al. 1990a, 1990b)

Als Trainingsmittel wird bevorzugt das Fahrradergometertraining gewählt, weil es einerseits, die im Alltag am häufigsten eingesetzte Muskulatur, nämlich die der Beine am besten anspricht, und es andererseits am besten überwacht werden kann. So können Veränderungen der Belastungsfaktoren Herzfrequenz, -rhythmus und Blutdruck ständig mitverfolgt werden.

Beim Fahrradtraining draußen ist aufgrund von Umwelteinflüssen die Gefahr der Überlastung gegeben. Diese Trainingsform sei nur Patienten mit stabiler Herzkreislauferkrankung und NYHA Stadium II Patienten angeraten. Bewegungsformen wie Laufen oder Walking erfordern ein gewisses Maß an Basisleistungsfähigkeit von >1Watt/kg/Körpergewicht beziehungsweise VO2 20ml/kg/min. Die Gefahr einer linksventrikulären Nachbelastung wegen zu hoher arterieller Blutdruckwerte muss dazu betont werden. Eine dritte Sportart, die für Herzpatienten eine Gefährdung bedeuten kann ist Schwimmen. Durch die erhöhten Druckverhältnisse beim Eintauchen des Brustkorbes ins Wasser wird auch der Gefäßdruck in den Kapillaren erhöht. Venöses Blut wird vermehrt aus Regionen wo höhere Druckverhältnisse herrschen (also in aufrechter Position in den Beinen) zurückgepumpt und führt somit zu einem größeren Herzvolumen. Selbst langsames Schwimmen führte bei einer Studie von LEHMANN et al. 1990 mit koronaren Herzpatienten zu einer erhöhten Herzfrequenz, Laktatkonzentration und Plasmakatecholaminausschüttung vergleichbar mit einer Fahrradergometerlast von 100-150 Watt. Speziell Patienten mit Blutdruckproblemen sollten deshalb nicht Schwimmen. (MEYER 2001)

1.2.1.2.1 Intensitätsbestimmung für das Intervalltraining mit Patienten unterschiedlicher Herzerkrankungen

Bisher wurde keine spezielle Testbatterie für die Ermittlung der Trainingsintensitäten in der Rehabilitation herzkreislauferkrankter Patienten durchgeführt. Es wird die in Österreich seit 1978 standardisierte Ergometrie mit einer Belastungsstruktur von 25 Watt Startbelastung, Belastungsinkrement 25 Watt, Steigerungsinkrement 2 min verwendet. (NIEDERBERGER et al. 1978) Davon ausgehend wurden experimentell die Intensitäten gewählt, da es dazu ja noch keine fixen Richtlinien gibt und gab.

Wie aber findet man die „richtige“ Trainingsbelastung ohne den Patienten dabei zu gefährden? Die herkömmliche Standardergometrie bedeutet für die Patienten eher eine Einschränkung in der Sauerstofftransportkapazität als in der Leistungsfähigkeit der Muskulatur, die beansprucht wird. Daher entwickelten MEYER et FOSTER 1996b einen speziellen steilen Rampentest (Abb. 1) der die optimale Intervallintensität für diese Patientengruppe beschreibt. Sie versuchten damit den Erfordernissen des eingeschränkten Gesundheitszustandes gerecht zu werden.

Die Schwierigkeit beim Entwickeln einer geeigneten Trainingsmethode für herzinsuffiziente Patienten liegt darin, dass eine adäquate Trainingsintensität gefunden wird, die die periphere Muskulatur beansprucht, den kardialen Apparat aber nicht überfordert. Mit dem steilen Rampentest bekommt man Aufschluss über beide Bereiche. So liefert dieser Test Informationen über den metabolischen Zustand der beanspruchten Muskulatur und über die anaerobe Ausdauerleistungsfähigkeit.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

ABB 1.Teststruktur des steilen Rampentests nach MEYER et al. 1997b

Die Patienten in der Studie von MEYER et al. 1997b befanden sich in unterschiedlichen Schweregraden einer kardialen Erkrankung. Sie hatten eine normale Lungenfunktion und nahmen regelmäßig diverse kardioaktive Medikamente, die sie auch während des Tests und Trainings weitereinnahmen.

In der Studie wurde ein gewöhnliches individuelles Standardergometrieverfahren mit dem steilen Rampentest verglichen.

- Individuelle Ergometrie: 3 min aufwärmen bei 0 Watt, dann wurde jede Minute um 10 bzw. 15 Watt gesteigert (je nach vermuteter Maximalleistung wurde bei den schwächeren um 10 Watt und bei den leistungsfähigeren um 15 Watt gesteigert)
- Steiler Rampentest (= SRT): 3 min aufwärmen bei 0 Watt, anschließend wurde alle 10 sec um 25 Watt gesteigert bei einer konstanten Umdrehungszahl von 60 U/min. Das Maximum wird als „maximum short-term exercise capacity“ (=MSEC) bezeichnet; 50% dieses MSEC-Wertes gelten als Belastungsintensität in der Arbeitsphase.

Die beiden Tests wurden miteinander verglichen. Es ergab sich eine signifikant größere maximale Leistungsfähigkeit beim SRT (200 Watt versus 78 Watt) gegenüber der individuellen Ergometrie. Die Spitzenwerte bei VO2 und Laktat waren ebenfalls bei der individuellen Ergometrie signifikant größer. In der Nachbelastung beim SRT waren allerdings die Blutlaktatkonzentrationen signifikant höher. Dies deutet auf die verstärkt angekurbelte Stoffwechsellage hin.

Die gewählte Intensität von 50% MSEC führte in relativ kurzer Zeit (3-4 Wochen) zu Trainingserfolgen in der aeroben Kapazität und zwar bei allen getesteten Personengruppen – gesunden und kranken. Die Autoren geben an, dass das maximale Blutlaktat in der Erholungsphase von durchschnittlich 2,4 mmol/ im Zuge des steilen Rampentests als Indikator für eine mäßige Belastung des Stoffwechselsystems stehen würde. Die Ergebnisse von NÄVERI et al. 1997 können diese Annahme aber nicht unterstützen. Die Autoren stellten bei intensiven Trainingsbelastungen mit herzinsuffizienten Patienten fest, dass die Muskellaktatkonzentration nach hochintensiven Belastungen signifikant höher liegt als bei der gesunden Kontrollgruppe, obwohl die Blutlaktatkonzentration scheinbar auf mittlerem Level liegt. Der Grund liegt in der niedrigen Aktivität der aeroben Enzyme und in der schlechten Ausschwemmung des Laktats aus der Muskulatur aufgrund der gestauten Herzerkrankung. Bei herzinsuffizienten Patienten ist daher die Blutlaktatkonzentration während und nach der Belastung nicht als Richtwert für die momentane Stoffwechselbelastung heranzuziehen.

Die folgende Annahme, dass die Energiebereitstellung der Phosphate wesentlich bedeutender ist als die aeroben Systeme der Energiebereitstellung, kann damit nicht auf herzinsuffiziente Patienten bezogen werden.

This result suggests that in the steep ramp test strength (ATP – phosphorcratine energy system) rather than aerobic system (H+/lactate system) is most likely or greater importance.

MEYER et al. 1997b

Dass die metabolische und kardiovaskuläre Belastung beim steilen Rampentest daher nicht größer ist als bei der Standardergometrie müsste mittels muskelbioptischer Untersuchungen an beiden Testvarianten überprüft werden. Mit dem neuen Testprotokoll kann aber in jedem Fall die Trainingsintensität exakter festgelegt werden als bei den bisherigen Empfehlungen, die eine gewöhnliche Standardergometrie als Grundlage hatten.

Grundsätzlich kann festgehalten werden, dass je kürzer die Belastungsphase ist, umso höher kann die Intensität dieser gewählt werden. Zur Orientierung entwickelte MEYER 2001 eine Aufstellung der Intervallverhältnisse bei den unterschiedlichen Intensitäten des steilen Rampentestes (Tab. 8).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 8. Empfehlungen für Intervalle nach der Einstufung über den steilen Rampentest (MEYER et al. 1996a) von MEYER 2001

In den ersten 3 Belastungsintervallen soll dabei kontinuierlich auf die eigentliche Trainingsintensität hingesteigert werden. Ideal sind etwa 10-12 Intervalle pro Trainingseinheit.

Die Trainingsform muss an das Erkrankungsmuster der Herzinsuffizienz angepasst werden. Der Skelettmuskel ist verändert in Zellstruktur, Biogenetik und Sauerstoffkapazität. Außerdem sind die Muskelfasern zurückgebildet.

Diese Pathophysiologie erfordert sowohl muskelkräftigende Reize als auch eine Stärkung der aeroben Leistungsfähigkeit. Das Training durfte allerdings eine Intensität nicht überschreiten, die einen erhöhten metabolischen Reiz auslöst. So wählte man das Intervalltraining, dass im Sport mit gesunden untrainierten Personen schon jahrelang angewendet wird nun auch als Therapieform bei den Patienten mit Herzinsuffizienz.

Das Intervall kann durch Modifizierung der Intensität und Erholungsphasen leicht abgewandelt werden. Einen positiven Effekt auf eine massive Funktionseinschränkung des Herzens stellten MEYER et al. 1998b bei folgender Intervallstruktur fest. Sie beschränkten das Belastungsintervall auf lediglich 30 sec. Das jeweils unmittelbar anschließende Erholungsintervall dauerte doppelt so lange (60 sec).

Bisherige Empfehlungen von Trainingsintensitäten für untrainierte Gesunde und Koronarpatienten lagen bei 60% der HF max, 50% HRR (Herzfrequenzreserve) und 50% VO2 max. In der Studie von MEYER et al. 1997b wurden die Probanden aber bei weitem höher belastet. Es wurden die Belastungsparameter verglichen mit der üblichen maximalen Belastungsstufe von 75% VO2 max. Es kam zu keinen Überlastungen der angesprochenen Systeme, obwohl beim Intervalltraining die Intensitätsbelastung doppelt so groß war als beim Dauertraining. Die gemessenen physiologischen Parameter gleichen denen im Dauertraining.

Besorgnis gibt es in diesem Zusammenhang noch mit der Wirkung auf die linksventrikuläre Ejektionsfraktion, die sich laut mehrerer Studien (BANARD et al. 1973, 1976; FOSTER et al. 1981, 1982) bei höheren abrupt gesetzten Belastungen verschlechtern würde. Im Rahmen der bisherigen Studien der Arbeitskreise um Katharina MEYER im Zusammenhang mit Intervalltraining und Koronarpatienten trat allerdings kein einziger Vorfall auf, bei dem es aufgrund des veränderten intensiveren Ausdauertrainings zu einer verschlechterten Funktion des linken Ventrikels gekommen wäre. Es schienen raschere Belastungsanstiege nach anfänglichem Aufwärmen sogar besser toleriert zu werden. Selbst wenn es während der Belastungsphase beziehungsweise dem steilen Rampentest zu einer Verschlechterung der linksventrikulären Ejektionsfraktion kam, so konnte die Erholungsphase nach dem Test und das niedrigere Pausenintervall zur Beruhigung des Systems genutzt werden. Die Ventrikelfunkktion war stabil während Intervalltraining vergleichbar mit einer Steadystatebelastung. (MEYER et al. 1997b)

Das bedeutet also, dass zur positiven Beeinflussung beziehungsweise Verbesserung der geschädigten Bereiche wie Stoffwechsel, Muskelmasse, Flusseigenschaften des Blutes höhere Reizsetzungen nötig sind und diese Intensitäten den beeinträchtigten Organismus positiv beeinflussen. Die derzeitigen Richtlinien unterfordern die Trainierenden, sowohl gesunde als auch herzinsuffiziente Personen. Herzinsuffiziente Patienten können im beaufsichtigten Übungsbetrieb problemlos höhere Intensitäten tolerieren im Zusammenhang mit Intervalltraining.

1.2.2 Krafttraining mit Patienten unterschiedlicher Herzerkrankungen

Das Krafttraining wurde im Zusammenhang mit der Trainingstherapie von herzinsuffizienten Patienten lange als Stiefkind behandelt, weil jene Studien, die einen Anstieg des Gefäßdruckes, einen Abfall der linksventrikulären Ejetkionsfraktion und des Schlagvolumenindexes diagnostizierten, führten lediglich isometrisches Training über 3min durch (nach MEYER 2001).

Wird das Krafttraining aber rhythmisch dynamisch durchgeführt, kleinere Muskelgruppen beansprucht bei beispielsweise 2 Serien einbeinig zu je 10 Wiederholungen mit 70% des 1 Repetition Maximum so liegt die Belastung der Herzfrequenz so wie des Druckfrequenzproduktes sogar niedriger als bei einem Training am Fahrradergometer. Der systolische Blutdruck, die Ejektionsfraktion und das diastolische und systolische Volumen liegen dabei etwa gleich.

Krafttraining beidseitig führt zu einer zu großen kardialen Belastung speziell wenn große Muskelgruppen eingesetzt werden. Darum nur kleine Muskelgruppen bearbeiten und wenn nötig die Seiten nacheinander trainieren. Wenn auch dadurch keine Muskulatur aufgebaut wird, so kommt es dennoch zu einer Verbesserung der inter- und intramuskulären Koordination und somit zu einer Erhöhung der Lebensqualität in Bereichen des täglichen Lebens.

[...]

Ende der Leseprobe aus 134 Seiten

Details

Titel
Intervalltraining versus Dauertraining in der kardiologischen Rehabilitation
Hochschule
Universität Wien  (Institut für Sportwissenschaft Wien)
Note
sehr gut
Autor
Jahr
2003
Seiten
134
Katalognummer
V19940
ISBN (eBook)
9783638239622
ISBN (Buch)
9783638717366
Dateigröße
1062 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Sehr gute Detailarbeit. Empirische Arbeit mit umfassendem hermeneutischen Literaturvergleich. Topaktuelles Thema. Teile davon werden in Kürze in einem medizinischen Fachkompendium veröffentlicht!!
Schlagworte
Intervalltraining, Dauertraining, Rehabilitation
Arbeit zitieren
Dr. Iris Floimayr (Autor:in), 2003, Intervalltraining versus Dauertraining in der kardiologischen Rehabilitation, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/19940

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