[...] Unabhängig von länderspezifischen Methoden und Umfang von
Deregulierungsmaßnahmen treten immer wieder eine Reihe von typischen
Problemen eines Strommarktes auf. Hierzu zählen unter anderem eine hohe
Volatilität und sprunghafte sowie relativ kurzzeitige Steigerungen in den
Forward- Preisen für Strom, die die Preisbestimmung wesentlich erschweren.
Solche Effekte haben einen negativen Einfluß auf den Stromhandel, da die
Termingeschäfte durch ein hohes Geschäftsrisiko belastet werden und somit
ein ökonomisch sinnvoller Energieaustausch zwischen den Marktteilnehmern
verhindert wird.
Zu den Ursachen der Effekte zählen u. a. die Nichtlagerfähigkeit von Energie
und die Preisunempfindlichkeit des Bedarfs.1 Es ist wichtig, sich zu verdeutlichen,
daß eine Speicherung nur indirekt, durch die Lagerung der notwendigen
Brennstoffe, wie z.B. Gas und Öl, gewährleistet werden kann. Diese Brennstoffe
beeinflussen wiederum, in Abhängigkeit von ihrer Effizienz (Heat Rate),
den Angebotspreis f¨ur Elektrizität (Strom).2 Insbesondere bei Gaspreisen
zeigt sich eine starke Korrelation zu den Elektrizitätspreisen. Dieser Umstand
war besonders in den ersten Phasen des Handels von besonderer Bedeutung,
da regulierte Märkte bzw. Strombörsen, an denen Kontrakte jeglicher Art
hätten gehandelt werden können, fehlten. Existiert z.B. kein Terminmarkt
für das entsprechende Produkt (wie z.B. in Ländern ohne Strombörse), kann
eine näherungsweise Absicherung durch einen Kauf bzw. Verkauf von Futures
auf Waren mit hoher Preiskorrelation zum Strompreis erfolgen. Für Länder
mit hohem Gasanteil bei der Stromerzeugung, könnten dies z.B. Gasfutures
sein. Eine solche Vorgehensweise wird als Cross- Hedging bezeichnet.3 So
kann man in Deutschland erst ca. seit 2000 vom Handel an der EEX sprechen.
Ein wesentliches Problem besteht also darin, daß auf langfristige Zeitreihen
(für Strom) nicht zurückgegriffen werden kann bzw. die Vergleichbarkeit zumindest
über längere Zeiträume noch unzureichend gegeben ist. Vor diesem
Hintergrund scheint es zumindest nicht völlig abwegig auch den Weg übernandere Underlyings (eben solche mit hoher Preiskorrelation) zu beschreiten
und zu beschreiben.
Zur Bestimmung der Preisentwicklung bieten sich zwei Wege an. Der erste
Weg verwendet historische Zeitreihenanalysen, der zweite marktbewertete
1 siehe BRI02, Seite 1
2 vgl. Che99, Seite 4ff
3 vgl. Nab99, Seite 9
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Grundlagen der Forward Curve
- Grundmodell einer Forward Curve
- Dynamik der Forward Curve
- Schätzung der Volatilitätsfunktionen
- Historische Schätzung
- Volatilitätsfunktionen unter Einbeziehung saisonaler Effekte
- Mehrfaktorenmodelle
- Beziehung zwischen Forward Curve und „Spot“- Preis- Modellen
- Alternative stochastische Prozesse
- Mean Reverting Prozesse
- Sprungprozesse
- Marktbewertete Optionspreise
- Optionen auf den „Spot“- Preis für Energie
- Optionen auf Forwards für Energie
- Modellkalibrierung
- Zusammenfassende Erläuterungen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Preisbildung von Stromforwards und analysiert die Dynamik der Forward Curve. Ziel ist es, ein umfassendes Verständnis der Preisentwicklung von Stromforwards zu entwickeln und die relevanten Einflussfaktoren zu untersuchen. Dazu werden verschiedene Modellierungsansätze, basierend auf historischen Zeitreihenanalysen und marktbewerteten Optionspreisen, vorgestellt.
- Modellierung der Forward Curve
- Einflussfaktoren auf die Preisentwicklung von Stromforwards
- Analyse von Mean Reverting Prozessen
- Anwendung von historischen Zeitreihenanalysen
- Bedeutung von Marktbewerteten Optionspreisen
Zusammenfassung der Kapitel
- Die Einleitung stellt das Thema der Arbeit vor und erläutert die Herausforderungen, die sich durch die Deregulierung der Energiemärkte ergeben haben. Insbesondere die Volatilität und die sprunghaften Preisänderungen bei Stromforwards werden hervorgehoben. Es werden die Ursachen dieser Effekte diskutiert, z.B. die Nichtlagerfähigkeit von Strom und die Preisinelastizität des Bedarfs.
- Das Kapitel „Grundlagen der Forward Curve“ definiert die Forward Curve als Grundlage für das Einpreisen und Hedging von Energiederivaten. Es wird erklärt, wie die Forward Curve zur Kalkulation von Preisen für Strom an die Endkunden eingesetzt werden kann. Dabei werden die Bedeutung von Forward/Future- Kontrakten, Erwartungen bezüglich der zukünftigen Kurse und saisonale Muster historischer Energiekurse hervorgehoben. Außerdem wird die Bedeutung der Forward Curve für die Absicherung des Strombezugs von Energieversorgungsunternehmen (EVU) erläutert.
- Das Kapitel „Grundmodell einer Forward Curve“ beschreibt die dynamischen Eigenschaften der Forward Curve und die Schätzung der Volatilitätsfunktionen. Es werden verschiedene Methoden zur Schätzung der Volatilität, sowohl historisch als auch unter Einbeziehung saisonaler Effekte, vorgestellt.
- Das Kapitel „Mehrfaktorenmodelle“ behandelt die Beziehung zwischen der Forward Curve und „Spot“- Preis- Modellen. Es werden verschiedene stochastische Prozesse, wie Mean Reverting Prozesse und Sprungprozesse, vorgestellt, die zur Modellierung der Forward Curve eingesetzt werden können.
- Das Kapitel „Marktbewertete Optionspreise“ behandelt die Anwendung von Optionspreisen auf die Preisbildung von Stromforwards. Es werden Optionen auf den „Spot“- Preis für Energie und Optionen auf Forwards für Energie betrachtet. Schließlich wird das Thema der Modellkalibrierung diskutiert.
Schlüsselwörter
Die wichtigsten Schlüsselwörter der Arbeit sind: Stromforwards, Forward Curve, Preisbildung, Volatilität, Energiemärkte, Deregulierung, Mean Reverting Prozesse, Sprungprozesse, Marktbewertete Optionspreise, Modellkalibrierung, Cross-Hedging, EEX, Nord Pool.
- Arbeit zitieren
- Nico Weber (Autor:in), 2002, Preisbildung von Stromforwards, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/19986