Synthetische vs. volle Replikation bei Exchange Traded Funds (ETF)

Eine kritische Analyse


Seminararbeit, 2012

29 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einführung
1.1 Problemstellung der Arbeit
1.2 Vorgehensweise der Untersuchung

2 Exchange Traded Funds
2.1 Definition
2.2 Ursprung von ETFs
2.3 Passives Portfoliomanagement
2.4 Grenzen der Indexnachbildung und Tracking Error

3 Nachbildungsverfahren bei ETF
3.1 Systematisierung der Nachbildungsverfahren
3.2 Vollständig replizierende Verfahren
3.2.1 Beschreibung vollständig replizierender Verfahren
3.2.2 Wertpapierleihe bei vollständig replizierenden Verfahren
3.3 Sampling Verfahren
3.3.1 Beschreibung Representative-Sampling Verfahren
3.3.2 Beschreibung Optimized-Sampling Verfahren
3.4 Synthetische Nachbildungsverfahren
3.4.1 Beschreibung der Methode
3.4.2 Ablauf eines Swap-Geschäfts
3.4.3 Gefahren der synthetischen Replizierung

4 Beurteilung der Abbildungsverfahren
4.1 Beurteilung unter Performancegesichtspunkten
4.2 Beurteilung unter Risikogesichtspunkten

5 Fazit

Literatur- und Quellenverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Entwicklung ETF-Vermögen

Abbildung 2: Entstehungsfaktoren des Tracking Error

Abbildung 3: Systematisierung der Nachbildungsverfahren

Abbildung 4: Darstellung der Zahlungsströme Swap-Basierter ETFs

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einführung

1.1 Problemstellung der Arbeit

Bereits seit mehreren hundert Jahren existieren Aktien. Sinn und Zweck der ersten Aktien war es, große Investitionen in Seefahrtsgeschäfte zu ermöglichen. Um den sukzessive gewachsenen Aktienmarkt schneller und einfacher im Blick zu haben, entwickelten die Herausgeber des Wall Street Journal, Charles Henry Dow und Edward David Jones, 1896 den ersten vielbeachteten Aktienindex, den Dow Jones Industrial Average.[1] Dies sollte jedoch nur der Anfang sein. Bis heute gibt es mehr als 30.000 verschiedene Indizes, deren Bedeutung und Aufgaben vielschichtiger geworden sind.[2] Hatten Indizes ursprünglich rein deskriptive Aufgaben zu erfüllen, so fungieren Indizes heute auch als Basisinstrumente für Anlageprodukte. Zu einer der bedeutendsten Anlagemöglichkeit zählen hierbei Indexfonds, die auch als Exchange Traded Funds bezeichnet werden. Gemäß der Grundmaxime „If you can’t beat the market, join it!“[3] hat sich diese Anlagekategorie zu einer der spannendsten des gesamten Kapitalmarkts entwickelt. Aktuell wird die ETF-Branche aufgrund ihrer Bedeutung und den daraus resultierenden Risiken kritisch hinterfragt. Anlässlich der aktuellen Diskussion ist es das Ziel dieser Arbeit einen Überblick der verschiedenen Abbildungsverfahren von Indizes im Rahmen von Exchange Traded Funds (ETFs) zu geben und diese anschließend kritisch zu hinterfragen. Die gewonnene Transparenz kann in der Praxis zur systematischen Auswahl spezifischer ETF-Anlageprodukte vor dem Hintergrund der Rendite-, Risiko- und Kostenoptimierung genutzt werden.

1.2 Vorgehensweise der Untersuchung

Um einen strukturierten Vergleich von synthetischen und voll replizierenden ETFs darzustellen, wird eingangs auf die Charakteristika und den Ursprung von ETFs eingegangen. Anschließend werden die Grundzüge des passiven Portfoliomanagements im Lichte der modernen Portfoliotheorie betrachtet und auf die bei der Indexreplizierung entstehenden Probleme eingegangen. Der Kern der Arbeit widmet sich der Gegenüberstellung von synthetischen und voll replizierenden Indexfonds. Diese Entscheidung stellt zweifelsfrei das bedeutendste Problem beim Management eines ETFs dar. Anschließend wird ein direkter Vergleich beider Verfahren des „Indexings“ nach Performance- und Risikogesichtspunkten durchgeführt. Im Rahmen der Risiken liegt der Fokus auf den ETF-spezifischen Risiken.[4] Die Arbeit schließt mit einem Fazit und dem Ausblick auf die weitere Entwicklung von Indexfonds.

2 Exchange Traded Funds

2.1 Definition

Bei Exchange Traded Funds (ETFs) handelt es sich wörtlich übersetzt um börsengehandelte Fonds. In ihrer Eigenschaft als Fonds stellen sie ein Sondervermögen im Sinne des §30 InvG dar, welches vom Vermögen der KAG getrennt verwaltet wird. Von ETFs sind demnach Indexzertifikate abzugrenzen, die im rechtlichen Sinne keine Sondervermögen darstellen, sondern als Inhaberschuldverschreibungen zu klassifizieren sind.[5] Ferner kombinieren ETFs die Vorteile klassischer Indexfonds mit den Vorteilen von Aktien. ETFs und Indexfonds versuchen beide einen Index so exakt wie möglich abzubilden. Zusätzlich gewähren ETFs durch die fortlaufende Preisfeststellung eine einfache und kostengünstige Handelbarkeit während den Börsenöffnungszeiten. Im Gegensatz hierzu, erfolgt bei klassischen Indexfonds lediglich einmal täglich die Preisfeststellung.[6] Durch die Indexbezogenheit bieten ETFs dem einzelnen Anleger die Möglichkeit einen ganzen Korb von Wertpapieren, der in der Form eines Index einen Markt oder Teilmarkt repräsentiert, einfach und kostengünstig nachzubilden.[7] Von den in dieser Arbeit betrachteten passiven Exchange Traded Funds sind auch die neuerdings am Markt zu findenden Enhanced Index Funds abzugrenzen. Diese beziehen sich oftmals auf aktive Indexkonzepte, welche quantitative Ansätze zur Indexzusammensetzung verwenden und daher eher den aktiven Anlagestrategien zuzuordnen sind.[8]

2.2 Ursprung von ETFs

Eine lange Zeit spielten ETFs eine untergeordnete Rolle bei Kapitalanlagen. Dieses Schattendasein hat sich in der letzten Dekade jedoch grundlegend verändert. Im Folgenden wird auf den Ursprung und die Geschichte dieser Anlagekategorie eingegangen.

Der eigentliche Ursprung von Indexfonds, die den passiven Investmentstrategien zuzuordnen sind, liegt im Jahre 1900 als der französische Mathematiker Louis Bachelier nachwies, dass die Chance besser als der Markt zu sein, bei exakt 50 Prozent liegt.[9] Im Jahre 1952 veröffentlichte Harry M. Markowitz, den für die moderne Portfoliotheorie entscheidenden Aufsatz, „Portfolio Selection“.[10] Im Kern trifft dieser die Aussage, dass Ertragschancen und Risiken direkt voneinander abhängen. Der Erfolg einer Kapitalanlage ist demnach von der Chance-Risiko-Struktur des Investments abhängig und lässt sich durch Diversifikation eines Portfolios optimieren. Auch heute gilt dieser Ansatz der Diversifikation als entscheidend und wird auch bei der Anlage in Indexfonds, da auch Indizes bereits diversifiziert sind, verfolgt. Nach der Entdeckung Markowitzs mussten jedoch beinahe 20 Jahre bis zur Entstehung des ersten Indexfonds vergehen. Im Jahre 1971 wurde von Wiliam Sharpe und Bill Fouse der erste Indexfonds für institutionelle Investoren gegründet. Dieser bildete die damals 1.500 an der NYSE gelisteten Einzelwerte ab und konnte einmal täglich zum festgestellten Fondspreis gehandelt werden.[11] Der weltweit erste kommerziell erfolgreiche ETF wurde 1993 emittiert, als der SPDR (Standard & Poor’s Depository Receipt) von SSgA mit dem zugrundeliegenden Basiswert S&P 500-Index sich binnen kürzester Zeit zu einem der meist gehandelten Finanzinstrumente entwickelte.[12] Im Jahre 2012 wurde auch in Deutschland eine lokale Version dieses Ursprungs-ETFs in den Börsenhandel eingeführt.[13]

In Deutschland startete der ETF-Handel im April 2000. Seitdem können beispielsweise an der Frankfurter Börse über Xetra fortlaufend Exchange Traded Funds gehandelt werden. Xetra war damit der erste europäische Handelsplatz für ETFs und die Frankfurter Börse ist mit dem eigenen XTF-Segment noch heute Marktführer.[14] 2011 wurden allein auf dem Handelsplatz Xetra 192 Mrd. Euro umgesetzt, was einem Anstieg um 25% entspricht. Auch die Anzahl der einzelnen gelisteten ETFs konnte im Jahr 2011 um 177 auf insgesamt rund 900 Stück zulegen. Neben Aktien- und Renten-ETFs, finden auch Strategie-ETFs und ein wachsender Anteil Rohstoff-ETFs ihren Absatz.[15] Ein neues Anlagethema, welches ebenfalls ein hohes Wachstumspotential verspricht, sind ethische Fonds oder auf das Thema Nachhaltigkeit ausgerichtete Investments.[16] Um insbesondere auf die Nachfrage institutioneller Anleger zu antworten wird hier das Sortiment der Anbieter sukzessive erweitert. Beispielsweise führte Amundi Investment Solutions Ende 2010 den Green-Tech-Living-Planet-ETF[17] ein, dessen Basisindex Unternehmen mit den Tätigkeitsschwerpunkten Energieeffizienz, Wasser-Management, erneuerbare Energien und Müllaufbereitung enthält.[18] Die Erfolgsstory der Exchange Traded Funds wird verdeutlicht durch den hohen Zuwachs im verwalteten Vermögen. So wurden Ende 2011 insgesamt ca. 266 Mrd. USD in europäischen ETFs verwaltet.[19]

Abbildung 1: Entwicklung ETF-Vermögen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Schmitz, A. (2012a): in: Börsen-Zeitung, Nr. 79, 24.04.2012, S. 8

2.3 Passives Portfoliomanagement

Vor dem Investment in Exchange Traded Funds muss die Frage geklärt werden, ob sich passive Investmentstrategien in Zeiten ständiger Veränderung überhaupt lohnen. So besteht doch das wichtigste Unterscheidungsmerkmal zwischen aktiv gemanagten Investmentfonds und Exchange Traded Funds in der Anlagestrategie. Versucht ein klassisch aktiv gemanagter Investmentfonds in der Regel eine im Vorfeld definierte Benchmark[20] zu übertreffen, so verfolgen ETFs das Ziel der Rendite des spezifischen Index möglichst 1:1 zu entsprechen. Beim aktiv gemanagten Fonds versucht der Fondsmanager aufgrund von umfassenden Marktanalysen die Zusammensetzung des Portfolios fortlaufend zu optimieren. Ziel ist es, eine höhere Rendite[21] (Outperformance) im Vergleich zum Markt zu erzielen.[22] Dies kann jedoch nur durch gezieltes Timing, also beispielsweise am Ende der Hausse auszusteigen und nach abgeschlossener Baisse wieder einzusteigen, oder durch gekonntes Stock Picking[23] gelingen.[24] Voraussetzung hierfür ist die Existenz von Bewertungsineffizienzen oder überdurchschnittlichen Prognosefähigkeiten des aktiven Fondsmanagers. Es liegt auf der Hand, dass dieser anspruchsvolle Prozess höhere Kosten in Form von Managementgebühren verursacht als die einfachere Abbildung eines Index.[25] „Ein Papier kann steigen oder fallen, aber wenn man von zwei Möglichkeiten die richtige erwischt, ist das noch lange kein Grund, sich etwas einzubilden“, stellte der Börsenaltmeister André Kostolany einst klar.[26] Es stellen sich also folgende Fragen: Ist der eventuelle Nutzen des aktiven Managements es wert, höhere Gebühren hierfür in Kauf zu nehmen? Welchen aktiv gemanagten Fonds gelingt es langfristig die Benchmark zu übertreffen?

Um dies herauszufinden führten Forscher des Instituts für Vermögensaufbau im Jahre 2008 eine detaillierte Analyse bei Aktienfonds durch. Sie verglichen die 20 jährige Kurshistorie von 46 regionalen und internationalen Aktienfonds mit den am besten zu ihnen passenden MSCI-Indizes.[27] Anstelle der MSCI-Indizes hätte man auch die im Fondsprospekt angegebene Benchmark verwenden können, allerdings wird hier oftmals bewusst eine falsche Benchmark gewählt um das Produkt in einem günstigeren Licht erscheinen zu lassen.[28] Für ein Höchstmaß an Vergleichbarkeit wurde für die Beziehung zwischen Investmentfonds und Vergleichsindex die Anforderung von einem Beta[29] nahe 1 in den vergangenen 20 Jahren definiert. Im Ergebnis konnten nur 11 der 46 untersuchten Fonds nach 20 Jahren eine bessere Performance als ihr Vergleichsindex aufweisen. Ferner muss in Erwägung gezogen werden, dass die Aktienfonds der Stichprobe systematisch besser waren als der Gesamtdurchschnitt, da die alleinige Tatsache ein Alter von 20 Jahren erreicht zu haben, ein Qualitäts- und Stabilitätsmerkmal darstellt.[30] Die Untersuchung zeigt, dass es langfristig nur ca. 25% der aktiv gemanagten Aktienfonds gelingt ihre Benchmark zu schlagen. Bei einem derzeitigen Investmentfondsvermögen von ca. 688 Mrd. Euro[31], welches in 6.917 verschiedene Investmentfonds angelegt ist, erscheint es beinahe unmöglich, diejenigen 25% zu selektieren, die ihre Benchmark langfristig übertreffen.[32] Dass dieses Phänomen kein Einzelfall ist und auch für die Assetklasse „Renten“ gilt, zeigt die Tatsache, dass der „ishares Markit iBoxx Liquid Sovereigns Capped 1,5 – 10,5“[33] in den Jahren 2001 bis 2006, 95% der in Deutschland zugelassenen und vergleichbaren aktiv gemanagten Rentenfonds übertraf.[34]

Weiterer Bestandteil der modernen Portfoliotheorie ist der Nutzen von Diversifikationseffekten innerhalb eines Portfolios. Als Diversifikationseffekt bezeichnet man die Auswirkung auf Rendite und Risiko, die sich aus der Streuung der Anlage in viele verschiedene Einzeltitel, Assetklassen, Märkte und Regionen ergibt. Diesen Effekt macht man sich sowohl bei aktiv gemanagten Produkten, als auch bei den passiven Anlagestrategien zu Nutze. Beispielsweise führt die Abbildung des S&P 500-Index schon zu einem hohen Grad von Diversifzierung, da er rund 70% der US-amerikanischen und 35% der weltweiten Marktkapitalisierung im Aktienbereich abdeckt.[35] Mit Hilfe der Diversifikation gelingt es, das unsystematische titelspezifische Risiko, welches unabhängig vom allgemeinen Marktrisiko besteht, zu reduzieren.[36]

2.4 Grenzen der Indexnachbildung und Tracking Error

Wie bereits in den vorangegangenen Kapiteln dargestellt, versuchen Exchange Traded Funds als passive Anlagevehikel die Wertentwicklung eines spezifischen Index abzubilden. Da es sich bei Indizes aber um theoretische Benchmarks handelt, die die Faktoren der realen Welt nicht berücksichtigen, entsteht in den meisten Fällen ein sog. Tracking Error. Der Tracking Error gibt die Standardabweichung der ETF-Rendite von der Rendite des Vergleichsindex an.[37] Eine Systematisierung der Entstehungsfaktoren des Tracking Errors kann gemäß folgendem Schaubild veranschaulicht werden.

Abbildung 2: Entstehungsfaktoren des Tracking Error

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Budinsky, R. (2002): S. 156

Die verursachenden Faktoren eines Tracking Errors lassen sich in eine strukturelle Komponente und Transaktionskosten unterteilen.

Der strukturelle Tracking Error entsteht aufgrund einer Differenz in der Struktur des Index und des Fondsvermögens. Bei Indizes handelt es sich nicht um statische Gebilde, vielmehr sind Indizes im Zeitablauf dynamisch und unterliegen Änderungen in ihrer Zusammensetzung. Insbesondere bei Indizes mit vielen verschiedenen Einzelwerten kann sich aufgrund einer Änderung der Indexzusammensetzung ein struktureller Tracking Error ergeben. Weiterhin können Abweichungsfehler aufgrund von Dividendenzahlungen entstehen. Beispielsweise wird innerhalb eines Performanceindex[38] angenommen, dass Dividenden am ex-Tag gezahlt und reinvestiert werden. In der Realität werden Dividenden allerdings mit einer Verzögerung ausgezahlt und können deshalb auch erst verspätet investiert werden. Beispielsweise liegt diese Verzögerung bei Dividenden von US-Unternehmen bei durchschnittlich 22 Tagen.[39] Neben der verzögerten Auszahlung von ausländischen Dividenden, unterliegen diese in manchen Ländern einem direkten Quellensteuerabzug, was zu einem zusätzlichen Tracking Error bei Performanceindizes führt. Neben Dividendenzahlungen führt auch die Haltung einer Barreserve zu einem strukturellen Tracking Error. Diese ist von Nöten um eine kurzfristige Verfügbarkeit von Anlagegeldern zu gewährleisten. Da Indizes jedoch keine Liquiditätskomponente enthalten, führt dies bei ETFs zu einer Investitionsquote kleiner 100%. Im Ergebnis werden hierdurch Bewegungen des Vergleichsindex unterproportional nachvollzogen und führen zu einem strukturellen Abweichungsfehler. Dieser sogenannte „Cash Drag“[40] führt in Haussephasen zu einem Zurückbleiben des ETFs im Vergleich zur Benchmark.[41] In fallenden Märkten kann der „Cash Drag“ jedoch auch zu einer besseren Performance im Vergleich zum Index führen.[42] Bei den modernen Exchange Traded Funds wird der Kassenbestand durch den Creation/Redemption-Prozess auf ein notwendiges Minimum begrenzt, was zur Reduktion des Cash Drags führt.[43]

Neben strukturellen Faktoren führen auch Transaktionskosten zu einer negativen Abweichung vom Index. Die Transaktionskosten können aus Änderungen der Indexzusammensetzung oder Kapitalmaßnahmen der im Index enthaltenen Unternehmen resultieren. Beispielsweise wurde am 21.06.2010 die Aktie von HeidelbergCement AG für die Aktien der Salzgitter AG in den DAX aufgenommen.[44] Dies bedeutet für einen DAX replizierenden ETF die Notwendigkeit einer Anpassungstransaktion, welche mit Kosten verbunden ist. Die Anzahl der Indexbestandteile und die Anpassungsfrequenz haben damit direkten Einfluss auf die Höhe des Tracking Errors.[45] Dies gilt insbesondere bei traditionellen ETFs, die direkt in das Indexportfolio investieren.[46] Durch die intelligente Wahl des Nachbildungsverfahrens kann somit Einfluss auf die Höhe des Tracking Errors genommen werden, weshalb im Folgenden auf die unterschiedlichen Methoden eingegangen wird.

3 Nachbildungsverfahren bei ETF

3.1 Systematisierung der Nachbildungsverfahren

Im Frühjahr des Jahres 2000 bestach Deutschlands erster ETF durch Klarheit und Transparenz. Der damals von Merrill Lynch International angebotene ETF auf den EURO STOXX 50 enthielt eben genau die 50 Aktien dieses Index, im vom Indexkonstrukteur angegebenen Mischungsverhältnis. Zwölf Jahre später sind viele der ETFs komplex strukturierte Wertpapiere, bei denen mit Hilfe von Derivaten und ausgeklügelten Optimierungsmechanismen immer anspruchsvollere Indizes abgebildet werden.[47] Teilweise werden Entwicklungen der Indizes nicht mehr nur abgebildet, sondern gehebelt bzw. durch Reverse-Strukturen spiegelbildlich dargestellt. Da mit diesen Strukturen oftmals der Grundgedanke von Klarheit und Transparenz verloren ging, werden im folgenden Kapitel die verschiedenen Abbildungsverfahren systematisch dargestellt. Abbildung 3 gibt hierzu einen Überblick über die verschiedenen Tracking-Ansätze[48].

Abbildung 3: Systematisierung der Nachbildungsverfahren

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung

Per Ende März waren 61% des Vermögens europäischer ETFs in physisch replizierenden Fonds angelegt. Der Anteil von synthetischen ETFs, die Derivate zur Abbildung des Index nutzen, betrug 39%.[49]

3.2 Vollständig replizierende Verfahren

3.2.1 Beschreibung vollständig replizierender Verfahren

Die naheliegendste und wohl einfachste Strategie zur Indexnachbildung ist der Kauf aller im Index enthaltenen Papiere unter Berücksichtigung der Indexgewichtung. Diese Ur-Methode wird als Full-Replication-Methode bezeichnet.[50] Da bei dieser Form der Indexnachbildung die einzelnen Werte des Index in direkter und physischer Form in das Fondsvermögen gelangen, wird in der Literatur auch von der physischen Replikation gesprochen. Der Reiz dieser Methode besteht darin, dass die Wertentwicklung des Indexportfolios und des Referenzindex vollständig synchronisiert werden. Eine Sonderform der physischen Replikation stellen die Sampling-Verfahren dar, bei denen eine repräsentative Auswahl von Indexteilnehmern zur Nachbildung verwendet wird. Diese Verfahren werden in Kapitel 3.3 ausführlich beschrieben. Würde man einen voll-replizierenden ETF auf den Index FTSE100[51] halten, so müsste dieser nach den Anforderungen dieses Nachbildungsverfahrens direkte Positionen in allen 100 Unternehmen des Index in Form von physischen Aktien halten. Ein Erfordernis zur Anpassung entsteht bei Änderungen der Indexzusammensetzung und deren Gewichtung, sowie bei der Reinvestition von laufenden Erträgen.[52] Diese Anpassungserfordernisse zeigen, wie entscheidend die Ausgestaltung des Referenzindex für die Full-Replication-Methode ist. Erscheint diese Art der Indexreplizierung bei dem hier dargestellten FTSE100 noch recht einfach, so wird jedoch deutlich, dass bei breiteren Indizes, wie beispielsweise dem MSCI World[53], mit steigender Titelanzahl der Zeit- und Kostenaufwand zunimmt. Bei ETFs, die in Werte aus Schwellenländern investieren, gilt es häufig zusätzliche rechtliche Beschränkungen beim Erwerb von Wertpapieren zu beachten.[54] Dies kann dazu führen, dass die voll-replizierende Abbildung nur unbefriedigend möglich ist. Weiterhin führt bei voll-replizierenden ETFs der sog. Cash Drag zu einer Erhöhung des Tracking Errors.[55] Um die hier dargestellten Kosten der Full-Replication-ETFs in Grenzen zu halten, nutzen diese Anlageprodukte häufig die Möglichkeit von Wertpapierleihgeschäften.

3.2.2 Wertpapierleihe bei vollständig replizierenden Verfahren

Wie in 3.2.1 dargestellt, halten vollständig-replizierende ETFs die Einzeltitel in physischer Form innerhalb des Fondsvermögens. Werden nun diese gehaltenen Wertpapiere gegen eine Gebühr verliehen, so spricht man von einem Wertpapierleihgeschäft. Nach Ende der Laufzeit erhält der Verleiher die Wertpapiere in gleicher Art und Güte zurück. Üblicherweise werden die Papiere an Investmentbanken und Hedgefonds gegen eine Leihgebühr verliehen. Durch diese Gebühr konnten ETFs in 2011 einen zusätzlichen Ertrag von bis zu 63 Basispunkten[56] generieren, im Gegenzug entsteht hierdurch für die Anteilseigner des ETFs ein neues Risiko. So könnte dem Anleger durch den Ausfall des Wertpapierentleihers ein Verlust entstehen.[57] Die Gefahr besteht darin, dass der Entleiher der Aktien, der diese üblicherweise leer verkauft, bei einem starken unerwarteten Kursanstieg erhebliche Verluste erleidet, und anschließend nicht mehr in der Lage ist, die entliehenen Wertpapiere zu beschaffen.[58] Zur Reduktion dieses Risikos werden Wertpapierleihen häufig besichert.[59] Da der Sicherheitenwert hierbei in der Regel 105% beträgt, findet eine Überbesicherung statt.[60] Es bestehen derzeit jedoch keine Regeln zur Qualität der hinterlegten Sicherheiten.[61] Aktuell betreiben fast alle Anbieter von Full-Replication-ETFs auch Wertpapierleihgeschäfte. Bemerkenswert ist das Ausmaß der Leihegeschäfte. So werden teilweise bis zu 99% der Aktien oder Anleihen des ETF-Vermögens verliehen.[62]

Im April 2011 veröffentlichte der Finanzstabilitätsrat FSB ein Diskussionspapier zu möglichen Risiken, die aus Exchange Traded Funds erwachsen können.[63] Hierin wird auch auf Risiken der Wertpapierleihgeschäfte eingegangen. Da durch die Leihgeschäfte Gegenparteirisiken entstehen, die kaum noch kontrollierbar sind, fordert nun auch die ESMA strengere Grenzen für Wertpapierleihgeschäfte bei ETFs einzuführen. Nach deutschem Recht dürfen bisher mit einem einzelnen Kontrahenten Geschäfte bis zur Höhe von 10% des Sondervermögens eingegangen werden.[64] Ferner hat die EU-Kommission am 19.03.2012 ein Grünbuch zur strengeren Regulierung von Schattenbanken veröffentlicht. In diesem Zusammenhang werden als Schattenbanken nicht regulierte Kapitalsammelstellen verstanden, deren Geschäft im weitesten Sinne mit der von Banken betriebenen Kreditintermediation, also Aufnahme von Geldern und anschließenden Ausreichung als Darlehen, vergleichbar sind.[65] Da auch bei Wertpapierleihgeschäften kreditähnliche Beziehungen entstehen und die Bonität des Geschäftspartners für das Risikomanagement eine Rolle spielt, hält Dr. Andreas Dombret, Vorstandsmitglied der Bundesbank, die Einordnung von ETFs als Schattenbanken für sachgerecht.[66] Diese Einstufung ist aus Sicht des BVI Bundesverband Investment und Asset Management e.V. absurd, da sowohl die Kriterien und Risiken nicht derer einer Schattenbank entsprechen. Ferner müssten sich ETFs, als Investmentfonds, schon heute an strenge gesetzliche Vorgaben halten.[67] Anzumerken ist, dass Wertpapierleihgeschäfte nicht eine Besonderheit der ETF-Branche sind, sondern es sich hier um ein gängiges Instrument des modernen Portfoliomanagements handelt. Es scheint derzeit wahrscheinlich, dass die Wertpapierleihe nicht verboten wird, sondern die Finanzaufseher höhere Transparenzanforderungen stellen und Einfluss auf das Collateral[68] nehmen werden.[69] Meines Erachtens ist die derzeitige Diskussion positiv zu bewerten, da sie in jedem Fall zu einer besseren Aufklärung der Anleger beiträgt.

3.3 Sampling Verfahren

3.3.1 Beschreibung Representative-Sampling Verfahren

Ein weiterer Weg um die Kosten der Nachbildung zu reduzieren, besteht neben Wertpapierleihgeschäften darin, nur einen Teil der Wertpapiere des Index zu kaufen. Da bei diesem Verfahren zunächst nur eine repräsentative Auswahl der Einzelwerte in das Fondsvermögen übernommen wird, bezeichnet man dieses Verfahren auch als Representative-Sampling Verfahren. ETFs des Sampling-Verfahrens sind ebenfalls der physischen Replizierung zuzuordnen, da sie Wertpapiere des nachbildenden Index direkt im Portfolio halten. Ausgangspunkt des Verfahrens ist die Aufstellung eines Tracking-Modells, mit dessen Hilfe versucht wird, die Indexperformance zu erklären. Basis des Tracking-Modells ist eine sinnvolle Gruppierung der Indexteilnehmer, mit deren Hilfe anschließend eine möglichst exakte Indexdarstellung möglich sein soll. Als sinnvolle Gruppierungskriterien sind insbesondere die Börsenkapitalisierung sowie die Branchenzugehörigkeit von Bedeutung.[70] Während es sich bei der Representative-Sampling Methode um einen eher qualitativen Ansatz handelt, ist das Optimized-Sampling Verfahren stärker quantitativ ausgerichtet.

3.3.2 Beschreibung Optimized-Sampling Verfahren

Die Methode des Optimized-Sampling stellt somit eine Weiterentwicklung des Representative-Sampling Verfahrens dar. Hierbei wird mit Hilfe von statistisch-quantitativen Methoden versucht, ein optimales Gleichgewicht zwischen Tracking Error[71] und Transaktionskosten zu finden.[72] Mit jeder Transaktion entstehen Kosten, die sich negativ auf die Performance des ETFs auswirken. Im Rahmen des Optimierungsansatzes stellt man sich also die Frage, welchen zusätzlichen Nutzen die Aufnahme des einzelnen Papiers stiftet, und welche Kosten im Gegenzug in Kauf genommen werden müssen. Bei sehr breiten Indizes mit vielen Einzeltiteln, kann dies bei Werten mit einer Indexgewichtung im Promillebereich dazu führen, dass diese unter Kosten-Nutzen-Aspekten nicht in das Fondsvermögen aufgenommen werden. Da diese Titel kaum einen Einfluss auf die Gesamtentwicklung des Index haben, ist der hierdurch entstehende Tracking Error vernachlässigbar.[73] Aus technischer Sicht erfolgt die Auswahl der Einzeltitel durch Rückgriff auf einen quantitativen Lösungsalgorithmus, in welchem einzelne Zellanforderungen über Gleich- oder Ungleichheitsrestriktionen abgebildet werden.[74] Als beispielhafter Index, für den eine Replizierung über Sampling-Verfahren sinnvoll erscheint, kann der MSCI Emerging Markets Index[75] genannt werden. Aufgrund der ca. 750 Einzelwerte und der Vielzahl von Handelsrestriktionen in einigen Ländern, scheint hier eine volle Nachbildung sehr aufwendig, wenn nicht unmöglich. Durch Konzentration des Fondsvermögens auf die stärker gewichteten Werte kann man dennoch eine näherungsweise Abbildung durchführen. Der Tracking Error ist bei Sampling-Verfahren im Durchschnitt größer als bei anderen Methoden.[76]

3.4 Synthetische Nachbildungsverfahren

3.4.1 Beschreibung der Methode

Neben den bereits dargestellten physischen Nachbildungsverfahren sind in der Praxis viele ETFs zu finden, die mit synthetischen Nachbildungsverfahren arbeiten. Dieses, auch als Swap-Ansatz bekannte Verfahren, gehört zu den moderneren und umstritteneren Formen der Indexabbildung.[77] Insbesondere in den letzten Monaten ist eine tiefgreifende Diskussion über die Risiken von synthetischen Fondsprodukten, und der daraus entstehenden Systemrelevanz entstanden. Der bedeutendste Unterschied der Swap-basierten Produkte im Vergleich zu den physisch-replizierenden Produkten besteht in der Zusammensetzung des Fondsvermögens. Während sich bei physisch-replizierenden ETFs die Wertentwicklung aus der Summe der Wertentwicklungen der einzelnen Papiere ergibt, gewährleisten synthetische ETFs die Indexperformance durch Swap-Zahlungen eines Partners. Doch sind Swaps, als eine Form von Derivaten, wirklich „finanzielle Massenvernichtungswaffen“ wie sie Investmentguru Warren Buffet einst bezeichnete?[78] Ein Swap ist, als eine Vereinbarung zweier Parteien, mehrere Zahlungen an festgelegten, in der Zukunft liegenden Zeitpunkten auszutauschen, zu verstehen. Wie Futures und Forwards zählen Swaps ebenfalls zu den Produkten der unbedingten Termingeschäfte.[79] Im Fondsvermögen des synthetischen ETFs befindet sich neben dem Swap in den meisten Fällen ein Wertpapierkorb[80], der jedoch unabhängig vom replizierenden Index zusammengestellt sein kann. So hält der DAX-ETF der Gesellschaft db x-trackers zum 31.12.2011 ca. 34% seines Vermögens in amerikanischen Aktien.[81] Durch das Swap-Geschäft wird der Ertragsstrom des Substitute Baskets gegen die Wertentwicklung des abgebildeten Index mit dem Swap-Kontrahenten getauscht. Ein Handel, der im jeweiligen Index enthaltenen Wertpapiere, entfällt somit.[82] Dies kann sich in Märkten mit geringer Liquidität oder Handelsbeschränkungen als vorteilhaft erweisen.

Bei Swap-basierten ETFs muss eine Unterscheidung zwischen unbesicherten und besicherten Modellen vorgenommen werden, wobei das unbesicherte Modell meines Erachtens den Regelfall darstellt.

Beim unbesicherten Modell werden die Erträge des Index und des Substitute Basket, wie oben bereits dargestellt, über den Swap getauscht. Der Swap ist hierbei Bestandteil des Sondervermögens und darf nach den UCITS-Vorgaben einen Anteil von maximal 10 Prozent des Sondervermögens nicht überschreiten.[83] Entwickeln sich die im Sondervermögen gehaltenen Wertpapiere schlechter als der abgebildete Index, so entsteht eine Forderung gegenüber dem Swap-Partner in Höhe der Differenz. Das Gegenpartei-Risiko besteht bei dieser Konstruktion also aus dem Saldo zwischen dem Net Asset Value[84] des ETFs und dem Wert des Substitute Baskets.[85]

Beim besicherten Swap-Modell investiert der Fonds nicht die Einzahlung in einen Substitute Basket, sondern transferiert das gesamte Fondsvermögen zur Swap-Gegenpartei. Diese Gegenpartei hat dann im Gegenzug ausreichende Sicherheiten auf einem Collateral-Konto zu deponieren.[86] Das Vermögen des ETFs besteht in diesem Fall im Wesentlichen aus einer Forderung gegenüber dem Swap-Partner, deren Höhe von der Entwicklung des Basiswerts abhängt. Bei einem DAX-ETF ist dieses Modell mit einem Indexzertifikat auf den DAX vergleichbar.[87] Entgegen der Bezeichnung kann beim besicherten Modell ein höheres Ausfallrisiko bestehen. Während nämlich beim unbesicherten Modell das Ausfallrisiko auf maximal 10% (maximaler Wert des Swaps gemäß UCITS-Vorgabe) begrenzt ist, könnten beim besicherten Modell, die Sicherheiten theoretisch wertlos werden.[88]

3.4.2 Ablauf eines Swap-Geschäfts

Der grundsätzliche Ablauf eines synthetischen ETFs kann wie folgt dargestellt werden:

Abbildung 4: Darstellung der Zahlungsströme Swap-Basierter ETFs

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung

Zur Verdeutlichung dieser Abbildung soll ein Zahlenbeispiel dienen: Ein ETF auf den EURO STOXX 50-Index hält ein anfängliches Fondsvermögen von 100 Mio. Euro. Dieses wurde in amerikanische und japanische Aktien investiert. Die Aktien dienen dem Index-Swap nur als Sicherheit, so dass die Performance der Aktien keinen Einfluss auf die Performance des ETFs hat. Zu Beginn beträgt der Wert des Index-Swap null. Steigt nun der EURO STOXX 50 am nächsten Tag um 10%, der Wert des Aktienkorbes jedoch nur um 5%, so entsteht dem ETF eine Forderung gegenüber dem Swap-Kontrahenten in Höhe der Differenz von 5 Mio. Euro. Der Wert des Swaps steigt auf 5 Mio. Euro. Der Swap-Anteil beträgt somit 4,545%[89] des NAV. Das Fondsvermögen ist, wie auch der EURO STOXX 50, um genau 10% gestiegen. Aus investmentrechtlichen Gründen hat die Rücksetzung des Index-Swap, und damit Auszahlung des Differenzbetrags von 5 Millionen Euro, spätestens dann zu erfolgen, wenn der Swap-Anteil 10% beträgt.[90] Aus Sicht des Anlegers ist ein möglichst häufiger Reset wünschenswert, da mit jeder Rücksetzung das Gegenparteirisiko eliminiert wird. Bei ETFs der Gesellschaft Credit Suisse erfolgt beispielsweise eine tägliche Rückführung des Swap-Risikos auf null. Somit kann das Gegenpartei-Risiko maximal die, innerhalb eines Tages entstehende, Abweichung zum NAV erreichen.[91]

3.4.3 Gefahren der synthetischen Replizierung

Neben den allgemeinen Risiken für Investmentfonds und ETFs offenbaren synthetische ETFs weitere Risiken, die zunächst nicht immer offensichtlich sind. Ein naheliegendes Risiko für unbesicherte Swap-ETFs besteht im Ausfall des Swap-Partners. Dieses Risiko besteht immer dann, wenn der Basiswert seit Eintritt gestiegen ist, und somit der Fonds eine Forderung gegenüber dem Swap-Partner aufweist. Nach UCITS III ist dieses auf max. 10% des Sondervermögens beschränkt. Bei Abschluss der Swaps mit anderen Kreditinstituten beträgt die Schwelle nur 5%. Bei der Analyse dieses Risikos ist die Ausfallwahrscheinlichkeit, sowie die Korrelation zwischen Ausfallwahrscheinlichkeit und Wertentwicklung des Basiswerts, zu betrachten.[92] Die Ausfallwahrscheinlichkeit lässt sich durch eine Diversifizierung über mehrere Swap-Partner reduzieren. Weiterhin könnten hierdurch Anleger von günstigen Wettbewerbspreisen bei den Swap-Vereinbarungen profitieren, da die einzelnen Institute in Konkurrenz treten. Risikomindernd ist auch die Kreditbesicherung der Swap-Vereinbarung zu bewerten, da hier die Investmentbanken Sicherheiten zur Besicherung der Swap-Forderung hinterlegen müssen.[93] Es ist häufig zu beobachten, dass Banken ETFs über Tochtergesellschaften anbieten und gleichzeitig als Partner der Swap-Vereinbarung auftreten, was zu bedenklichen Interessenskonflikten führt.[94] Als Beispiel kann die Deutsche Bank AG dienen, die als Swap-Partner für ihre Tochtergesellschaft db x-trackers agiert.[95] In Zeiten von Marktturbulenzen ist es nicht auszuschließen, dass die Indexfonds mit ungeeigneten und illiquiden Wertpapieren bestückt würden, um regulatorisches Eigenkapital zu sparen. So könnte eine Bank in Versuchung geraten, illiquide Wertpapiere ihres Handelsbestands gegen liquide Papiere des ETF-Sondervermögens zu tauschen. Es ist ersichtlich, dass aus dem Widerspruch zwischen illiquiden Wertpapieren im Sondervermögen und der gleichzeitig hohen Liquidität des ETFs ein systemisches Risiko erwachsen kann.[96] Diese Divergenz ist bereits aus der Anlageklasse der offenen Immobilienfonds bekannt und führte teilweise zu einer verlustreichen Abwicklung dieser Produkte.[97] Die dargestellte Situation ist mit einer Bank zu vergleichen, die sich mit täglich fälligen Einlagen finanziert und diese Mittel langfristig investiert.[98] Aus dieser Fristentransformation resultieren Gefahren die im Falle eines Bank Runs[99] systemisch werden können. Durch das schnelle Verkaufen der Wertpapiere am Markt kann eine Panik entstehen, die sich von einem Marktsegment auf weitere Anlageformen überträgt. Die Lösung könnte in einem vorübergehenden Rücknahmestopp liegen, der Zeit zur Liquidierung des Fondsvermögens gibt.[100] Um den Risiken vorzubeugen fordern derzeit die ESMA und weitere Aufsichtsbehörden eine strengere Regulierung bei Exchange Traded Funds. Weiterhin werden höhere Transparenzanforderungen gestellt, so sollen zukünftig die Verkaufsprospekte eine Beschreibung von Geschäftspartnerrisken, Sicherheitennutzung sowie eventuelle Interessenkonflikte im Zusammenhang mit Derivatetransaktionen und Wertpapierleihgeschäften enthalten.

[...]


[1] Vgl. Commerzbank AG (2008): S. 18

[2] Vgl. Götte R. (2010): S. 2

[3] Vgl. Markowitz H. (1990): S. iii

[4] Informationen zu grundsätzlichen Risiken der Fondsanlage finden sich in Etterer, A., Wambach, M. (2008): S. 38 ff.

[5] Ausführungen zur Indexzertifikaten finden sich in Heussinger, R. (2004): S. 178 ff.

[6] Vgl. Etterer, A., Wambach, M. (2008): S. 37

[7] Vgl. Etterer, A., Wambach, M. (2008): S. 16

[8] Vgl. Jordan, M. (2011): S. 80

[9] Vgl. Etterer, A., Wambach, M. (2008): S. 18

[10] Vgl. Markowitz H. M. (1952): S. 77-91

[11] Vgl. Etterer, A., Wambach, M. (2008): S. 18

[12] Vgl. Riess, R. (2011): S. 18 f.

[13] Vgl. o.V. (2012): in: F.A.Z., Nr. 70, 22.03.2012, S. 19

[14] Vgl. Deutsche Börse AG (Hrsg.) (2010): S. 1

[15] Vgl. Deutsche Börse AG (Hrsg.) (2011a): S. 1

[16] Vgl. Schmitz, A. (2012b): in: Börsen-Zeitung, Nr. 103, 31.05.2012, S. 2

[17] Vgl. Green-Tech-Living-Planet-ETF WKN: A1C8QD

[18] Vgl. ETF Magazin (2011a): Ausgabe 3/2011, S. 6

[19] Vgl. ETF Magazin (2012): Ausgabe 1/2012, S. 9

[20] Benchmark bezeichnet einen Vergleichsindex. Für einen deutschen Aktienfonds könnte dies der DAX sein.

[21] Die vom Gesamtmarkt unabhängige Überrendite wird häufig als Alpha bezeichnet

[22] Vgl. Ruh, S. T., (2009): S. 15

[23] Stock Picking bezeichnet die gezielte Auswahl von Einzeltiteln mit überdurchschnittlicher Rendite

[24] Vgl. Etterer, A., Wambach, M. (2008): S. 9

[25] Vgl. Etterer, A., Wambach, M. (2008): S. 7

[26] Vgl. Beck, A., Ritter, A. (2009): S. 43

[27] Vgl. Beck, A., Ritter, A. (2009): S. 43

[28] Vgl. Kommer, G. (2011): S. 18

[29] Beta bezeichnet ein Maß zur Bestimmung des systematischen Marktrisikos. Ein Beta von 1 bedeutet im oben genannten Fall: Die Kursveränderung des Fonds entspricht exakt der Kursveränderung des zugrundeliegenden Vergleichsindex

[30] Vgl. Beck, A., Ritter, A. (2009): S. 46 ff.

[31] Fondsvermögen in Publikumsfonds zum 29.02.2012

[32] Vgl. BVI Bundesverband Investment und Asset Management e.V. (2012): S. 1 ff.

[33] Vgl. ISIN: DE000A0H0785; Der genannte ETF investiert in mittel- bis langfristige westeuropäische Staatsanleihen

[34] Vgl. Kommer, G. (2011): S. 21

[35] Vgl. Etterer, A., Wambach, M. (2008): S. 66

[36] Vgl. Etterer, A., Wambach, M. (2008): S. 8 ff.

[37] Vgl. Götte, R. (2010): S. 10

[38] Performanceindex bezeichnet Indizes, bei denen die gesamten Einnahmen der im Index versammelten Mitglieder berücksichtigt werden.

[39] Vgl. Deutsche Bank AG (Hrsg.) (2012a): S. 4

[40] Cash Drag bezeichnet den negativen Einfluss der Kassenhaltung auf die Fondsperformance

[41] Vgl. Budinsky, R. (2002): S. 184

[42] Vgl. Fehrenbach, A. (2010): in: Börsen-Zeitung, Nr. 195, 09.10.2010, S. B6

[43] Weitereführende Literatur zum Creation/Redemption-Prozess siehe in Etterer A., Wambach, M. (2008): S. 47 ff.

[44] Vgl. Deutsche Börse AG (Hrsg.) (2011b): S. 4

[45] Weiterführende Literatur zu Grundanforderungen an Indizes finden sich in Budinsky, R. (2002): S. 232 ff.

[46] Vgl. Deutsche Bank AG (Hrsg.) (2012a): S.5

[47] Vgl. Kühn, U. (2010): S. 30 f.

[48] „Tracking“ bedeutet wörtlich verfolgen, nachführen oder anzielen.

[49] Vgl. Schmitz, A. (2012a): in: Börsen-Zeitung, Nr. 79, 24.04.2012, S. 8

[50] Vgl. Götte, R. (2010): S. 150

[51] Financial Times Stock Exchange 100: Index, der die Entwicklung der britischen Aktienkurse der 100 größten und umsatzstärksten Unternehmen an der London Stock Exchange widerspiegelt.

[52] Vgl. Budinsky, R. (2002): S. 305

[53] Der MSCI World Index enthält ca. 1.800 Aktien aus 23 sog. entwickelten Ländern

[54] Vgl. Götte, R. (2010): S. 151

[55] Vgl. Kapitel 2.4

[56] Basispunkt bezeichnet eine Zinssatz-Einheit, 100 Basispunkte entsprechen einem Prozentpunkt

[57] Vgl. Kühn, U. (2012): S. 13

[58] Vgl. Götte, R. (2010): S. 164 f.

[59] Vgl. Johnning, L., Henrich, P., Becker, M. (2011): S. 206

[60] Vgl. Bee, P. (2011): in: Bilanz, Nr. 21, 18.11.2011, S. 96

[61] Vgl. Schmitz, A. (2012a): in: Börsen-Zeitung, Nr. 79, 24.04.2012, S. 8

[62] Vgl. Kühn, U. (2012): S. 12 f.

[63] Vgl. FSB (Hrsg.) (2011): S. 1 ff.

[64] Vgl. Schmitz, A. (2012a): in: Börsen-Zeitung, Nr. 79, 24.04.2012, S. 8

[65] Vgl. Benzler, M. (2012): in: Börsen-Zeitung, Nr. 83, 28.04.2012, S. 13

[66] Vgl. Dombret, A. (2012): in: Börsen-Zeitung, Nr. 82, 27.04.2012, S. 8

[67] Vgl. Richter T. (2012): in: Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen, Nr. 08, 15.04.2012, S. 366

[68] Als Collateral werden in diesem Zusammenhang die zur Besicherung zugelassenen Wertpapiere bezeichnet

[69] Vgl. Glow, D. (2012): in: Portfolio International, 21.03.2012

[70] Vgl. Budinsky, R. (2002): S. 356 f.

[71] Vgl. zu Tracking Error Kapitel 2.4

[72] Vgl. Götte, R. (2010): S. 151 f.

[73] Vgl. Thiery, R. (2010): S. 7

[74] Vgl. Budinsky, R. (2002): S. 368 f.

[75] Der MSCI Emerging Markets-Index enthält ca. 2700 Einzeltitel aus 21 sog. Emerging Markets-Ländern

[76] Vgl. Fehrenbach, A. (2010): in: Börsen-Zeitung, Nr. 195, 09.10.2010, S. B6

[77] Vgl. Thiery, R. (2010): S. 8

[78] Vgl. Buffet, W. (2003): S. 15

[79] Vgl. Rieger, M. O. (2009): S. 14

[80] Dieser Wertpapierkorb wird in der Literatur häufig als Substitute Basket bezeichnet

[81] Vgl. Deutsche Bank (2012b): S. 138 ff.

[82] Vgl. Klee, D. (2011): in: Börsen-Zeitung, Nr. 54, 18.03.2011, S. B4

[83] Vgl. OGAW-Richtlinie (2009): Art. 52 Abs. 1 Unterabs. 2a OGAW-IV i.V. m. Art. 50 Abs. 1f OGAW-IV

[84] Net Asset Value bezeichnet den Nettoinventarwert eines Fonds

[85] Vgl. ETF Magazin (2011b): Ausgabe 4/2011, S. 28

[86] Vgl. ETF Magazin (2011b): Ausgabe 4/2011, S. 29

[87] Vgl. Seubert, U., Müller, S., Weber, M. (2011): S. 13

[88] Vgl. Seubert, U., Müller, S., Weber, M. (2011): S. 14

[89] Swap-Forderung im Verhältnis zum Nettoinventarwerts

[90] Vgl. Kapitel 3.4.1

[91] Vgl. ETF Magazin (2011b): Ausgabe 4/2011, Seite 30

[92] Vgl. Seubert, U., Müller, S., Weber, M. (2011): S. 14

[93] Vgl. Klee, D. (2011): in: Börsen-Zeitung, Nr. 54, 18.03.2011, S. B4

[94] Vgl. Schmitz, A. (2012a): in: Börsen-Zeitung, Nr. 79, 24.04.2012, S. 8

[95] Vgl. Deutsche Bank AG (2012c): S. 69

[96] Vgl. Seubert, U., Müller, S., Weber, M. (2011): S. 15

[97] Vgl. KanAm Grund KAG mbH (2012): S. 1

[98] Vgl. Seubert, U., Müller, S., Weber, M. (2011): S. 15

[99] Bank Run bezeichnet den Ansturm auf eine Bank, in dem Anleger versuchen zeitnah ihre Einlagen abzuheben.

[100] Vgl. Seubert, U., Müller, S., Weber, M. (2011): S. 15 f.

Ende der Leseprobe aus 29 Seiten

Details

Titel
Synthetische vs. volle Replikation bei Exchange Traded Funds (ETF)
Untertitel
Eine kritische Analyse
Hochschule
Hochschule Aschaffenburg  (Fakultät Wirtschaft und Recht)
Veranstaltung
Finance
Note
1,0
Autor
Jahr
2012
Seiten
29
Katalognummer
V200055
ISBN (eBook)
9783656264279
ISBN (Buch)
9783656264934
Dateigröße
617 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
ETF, Fonds, Asset Management, Synthetisch, Replikation, Exchange Traded Funds, volle Replikation, Sampling
Arbeit zitieren
Thomas Rauch (Autor:in), 2012, Synthetische vs. volle Replikation bei Exchange Traded Funds (ETF), München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/200055

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