Das Konzept des objektivierten Unternehmenswerts nach IDW Standard S1

Eine kritische Analye


Seminararbeit, 2011

23 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einführung
1.1 Problemstellung der Arbeit
1.2 Vorgehensweise der Untersuchung

2 Grundlagen der Unternehmensbewertung
2.1 Begriff des Unternehmenswerts
2.2 Zweckadäquanzprinzip und Funktionslehre
2.3 Anlässe zur Ermittlung eines objektivierten Unternehmenswerts
2.4 Vorgehensweise der Unternehmensbewertung
2.4.1 Der Bewertungsauftrag
2.4.2 Die Vergangenheitsanalyse
2.4.3 Die Ertragsprognose
2.4.4 Bestimmung Diskontierungssatz

3 Der objektivierte Unternehmenswert nach IDW Standard S1
3.1 Der Ansatz des IDW
3.2 Die Unternehmensbewertung nach IDW Standard S1
3.2.1 Wichtige Grundsätze nach IDW Standard S1
3.2.2 Bewertungsverfahren
3.2.3 Berücksichtigung von Steuern
3.2.4 Der Kapitalisierungszinssatz nach IDW

4 Kritische Betrachtung des IDW S1
4.1 Probleme bei der Unternehmensbewertung nach IDW S1
4.2 Theorie versus Praxis

5 Fazit

Literatur- und Quellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einführung

1.1 Problemstellung der Arbeit

Bei vielen betriebswirtschaftlichen Transaktionen ist heute eine Unternehmensbewertung zentraler Bestandteil. Hierbei gelingt es in der Diszi-plin Unternehmensbewertung eine Vielzahl von Einzeldisziplinen zu verbinden. Beispielsweise hat die Unternehmensbewertung in der Theorie und Praxis eine Vielzahl von Berührungspunkten zur klassischen Betriebswirtschaftslehre, Finanzierungs- und Investitionstheorie, sowie zur Steuerlehre. Hier ist es also nicht verwunderlich, dass der Wirtschaftsprüfer in seiner Funktion als Gutachter bei objektivierten Unternehmensbewertungen umfassendes und aktuelles Know-how in einem breiten Spektrum vorhalten muss. Der objektivierte Unternehmenswert soll einen normierten, intersubjektiven Unternehmenswert darstellen, der von Adressaten und Verfahrensbeteiligten des Bewertungsgutachtens nachprüfbar sein soll[1]. Um dies zu gewährleisten hat das Institut der Wirtschaftsprüfer den IDW Standard S1 entwickelt an dem sich die Wirtschaftsprüfer bei der Erstellung eines objektivierten Unternehmenswerts orientieren. Diese Arbeit gibt einen Überblick über die Unternehmensbewertung nach den Vorstellungen des IDW Standard S1 um diese anschließend kritisch zu diskutieren.

1.2 Vorgehensweise der Untersuchung

Einleitend wird auf allgemein gültige Grundlagen der Unternehmensbewertung eingegangen. Hierbei wird der Begriff des Unternehmenswerts, das Zweckadäquanzprinzip, typische Bewertungsanlässe, sowie die Vorgehensweise bei der Unternehmensbewertung dargestellt. Im Kern der Arbeit werden die spezifischen Erfordernisse des Bewertungsstandards IDW S1 aufgezeigt. Im darauf folgenden Kapitel wird dieser Standard kritisch betrachtet und analysiert. Hierbei wird auf die Probleme des IDW S1 sowie die Anwendungsschwierigkeiten in der Praxis eingegangen. Die Arbeit schließt mit einem Fazit zur objektivierten Unternehmensbewertung nach IDW Standard S1.

2 Grundlagen der Unternehmensbewertung

2.1 Begriff des Unternehmenswerts

Zunächst wird im folgenden Kapitel auf die Grundlagen der heutigen modernen Unternehmensbewertung eingegangen. Der Unternehmenswert an sich stellt sich als der subjektive Nutzen, den seine Eigentümer aus ihm ziehen können, dar. Dies können sowohl finanzielle als auch andere Nutzenbestandteile sein[2]. Als Beispiele hierfür können Prestige und Macht dienen. Der objektivierte Unternehmenswert ist dagegen enger definiert. Er ist als Gesamtwert der zukünftigen ausschüttungsfähigen Überschüsse definiert[3]. Hier ist es wichtig, dass diese dem Anteilseigner auch in Form von Konsumpotential zur Verfügung stehen[4]. Der Begriff der Unternehmensbewertung hingegen bezeichnet den Prozess, in dem der Unternehmenswert ermittelt wird. In diesem Zusammenhang wird in der Literatur das Unternehmen als Bewertungsobjekt verstanden und der Anteilseigner häufig als Bewertungssubjekt bezeichnet. Da der Bewertungszweck gemäß dem Zweckadäquanzprinzip das Verfahren der Wertermittlung determiniert, hat vor der Unternehmensbewertung eine Bestimmung des Bewertungszweckes zu erfolgen[5].

2.2 Zweckadäquanzprinzip und Funktionslehre

Unabhängig vom Zweck der Bewertung haben Unternehmen keinen eigenen Wert[6]. Es gibt nicht den einen schlechthin richtigen Unternehmenswert, sondern nur einen zweckadäquaten Wert. Dies bedeutet, dass abhängig vom einzelnen Zweck der Bewertung, durchaus unterschiedliche Unternehmenswerte möglich sind. So wird der maximale Kaufpreis häufig vom minimalen Verkaufspreis eines Unternehmens abweichen, da ansonsten keinerlei Transaktionen stattfinden würden. Um also eine falsche Konzeption des Unternehmenswerts zu verhindern muss zu Beginn ein klarer Zweck der Unternehmensbewertung zugrunde gelegt werden[7]. Weiterhin wird in der Literatur klar nach den Funktionen des Bewertenden unterschieden. Als bewertungsanlassabhängige Hauptfunktionen werden die Beratungsfunktion, Vermittlungsfunktion und Argumentationsfunktion bezeichnet[8]. Die Beratungsfunktion zeichnet sich dadurch aus, dass der Berater ein Maximum als Kaufpreis bzw. ein Minimum als Verkaufspreis ermittelt. Der so ermittelte Grenzpreis oder Entscheidungswert kennzeichnet in Kauf- und Verkaufssituationen den Einigungsbereich der Teilnehmer[9]. Die Beratungsfunktion ist jedoch nicht auf den Kauf oder Verkauf von Unternehmen begrenzt, sondern kommt in der Praxis in vielfältigen Bereichen zur Anwendung. Bei der Vermittlungsfunktion kommt der Unternehmenswert als Schiedsspruchwert zur Geltung. Der Schiedsgutachter soll hier einen fairen Arbitriumwert[10] vorschlagen. Dieser, aus den subjektiven Vorstellungen der Teilnehmer abgeleitete Wert, stellt keinen allgemein gültigen oder objektiven Unternehmenswert dar, vielmehr dient er zum angemessenen Interessenausgleich der Parteien. Als letzte der Hauptfunktionen ist die Argumentationsfunktion zu nennen. Mit Hilfe von überzeugenden Argumenten soll versucht werden, die Verhandlungsposition der einen oder anderen Partei zu stärken. Im Gegensatz zum Entscheidungswert wird der Argumentationswert jedoch der Gegenseite bekannt gemacht und in Verhandlungen mit hoher Überzeugungskraft vertreten[11]. Ziel des Verhandlungsprozesses ist es, das Unternehmen zu einem Preis, möglichst fern der eigenen Konzessionsgrenze und möglichst nahe der vermuteten Konzessionsgrenze der Gegenseite, zu erwerben[12]. Die Hauptfunktionen lassen sich außerdem nach dominierter und nicht dominierter Verhandlungsposition gliedern[13]. Eine nicht dominierte Verhandlungsposition ist immer dann gegeben, wenn eine der beiden Parteien die Verhandlungen ohne weiteres abbrechen kann und sodann den Status quo beibehält. Als Nebenfunktionen werden in der Literatur die Informations-, Steuerbemessungs-, und Vertragsgestaltungsfunktion genannt[14]. Das Institut der Wirtschaftsprüfer hat des Weiteren die Funktion des neutralen Gutachters als typische Berufsaufgabe der Wirtschaftsprüfer herausgearbeitet[15]. Ziel ist es, einen objektivierten Unternehmenswert ohne Berücksichtigung subjektiver Wertschätzungen zu ermitteln[16].

2.3 Anlässe zur Ermittlung eines objektivierten Unternehmenswerts

Da im Abschnitt 2.4 die Vorgehensweise der Unternehmensbewertung aufgezeigt wird, sollen hier zunächst typische Bewertungsanlässe für objektivierte Unternehmenswerte systematisch näher betrachtet werden. Unternehmensbewertungen können sich aus dem Zusammenhang mit unternehmerischen Entscheidungen, aus Gründen der externen Rechnungslegung, aus gesetzlichen Vorschriften, vertraglichen Vereinbarungen oder aus sonstigen Gründen ergeben[17]. Bei Bewertungen aufgrund unternehmerischer Entscheidungen lässt sich der Kauf oder Verkauf von Unternehmen, Börsengänge und MBO nennen. In den genannten Fällen liegt der Schwerpunkt der Bewertung auf der Folgerung eines individuellen Nutzens für den Auftraggeber des Gutachtens. Der Gutachter wird hier nicht als neutraler Ermittler im ursprünglichen Sinne eines objektivierten Unternehmenswerts tätig. Weiterhin können unter Anwendung spezieller Bewertungsstandards für Zwecke der externen Rechnungslegung und aus steuerrechtlichen Gründen Bewertungen erstellt werden. Als Beispiel kann hier die konzerninterne Umstrukturierung dienen[18]. Die Hauptaufgabe des objektivierten Unternehmenswerts liegt jedoch in Bewertungen aufgrund gesetzlicher Vorschriften. Dies kann sich aus dem Abschluss eines Gewinnabführung- oder Beherrschungsvertrages einer Aktiengesellschaft ergeben. Das beherrschte Unternehmen hat gemäß §§ 291, 301 AktG die Gewinne abzuführen. Im Gewinnabführungsvertrag ist für die Aktionäre nach § 304 Abs. 1 Satz 1 AktG ein angemessener Ausgleich vorzusehen[19] oder alternativ eine Abfindung nach § 305 Abs. 2 AktG zu zahlen. Diese Abfindung kann dann in Form von Aktien des beherrschenden Unternehmens oder in Bar erfolgen. In beiden Fällen hat eine objektivierte Unternehmensbewertung vorauszugehen um die Ansprüche der Aktionäre zu sichern. Gleiches ergibt sich bei dem Ausschluss von Minderheitsaktionären, dem Squeeze-out, gemäß den Vorschriften des § 327a AktG[20]. Weiterhin werden objektivierte Unternehmenswerte auch bei der Verschmelzung zweier Gesellschaften notwendig[21]. Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 3 UmwG ist im Verschmelzungsvertrag ein angemessenes Umtauschverhältnis festzulegen. Grundlage für das Umtauschverhältnis müssen die Unternehmenswerte der beiden Gesellschaften sein. Gleiches gilt auch für die Spaltung von Gesellschaften im Sinne des § 126 Abs. 1 Nr. 3 UmwG. Die eben dargestellten Anlässe zu gesetzlichen Bewertungsfällen stellen nur einen Auszug dar[22]. Weitere Fälle der objektivierten Unternehmensbewertung ergeben sich auf vertraglicher Grundlage. Dies gilt insbesondere beim Eintritt oder Austritt von Gesellschaftern[23]. Ein Beispiel ist hier das Ausscheiden eines Gesellschafters gemäß § 723 Abs. 1 Satz 1 BGB bei Personengesellschaften. Durch das Ausscheiden des Gesellschafters wandelt sich sein Anspruch auf das Auseinandersetzungsguthaben in einen Abfindungsanspruch[24]. Nach Literatur und aktueller Rechtsprechung ist dieser Abfindungsanspruch nicht der Liquidationserlös, sondern der Anspruch der im Falle der optimalen Verwertung der Gesellschaft entsteht[25]. Dies kann sich daraus ergeben, was beim Verkauf der Gesellschaft bei Unternehmensfortführung erlöst worden wäre. Der objektivierte Unternehmenswert kommt hier zur Anwendung, da der subjektive Unternehmenswert eines potentiellen Käufers im Abfindungsfall noch nicht antizipiert werden kann[26]. Ein weiteres Beispiel für objektivierte Unternehmenswerte stellen Bewertungen im Rahmen von Fairness Opinions dar. Fairness Opinions sind Stellungnahmen von Gutachtern, welche die Angemessenheit von Transaktionspreisen feststellen[27]. Eine gesetzliche Verpflichtung zur Einholung von Fairness Opinions besteht nicht, allerdings kann im Rahmen der anhaltenden Diskussionen zur Haftung von Vorständen und Aufsichtsräten eine starke Zunahme der Nachfrage festgestellt werden. Seit November 2005 ist die Business Judgement Rule in deutsches Recht über § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG kodifiziert. Demnach liegt keine Pflichtverletzung eines Vorstandsmitglieds vor, wenn auf der Grundlage angemessener Informationen angenommen werden konnte, zum Wohle der Gesellschaft zu handeln[28]. Hier geben Fairness Opinions eine wichtige Hilfestellung.

[...]


[1] Vgl. IDW S1 (2008): Tz. 29

[2] Vgl. IDW (2007), WP-Handbuch 2008 Band II: S. 3

[3] Vgl. Seppelfricke (2007): S. 1 f.

[4] Vgl. Drukarczyk (2003): S. 61

[5] Vgl. Moxter (1983): S. 6

[6] Vgl. Ballwieser (2011): S. 1

[7] Vgl. Moxter (1983): 5 f.

[8] Vgl. Matschke/Brösel (2005): S. 49 ff.

[9] Vgl. Moxter (1983): S. 5

[10] Arbitriumwert bezeichnet jenen Wert, zu dem ein unparteiischer Gutachter die Interessen der Parteien als ausgeglichen ansieht.

[11] Vgl. Peemöller (2005): S. 10 f.

[12] Vgl. Hering, Brösel (2004): S. 940

[13] Vgl. Drukarczyk (2003): S. 122 ff.

[14] Vgl. Peemöller (2005): S. 12 f.

[15] Vgl. IDW S1 (2008): Tz. 12

[16] Vgl. Peemöller (2005): S. 7 ff. sowie Drukarczyk (2003): S. 66 ff.

[17] Vgl. IDW S1 (2008): Tz. 8

[18] Vgl. IDW S1 (2008): Tz. 9, 10

[19] Vgl. Popp (2008): S. 23 ff.

[20] Vgl. Wollny (2010): S. 48 ff.

[21] Vgl. IDW (2002), WP-Handbuch 2002 Band II: S. 245

[22] Eine Zusammenfassung gesetzlicher Bewertungsanlässe findet sich in Wollny (2010): S. 48 f.

[23] Vgl. IDW S1 (2008): Tz. 11

[24] Vgl. Wollny (2010): S. 59

[25] Vgl. Mandl, Rabel (1997): S. 392

[26] Vgl. Wollny (2010): S. 60

[27] Vgl. Essler, Robe, Röder (2008): S. 11 ff.

[28] Vgl. Essler, Robe, Röder (2008): S. 7 f.

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Das Konzept des objektivierten Unternehmenswerts nach IDW Standard S1
Untertitel
Eine kritische Analye
Hochschule
Hochschule Aschaffenburg
Note
1,7
Autor
Jahr
2011
Seiten
23
Katalognummer
V200056
ISBN (eBook)
9783656264262
ISBN (Buch)
9783656265092
Dateigröße
450 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Unternehmensbewertung, IDW, S1, Standard 1, Objektive, Objektivierte
Arbeit zitieren
Thomas Rauch (Autor:in), 2011, Das Konzept des objektivierten Unternehmenswerts nach IDW Standard S1, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/200056

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