Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Die Peacekeeping-Politik der Vereinten Nationen
2.1 Grundsätze und Friedensbegriff derVereinten Nationen
2.2 Kapitel VI der Charta: Friedliche Konfliktlösung
2.3 Kapitel VII der Charta: Zwangsmaßnahmen
2.4 Grundsätze des klassischen Peacekeeping
3. Historischer Hintergrund - vom Sechstage- zum Jom Kippur-Krieg
4. Grundsätze und Leitlinien der UNEF II-Mission und die Peacekeeping- Politik der UN
Resümee
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Die Politik der Friedenssicherung der Vereinten Nationen wurde in ihren Anfängen vor allem durch den ehemaligen Generalsekretär Dag Hammarskjöld (1953-1961) geprägt, er definierte den Begriff des Peacekeeping mit Hilfe der UN-Charta, indem er das Instrument der Friedenssicherung als Mittelweg zwischen der in Kapitel VI festgeschriebenen friedlichen Konfliktlösung und den in Kapitel VII beschriebenen Zwangsmaßnahmen ansiedelte - laut Hammarskjöld fällt Peacekeeping also unter „Kapitel VI der Charta. Vor allem in Zeiten des Kalten Krieges fand er hierdurch einen Weg, die Unstimmigkeiten innerhalb des Sicherheitsrates - vor allem zwischen den ständigen Mitgliedern USA und UdSSR - weitestgehend zu umgehen, indem er friedensstiftende Einsätze der UN auf freiwilliger Basis initiierte.1
Diese Arbeit beschäftigt sich mit der Form dieser klassischen Peacekeeping-Missionen und versucht deren Grundsätze und Leitlinien anhand der UNEF II-Mission, die von 1973-1979 den Frieden zwischen Israel und Ägypten sichern sollte, aufzuzeigen.2
Insbesondere soll der Fragestellung nachgegangen werden, inwiefern die von Kurt Waldheim 1973 formulierten Grundsätze und Leitlinien der United Nations Emergency Force denen des klassischen Peacekeeping entsprechen. Somit soll aufgezeigt werden, dass der UNEF II-Einsatz als Exempel für die klassischen friedenssichernden UNEinsätze gelten kann.
Zunächst werden hierzu die allgemeinen Grundsätze der UN und ihr Friedensbegriff aufgegriffen, um die in Kapitel VI und VII der Charta aufgeführten Mittel zur Konfliktbeilegung im Folgenden erläutern zu können. Auf dieser Basis werden die Grundsätze der klassischen Peacekeeping-Operationen dargelegt. Als Grundlage für die in Kapitel 4 anschließenden Überlegungen zu UNEF II, werden anschließend die historischen Hintergründe - der Sechstage- und Jom Kippur-Krieg - als Auslöser für den UN-Einsatz geschildert. Abschließend folgt die Auseinandersetzung mit den von Waldheim formulierten Vorgaben für UNEF II, bei der diese an den Leitlinien des klassischen Peacekeeping gemessen und bewertet werden.
Als Grundlage für meine Arbeit stütze ich mich vor allem auf die entsprechenden Dokumente und Veröffentlichungen der Vereinten Nationen, um mögliche Wertungen der Sekundärliteratur zu umgehen.
2. Die Peacekeeping-Politik der Vereinten Nationen
2.1 Grundsätze und Friedensbegriff der Vereinten Nationen
Oberstes Ziel der Vereinten Nationen ist die Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit.
, den Weltfrieden und die internationale Sicherheit zu wahren und zu diesem Zweck wirksame Kollektivmaßnahmen zu treffen, um Bedrohungen des Friedens zu verhüten und zu beseitigen, Angriffshandlungen und andere Friedensbrüche zu unterdrücken und internationale Streitigkeiten oder Situationen, die zu einem Friedensbruch führen könnten, durch friedliche Mittel nach den Grundsätzen der Gerechtigkeit und des Völkerrechts zu bereinigen oder beizulegen “3
Der Begriff „Frieden“ findet in der UN-Charta jedoch keine Definition. Im Gegensatz zum Friedensbegriff des klassischen Völkerrechts, der diesen als bloße Abwesenheit von Krieg versteht, geht das Verständnis von „Frieden“ bei den Vereinten Nationen darüber hinaus und
,, befürwortet eine umfassende Friedensvorstellung im Sinne eines globalen, dynamischen Prozesses, an dessen Ende soziale Gerechtigkeit, die Respektierung der Menschenrechte und gutnachbarliche Beziehungen zwischen allen Ländern gewährleistet sind“4. 5
Im Hinblick auf die Friedenspolitik der Vereinten Nationen sind zunächst die in Kapitel I, Artikel 2 festgeschriebenen Grundsätze der Vereinten Nationen und ihrer Mitglieder zu beachten, von denen drei in direktem Zusammenhang zu den Friedenssicherungsmissionen der UN stehen:
- Die Pflicht zur friedlichen Streitbeilegung
- Das allgemeine Verbot der Androhung und Anwendung von Gewalt
- Das Interventionsverbot6
Die Mitglieder gehen die Verpflichtung ein, internationale Streitigkeiten friedlich beizulegen, um den Weltfrieden zu wahren. Unmittelbar daraus folgt das Gewaltverbot, welches jeden Staat verpflichtet, in zwischenstaatlichen Beziehungen weder mit militärischer Gewalt zu drohen, noch diese anzuwenden.
Dieses wird in zwei Ausnahmen eingeschränkt: im Falle der kollektiven oder individuellen Selbstverteidigung7 (bis der Sicherheitsrat sich mit dem Konflikt befasst und entsprechende Maßnahmen einleitet) und im Rahmen von vom Sicherheitsrat beschlos- sener militärischer Zwangsmaßnahmen8. Das Gewaltmonopol liegt somit beim UN- Sicherheitsrat.9
Das Nichtinterventionsprinzip besagt, dass eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten souveräner Staaten nicht gestattet ist. Somit fallen innerstaatliche Konflikte und Menschenrechtsverletzungen nicht in den Zuständigkeitsbereich der Vereinten Nationen. Kollektive Zwangsmaßnahmen nach Kapitel VII der Charta werden vom Interven- tionsverbotjedoch nicht berührt.10
2.2 Kapitel VI der Charta: Friedliche Konfliktlösung
Kapitel VI enthält in erster Linie Handlungsanweisungen für die Konfliktparteien, um Streitigkeiten gewaltfrei zu bereinigen. Hierzu gehören: „Verhandlung, Vermittlung, Untersuchung, Vergleich, Schiedsspruch, Gerichtsentscheidung, Inanspruchnahme regionaler Einrichtungen oder Abmachungen“11.
Der Sicherheitsrat hat lediglich eine vermittelnde Funktion, er kann zwar Situationen, die seinem Ermessen nach den Weltfrieden bedrohen, untersuchen und Empfehlungen zur Konfliktlösung aussprechen, doch haben diese keinen rechtlich bindenden Charakter.12
Damit die in Kapitel VI beschriebenen Maßnahmen greifen können, muss ein hohes Maß an Einigkeit, sowohl zwischen den Konfliktparteien untereinander und zwischen diesen und der UN als auch innerhalb des Sicherheitsrates bestehen. In Zeiten des Kalten Krieges war dieser Konsens selten zu finden und eine praktische Umsetzung wurde oftmals durch Unstimmigkeiten zwischen den Großmächten im Sicherheitsrat blockiert.13
[...]
1 UNRIC (Hrsg.): UNRIC-Hintergrundinformation. 60 Jahre Friedenssicherung der Vereinten Nationen, online im Internet http://www.unric.org/de/pressemitteilungen/17474-60-jahre-friedenssicherang-der-vereinten-nationen- hintergrundinformation, 27.04.2008, [zugegriffenam: 27.04.2012].
2 Hierbei konzentriere ich mich auf die von Kurt Waldheim formulierten Vorgaben für UNEF II. Eine detaillierte Analyse des Verlaufes der Mission würde die Grenzen dieser Arbeit sprengen.
3 UNRIC: Charta der Vereinten Nationen, online im Internet <.org/depts/german/un_charta/charta.pdf> [zugegriffen am: 27.04.2012], Kap. I, Art. 1. [Im Folgenden zitiert als: UN-Charta].
4 Auswärtiges Amt: ABC der Vereinten Nationen. Edition Diplomatie, hg. Von Günther Unser, 7. Auflage, Berlin 2011, S. 57. [Im Folgenden zitiert als: ABC VN].
5 Vgl. ABC VN, S. 57.
6 Vgl. UN-Charta, Kap I, Art. 2
7 Vgl. UN-Charta, Kap. VII, Art.51.
8 Vgl. ebd., Kap. VII, Art. 42.
9 Vgl. Hansen, Wibke: Konfliktregelung und Friedenssicherung I. Die Vereinten Nationen; in: Rinke, Bernhard/ Woyke, Wichard (Hrsg.): Frieden und Sicherheit im 21. Jahrhundert. Eine Einführung, Opladen 2004, S. 129.
10 Vgl. ebd. S. 131.
11 Hildenbrand, Jan Christian: Zur Krisenreaktionsfähigkeit der Friedenstruppen der VN. Notwendigkeiten, Konzepte und Perspektiven der Verbesserung, (Schriftenreihe des Instituts für Wehrrecht der Universität der Bundeswehr München: Sicherheit und Recht, Band 10), Baden-Baden 2001. [Im Folgenden zitiert als: Hildenbrand: Krisenreaktionsfähigkeit der VN].
12 Vgl. UN-Charta, Kapitel VI.
13 Vgl. ABC VN, S. 61f.
- Arbeit zitieren
- Jule Ebbing (Autor), 2012, Die klassische Peacekeeping-Politik der Vereinten Nationen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/200352
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