Gesellschaftliche Individualisierung und Pluralisierung der Formen familialen Zusammenlebens


Hausarbeit, 2012

17 Seiten, Note: 2,0

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I. Einleitung

II. Darstellung
1. Vorgehensweise
2. Definitionen
2.1 Individualisierung
2.2 Familie
2.3 Lebensform
3. Thematische Relevanz
4. Ursprung der Individualisierungsthematik
5. Die Individualisierungsthese von ULRICH BECK
6. Pluralisierung von Lebensformen
7. Empirischer Forschungsstand

III. Fazit

Literaturverzeichnis

I. Einleitung

In unserer heutigen Lebenswelt existieren die verschiedensten Lebensarten, Lebenslagen, Lebensstile und entsprechend unterschiedliche familialen Konstellationen. Diese werden durch die Umstände des modernen Alltags sowie durch unterschiedliche kulturelle Einflüsse und individuelle Mentalitäten hervorgebracht. Besonders in urbanen Räumen wird dieses Phänomen sichtbar. Die Metropolen der westlichen Welt beherbergen unzählige verschiedene Planungs- und Gestaltungsweisen des alltäglichen Lebens. Die auf engstem Raum nebeneinander lebenden Individuen sind voneinander so verschieden wie nie zuvor. Die Veränderungen der Gesellschaftsstruktur und Tendenzen hin zu immer einzigartigeren Lebensläufen betrifft das Leben jedes Einzelnen, der nach einer eigenständigen und unabhängigen Lebensführung strebt. Dieses Lebensziel der Selbstbestimmtheit und Selbstverwirklichung scheint heute charakteristisch für erwachsene, in der westlichen Welt lebende Individuen.

In den Alltagsmedien und in der wissenschaftlichen Diskussion wird häufig von einer gesellschaftlichen Individualisierung als einer Ursache der in den letzten Jahrzehnten beobachtbaren Veränderungen gesprochen. Vielfach werden „neue“ Formen der privaten Lebensgestaltung als Folge des Bedeutungsverlusts von Familienleben und Ehe dargestellt. Begriffe wie „Patchworkfamilie“, „wilde Ehe“ und „Lebensabschnittsgefährte“, die in der alltäglichen medialen Berichterstattung nahezu überall auftauchen, haben sich in unserem Wortschatz und Gedankengut etabliert und verdeutlichen, dass sich das private Zusammenleben der Menschen in seinen Ausgestaltungsweisen verändert hat und dass neue familiale Lebensformen an Bedeutung gewinnen.

Dieser zu beobachtende Strukturwandel der Familie wird in der Familiensoziologie hauptsächlich mit der Individualisierungstheorie zu erklären versucht (PEUCKERT 2008: 326). Die Vertreter der Individualisierungstheorie thematisieren die Veränderungen und führen sie im Kern auf den Prozess der zunehmenden Selbstbestimmung des Lebens und der dadurch veränderten Rahmenbedingungen des Familien- und Alltagslebens der Individuen zurück. Da die Familie das Kernelement des Bestehens unserer Gesellschaft darstellt ist sie besonders von den neuen Tendenzen der Lebensführung der Individuen betroffen und wird durch diese in ihren Formen modifiziert. Inwieweit die Individualisierungsthese die gesamtgesellschaftlichen Veränderungen des privaten Zusammenlebens der Menschen erklären kann, soll in dieser Arbeit beleuch- tet werden. Die These der Pluralisierung der Lebensformen als Kernelement der Individualisierungstheorie soll zusammenfassend erklärt werden um dann die empirischen Ergebnisse zu dieser Annahme mit den theoretischen Überlegungen zu vergleichen um die Erklärungskraft der Individualisierungstheorie für das Phänomen des familialen Strukturwandels einschätzen zu können.

II. Darstellung

1. Vorgehensweise

Die vorliegende Arbeit ist wie folgt gegliedert. Zunächst werden die Kernbegriffe der Thematik definiert und die Relevanz der Auseinandersetzung mit dem Thema der Arbeit erläutert. Im Folgenden wird auf den Ursprung der Individualisierungsthematik und die Kernaussagen der Individualisierungsthese nach deren Hauptvertreter ULRICH BECK eingegangen. Die These der Pluralisierung der familialen Lebensformen wird anschließend beschrieben. Darauf folgend werden die Ergebnisse einiger empirischer Studien zum diskutierten Zusammenhang dargestellt und mit den getroffenen theoretischen Annahmen verglichen. Die Belegbarkeit der vermuteten Zusammenhänge mit realen Daten wird so exemplarisch überprüft. Zum Abschluss wird resümiert wie entscheidend der Einfluss der gesellschaftlichen Individualisierung auf das familiale Leben ist und ob die Individualisierungsthese von BECK Erklärungskraft für das Phänomen besitzt. Alles erfolgt in Bezug auf die Entwicklungen in Deutschland in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

2. Definitionen

2.1 Individualisierung

Individualisierung wird als „Bezeichnung für den neuzeitl.-abendländischen Veränderungsprozess, in dessen Verlauf sich bei einer wachsenden Zahl von Menschen institutionelle Bindungen aufgelockert haben und sich zugleich eine verstärkte Ausrichtung des Denkens und Handelns an der eigenen Person und Lebensgestaltung ergeben hat“

(HILLMANN 2007: 363) definiert. Hiermit ist im Kern ein Übergang von der Fremd- zur Selbstbestimmtheit gemeint.

2.2 Familie

Die Familie wird als „bedeutsamste und verbreitetste Form der soziale Gruppe“ (HILLMANN 2007: 215) definiert. In ihr leben „mindestens zwei Generationen in einer (Primär-)Gruppe“ (HILLMANN 2007: 215) zusammen. Dies ist allerdings nur eine von vielen Definitionen. Zahlreiche Autoren und Publikationen verwenden auch teilweise stark abweichende Begriffsbestimmungen. Eine Definition, die Familie und Haushalt als zwei verschiedene Elemente gesellschaftlichen Lebens betrachtet und damit passend ist für die Analyse der Individualisierungs- und Pluralisierungsthese liefert PEUCKERT (2008: 25.) Eine sozio-biologische Einheit aus Personen mit engen Verwandtschaftsbeziehungen - meist Eltern und deren Kind(er) - bezeichnet er als Familie. Die Personen müssen dabei nicht an einem Ort zusammen leben. Er unterscheidet die Familie vom Haushalt, der eine sozio-ökonomische Einheit darstellt in der mehrere Personen gemeinsam wohnen und wirtschaften, die nicht zwangsläufig verwandt sein müssen (PEUCKERT 2008: 24).

2.3 Lebensform

Unter Lebensformen sind „’die relativ beständigen Konstellationen zu verstehen, in denen Menschen im Alltag mit den ihnen am nächsten stehenden Mitmenschen zusammen leben’“ (HRADIL 2004: 87, zit. n. PEUCKERT 2008: 23). Da nicht unbedingt Verwandtschaftsbeziehungen zwischen den zusammen lebenden Personen bestehen müssen, wird zwischen familialen und nicht-familialen Lebensformen unterschieden.

3. Thematische Relevanz

Das womöglich schwerwiegendste gesellschaftliche Problem, dem wir uns heute gegenüber sehen und das den aktuellen politischen Diskurs auf allen Ebenen beeinflusst - der durch den starken Geburtenrückgang bedingte demographische Wandel - basiert zu einem entscheidenden Teil auf den Veränderungen der Strukturen familialen Zusammenlebens in unser heutigen Gesellschaft. Dieser Fakt ist ein wichtiger Grund für die Ergründung der Ursachen und des Ausmaßes dieser Veränderungen. Nur bei Kenntnis der Hintergründe des Phänomens des familialen Strukturwandels können auch weitere Probleme und Thematiken, wie die politisch verfassten Regelungen der Kinderbetreuung, die berufstätige Eltern unterstützen sollen, um nur ein Beispiel zu nennen, bewältigt werden. Man könnte etliche weitere Problemstellungen beschreiben, die von den Veränderungen der letzten Jahrzehnte beeinflusst bzw. bedingt werden und verdeutlichen, dass die Auseinandersetzung mit dem familialen Strukturwandel nicht nur ein soziologisch und sozialwissenschaftlich relevantes Thema ist. Für Politik und Ökonomie ist es ebenfalls wesentlich, die Ursachen dieses Phänomens zu ergründen und seine Facetten zu kennen, da es auch entscheidenden Einfluss auf politische und ökonomische Prozesse ausübt.

4. Ursprung der Individualisierungsthematik

Die Beschäftigung mit der Individualisierungsthese ist kein neues Phänomen, wenn man Individualisierung auf „die Art des Eingebundenseins des einzelnen Menschen in die ihn umgebende Umwelt“ (KIPPELE 1998: 11) bezieht. Denn mit diesem Zusammenhang von Individuum und Gesellschaft beschäftigt sich Wissenschaft seit dem Gesellschaft als Ganzheit wahrgenommen wird. In der Soziologie hat die Individualisierungsthematik seit den 1980er Jahren Konjunktur, da sie nun als entscheidender gesamtgesellschaftlicher Veränderungsprozess wahrgenommen wird (KIPPELE 1998: 11), der mit dem Strukturwandel von der Industriegesellschaft hin zu einer wissensbasierten Dienstleistungsgesellschaft zusammenhängt (BERTRAM 2010: 19).

In der heutigen Forschungsdebatte zum Thema Individualisierung ist Ulrich BECK der zentrale Autor. Seine Arbeiten waren es in erster Linie, die das Label „Individualisierung“ populär gemacht haben und knüpfen an frühe individualisierungstheoretische Überlegungen soziologischer Denker wie DURKHEIM, SIMMEL und WEBER an. Sie verbanden mit Individualisierung den Freisetzungsprozess des Individuums aus klassischen Handlungsstrukturen (PEUCKERT 2008: 326). Der Begriff „Individualisierung“ wurde erstmals von GEORG SIMMEL verwendet (KIPPELE 1998: 63). Er verstand darunter eine Lockerung der traditionalen Bindungen der Individuen und dadurch einen Hinzugewinn an Selbstverantwortung. Dadurch ist ein voneinander unabhängigeres Leben möglich und die Beziehungen der Menschen werden spezifischer und vielgestaltiger (KIPPELE 1998: 82).

[...]

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Gesellschaftliche Individualisierung und Pluralisierung der Formen familialen Zusammenlebens
Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz  (Institut für Soziologie)
Note
2,0
Jahr
2012
Seiten
17
Katalognummer
V200557
ISBN (eBook)
9783656266259
Dateigröße
386 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Schlagworte
gesellschaftliche, individualisierung, pluralisierung, formen, zusammenlebens
Arbeit zitieren
Anonym, 2012, Gesellschaftliche Individualisierung und Pluralisierung der Formen familialen Zusammenlebens, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/200557

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