Strategische Kommunikation in Konrad von Würzburgs „Der Welt Lohn“

Die Wertevermittlung: christliche Werte, triuwe und Loyalität


Seminararbeit, 2012

12 Seiten


Leseprobe


Inhalt

I. Einleitung

II triuwe und Loyalität als Grundsteine des sozialen Geflechts

III. Theologische Wertevermittlung in Der Welt Lohn

IV. triuwe und Loyalität in Der Welt Lohn

V. Fazit

VI. Literaturverzeichnis

I. Einleitung

Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die strategische Kommunikation innerhalb der Literatur des Mittelalters zu analysieren.

Aufgrund der Tatsache, dass sämtliche Werke des Mittelalters Auftragsarbeiten von Gönnern waren, liegt es nahe zu vermuten, dass mit der tradierten Literatur auch eine strategische Aufmerksamkeitslenkung der Zuhörerschaft intendiert war. Des Weite­ren spricht hierfür ebenso der Aspekt, dass viele Stoffe in verschiedenen Sprachen überliefert wurden. Zahlreiche Werke dieser Zeit hatten eine Vorlage, sodass die An­nahme der Existenz einer strategischen Kommunikationsintention durchaus sinnvoll erscheint.

Das gewählte Thema ergab sich aus der Beobachtung der marginalen Bedeutung des Gottesglaubens im Mittelalter und der Präsenz des Motivs des comptemtus mundi in der Literatur dieser Epoche. Als Untersuchungsgegenstand wird zu diesem Analyse­zweck ein Werk aus der Kleinepik Konrads von Würzburg herangezogen - das Werk „Der Welt Lohn“. Dieses soll unter dem Gesichtspunkt einer möglichen strategischen Kommunikation im Rahmen theologischer Wertevermittlung genauer in Augen­schein genommen werden. Mit der Standesdichtung aus dem Spätmittelalter wurde oftmals das höfische Gesellschaftsideal transportiert. Daher wird im späteren Verlauf dieser Arbeit auf ausgewählte Aspekte dieses Gesellschaftsideals eingegangen.

Um die Frage, welche strategische Kommunikation im Werk enthalten ist, und wel­ches Ziel diese verfolgt, möglichst umfassend und differenziert beantworten können, werde ich zunächst die Relevanz von triuwe und Loyalität als maßgebliche gesell­schaftliche Werte innerhalb des Tugendsystems anführen. In einem nächsten Schritt folgen einige Teilaspekte aus der Apostelgeschichte, dem Markus- sowie Matthäus­Evangelium, um anhand dieser und ausgewählter Textpassagen aus „Der Welt Lohn“ auf die kirchlich und schließlich auf die gesellschaftlich motivierte Wertevermittlung einzugehen.

II. triuwe und Loyalität als Grundsteine des sozialen Geflechts

Der Begriff der triuwe umfasst ein recht breites Bedeutungsspektrum. Mit dem Le­xem triuwe wird sowohl die Treue gegenüber den Freunden, dem Ehepartner als auch die Treue gegenüber dem Herrscher und vor allem jene gegenüber Gott be­zeichnet. Darüber hinaus ist das Vertrauen auf Gott, aber auch die feudalrechtliche Treue, d.h. die Vasallentreue mit dem Lexem triuwe abgedeckt. Die triuwe ist eine ehrenwerte Tugend und sogar eine moralische Verpflichtung, die zu Lebzeiten einer anderen Person gegenüber eingegangen wird. Dieser Schwur wird mit einem Eid besiegelt. Bei Konflikten und Kriegen war man auf diese gegenseitige Verpflichtung angewiesen und zum sogenannten dienest verpflichtet.

Das Versprechen der triuwe impliziert „Zuverlässigkeit, Wahrheit, Aufrich­tigkeit, Vertrauen, Zuversicht“ und „Hilfe“. Die Treue als ein vertragliches Verhältnis auf Gegenseitigkeit ist konstitutiv sowohl für das germ. Gefolg- schafts- als auch für das mittelalterliche Lehenswesen. Sie verpflichtet zur Unterlassung aller Handlungen, die zum Nachteil von Herrn und Mann aus­schlagen könnten. Der feudalrechtliche Begriff der Herrentreue wird übertra­gen auf das Verhältnis zwischen Mensch und Gott sowie auf das zwischen Frau und Mann, und zwar sowohl in der Ehe als auch in der Minne ([Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]stæte).1

Wie sich aus dem oben angeführten Zitat eruieren lässt, bildeten im Mittelalter triuwe und Loyalität die Grundsteine für das soziale Geflecht, ohne die das Gesamtkonstrukt der Feudalgesellschaft in sich zusammengefallen wäre.

Die häufige Präsenz dieser Thematik in der Literatur des Mittelalters zeigt, dass genaujene Werte in die Zuhörerschaft transportiert werden sollten.

Ich konzentriere mich in meinen folgenden Ausführungen auf triuwe mit der neu­hochdeutschen Bedeutung „Treue“ im Bezug auf die religiöse Treue sowie auf die, aus dem dienest resultierende Verpflichtung innerhalb eines gesellschaftlichen Sys­tems.

III. Theologische Wertevermittlung in Der WeltLohn

Das Werk „Der Welt Lohn“ ist ca. zwischen 1250 und 1280, zu einer Zeit, in der die Contemptus-Literatur weit verbreitet war, entstanden.

Der Titel des Werks lässt nur bedingt auf eine moralische Intention schließen. Das Lexem „Lohn“ bzw. „lôn“ kann neuhochdeutsch sowohl „Lohn“, „Belohnung“, „Dank“, „Bezahlung“ als auch „Vergeltung“ bedeuten2. Der Titel selbst bildet zum Verlauf der Erzählung eine Divergenz, da hier dem Streben nach allem Weltlichen entsagt wird. Die moralische Intention des Werks wird bereits im Prolog angedeutet und bildet demnach einen starken Kontrast zum Titel:

Ir werlte minnære, vernement disiu mære, wie einem ritter gelanc der näch der werlte lône ranc3

Der Autor positioniert sich mit den Worten „Ir werlte minnære“ deutlich außerhalb der Zuhörerschaft. Der Autor selbst gehört infolgedessen nicht zu dem direkt angesprochenen Publikum, das er als „werlte minnære“ bezeichnet und stellt sich gegenüber der Zuhörerschaft als überlegen dar. Ebenfalls erkennt man im vorstehenden Abschnitt einen mahnenden Charakter bei der Formulierung „wie einem ritter gelanc / der näch der werlte lône ranc“. Er belehrt somit den Zuhörer und bedient sich hierfür seines Wissens und seines Erfahrungsreichtums. Ferner muss angeführt werden, dass dieser Auszug ein sehr umfassendes Interpretationsspektrum bietet. Abgesehen von der moralischen Intention und dem mahnenden Charakter könnte man diesen überdies als eine Art fiktionalen Paratext bezeichnen, da der Zuhörer an den Stoff der folgenden Geschichte kurz herangeführt wird. Somit ließen sich hier desgleichen plausible Argumente für eine Prolepse innerhalb dieses Prologs finden.

sô rehte minneclichez kint von wîbes brüsten nie geslouf. ich spriche daz ûf mînen touf, daz si noch verre schœner was dan Vénus oder Pallas und alle die gotinne die wîlen phlâgen minne.4

Der Autor spricht die Schönheit des „minneclichez kint“ an und untermauert seine Glaubwürdigkeit, in dem er auf die kirchliche Taufe schwört.

Der Schwur auf die Taufe ist überaus ein starker Schwur, da durch die Taufe die Aufnahme in die Kirche Christi, Befreiung von der Erbsünde und die Begabung mit dem Heiligen Geist bewirkt wurde. Über die Bedeutung der Taufe lassen sich u.a. folgende Zitate in der Bibel finden:,,[.. .]Amen, amen, ich sage dir: Wenn jemand nicht aus Wasser und Geist geboren wird, kann er nicht in das Reich Gottes kommen.“ (Evangelium nach Johannes 3, 5), und „Und nun, was zögerst du? Steh auf und rufe seinen Namen an und lass dich taufen und deine Sünden abwaschen.“ (Apostelgeschichte 22, 16).

Um seinen Bildungsstand aufzuzeigen, nennt er im weiteren Verlauf die römische Göttin der Liebe, des erotischen Verlangens und der Schönheit „Vénus“ sowie „Pal­las“, die griechische Göttin der Weisheit.

Direkt auf diesem Abschnitt folgt eine Charakterisierung der Frau Welt mit einem Vergleich, der durchaus eine Analogie zum Göttlichen aufweist:

ir antlütz unde ir varwe diu wären beidiu garwe durliuhtec als ein spiegellîn. ir schœne gap sô liehten schîn und alsô wünneclichen glast daz der selbe palast von ir lîbe erliuhtet wart.5

Die Wendungen „garwe“ und „liehte schîn“ und „wünneclichen glast“ sind göttliche Eigenschaften, die im oben genannten Textausschnitt auf die Schönheit der Frau Welt als Geschöpf Gottes umgemünzt werden. Fernerhin steht bei den Versen „der selbe palast von ir lîbe erliuhtet wart“ aufgrund der göttlichen Handlung des Erleuchtens der christliche Glaube im Vordergrund.

[...]


1 Weddige, Hilkert: Mittelhochdeutsch. EineEinführung. 8., durchg. Aufl.. C.H. Beck. München. 2008. S. 129.

2 Vgl. Henning, Beate: Kleines Mittelhochdeutsches Wörterbuch. 5., durchgesehene Aufl. Max NiemeyerVerlag. Tübingen. 2007. S. 208.

3 Konrad von Würzburg: Der WeltLohn. Vers 1-4.

4 Konrad von Würzburg: Der WeltLohn. Vers 72-76.

5 Ebd. Vers 77-83.

Ende der Leseprobe aus 12 Seiten

Details

Titel
Strategische Kommunikation in Konrad von Würzburgs „Der Welt Lohn“
Untertitel
Die Wertevermittlung: christliche Werte, triuwe und Loyalität
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München
Autor
Jahr
2012
Seiten
12
Katalognummer
V200635
ISBN (eBook)
9783656267348
ISBN (Buch)
9783656268246
Dateigröße
421 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
loyalität, truiwe, christliche werte, bibel, konrad von würzburg, wertevermittlung, mittelalter, gesellschaft, tugendsystem
Arbeit zitieren
Clotilde Bry-Chemarin (Autor:in), 2012, Strategische Kommunikation in Konrad von Würzburgs „Der Welt Lohn“, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/200635

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