Hartmann von Aue nimmt unter den Dichtern des 12. Jahrhunderts mit Sicherheit eine Sonderstellung ein. Als „gebildeter Ritter“ bewegte er sich zwischen der klerikalen und weltlichen Sphäre, die in ihrem Wechselspiel die mittelalterliche Gesellschaft prägten. Während einerseits davon auszugehen ist, dass er eine Klosterschule besucht hat, und dadurch mit christlichen Werten und spirituellen Texten in Kontakt kam, so bezeichnet er sich andererseits im Armen Heinrich selbst als dienestman, wodurch eine Tätigkeit als Ministerialer im Dienst eines größeren Adelsgeschlechts anzunehmen ist. Alleine dieser Kontext macht eine Betrachtung seiner Werke schon interessant, wenn doch im Mittelalter die Abfassung von Texten hauptsächlich Aufgabe von Klerikern war. Vielleicht noch wichtiger für die literaturwissenschaftliche Aufarbeitung des Stoffes ist aber die Debatte über Elemente von „Fiktionalität“ und „Historizität“ in Artusromanen, die Walter Haug angestoßen hat, und die auch Schwerpunkt dieser Arbeit sein soll. Geschichtswissenschaftliche Darstellungen des Rittertums im Hochmittelalter, wie etwa die Arbeiten von Josef Fleckenstein, haben gezeigt, dass Ritterlichkeit in dieser Zeit nicht immer so ausgesehen hat wie es uns in mittelalterlichen Romanen präsentiert wird. Unser Bild vom Mittelalter ist womöglich in vielen Punkten idealisiert, in manchen schlichtweg falsch, und dennoch gibt es einige Aspekte in der mittelalterlichen Literatur, die mit der historischen Wirklichkeit im Einklang sind. Offensichtlich ist es nicht einfach, die Grenze zwischen Fiktionalität und Historizität zu ziehen, aber die Beschäftigung mit diesen Fragen ist von zentraler Bedeutung; gerade weil unser Verständnis vom Rittertum im Mittelalter an gewissen Stellen der Korrektur bedarf.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Ritterliche Tugenden im Iwein
- Das Zusammenspiel von Ideal und Wirklichkeit
- âventiure contra Grundherrschaft
- Die Regeln des ritterlichen Zweikampfs
- Abschlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit dem Ritterideal, wie es Hartmann von Aue in seinem Epos "Iwein" darstellt, und analysiert dieses im Kontext der historischen Wirklichkeit. Sie untersucht, welche literarischen Aspekte tatsächlich existierende Tugenden und Regeln der mittelalterlichen Rittergemeinschaft widerspiegeln und welche aus anderen Beweggründen thematisiert werden.
- Analyse des im "Iwein" dargestellten Ritterbildes
- Untersuchung des Zusammenspiels von literarischer Präsentation und historischer Wirklichkeit
- Bewertung der idealisierten und realistischen Elemente des Rittertums im Hochmittelalter
- Beantwortung der Frage, welches Ritterbild Hartmann im "Iwein" propagiert und inwieweit dieses als historisch zutreffend bezeichnet werden kann
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 2 analysiert die im "Iwein" dargestellten ritterlichen Tugenden, die in einem umfassenden Ritterbild zusammengeführt werden. Kapitel 3 untersucht kritisch das im "Iwein" präsentierte Ritterbild und analysiert das Zusammenspiel von idealisierten und historischen Merkmalen des mittelalterlichen Ritters. Hierbei werden die "âventiure", die Grundherrschaft und die Regeln des ritterlichen Zweikampfs im Kontext der historischen Wirklichkeit betrachtet.
Schlüsselwörter
Ritterideal, Hartmann von Aue, Iwein, mittelalterliches Rittertum, ritterliche Tugenden, âventiure, Grundherrschaft, Zweikampf, historische Wirklichkeit, Fiktionalität, Historizität, literarische Präsentation.
- Quote paper
- Lars Roll (Author), 2012, Das Ritterideal in Hartmanns "Iwein", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/200821