Nach den radikalisierenden Materialschlachten des Ersten Weltkrieges begann die auswärtige Kulturpolitik in Deutschland allmählich wieder an Bedeutung zu gewinnen. Nur war die Karikatur des „träumerischen deutschen Michels“ der eines „säbelrasselnden Offiziers mit Pickelhaube“ gewichen. Der deutschen Wissenschaft fiel es nach dem Ende des Krieges schwer, in den wieder aufgebauten transnationalen Strukturen Fuß zu fassen. Aus diesem Grund wurde die Institutionalisierung des internationalen wissenschaftlichen Austausches zum probaten Mittel deutscher Kulturpolitik. Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit nationalsozialistischer Außenpolitik produzierte Kontroversen zwischen Historikern und ehemaligen Staatsdienern. Ein aktuelles Beispiel lieferte die „Unabhängige Historikerkommission - Auswärtiges Amt“, die vom ehemaligen Außenminister Joschka Fischer (B’90/Grüne) berufen wurde. Die Kommission veröffentlichte im Oktober 2010 ihre Forschungsergebnisse: „Das Amt und die Vergangenheit“. Die vorliegende Arbeit wird aber weder eine Rezension dieses Werkes darstellen noch an die engeren Forschungsziele der Kommission in Bezug auf die Billigung und Mithilfe deutscher Diplomaten am Holocaust anknüpfen. Dennoch ist diese Arbeit vom Geiste eben jener Historikerkommission beseelt und versucht, die institutionellen Vorgänger des heutigen Akademischen Auslandsamtes in Heidelberg (AAA) zur Zeit und unter dem Einfluss des Nationalsozialismus zu beleuchten. Hierbei ist es notwendig, die Zusammenarbeit der verschiedenen Ausländerbetreuungsstellen mit Rektorat, Reichsführung und Deutschem Akademischen Austauschdienst (DAAD) herauszuarbeiten. Zum Begriff der „Ausländerbetreuung“ ist zu sagen, dass er in der vorliegenden Arbeit nicht nur die reale Betreuung in Form von Unterricht, Unterkunft und Unterhaltung umfasst. Vielmehr soll im Besonderen die Genese einer ideologisch-beeinflussten Amtsstruktur und einer daraus entstehenden Problematik dargestellt werden.
Diese Arbeit basiert zum größten Teil auf Aktenbeständen des Universitätsarchivs Heidelbergs (UAH). Bestände, die im direkten Zusammenhang für diese Arbeit verwendet werden konnten, stammen aus den Jahren 1926 - 1952; sie umfassen Aktennotizen, Briefwechsel, Erlasse, Berichte, Personalakten und Studentenkarteien. Aus diesen Beständen geht u.a. hervor, inwiefern Heidelberger (Nachwuchs-)Wissenschaftler ihre Arbeit in den Dienst nationalsozialistischer Kulturpolitik stellen sollten.
Inhaltsverzeichnis:
- 1. Einleitung
- 2. Entwicklung der Heidelberger Ausländerbetreuung von 1928 - 1933
- 3. Ausländerbetreuung von 1933 - 1938 — Gründung der Auslandsabteilung
- 3.1 Die Leitung Zintgraff
- 3.1.1 Umgang mit negativer Propaganda im Ausland
- 3.1.2 Schaffung studentischer Unterkünfte
- 3.1.3 Finanzielle Unterstützung von Gaststudenten
- 3.1.4 Diplomprüfungen für Ausländer - Erste Planung
- 3.2 Die Leitung Nieland
- 3.2.1 Diplomprüfungen für Ausländer - Finale Planung
- 3.2.2 Ausbau der Ferienkurse
- 3.2.3 Einblick: Das Selbstverständnis der Auslandabteilung
- 3.3 Die Leitung Adler
- 3.3.1 Auslandsarbeit zum Heidelberger Universitätsjubiläum 1936
- 3.3.2 Ausbau und Ausrichtung der Auslandabteilung
- 3.4 Die Leitung Rodenwaldt bis 1938
- 3.5 Ausblick bis 1945
- 3.1 Die Leitung Zintgraff
- 4. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte:
Diese Arbeit beleuchtet die Geschichte der Ausländerbetreuung an der Universität Heidelberg zwischen 1928 und 1938 und konzentriert sich dabei auf die Entwicklung des Akademischen Auslandsamtes (AAA) unter dem Einfluss des Nationalsozialismus. Sie untersucht, wie das AAA und seine Vorgängerinstitutionen die Auslandsbeziehungen der Universität im Kontext der nationalsozialistischen Kulturpolitik gestalteten und welche Rolle die Ausländerbetreuung in der Propagierung des nationalsozialistischen Gedankenguts spielte.
- Die Entwicklung der Ausländerbetreuung in Heidelberg von 1928 bis 1938
- Die Herausforderungen und Chancen des internationalen wissenschaftlichen Austauschs in der Weimarer Republik und im Nationalsozialismus
- Die Rolle des Akademischen Auslandsamtes (AAA) und seiner Vorgängerinstitutionen bei der Gestaltung der Auslandsbeziehungen der Universität Heidelberg
- Die Auswirkungen der nationalsozialistischen Kulturpolitik auf die Ausländerbetreuung an der Universität Heidelberg
- Die Genese einer ideologisch-beeinflussten Amtsstruktur in der Ausländerbetreuung
Zusammenfassung der Kapitel:
Das erste Kapitel behandelt die Gründung der Akademischen Auslandsstelle (Akas) in Heidelberg im Jahr 1928 und die Aufgaben, die sie im Bereich der Ausländerbetreuung übernahm. Das zweite Kapitel schildert den Wandel des Arbeitsfelds der Akas vor dem Hintergrund der nationalsozialistischen Außen- und Kulturpolitik, wobei der Schwerpunkt auf der Periode von 1933 bis 1938 liegt, in der die Abteilung für Auslandswissenschaft, Austauschdienst und Ausländerbetreuung (AAAA) gegründet wurde. Das dritte Kapitel beschreibt die Entwicklung der Ausländerbetreuung unter den verschiedenen Leitern der Auslandabteilung: Zintgraff, Nieland, Adler und Rodenwaldt. Es werden wichtige Themen wie die Finanzierung von Gaststudenten, die Organisation von Ferienkursen, der Umgang mit Propaganda und die Planung von Diplomprüfungen für Ausländer beleuchtet.
Schlüsselwörter:
Ausländerbetreuung, Universität Heidelberg, Akademisches Auslandsamt (AAA), Nationalsozialismus, Kulturpolitik, internationaler wissenschaftlicher Austausch, Propaganda, Auslandabteilung, Diplomprüfungen, Ferienkurse, Reichsführung, Deutscher Akademischer Austauschdienst (DAAD), Universitätsarchiv Heidelberg (UAH)
- Quote paper
- Alexander Tutt (Author), 2012, Ausländerbetreuung an der Universität Heidelberg von 1928 bis 1938, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/200921