Hans Magnus Enzensberger Charakterisierung der institutionellen Macht des "Spiegel"


Essay, 2012

15 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Hintergründe

3. These 1: Die Sprache des Spiegel'verdunkelt, wovon sie spricht

4. These 2: Das deutsche Nachrichtenmagazin ist kein Nachrichtenmagazin

5. These 3: Der Spiegelübt nicht Kritik, sondern deren Surrogat Seite io

6. These 4: Der Leser des Spiegelwird nicht orientiert, sondern desorientiert

7. These 5: Der Spiegel ist unentbehrlich

8. Resümee

9. Quellenangaben

1. Einleitung

In seinem Essay „Die Sprache des Spiegel charakterisiert Hans Magnus Enzensberger die Sprache des Magazins und untersucht kritisch „Moral und Masche“ der Zeitschrift. Er legt eindrucksvoll dar, wie der Spiegel es schaffte als zunächst Wochenblatt mit einer Auflagevon 15.000 Stück zur deutschen Institution der Meinungsbildung zu werden. Die Struktur seiner Leserschaft entwickelte sich vor allem aus sogenannten meinungsbildenden Gruppen, wie zum Beispiel Lehrer und höhere Angestellte, die gesellschaftskritisch erachtet werden.

Laut Hans Magnus Enzensbergers These liegt das Geheimnis des Spiegel-Erfolges in erster Linie in seiner Sprache, die unter dem Pseudonym allgemeiner Verständlichkeit einen Spiegel-Jargon ins Leben gerufen hat, dem sich der Durchschnittsleser nicht mehr entziehen kann.

Weiterhin vertritt Enzensberger die These, dass das „Deutsche Nachrichtenmagazin“ keineswegs ein Nachrichtenblatt ist. Anstelle der schlichten Nachricht in Form von Informationen tritt die „Story“. Diese braucht vor allen Dingen Helden. Alle Spiegel­Geschichten haben einen menschlichen Bezug und suggerieren dem Leser, dass Nachrichten durch Individuen generiert werden und nicht durch geschichtliche Ereignisse oder Regierungen.

Als dritte These vertritt Hans Magnus Enzensberger die Meinung, der Spiegel übe nicht Kritik sondern „Pseudo-Kritik“. Dies gelingt dem Magazin, indem Fakten interpretiert und arrangiert werden, um dem Spiegel-Leser mittels Suggestion von vermeintlicher Zensur Objektivitätvorzugaukeln.

Dadurch ergibt sich für Enzensberger die vierte These: Der Spiegel-Leser wird nicht orientiert, sondern desorientiert. Die Ideologie des Spiegel „sei nichts weiter als eine skeptischeAHwissenheit“ und das Magazin sei nicht bereit in irgendeiner Form Stellung zu beziehen. Die Redakteure des Spiegel erwecken den Anschein von Radikalität, während es an kritischer Kraft mangelt. Dadurch erfährt der Spiegel-Leser keine Orientierung am Weltgeschehen, vielmehr wird mit allen Mitteln der faktische Zustand verschleiert.

Dennoch ist der Spiegel laut Hans Magnus Enzensberger unentbehrlich, so lange in den Medien auf Interessenverbände und hohe Politiker Rücksicht genommen wird. In seiner fünften und letzten These erachtet der Autor den Spiegel als eine „Notwendigkeit“. Das Magazin stellt einen Ausnahmefall dar, da es von allen Freiheiten, die ihm die Demokratie zusichert, auch tatsächlich Gebrauch macht. So hat der Spiegel nicht nur die Macht Missstände anzuprangern, sondern kann die Meinung von Millionen Lesern beeinflussen.

2. Hintergründe

Die Auffassung von Hans Magnus Enzensberger, dass Gesellschaftskritik dem Irrtum unterliegt, Themen entlarven zu müssen vor dem Hintergrund, dass diese auf paranoide Art und Weise nicht aufgedeckt werden sollen, bildet die Basis seiner Charakterisierung des Spiegel. Mit seiner Undurchschaubarkeit nutzt das Magazin die falsche Auffassung der gemeinhin vorherrschenden Gesellschaftskritik aus. Damit hält der Spiegel der Gesellschaft den Spiegel vor.

Mehrmals wurden Versuche unternommen, zum Beispiel von Seiten der Kommunisten, der katholischen Kirche und der Gewerkschaften, die Macht des Spiegel zu „entzaubern“. So wurde immer wieder versucht Hintergründe aufzudecken, in wessen Auftrag oder mit welcher Tendenz das Magazin seine Geschichten erstellt.

Dabei sind die Besitz- und Finanzverhältnisse des Spiegel durchaus einsehbar. Der Verlag hat als Rechtsform eine GmbH gewählt, deren Gesellschafter und Herausgeber der Zeitung Rudolf Augstein ist, der auch unter dem Pseudonym „Jens Daniel“ Leitartikel schreibt und gleichzeitig die Position des Chefredakteurs inne hat. Laut Enzensberger ein einzigartiger Fall in Deutschland.

Der Spiegel erschien 1946 erstmals unter dem Namen „Diese Woche“ an den deutschen Kiosken. Zu diesem Zeitpunkt war der verantwortliche Herausgeber die englische Militärregierung, die jedoch sehr schnell die Lizenz für das Magazin an Augstein übertrug. Von diesem Tag an erhielt die Zeitschrift ihren heutigen Namen „Spiegel“. Die Auflage steigerte sich von 15.000 Stück innerhalb von nur zehn Jahren auf das 18­fache. Mehrmals in seiner Geschichte wurde der Spiegelverboten oder beschlagnahmt und sogar ein Parlamentsausschuss nach ihm benannt. Untersuchungen haben gezeigt, dass der Spiegel im Wochendurchschnitt von etwa zwei Millionen Leuten gelesen wird. Vor allem die sogenannten meinungsbildenden Gruppen, wie zum Beispiel Lehrer und höhere Angestellte, beziehen das Magazin. Da dieses Publikum von seiner gesellschaftlichen Struktur her hohen Einfluss auf die Meinungsbildung aller Klassen hat, vervielfacht sich die Wirkung des Spiegel.

Die Macht des Magazins wird durch seine Anzeigenstruktur deutlich. Nicht nur, dass die Hälfte aller Seiten mit Annoncen gefüllt sind, auch Firmen, hauptsächlich aus der Schwerindustrie, schalten Inserate, obwohl die Leserschaft deren Produkte gar nicht konsumiert. Vielmehr sichern sich diese Firmen das Wohlwollen des Magazins über die lukrativen Inserate. Zu dieser Überlegung zitiert Enzensberger den Autor Kurt Pritzkoleit aus seinem Buch „Die neuen Herren“.

Trotz der guten Anzeigeneinnahmen durch die Industrie bewahrt sich der Spiegel seine Unabhängigkeit und nimmt auf seine Inserenten keine Rücksicht. Damit ist der Spiegel einzigartig in Europa, wobei die Vermutung nahe liegt, dass die Wochenzeitschriften „Time“ und „Newsweek“ Vorbildfunktion für das Blatt hatten. Dies wird deutlich im Untertitel „Das deutsche Nachrichtenmagazin“, was einer Übersetzung des Untertitels von „Time - The weekly newsmagazine“ entspricht.

Diese Hintergründe sind jedoch nicht allein das Geheimnis des Erfolges dieses Magazins, womit nun die Sprache des Spiegel durchleuchtet wird, welche laut Enzensberger keinem Stil entspricht, sondern vielmehr eine „Masche“ ist, der sich der Leser nicht mehr entziehen kann.

3. These 1: Die Sprache des Spigelverdunkelt, wovon sie spricht.

Das Erfolgsgeheimnis des Spiegel liegt nicht nur in den oben aufgeführten Besonderheiten, sondern vielmehr in seiner individuellen, eigentümlichen Sprache. Dazu veröffentlicht Hans Magnus Enzensberger zwei Texte in seinem Essay „Die Sprache des Spiegel“, wobei der erste Text dem Spiegel entnommen, der zweite Text eine Abhandlung von ihm selbst über Johann Wolfgang von Goethe ist. Dabei bedient er sich der „Spiegel-Sprache“ um darzulegen, dass die „Sprache der Zeitung unkenntlich macht, was sie erfasst“. Enzensberger beweist mit diesem sprachlichen Experiment, dass sich dieser Schreibstil auf alles Beliebige anwenden lässt und „kompetent injedem Falle“ ist. Dieser „Spiegel-Jargon“, so der Autor, kann also in keinem Falle ein Stil sein, da Stil niemals auf beliebig Verschiedenes anwendbar und immer selektiv ist. Die „Spiegel-Sprache“ sei von „schlechter Universalität“, denn sie kommt einer „Masche“ gleich und kann somit alles, vom Urchristentum bis zum Rock 'n' Roll, gleichwertig behandeln und nicht differenzieren.

Das Vorbildmagazin des Spiegel „Time“ rechtfertigt diesen Schreibst!! damit, dass das Blatt „verständlich für einen beschäftigten Mann“ sein solle. „Time“ müsse so sein, als sei es „von einem Mann für einen Mann geschrieben“. Das heißt, dass die „Spiegel-Sprache“ eine allgemeine Verständlichkeit, aus Rücksicht auf den Leser, haben muss. Somit sehen sich die Spiegel-Redakteure selbst als Durchschnittsleser, womit der Spiegel zu einer Apparatur rationaler Formalität wird.

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Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Hans Magnus Enzensberger Charakterisierung der institutionellen Macht des "Spiegel"
Hochschule
Frankfurter Akademie für Kommunikation und Design
Note
1,0
Autor
Jahr
2012
Seiten
15
Katalognummer
V201033
ISBN (eBook)
9783656284574
Dateigröße
404 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Spiegel, Hans Magnus Enzensberger, Enzensberger, CHarakterisierung, Magazin, Spiegel Magazin, Thesen Spiegel
Arbeit zitieren
Carina Hein (Autor:in), 2012, Hans Magnus Enzensberger Charakterisierung der institutionellen Macht des "Spiegel", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/201033

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