Das Einzelkind - Chancen und Risiken für Verhalten und Entwicklung


Seminararbeit, 2002

13 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Problemstellung

2 Entwicklung der Familiensituation
2.1 Kurzer Epochenüberblick
2.2 Wertewandel und Geburtenrückgang

3 Chancen und Risiken für das Verhalten des Einzelkindes 3.1 Risikofaktoren
3.2.1 Probleme der Dreierkonstellation
3.2.2 Einzelkindtypische Erziehungsfehler
3.3 Chancen für das Einzelkind
3.3.1 Vergleich mit Geschwisterkindern
3.3.2 Besondere Möglichkeiten

4 Ausblick

Literaturliste

1 Problemstellung

„Stirbt Deutschland aus?“… „Umkehrung der Bevölkerungspyramide“… „Familien werden immer kleiner“… Diese und ähnliche Nachrichten wandern nun schon seit einigen Jahren durch Medien und Presse.

Familienpolitik ist ein essentieller Bestandteil der täglichen politischen Arbeit geworden, dem es nach wie vor neuer Lösungen und Ideen bedarf.

„Der Anteil der Kinder an der Gesamtbevölkerung sinkt kontinuierlich: 1970 zählte das Statistische Bundesamt noch 14,1 Mill. Kinder (unter 15 Jahren), 1987 nur noch 8,9 Mill., ein Absinken von 23,2% auf 14,6% (gemessen an der Zahl der Einwohner), […]“ (Winkel, 1991, S.16).

Neueren Angaben zufolge liegt der „Anteil der Einzelkinder bei etwa 31 Prozent, etwa 46 Prozent sind Teil eines Geschwisterpaares, und etwa 23 Prozent leben mit mehreren Geschwistern zusammen.“ (Lenz & Tillmann, 1997, S.12) Lenz und Tillmann weisen allerdings ausdrücklich darauf hin, diese Daten nicht als endgültig zu werten. Es handele sich bei den oben genannten Zahlen lediglich um eine Momentaufnahme, da es nicht ausgeschlossen ist, dass Einzelkinder ebenfalls Geschwister bekommen.

Der Trend scheint trotz allem eindeutig in Richtung Einzelkind zu gehen. Das zumindest würde die Vielzahl der Leute vermuten.

Denn waren es um 1900 fast vier Kinder pro Ehe, so hat sich der Anteil der Kinder bis in die 80er Jahre mehr als halbiert - auf etwa 1,3 Kinder pro Ehe. (Lenz & Tillmann, 1997, S.12)

Da es allerdings auch zunehmend mehr kinderlose Ehen gibt, lässt sich die geringe Zahl von 1,3 Kinder einfach und plausibel erklären:

Die Anzahl der kinderlosen Ehen wird ebenfalls in die Statistik über die durchschnittliche Kinderanzahl miteinbezogen. Daraus ergibt sich diese niedrige Zahl, die größtenteils Familien mit Einzelkindern vermuten lässt.

Die Realität zeigt aber, dass der Trend im Allgemeinen zu wenigen Kindern geht, hauptsächlich aber zu Familien mit zwei Kindern.

Die weit verbreitete Annahme der Bevölkerung, einer Einzelkindflut zu unterliegen, ist eng verbunden mit zahlreichen Vorurteilen, d.h. mit ungerechtfertigten Verhaltensweisen, die Einzelkindern nachgesagt werden.

In dieser Seminararbeit soll vor allem ein objektives Bild über Einzelkinder herausgearbeitet werden, um somit belegbare und sinnvolle Aussagen treffen zu können.

Die folgende Arbeit versucht nun Fragen zu beantworten, die sich aufgrund der Thematik ergeben haben:

Grundlagen der Thematik: Wie kam es zu dem Geburtenrückgang und Wertewandel

in der Familie?

Hauptgebiet: Welche Chancen und Risiken ergeben sich für das Verhalten von Einzelkindern?

2 Entwicklung der Familiensituation

2.1 Kurzer Epochenüberblick

Während der Phase der agrarischen Bevölkerungsweise bedeuteten Kinder Reich- und Besitztum. Großfamilien mit durchschnittlich 6 Kindern waren normal. Die Kinder halfen als Arbeitskräfte auf dem Hof, waren „Garant für das Bestehen der Familie“, „Stammhalter und Namensträger“ und zudem die Altersversorgung der Eltern. (Zhao, 1994, S.56) „Kinder-Haben“ hatte vielmehr eine funktionale, denn eine emotionale Bedeutung. Aufgrund der hohen Geburten- und Sterberate (wegen mangelnder medizinischen Versorgung und Hygiene) war die Bevölkerungszahl relativ stabil.

Die Industrialisierung bedeutete eine Verbesserung der Lebensumstände. Die Modernisierung und Mechanisierung der Landwirtschaft brachte größere Erträge, zudem kamen zu dieser Zeit Fortschritte in Medizin, Hygiene und Trinkwasserversorgung.

Resultat war eine sinkende Kindersterblichkeit, die bei zunächst gleichbleibender Geburtenrate, zu einem deutlichen Wachstum der Bevölkerung führte. (Kappl, 1993, S.26)

Gegen Ende der Industrialisierung sank auch die Geburtenrate. Grund waren die teureren Ausbildungen, sowie die Einführung zahlreicher Versicherungen (Krankenversicherung, Unfallversicherung, Altersversicherung…). Die funktionale Bedeutung der Kinder erlosch damit. (Kappl, 1993, S. 27)

Die Erfindung der Antibabypille, die durch die neuen Verhütungsmöglichkeiten einen drastischen Geburtenrückgang hervorrief, den sog. „Pillenknick“ Ende der 60er Jahre, ermöglichte „zum ersten Mal sexuelle Lust als Selbstzweck“. Von nun an „verzichtete man bewusst auf ein Kind, um das Leben zu genießen und auszukosten.“ (Zhao 1994, S.58)

Der Wertewandel mit Folge des Geburtenrückgangs baut auf dieser neuen Tatsache auf: Es bedarf einer aktiven Entscheidung für das Kind. Oder wie es v. Kürthy beschreibt: „Immer mehr wurde die Zahl der Kinder eine willentliche Entscheidung“, das Kind ist „zu einem Objekt der Planung geworden.“ (1988, S.28)

2.2 Wertewandel und Geburtenrückgang

Das Frauenbild und die realen Lebensbedingungen für Frauen, ebenso wie die Moralvorstellungen, haben sich in den letzten 35 Jahren grundlegend geändert. (Menzl & Steinmeier, 2003)

„Die Auffassung, daß Kinder zu den großen Selbstverständlichkeiten des verheirateten Menschen gehören, hat weithin an Geltung verloren.“ (Zhao, 1994, S. 56) Heute spricht man von einer „Pluralisierung der Lebensformen“ (Lenz & Tillmann, 1997, S.14), d.h. es existieren zunehmend mehr Abwandlungsformen der traditionellen Familie: kinderlose Paare, sog. ‚DINKS’ (double income, no kids); Doppelverdiener-Familien; Alleinerziehende; Wohngemeinschaften etc. – um nur einige davon zu nennen. (Blumöhr, 1993, S.51)

Neben einer neuen Moralvorstellung, die neue Lebensformen duldet, sind es zahlreiche andere Faktoren, die zu einem Geburtenrückgang führen, da Kinder für viele „eher Last als Lust bedeuten“. (Zhao, 1994, S. 57)

Zu nennen sind vor allem die hohen Anforderungen der Berufswelt, genauso wie die Emanzipation der Frau. Der Konkurrenzkampf am Arbeitsmarkt verlangt Leistung, Flexibilität und Anpassungsfähigkeit, für eine Frau mit Kind kaum realisierbar. Dazu kommt, dass Kindergartenplätze rar und Tagesmütter teuer sind. (SZ, 2002, S.1)

Das Problem liegt auf der Hand, wenn Frauen nach einer eigenen Karriere streben und gleichzeitig Kinder großziehen sollen: „Entweder müssen sie ihre Erwerbstätigkeit ganz oder teilweise aufgeben oder sie müssen sich fortan auf die ‚Doppelbelastung’ von Beruf und Familie einstellen.“ (Menzl & Steinmeier, 2003)

Außerdem zeigt der Trend eine „abnehmende Heiratsneigung“ und eine „steigende Scheidungszahl“, was die Familienplanung unterbricht oder erst gar nicht beginnen lässt. (Zhao 1994, S.56)

Weitere Gründe für die Entscheidung gegen Kinder oder für nur wenige Kinder gibt es viele:

Wie bereits oben genannt, wurden Kinder nach Einführung allgemeiner Pflichtversicherungen als reine Altersvorsorge hinfällig. Sie trugen nun nicht mehr zu einer Ertragsvergrößerung bei, sondern wurden, ganz im Gegenteil, selbst zu Kostenverursachern, zu „ökonomischen Problemen“. (GetWellness, 2001, S. 1) Viele Paare entscheiden sich heutzutage bewusst für den Luxus, also ein Leben ohne finanzielle Probleme, und damit gleichzeitig gegen (viele) Kinder.

Der allgemein verbreitete Zukunftspessimismus aufgrund einer als kinderfeindlich empfundenen Umwelt und gestiegenem „Armutsrisiko für Kinder“ (Lenz & Tillmann, 1997, S. 12) erschwert es vielen Eltern zusätzlich, sich aktiv für ein Kind zu entscheiden.

Ulrich Beer spricht bereits von einer „infantilen Gesellschaft, die immer weniger Kinder vorzuweisen hat.“ (1994, S.85)

[...]

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Das Einzelkind - Chancen und Risiken für Verhalten und Entwicklung
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München  (Pädagogische Psychologie)
Note
1,3
Autor
Jahr
2002
Seiten
13
Katalognummer
V20114
ISBN (eBook)
9783638240901
Dateigröße
521 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Einzelkind, Chancen, Risiken, Verhalten, Entwicklung
Arbeit zitieren
Teresa Miedl (Autor:in), 2002, Das Einzelkind - Chancen und Risiken für Verhalten und Entwicklung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/20114

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