Joseph Ratzinger gilt nicht erst seit seiner Wahl zum Papst als einer der größten Theologen der Gegenwart. Sein Schaffen umfasst fünf Jahrzehnte der Kirchengeschichte, in denen Theologie und geistliches Leben eine grundlegende Wandlung erfahren haben. Joseph Ratzinger stand und steht dieser Entwicklung, die sich vor allem im Gefolge des Zweiten Vatikanischen Konzils vollzog, aufgeschlossen, aber keineswegs unkritisch gegenüber.
Die vorliegende Arbeit setzt sich insbesondere mit der Anthropologie und Schöpfungstheologie Joseph Ratzingers/Benedikts XVI. auseinander. Das geschieht aus zwei Gründen: Zum einen ist der anthropologische Ansatz eine der prägenden Komponenten des theologischen Schaffens Joseph Ratzingers, gerade auch im Hinblick auf die starke christologische Ausrichtung seiner Theologie.
Zum anderen ist in der Öffentlichkeit auch immer wieder der kritische Einwand zu hören, der Papst und die gesamte Kirche würden sich den Entwicklungen der Moderne, wie sie durch die spektakulären naturwissenschaftlichen Entdeckungen Charles Darwins und seiner geistigen Nachfolger in Bewegung geraten sind, komplett verschließen.
Was ist aus theologischer Perspektive zu diesen Einwänden zu sagen? Wie positioniert Joseph Ratzinger seinen theologischen Ansatz in der Diskussion um das moderne Weltbild und welches Bild vom Menschen zeichnet er dabei? Und schließlich: Wie ist die Rede vom Menschen als Geschöpf Gottes im Gesamtzusammenhang der Dogmatik zu verorten? Diesen spannenden Fragen geht die vorliegende Arbeit nach.
Inhaltsverzeichnis
Einführung: Die Herausforderung Joseph Ratzinger
I Aspekte der Theologiegeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts in der Auseinandersetzung um Evolution und Schöpfungsglaube: Denkerischer Hintergrund der Theologie Joseph Ratzingers
1 Der Ausgangspunkt: Schöpfungstheologie im Werk Joseph Ratzingers
2 Der wissenschaftsgeschichtliche Hintergrund: Darwins Evolutionslehre erschüttert die Welt
3 Wichtige kirchliche Aussagen zur Diskussion um Schöpfungslehre und modernes Menschenbild bis zum Zweiten Vatikanischen Konzil
3.1 Reaktionen des Lehramts auf die Erkenntnisse der modernen Naturwissenschaften
3.2 Das Erste Vatikanische Konzil
3.2.1 Die dogmatische Konstitution Dei Filius.
3.2.2 Explizite Aussagen der Konstitution Dei Filius zur Schöpfungslehre
3.3 Die Zeit zwischen den Konzilien: Abwehr und Annäherung
4 Das Zweite Vatikanische Konzil: Die Pastoralkonstitution Gaudium et Spes – eine Neubestimmung innerhalb der Theologie
4.1 Die Grundintention von Gaudium et Spes (GS)
4.2 Der Mensch als Person in seiner Geschaffenheit
4.3 Christus: Schöpfungsmittler und Urbild der neuen Schöpfung
4.4 Die eschatologische Dimension der Schöpfung und das Handeln des Menschen
4.5 Zusammenfassung und Ausblick
5 Joseph Ratzinger und die Pastoralkonstitution Gaudium et Spes
II Glaube, Vernunft und Evolution: Joseph Ratzinger und das Weltbild der Moderne
1 Modernes Weltbild und Glaube
2 Joseph Ratzinger und die Moderne
3 Das Verhältnis von Schöpfungsglaube und Naturwissenschaft im Werk Ratzingers
4 Christlicher Schöpfungsglaube und moderner Pragmatismus
5 Schöpfungsglaube und moralisches Handeln
6 Glaube und Vernunft: Leitthema der Theologie Joseph Ratzingers/Benedikts XVI
6.1 Religion und Philosophie: Einheit oder Gegensatz?.
6.2 Die Exegese vor dem Anspruch der Vernunft
6.3 Ratzingers Verortung des Vernunftverständnisses in der Anthropologie
6.4 Das Wechselspiel von Glaube und Vernunft als Schutz vor Pathologien
III Anwendungsfelder von Schöpfungsglaube und christlicher Anthropologie in Theologie und kirchlichem Leben
1 Theologische Gotteslehre: Von Gott als Schöpfer sprechen
1.1 Die Rede von Gott als Rede über den Menschen
1.2 Gottesbegriff und Schöpfungsglaube
1.3 Das Credo als „Grundsymbol“ christlichen Wirklichkeitsverständnisses
2 Schöpfung – eingeborgen in das Mysterium des Dreieinen: Trinitätslehre, Schöpfung und Naturwissenschaft
2.1 Erkenntnisse der Naturwissenschaft als Verstehenshilfe von Trinität
2.2 Trinität als Communio
3 Kosmische Liturgie und Liturgie des Kosmos: Schöpfungstheologische und anthropologische Implikationen im Bereich der Liturgie
3.1 Anthropologische Voraussetzungen des Kultbegriffs
3.2 Die kosmische Dimension des Kultbegriffs
3.3 Liturgie als Vorwegnahme eschatologischer Wirklichkeit
4 Heil des Einzelnen und Vollendung der Welt: Eschatologie im Spiegel von Schöpfungstheologie und Anthropologie
4.1 Individualismus und Kollektivismus als Fehlformen christlicher Eschatologie
4.2 Das personale Prinzip christlicher Eschatologie
4.3 Der Mensch vor den letzten Fragen seiner Existenz
4.4 Heimholung der Schöpfung
4.5 Schöpfung und Gericht
5 Kirche, Mensch und Schöpfung: Die Ekklesiologie Joseph Ratzingers
5.1 Die innere Vorherbestimmung der Schöpfung auf die Kirche
5.2 Kirche: Volk Gottes und/oder Leib Christi? Die Communio-Ekklesiologie Joseph Ratzingers
5.2.1 Der Einzelne als Glied des Leibes Christi
5.2.2 Die Bewertung des Volk-Gottes-Begriffs bei Ratzinger
5.2.3 Kirche als „Volk Gottes vom Leib Christi her“
5.2.4 Versammelt um den „neuen Adam“ Christus
6 Die Enzyklika Spe salvi Papst Benedikts XVI.: „Kompendium“ theologischer Anthropologie
6.1 Aufbau der Enzyklika und ihre Analyse des modernen Menschenbildes
6.2 Die Persongestalt christlicher Hoffnung
6.3 Lernorte der Hoffnung
6.4 Die Theologie des Gebetes: Ausgreifen nach der Erfüllung des Menschseins
IV Zusammenführung der Einzelaspekte: Schöpfungstheologie und Anthropologie bei Joseph Ratzinger/Benedikt XVI. im Fokus der Christologie
1 „Gott ist unendliche Nähe“: Die Theologie Joseph Ratzingers im Kontext einer spirituellen Christologie
1.1 Primat des Logos vor dem Ethos
1.2 Jesus Christus als Bild des neuen Menschen
1.3 Göttliches Leben in Christus
2 Auswertung und Ertrag: Christus alles in allem (vgl. 1 Kor 15,28)
Literaturverzeichnis
1 Allgemeine Abkürzungen
2 Lehramtliche Dokumente und Bibelstellen
3 Schriften von Joseph Ratzinger/Benedikt XVI
3.1 Werke, Artikel, Vorträge und Predigten von Joseph Ratzinger
3.2 Nach der Papstwahl herausgegebene selbständige theologische Veröffentlichung
3.3 Joseph Ratzinger Gesammelte Schriften
3.4 Lehramtliche Texte, Predigten, Ansprachen und Beiträge von Papst Benedikt XVI
4 Sekundärliteratur
5 Internetquellen
Einführung: Die Herausforderung Joseph Ratzinger
„Das außerordentlich reiche Werk dieses heute 38-jährigen Gelehrten, die Spannweite, Gründlichkeit und Ausdauer seines Schaffens, das für die Zukunft noch vieles erwarten lässt, die Eigenständigkeit seiner Forschungsrichtung, welche die Arbeit des zweiten Dogmatikers glücklich ergänzt, aber auch sein großer Lehrerfolg in Bonn und Münster sowie die angenehmen menschlichen Eigenschaften, die eine fruchtbare Zusammenarbeit mit allen Kollegen erwarten lassen, dies alles bildete die Grundlage für die Entscheidung der Fakultät, Joseph Ratzinger [...] für die Besetzung des Lehrstuhles für Dogmatik vorzuschlagen.“[1]
Zu diesem Urteil kam im Jahre 1966 die Berufungskommission der Universität Tübingen, die über die Besetzung des Lehrstuhls für Dogmatik und Dogmengeschichte zu entscheiden hatte. Als Autor dieser Zeilen zeichnete der damalige zweite Lehrstuhlinhaber für Dogmatik, Professor Hans Küng, verantwortlich, wie er im zweiten Teil seiner Autobiographie verrät. Vielleicht auch um etwaigen Einwänden und übereiligen Fehlschlüssen angesichts seiner späteren Konflikte mit Joseph Ratzinger als Präfekt der Glaubenskongregation zuvorzukommen, fügt der mittlerweile 80-jährige hinzu: „Ich kann noch heute zu diesen Worten stehen.“[2]
So kann diese Analyse des Theologen Joseph Ratzinger in ihrer Präzision und nahezu prophetischen Aussagekraft getrost am Anfang dieser Arbeit stehen, die sich mit dem Werk Joseph Ratzingers befasst. Die Meinung Küngs hat schon deshalb ihre Bedeutung, weil er sicherlich nicht in die Gefahr gerät, als allzu willfähriger Bewunderer des heutigen Papstes zu gelten.
Wie das obige Zitat zeigt, gilt Joseph Ratzinger nicht erst seit seiner Wahl zum Nachfolger Petri am 19. April 2005 als einer der größten Theologen der Gegenwart. Sein Schaffen umfasst fünf Jahrzehnte der Kirchengeschichte, in denen Theologie und geistliches Leben eine grundlegende Wandlung erfahren haben. Joseph Ratzinger stand und steht dieser Entwicklung, die sich vor allem im Gefolge des Zweiten Vatikanischen Konzils vollzog, aufgeschlossen, aber keineswegs unkritisch gegenüber. Seine Theologie ist nicht zuletzt auch Warnung vor Verflachung und einseitiger Vereinnahmung der Botschaft des Evangeliums.
Dass dieser brillante und präzise Theologe nun als Papst der universalen Kirche vorsteht, hat den Ansatz seines Denkens und seiner tiefen Spiritualität einer noch breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Viele seiner theologischen Ansätze bestimmen auch seine Äußerungen und sein Handeln als Papst. Am Werk Joseph Ratzingers kommt keiner mehr vorbei – das gilt keineswegs nur auf Grund seiner Position als Oberhaupt der katholischen Kirche, sondern vor allem auch im Hinblick auf die immer wieder lohnende Auseinandersetzung mit seiner Theologie.
Die Fülle von Material und auch die immense Liste an Veröffentlichungen von Seiten Ratzingers selbst haben es nicht einfach gemacht, eine geeignete Themenauswahl zu treffen. Doch bald wurde klar, dass eine Beschäftigung mit der Anthropologie und Schöpfungstheologie Joseph Ratzingers/Benedikts XVI. lohnenswert wäre: Zum einen ist der anthropologische Ansatz eine der prägenden Komponenten des theologischen Schaffens Joseph Ratzingers, gerade auch in Verbindung mit und im Hinblick auf die starke christologische Ausrichtung seiner Theologie; zum anderen ist in der Öffentlichkeit auch immer wieder der kritische Einwand zu hören, der Papst und die gesamte Kirche würden sich den Entwicklungen der Moderne, wie sie durch die spektakulären naturwissenschaftlichen Entdeckungen Charles Darwins und seiner geistigen Nachfolger in Bewegung geraten sind, komplett verschließen. Was ist aus theologischer Perspektive zu diesen Einwänden zu sagen? Wie positioniert Joseph Ratzinger seinen theologischen Ansatz in der Diskussion um das moderne Weltbild und welches Bild vom Menschen zeichnet er dabei? Und schließlich: Wie ist die Rede vom Menschen als Geschöpf Gottes im Gesamtzusammenhang der Dogmatik zu verorten? Das sind die Hauptfragen, die diesem Werk zugrunde liegen.
Um eine adäquate Antwort bieten zu können, scheint es deshalb ratsam, zunächst den geistes- und theologiegeschichtlichen Hintergrund ausgehend von der ersten Veröffentlichung der Darwinschen Evolutionstheorie im Jahre 1859 aufzuzeigen. Für die Kirche war das daraus resultierende Weltbild, das die Wörtlichkeit der biblischen Schöpfungserzählung in Frage stellte und ein völlig neues Bild vom Menschen vermittelte, zunächst – so kann ohne Übertreibung behauptet werden – ein Schockerlebnis.
Doch jenseits von einer strikten Abwehrhaltung gegenüber der Moderne vollzog die Kirche auch eine Öffnung gegenüber den neuen Ideen, freilich nicht ohne sich ihrer eigenen Wurzeln und ihrer geistesgeschichtlichen Position zu besinnen. Diese Rückbesinnung geschah vor allem auf dem Ersten Vatikanischen Konzil (1869-1870), allerdings mehr im Sinne einer Abgrenzung von den vermeintlichen „Irrlehren“ der Moderne. Zu einem mutigen und selbstbewussten Dialog sollte es in diesen Jahren noch nicht kommen: In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts geriet der Dialog und die Auseinandersetzung mit der „Welt“ immer weiter ins Abseits. Theologie bewegte sich in einem festgefahrenen, weil bewährtem, System thomistischer Begrifflichkeit, welche die Frage des Verhältnisses des Christen zur modernen Welt und eine Positionierung des christlichen Menschenbildes eher in der Hintergrund treten ließen.
Einen entscheidenden Schritt im Dialog mit der Moderne stellt unumstritten die Pastoralkonstitution Gaudium et Spes des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) dar, in der die „anthropologische Wende“, die sich in den Jahren vorher in der Theologie immer weiter vollzogen hatte, erstmals lehramtlich fixiert wurde.[3]
Joseph Ratzinger war als Konzilberater unmittelbar am Prozess der Entstehung dieses Textes beteiligt und seine Theologie speist sich wesentlich aus den damals gemachten Erfahrungen – positiver wie negativer Art. Ein „Blick zurück“ zu den theologischen Wurzeln schien deshalb für die Auseinandersetzung mit der Thematik Anthropologie und Schöpfungstheologie unabdingbar und soll den ersten Teil der vorliegenden Arbeit bilden. Für jeden Kenner der Theologie Joseph Ratzinger ist es offensichtlich, dass die Wurzeln seines denkerischen Systems selbstverständlich noch viel weiter zurückreichen und sich seine Theologie in weiten Teilen vom Erbe der Kirchenväter her speist. Einen solchen Überblick konnte diese Arbeit freilich nicht bieten. Dennoch lohnt sich auch dieser kurze Blick auf die jüngere Theologiegeschichte, vor allem angesichts der Tatsache, dass Joseph Ratzinger selbst in vielen Bereichen aktiv in diesen denkerischen Prozess involviert war und sein gesamtes theologisches Schaffen im Kontext der Rezeption der beiden neuzeitlichen Konzilien verortet werden muss.
Ein zweiter Schritt beschäftigt sich zunächst mit der Frage, wie Joseph Ratzinger das Verhältnis von Evolutionstheorie und Glaube beurteilt. Sind die beiden wirklich unversöhnbar, muss der Mensch sich entscheiden: Schöpfungsglaube oder Evolution? Das Ergebnis, das sich aus den Aussagen Ratzingers ablesen lässt, dürfte sicher manchen überzeugten Anhänger einer evolutionistischen Weltsicht, aber auch manchen konservativen Verfechter einer wörtlichen Bibelauslegung überraschen.
Die weiteren Ausführungen des zweiten Hauptteils sind einem zentralen Thema der Theologie Joseph Ratzingers gewidmet: Der Verhältnisbestimmung von Glaube und Vernunft. Gerade dieses Wechselspiel ist in der Auseinandersetzung mit Naturwissenschaft und modernem Weltbild unabdingbar. Die Überzeugungskraft des Glaubens steht und fällt für Joseph Ratzinger am Maßstab der Vernunft.
Nicht erst seit der berühmt gewordenen „Regensburger Rede“ des Papstes vom 12. September 2006 ist klar: Nach der Meinung Joseph Ratzingers/Benedikts XVI. braucht der Glaube den Anspruch der Vernunft nicht zu scheuen. Trotz aller Unterschiede braucht auch der Glaube die Vernunft. Und schließlich: Glaube und Vernunft haben eine wichtige wechselseitige Korrekturfunktion zu erfüllen, damit beide der Gefahr von Intoleranz, Inhumanität und damit letztlich der Unvernunft entgehen können. Eine Rede von Gott im Sinne „vernünftiger“ Theologie ist möglich – diese Aussage bildet den Tenor des zweiten Hauptteils.
Schöpfungstheologie und Anthropologie stehen nicht für sich alleine; sie sind nicht unverbundene Grundlagen, von wo aus sich das Denkgebäude von Dogmatik und Funda-mentaltheologie ohne weitere Rückbezüge aufbauen kann, sondern sie durchdringen gleichsam das Gesamt der Theologie von innen her. Dies aufzuzeigen soll das Thema des dritten Abschnitts sein. Exemplarisch soll an verschiedenen Bereichen dargestellt werden, wie die Rede vom Menschen als Geschöpf Gottes die gesamte theologische Reflexion Ratzingers prägt und welche kosmologischen Implikationen sich aus seinem Werk ergeben. Dabei orientiert sich die Darstellung an den „klassischen“ dogmatischen Traktaten Gotteslehre, Trinitätstheologie, Eschatologie und Ekklesiologie. Diese Traktate wurden deshalb ausgewählt, weil sich Joseph Ratzinger in seinem theologischen Schaffen hauptsächlich mit ihnen beschäftigt und zu anderen Traktaten vergleichsweise wenig veröffentlichtes Material vorliegt (so zum Beispiel im Bereich der Pneumatologie und Mariologie). Die Traktate Eschatologie und Ekklesiologie verdienen in diesem Zusammenhang besondere Beachtung, weil sie zu den Bereichen zählen, über die Joseph Ratzinger sehr ausführlich gearbeitet hat.
Auf eine gesonderte Darstellung der Traktate Schöpfungstheologie und Anthropologie wurde bewusst verzichtet: Zum einen liegen auch hierzu keine ausgiebigen Veröffentlichungen vor, zum anderen ist es ja gerade das Anliegen dieser Arbeit, die Verknüpfung von Anthropologie und Schöpfungstheologie mit den anderen Bereichen der Dogmatik aufzuzeigen, so dass eine gesonderte Darstellung dieses Anliegen eher verdunkeln als erhellen würde.
Ein weiterer berechtigter Einwand zu diesem dritten Hauptteil bildet die Frage: Warum fehlt die Behandlung des christologischen Traktats in der aufgezählten Reihe der dogmatischen Teilbereiche, wenn sich diese Arbeit schon zur Aufgabe gemacht hat, die schöpfungstheologischen und anthropologischen Implikationen im Werk des heutigen Papstes im Kontext einer spirituellen Christologie zu verorten?
Dies geschieht aus zwei Gründen: Zum einen finden sich in den einzelnen Darstellungen der dogmatischen Traktate eine Fülle von christologischen Bezügen, die schon einen wesentlichen Einblick in die Christologie Joseph Ratzingers zulassen; zum anderen widmet sich der vierte und letzte Abschnitt der vorliegenden Arbeit nochmals explizit dieser Frage und sucht einen konzentrierten Blick auf die Verankerung der gesamten Theologie Ratzingers im christologischen Mysterium zu werfen. In der Wahl dieser Vorgehensweise wird so auch deutlich, dass die Christologie gleichsam die einigende Klammer um die gesamten Ausführungen dieser Arbeit bietet.
Dass in diesem dritten Teil das Thema Liturgie einen breiten Raum einnimmt, geschieht nicht aus theologischer Unachtsamkeit – zählt die Liturgie doch zweifelsfrei eher zur praktischen als zur systematischen Theologie. Dennoch scheint die Darstellung der Entwürfe Joseph Ratzingers zu einer Theologie der Liturgie in diesem Zusammenhang mehr als geboten: Einerseits deshalb, weil es das Anliegen Ratzingers ist, die fundamentale Bedeutung der Liturgie im Gesamt der Theologie aufzuzeigen und alle theologische Reflexion an das im liturgischen Vollzug erfahrbare Mysterium der Gegenwart Gottes rückzubinden. Und andererseits sind die Ausführungen Ratzingers zu Wesen und Gestalt der Liturgie so reich an einer Fülle von kosmischen und anthropologischen Bezügen, dass eine Arbeit, die sich mit Schöpfungstheologie und Anthropologie beschäftigt, ohne eine Darstellung dieses für das Werk Ratzingers so bedeutenden Themas schlichtweg unvollständig bliebe. Auch die Positionierung des Liturgie-Themas in der Mitte des dritten Abschnitts ist bewusst gewählt; wird doch gerade so deutlich, dass für Joseph Ratzinger/Benedikt XVI. die Liturgie Mitte und Ziel der Theologie und allen kirchlichen Tuns ist.
Häufig ist in der Diskussion um die Theologie Joseph Ratzingers die Behauptung zu hören, er hätte in seinem Leben mehrere große innere Wandlungen durchgemacht, so dass sich gleichsam drei „Theologien“ des Joseph Ratzinger ausmachen lassen würden: Einmal als junger, progressiver Konzilstheologie, dann als konservativer, gestrenger „Großinquisitor“ der Glaubenskongregation und dann schließlich als weltoffener, von den Medien zum „Superstar“ gekürter Papst Benedikt XVI..
Die weitgehende Unhaltbarkeit eines solchen Vorwurfs anhand der Fragestellung von Schöpfungstheologie und Anthropologie aufzuzeigen, soll in einem letzten Kapitel des dritten großen Abschnittes anhand der jüngsten Enzyklika des Papstes Spe salvi versucht werden. Dieses Rundschreiben könnte nach Ansicht des Verfassers mit Recht als „Kompendium“ der Anthropologie Joseph Ratzingers bezeichnet werden, greift es doch unter dem Aspekt christ-licher Hoffnung eine Fülle von anthropologischen Bezügen, die in den vorangegangen Kapiteln angeklungen sind, erneut auf und führt diese in eine spirituelle Tiefe.
So kann dieses Kapitel über die Enzyklika Spe salvi gewissermaßen als einigende Klammer der vielfältigen vorausgehenden Einzelaspekte aufgefasst werden und fasst dadurch die wesentlichen Aspekte der anthropologischen Grundausrichtung der Theologie Joseph Ratzingers/Benedikts XVI. nochmals zusammen. Die Aufnahme dieser jüngsten Enzyklika in den Entwicklungsgang dieser Arbeit schien für den Verfasser deshalb durchaus geboten, vor allem weil sie die Kontinuität der Theologie des heutigen Papstes verdeutlicht, die das Profil der Kirche entscheidend prägt.
In einem vierten und letzten Schritt soll es schließlich darum gehen, die im dritten Teil für die einzelnen Bereiche entwickelten Beobachtungen unter dem Fokus der Christologie zu einem Ganzen zusammen zu fügen. Dies letzte Kapitel widmet sich darum ausführlich einer Beobachtung, die sich jedem, der sich mit dem Werk Joseph Ratzingers auseinandersetzt, eröffnet und in den einzelnen Teilen dieser Arbeit immer wieder anklingt: Die starke Ausrichtung der Theologie des heutigen Papstes am Christusmysterium. Doch ist es für ihn unabdingbar, die Bedeutung der Menschwerdung des Logos und sein Erlösungshandeln nicht nur vom Verstand her zu erfassen, sondern im konkreten christlichen Leben sichtbar zu machen: das meint der Ausdruck einer spirituellen Christologie. Hierbei wird schnell erfahrbar, dass es sich bei Joseph Ratzinger/Benedikt XVI. nicht um den „kühlen Denker“ handelt, wie ihm von Kritikern immer wieder vorgeworfen wird. Vielmehr wird deutlich, dass sich die gesamte Theologie Joseph Ratzingers aus einer tiefen Christusfrömmigkeit nährt, die in der Liturgie ihren sinnenfälligen Ausdruck findet und das gesamte Leben prägt. Was vom Menschen als Geschöpf Gottes zu sagen ist, das lässt sich nur von Christus her sagen.
„Christus alles in allem“: Das gilt nicht nur im Bereich theologischer Reflexion, das gilt auch im gläubigen Dasein, das sich ganz durchdringen lässt von der Gegenwart des Gekreuzigt-Auferstandenen.
Die vorliegende Arbeit schlägt einen weiten Bogen, so dass sich dem Leser ausgehend von der Frage nach Anthropologie und Schöpfungstheologie im Werk Joseph Ratzingers eine Einführung in die wichtigsten Aspekte des theologischen Schaffens des heutigen Papstes insgesamt bietet. Diese Arbeit ist von ihrem Themenfeld her bewusst breit angelegt: Dies erspart dem geneigten Leser nicht eine manchmal etwas anstrengende Auseinandersetzung mit vielen verschiedenen Einzelaspekten, die freilich oft nur oberflächlich angerissen werden können. Andererseits lässt es sich im Rahmen eines solchen weiten Themenfeldes nicht vermeiden, dass manches, was bereits im Vorhergehenden gesagt wurde, unter einem anderen Blickwinkel nochmals auftaucht und deshalb wiederholt werden muss. Dies hat jedoch zweifelsfrei den Vorteil, dass ein tieferes Durchdringen der Materie aus verschiedenen Blickwinkeln möglich wird und sich auch zeigt, dass die Theologie Joseph Ratzingers in einem großen Gesamtzusammenhang steht, der sich im wesentlichen unter die Paradigmen „Glaube und Vernunft“, „Christologie und Anthropologie“ sowie „Ekklesiologie und Liturgie“ stellen lässt.
Die bewusst gewählte Weite der Themenstellung war für den Verfasser besonders reizvoll, weil sich so ein wirklich vertiefte theologische Reflexion und Auseinandersetzung mit dem Theologen Joseph Ratzinger bot, die nicht nur bei oberflächlichen Einzelbeobachtungen stehen bleibt, sondern das gesamte Schaffen des heutigen Papstes in den Blick nimmt.
Für den Verfasser wurde die intensive Auseinandersetzung mit einem der größten Theologen der Gegenwart immer mehr zur Herausforderung. Zur Herausforderung deshalb, weil es einerseits galt, die zentralen Aspekte knapp und anschaulich darzustellen, ohne dabei der Gefahr der Verflachung zu erliegen. Gleichzeitig war es nicht leicht, aus der Fülle der immensen Literatur von und über Joseph Ratzinger verantwortlich auszuwählen und gerade im Bereich der qualitativ sehr unterschiedlichen Werke, die eine Einführung in das Werk Ratzingers bieten wollen, die verschiedenen „Geister“ zu unterscheiden.
Als Lektüre zur Einführung in das theologische Werk Joseph Ratzingers haben sich hierbei die Darstellungen von Hansjürgen Verweyen und Michael Schneider sowie die Sammelbände unter der Herausgeberschaft von Gerhard Ludwig Müller, Peter Hofmann sowie der in der Reihe Quaestiones disputatae erschienene Beitragsband von Meier-Hamidi/Schumacher von größter Nützlichkeit erwiesen. Nicht alles konnte berücksichtigt werden und so mag es an einzelnen Stellen dieser Arbeit durchaus als Mangel erscheinen, dass manche wichtigen Aspekte nicht in ihrer erschöpfenden Fülle behandelt werden. Manchmal wird der Leser auch eher zögernd nachfragen: Führt die ausführliche Darstellung nicht eher vom eigentlichen Thema weg? Hier ist Geduld angesagt, denn manches verbindet sich erst auf den zweiten Blick oder gegen Ende zum großen Ganzen der Thematik Schöpfungstheologie und Anthropologie.
Es wurde, soweit möglich, versucht, die wichtigsten theologischen Werke Joseph Ratzingers zu konsultieren und den Meister einer tiefen, oft meditativ-theologischen Sprache auch selbst zu Wort kommen zu lassen. Freilich musste dies aus Gründen der Übersichtlichkeit oftmals im Fußnotenapparat erfolgen. Obwohl dies nicht der gebührende Ort für die Ausführungen eines Joseph Ratzinger ist, war es doch die einzige und sinnvollste Möglichkeit, um das im Fließtext Gesagte hinreichend abzustützen und zu ergänzen. So ermöglicht der Fußnotenapparat durch die ausführliche Zitation zentraler Stellen aus dem Werk Ratzingers ein ver-tieftes Eindringen in die Materie. Die im Text und in den Fußnoten verwendeten Zitate wurden aus Gründen der Einheitlichkeit der neuen Rechtschreibung angepasst; kleinere Fehler wurden stillschweigend verbessert.
Noch ein kurzes Wort zur Namensproblematik: Der kirchliche Brauch bringt es bekanntlich mit sich, dass sich ein neugewählter Papst einen anderen Namen wählt, um somit ein Zurücktreten seiner bisherigen Persönlichkeit vor dem neuen universalen Amt deutlich zu machen. Im Falle Joseph Ratzingers, der als Professor, Erzbischof und Präfekt der Glaubenskongregation die katholische Theologie über Jahrzehnte an herausragender Stelle mitgeprägt und so bereits vor seinem Amtsantritt einen internationalen Bekanntheitsgrad erreicht hatte, kann dies im Zusammenhang mit der Neuausgabe seiner theologischen Werke für den noch unkundigen Wissenschaftler zu nicht wenig Konfusion führen. Manche Titel werden nun unter beiden Namen veröffentlicht, manche Titel erscheinen – vermutlich um der größeren Verkaufszahlen willen – nur noch mit dem Autorentitel „Papst Benedikt XVI.“, obwohl sie weit vor der Wahl Joseph Ratzingers zum Papst verfasst wurden. Wie der Papst immer wieder betont, ist es ihm ein Anliegen, dass Titel, die vor Antritt seines Pontifikats veröffentlicht wurden (und dies sind die weitaus meisten) oder dass auch nach seiner Papstwahl erschienene selbstständige theologische Veröffentlichungen, wie etwa im Falle seines 2007 erschienen Buches „Jesus von Nazareth“, ebenfalls unter seinem bürgerlichen Namen erscheinen, um seine Theologie nicht von vornherein unter einen gleichsam lehramtlichen Anspruch zu stellen. Deshalb wurde auch in der vorliegenden Arbeit versucht, diese konsequente Namenstrennung beizubehalten. Nur in grundlegenden Zusammen-fassungen wurden beide Namen verwendet.
In dem eingangs erwähnten Gutachten der Berufungskommission der Universität Tübingen kam der damalige Lehrstuhlinhaber Hans Küng zu dem Schluss, dass das theologische Schaffen des damals noch jungen Ratzinger Großes für die Zukunft erwarten lässt. Wie sehr sich diese Worte bewahrheiten sollten, konnte Küng damals wohl kaum ahnen.
Die Theologie Joseph Ratzingers ist und bleibt eine Herausforderung für jede theologische Reflexion der Gegenwart. Diese Herauforderung nicht zu scheuen, sondern mutig und neugierig anzugehen, das ist das Anliegen der vorliegenden Arbeit. Wer sich auf die Theologie Joseph Ratzingers/Benedikts XVI. einlässt, der wird beschenkt mit der tiefen Einsicht, dass der Glaube nichts Lebensfernes oder gar Lebensbedrohendes ist, sondern dass es auch heute noch lohnt, von der Schönheit des Glaubens an Jesus Christus Zeugnis zu geben. Einer Schönheit, die nicht auf vordergründigen Spekulationen beruht, sondern die wirklich Antwort gibt auf die Grundfragen menschlichen Lebens von der Erfahrung der Nähe Gottes im menschgewordenen Logos her. Wenn in dieser Studie etwas von dieser inneren Freude und zuversichtlichen Gewissheit des Glaubens spürbar würde, wäre ihr Ziel mehr als erreicht.
I Aspekte der Theologiegeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts in der Auseinandersetzung um Evolution und Schöpfungsglaube: Denkerischer Hintergrund der Theologie Joseph Ratzingers
1 Der Ausgangspunkt: Schöpfungstheologie im Werk Joseph Ratzingers
„Wir sind nicht das zufällige und sinnlose Produkt der Evolution. Jeder von uns ist Frucht eines Gedankens Gottes. Jeder ist gewollt, jeder ist geliebt, jeder ist gebraucht.“[4]
Diese Worte rief der neugewählte Papst Benedikt XVI. in der Predigt bei seiner Amtseinführung am 24. April 2005 den tausenden auf dem Petersplatz versammelten Gläubigen zu. Das Zitat erregte in manchen (vor allem naturwissenschaftlichen) Kreisen durchaus Erstaunen, vor allem als es Christoph Kardinal Schönborn in seinem umstrittenen Gastkommentar „Finding Design in Nature“ in der New York Times im Juli desselben Jahres als Beleg für seine Kritik am Evolutionismus zitierte:[5] Lehnt der Papst die Evolutionslehre ab? Ist er gar ein Anhänger von Intelligent Design und haben diese Tendenzen mit der Wahl Ratzingers zum Papst gleichsam lehramtliche Gültigkeit erlangt?
Um jenseits aller Polemik und pauschaler Verurteilung angemessen über diese kritischen Nachfragen diskutieren zu können ist es notwendig, sich mit den Aussagen und Grundanliegen von Joseph Ratzinger in Bezug auf die Schöpfungslehre und das Verhältnis von Naturwissenschaft und Glaube vertraut zu machen. Dies soll in der vorliegenden Studie anhand verschiedener Aspekte aus dem umfassenden Werk Ratzingers untersucht werden. Das Thema Schöpfungstheologie und Anthropologie scheint vor allem in den Reden und Verlautbarungen Joseph Ratzingers/Benedikts XVI. über das prägende Thema seines gesamten theologischen Schaffens, dem Verhältnis von Glaube und Vernunft im Christentum, immer wieder auf und durchzieht so gewissermaßen weite Teile seines theologischen Werkes:[6]
„Es geht um die Frage, ob das Wirkliche aufgrund von Zufall und Notwendigkeit [...], also aus dem Vernunftlosen entstanden ist, ob also die Vernunft ein zufälliges Nebenprodukt des Unvernünftigen und im Ozean des Unvernünftigen letztlich auch bedeutungslos ist oder ob wahr bleibt, was die Grundüberzeugung des christlichen Glaubens und seiner Philosophie bildet: In principio erat verbum – am Anfang aller Dinge steht die schöpferische Kraft der Vernunft.“[7]
Mit diesen knappen Worten ist auch das gesamte schöpfungstheologische und anthropologische Programm des jetzigen Papstes umrissen: Es geht um die Vernünftigkeit des Glaubens insgesamt und damit auch des Schöpfungsglaubens angesichts der Anfragen und Herausforderungen aus den Erkenntnissen der modernen Wissenschaft. In seinen Überlegungen bleibt Ratzinger hier ganz dem Erbe des Ersten Vatikanischen Konzils treu, das zwischen Glaube und Vernunft keinen Widerspruch feststellen kann und die menschliche Vernunft eingebettet sieht in den Gesamtzusammenhang des Glaubens, in der Weise nämlich, dass sich die beiden Zugänge zur religiösen Wirklichkeit gegenseitig ergänzen und befruchten (vgl. DH 3017 und 3019). Darauf wird im Folgenden noch einzugehen sein.
Eine kompakte Darstellung des Schöpfungstraktates fehlt im Werk des jetzigen Papstes, obgleich gemutmaßt wurde, der damalige Kurienkardinal habe über ein entsprechendes Buchprojekt nachgedacht – für die Zeit seines Ruhestandes.
Doch zunächst gilt es, an dieser Stelle zurückzukehren in die neuere Wissenschafts- und vor allem Theologiegeschichte: Wie verhielt sich die Kirche zum modernen Weltbild? Aus welchen Quellen speisen sich Schöpfungstheologie und Anthropologie Ratzingers?
2 Der wissenschaftsgeschichtliche Hintergrund: Darwins Evolutionslehre erschüttert die Welt
„Mein Gott, wir sollen vom Affen abstammen? Hoffentlich ist es nicht wahr; doch wenn es wahr sein sollte, dann lasst uns beten, damit es nicht allgemein bekannt wird!“[8]
Heutige Leser mag diese heftige Reaktion, die von der Frau des anglikanischen Bischofs von Worcester überliefert ist, eher zum Schmunzeln bringen; die Anekdote spiegelt aber in überspitzter Weise das Gefühl wider, das viele Zeitgenossen des 19. Jahrhunderts beschlich und das manche Menschen auch unserer Tage empfinden: Im Jahre 1859 hat Charles Darwin mit seinem spektakulären Buch The origin of species (deutsch: „Über den Ursprung der Arten“) und der von ihm darin dargelegten Evolutionslehre die westliche Welt erschüttert.[9]
Obgleich er darin die Frage nach der Herkunft des Menschen nur am Rande behandelte,[10] war für die gebildete Gesellschaft Europas klar: Hier legt Darwin eine Lösung für das Phänomen vor, das andere bereits vor ihm beobachtet und zu erklären versucht hatten (zum Beispiel Jean-Baptiste de Lamarck oder auch Gregor Mendel),[11] aber wofür es noch keine befriedigende Erklärung gab, nämlich für die Entwicklung des Universums aus einfachen Anfängen hin zu komplexen Systemen und letztlich zum Menschen.[12] Das Buch erregte ein weltweites Medienecho wie kaum ein anderes je zuvor. Es fand Verbreitung in weiten Teilen der Bevölkerung und selbst weniger Gebildete begannen sich für die erstaunlichen Erkenntnisse zu interessieren, die ihnen in Zeitungen und Zeitschriften plakativ verkündet wurden – oft auf Kosten wissenschaftlicher Seriosität.[13]
Dabei schwangen für viele im Hintergrund wohl grundsätzliche Fragen mit: Ist der Schöpfungsglaube, wie ihn die Bibel lehrt und wie er über Jahrhunderte von der Kirche verkündet wurde, durch die Erkenntnisse Darwins und der anderen Evolutionsforscher überholt? Beruht der jüdisch-christliche Glaube an einen Schöpfergott auf Betrug oder einem fatalen Irrtum? Diese Fragen stellten sich zurecht, denn Darwin beschrieb die Entstehung des Lebens anders als die Bibel. „Bei Darwin treten die Lebewesen unabhängig von jedem Schöpfer langsam durch Artenwandel ins Dasein und finden ihre Einheit in der willenlosen Natur [...]. Der Gegensatz zur Religion ist handgreiflich zu fassen: An die Stelle Gottes tritt die Natur.“[14]
Dieser letztgenannte Gedanke war freilich nicht neu, seit dem Zeitalter der Aufklärung hatte sich in der Philosophie die sukzessive Loslösung von der mittelalterlichen Theozentrik hin zu einer radikalen Anthropozentrik, die jeden Transzendenzbezug von vornherein ausschloss, vollzogen.[15]
Neu war die naturwissenschaftliche Plausibilität, mit der solche Gedanken vorgetragen wurden. Die Evolutionstheorie konnte sich zudem auf sensationelle Fossilfunde stützen, die im 19. Jahrhundert gemacht wurden und in vielen Punkten als Bestätigung für die Evolution der Arten angesehen werden können.[16]
Für viele Forscher und Philosophen stand deshalb angesichts der Evolutionslehre ohne Zweifel fest, was der französische Astronom, Mathematiker und Politiker Laplace gegenüber Napoleon geäußert hatte – von ihm gefragt, wo in seinen naturwissenschaftlichen Erkenntnissen noch Platz für Gott sei: „Die Hypothese Gott brauche ich nicht mehr.“[17]
So entwickelte sich aus der von Darwin und anderen vorgelegten Theorie über die Entstehung der Welt und der Lebewesen eine selbstbewusste Lehre, die die Form einer alles umgreifenden Weltanschauung annahm: Der Evolutionismus war geboren.
Wegbereiter dieser Weltanschauung waren prominente Forscher wie zum Beispiel Ernst Haeckel oder Karl Vogt.[18] Während Darwin in seinen Werken wenigstens noch vage für einen Weltschöpfer (wenn auch nicht im Sinne christlicher, sondern deistischer Ausprägung) Platz gelassen hatte,[19] vertraten die Anhänger der evolutionistischen Weltanschauung die Meinung, „nach der das menschliche Leben nur aus seiner Geschichte und nur aus dem Evolutionsablauf besteht.“[20] Das Bild vom Menschen als Produkt der Evolution, das ausgehend von einer solchen Weltsicht gezeichnet wurde, unterschied sich ebenfalls eklatant von der christlichen Anthropologie; darauf wird im weiteren Verlauf noch ausführlich einzugehen sein.
Der Glaube an einen Schöpfergott erschien auf diesem Hintergrund nur noch als frommes Hirngespinst zur Machterhaltung der Kirche. Auch nicht wenige Gläubige waren zutiefst verunsichert: Hatten die modernen naturwissenschaftlichen Erkenntnisse nicht die religiösen Lehren von der Erschaffung der Welt im Sinne einer wörtlichen Bibelauslegung, wie sie bis dahin noch weithin üblich war, Lügen gestraft? Woran sollte man sich jetzt noch halten, wenn immer neue Beweise und Funde der Evolutionslehre zum Durchschlag verhalfen? „Unkenntnis und Vorurteile haben eine weitere Klärung des Sachverhaltes gebremst und bei vielen Gläubigen zu Gewissenskonflikten geführt.“[21]
In dieser breiten Verunsicherung klingt bereits unterschwellig eine Grunderkenntnis an, die auch heute noch die Diskussion um Schöpfungsglaube und Evolutionslehre bestimmt: Mit dem Schöpfungsdogma steht und fällt der christliche Glaube.[22]
Warum noch an einen Erlöser, Retter und Vollender glauben, wenn bereits die Grundbotschaft des christlichen Glaubens, die Erschaffung der Welt durch Gott, „falsch“ ist? Wird dann nicht die christliche Botschaft zur hohlen Phrase, die Kirche zur großen „Märchenerzählerin“, die man nur noch als Relikt aus uralten, „unaufgeklärten“ Zeiten betrachtet, aber der man sonst keinen Glauben zu schenken braucht?
Genau das ist es, was der Kirche in der Diskussion um die Evolutionslehre heute noch immer wieder vehement vorgeworfen wird.[23]
Die Werke Charles´ Darwins hatten den europäischen und nordamerikanischen Kontinent erschüttert. Wie sollten die christlichen Konfessionen reagieren?
3 Wichtige kirchliche Aussagen zur Diskussion um Schöpfungslehre und modernes Menschenbild bis zum Zweiten Vatikanischen Konzil
3.1 Reaktionen des Lehramts auf die Erkenntnisse der modernen Naturwissenschaften
Obgleich es Charles Darwin fern lag, mit seinen Veröffentlichung über die Evolution der Welt und des Menschen theologische Gefilde zu betreten oder gar religiöse Gefühle zu verletzen,[24] barg seine Lehre über die natürliche Zuchtwahl, von Mutation und Selektion, vom Überleben des Stärkeren etc. eine nicht geringe Zahl von Problemen für den Schöpfungsglauben, wie ihn die katholische Kirche über Jahrhunderte hinweg gelehrt hatte. Nicht wenige der Bischöfe und weiteren Kirchenvertreter sahen den Grundbestand des Glaubens gefährdet. So verurteilte zum Beispiel ein Jahr nach der Veröffentlichung von On the origin of species (1859) die Synode der Kirchenprovinz Köln die Evolutionslehre als gänzlich unvereinbar mit dem katholischen Glauben.[25] Die Synodenväter setzten voraus, dass die Menschen zweifelsfrei vom ersten Menschen Adam abstammen und verurteilten den Gedanken einer Entwicklung des Menschen aus primitiven Anfängen.[26] Diese Formulierungen hatten auch Einfluss auf die Diskussionsinhalte beim Ersten Vatikanischen Konzil.[27]
Auch ein Blick in den berühmten Syllabus, jener von Papst Pius IX. im Jahr 1864 veröffentlichten „Sammlung von Irrtümern“ als Anhang der Enzyklika Quanta cura, macht die abwehrende Haltung der Kirche gegenüber den Erkenntnissen der modernen Naturwissenschaft deutlich. Darin wurde zum Beispiel folgende Meinung verurteilt: „Die göttliche Offenbarung ist unvollkommen und deshalb einem beständigen und unbegrenzten Fortschritt unterworfen, der dem Fortschritt der menschlichen Vernunft entspricht.“[28]
Hier liegt ein Verständnis zu Grunde, wonach die göttliche Offenbarung keiner weiteren menschlichen Interpretation bedarf. Auch wird das scholastische Denken im Syllabus als geltendes und verpflichtendes Modell für die moderne Wissenschaft verstanden.[29] Diesem vom Papst vorgegeben Weg fühlte sich die Mehrheit der Theologen bis zum Zweiten Vatikanischen Konzil verpflichtet.
Die neue Entwicklungslehre stieß zumal im Hinblick auf den Leib des Menschen auf heftige Ablehnung, da der Schöpfungsbericht der Genesis wörtlich aufgefasst und jede Interpretation verweigert wurde, so zum Beispiel bei Palmieri und Scheeben und sogar noch 1948 bei Kardinal Ruffini.[30]
3.2 Das Erste Vatikanische Konzil
Das Erste Vatikanische Konzil 1869/70 stellte den Höhepunkt der kirchlichen Auseinandersetzung mit den geistigen Bewegungen der Neuzeit dar.[31] Die Kirche fühlte sich nicht nur durch die Erkenntnisse der Naturwissenschaften und deren philosophischer Ausformung im Hegelianismus, Materialismus und philosophischem Idealismus bedrängt, sondern auch durch den Versuch katholischer Theologen, wie etwa Georg Hermes und Anton Günther, den christlichen Offenbarungsglauben mit dem modernen Zeitgeist zu versöhnen. Dies hatte jedoch auch eine Verwässerung und Abschwächung der christlichen Botschaft zur Folge – eine Tendenz, die der Papst und die Konzilsväter ebenfalls nicht mitzutragen bereit waren.[32]
Eine weitere Herausforderung stellte der politische und weltanschauliche Liberalismus dar, der die Religion immer weiter aus dem öffentlichen Leben drängte.
Zu den wesentlichen Themen des Ersten Vatikanischen Konzils gehörten daher – in der Rezeption oft verdeckt durch das Hauptthema der Definition der päpstlichen Infallibilität – die Erörterung der durch die Entwicklung der Wissenschaften entstandenen Probleme sowie ihr Verhältnis zum Glauben.[33]
3.2.1 Die dogmatische Konstitution Dei Filius
In der dogmatischen Konstitution Dei Filius fand schließlich die Auseinandersetzung mit der geistigen Problematik des neuen, durch die Erkenntnisse der Naturwissenschaften geprägten Zeitalters ihren Niederschlag.[34] Ziel der Konzilskonstitution war es, die grundsätzliche Vereinbarkeit von Glaube und Vernunft darzulegen und zwischen diesen beiden Polen zu vermitteln.[35] Es können hier nur einige wenige Punkte genannt werden, die für das weitere Verständnis der Entwicklung von Schöpfungstheologie und christlicher Anthropologie notwendig sind.
Die Konstitution definiert das Verhältnis von Glaube und Vernunft in drei Schritten:[36]
1. Der Glaube steht über der Vernunft, da auch die Vernunft von Gott geschaffen und der Mensch gehalten ist, „dem offenbarenden Gott im Glauben vollen Gehorsam des Verstandes und des Willens zu leisten“ (DH 3008).
2. Zwischen Glaube und Vernunft besteht kein Widerspruch, da beides seinen Ursprung in der Schöpfungstat Gottes findet.
3. Glaube und Vernunft bereichern und befruchten sich gegenseitig.
Denn „[...] auch wenn der Glaube über der Vernunft steht, so kann es doch niemals eine wahre Unstimmigkeit zwischen Glauben und Vernunft geben [...]: Denn derselbe Gott, der die Geheimnisse offenbart und den Glauben eingießt, hat in den menschlichen Geist das Licht der Vernunft gelegt, Gott aber kann sich nicht selbst verleugnen, noch jemals Wahres Wahrem widersprechen.“ (DH 3017)
Absicht des Konzils war es, die Einheit wie auch die Unterschiede der beiden Erkenntnisarten Glaube und Vernunft aufzuzeigen. Dabei wird deren Verhältnis zueinander nicht als Gegensatz, sondern als gegenseitige Bereicherung verstanden.[37]
Vor dem Hintergrund dieser grundsätzlichen Klärung, die bis heute in die Auseinandersetzung Schöpfungsglaube-Evolutionslehre mit hinein spielt, machte das Konzil auch einige wichtige Aussagen zur speziellen Schöpfungslehre. Dabei ging es vor allem darum, die gegenwärtigen Strömungen des Materialismus, Pantheismus und Rationalismus abzuwehren und dem die klare katholische Lehre über Schöpfung und Offenbarung gegenüberzustellen.[38] Diese Darlegung sollte fast ein Jahrhundert lang die Grundlage katholischer Fundamentaltheologie und Dogmatik bilden.
Was ist nun der konkrete Beitrag der Konstitution zur Schöpfungslehre? Hier ist zunächst einschränkend zu sagen: Die Schöpfungslehre stellte, wie auch beim Zweiten Vatikanischen Konzil, kein eigenständiges Thema der Beratungen dar. Dem Konzil ging es vor allem darum, „in Auseinandersetzung mit dem Pantheismus die Transzendenz Gottes zu lehren.“[39]
Damit verwoben sind jedoch auch wichtige Aspekte von Schöpfungstheologie und Anthropologie, die sich in drei Stichworten aufzeigen lassen: Die absolute Unterschiedenheit Gottes von der geschaffenen Welt, die Freiheit und Unabhängigkeit der göttlichen Schöpfungstat, sowie die Lehre vom sogenannten Schöpfungszweck.[40]
3.2.2 Explizite Aussagen der Konstitution Dei Filius zur Schöpfungslehre
Die Unterschiedenheit Gottes von seiner Schöpfung benennt das Konzil mit der traditionellen katholischen Lehre von der creatio ex nihilo: Die Schöpfung ist nicht ableitbar, auch nicht aus dem Wesen Gottes selbst, sondern gründet allein im freien göttlichen Willensentschluss.[41] Damit lehnt sich die Konstitution an die Lehre des IV. Laterankonzils von 1215 an. Die Welt ist nicht selbst Gott oder gleichwesentlich mit ihm als Ausdruck einer fast „zwanghaften“ göttlichen Selbstentfaltung, sondern sie ist „freigegeben in den Selbststand eigenen Wesens.“[42]
Die Lehre von der Freiheit der Schöpfung wurde in Abwehr pantheistischer Systeme sowie der Kreationstheorie Günthers entwickelt.[43] Die Freiheit des Schöpfers ist laut Konzil dadurch bestimmt, dass sie nicht eine dem menschlichen Handeln vergleichbare physische Wahlfreiheit, sondern eine eigentliche und allumfassende Wahlfreiheit ist. Gott war nicht gezwungen, zu schaffen, sondern die Schöpfung verdankt sich ganz und gar dem freien Willensentschluss und der Setzung Gottes.[44]
Schließlich geht die Konzilskonstitution noch auf den sogenannten Zweck (finis) der Schöpfung ein. Diese Ausführungen waren wiederum als Abwehr gegen Diejenigen gedacht, die der katholischen Kirche vorwarfen, sie würde durch ihre Lehre von der Ehre Gottes als erstem Schöpfungszweck ihre eigene Ehre und Macht zu vergrößern suchen.
Das Konzil begreift die Schöpfung als Offenbarung der Vollkommenheit Gottes. Dadurch ist auch der objektive Schöpfungszweck gegeben: die Verherrlichung Gottes, der in voller Freiheit aus nichts alles schafft.[45] Die Vollkommenheit Gottes kann nach der Lehre des Konzils durch die Geschöpfe nicht vermehrt werden, sie erweisen ihm aber Ehre dadurch, dass sie sind und indem ihre Vollkommenheiten auf die absolute Vollkommenheit Gottes verweisen.[46] Die Konstitution gibt aber nicht an, dass diese Verherrlichung der hauptsächliche Schöpfungszweck ist, sondern setzt ihn mit dem zweiten Schöpfungszweck, der in der Spendung von Wohltaten an die Geschöpfe besteht, parallel.[47] Explizit verurteilt werden die Ansichten von Günter und Hermes, die den Schöpfungszweck der Verherrlichung Gottes für unvereinbar halten mit seiner Liebe zu den Geschöpfen.[48]
Diese kurzen Angaben mögen genügen, um die Hauptintention des Konzils in Bezug auf die Schöpfungslehre deutlich zu machen: Es akzentuiert deren wesentliche Grundaussagen, indem es auf die Tradition der Väter und der Konzilien verweist. Dies geschieht vor allem in strikter Abgrenzung von Pantheismus, Materialismus und philosophischem Idealismus.
Das Gesamtbild der Schöpfungsaussagen auf dem Ersten Vatikanischen Konzil bleibt jedoch unvollkommen. So fehlen jegliche Hinweise auf trinitätstheologische, christologische oder heilsgeschichtliche Aspekte des christlichen Schöpfungsglaubens.[49]
Auch findet in der Konstitution Dei Filius keine direkte Auseinandersetzung mit den neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen der Zeit oder mit dem Evolutionismus als Weltanschauung statt. Verurteilt werden nur bestimmte philosophisch-denkerische Zuspitzungen. Eine konkrete Äußerung zu der Frage, ob und vor allem wie der christliche Schöpfungsglaube mit den Entdeckungen der Naturwissenschaften (die sich auf gut fundierte Beweise stützen konnten) in Einklang gebracht werden könne, ließ die Konstitution Dei Filius weitgehend offen.
„Das Konzil hatte zwar die Notwendigkeit, sich dem modernen wissenschaftlichen Denken zu öffnen, erkannt, verwirklichte dies aber nicht in ausreichendem Maße, deswegen war die schon begonnene Verfremdung von Evolutionsgedanke und Glaube nicht mehr aufzuhalten.“[50]
Die Konstitution Dei Filius des Ersten Vatikanischen Konzils spielt im Werk Joseph Ratzingers eine große Rolle, vor allem in seiner Verhältnisbestimmung von Glaube und Vernunft. Davon wird später noch die Rede sein.
Zunächst bleibt hier festzuhalten: Das Konzil hatte sich mit seinen Darlegungen im Bereich der Schöpfungslehre und Anthropologie auf den Weg zur rationalen Bestimmung des Glaubensbegriffs gemacht, der für Joseph Ratzinger entscheidende Bedeutung besitzt. Eine offene und selbstbewusste Auseinandersetzung im Sinne eines echten Dialogs wurde in Dei Filius noch nicht gewagt: Dies sollte erst in der Pastoralkonstitution des Zweiten Vatikanischen Konzils erstmals offiziell geschehen, wie im Folgenden noch zu zeigen sein wird. Die Theologie Joseph Ratzingers speist sich aus beiden Komponenten: Zum einen einer reflexiven Bewegung nach „innen“ im Sinne einer Verhältnisbestimmung von Vernunft und Glaube und zum anderen einer Bewegung nach „außen“ im Dialog mit dem modernen Welt- und Menschenbild, das auf der genannten Reflexion aufbaut.
Doch soll hier nicht zu weit vorgegriffen werden: Zunächst gilt es, in groben Zügen die theologische Entwicklung im Bereich der Schöpfungstheologie und dem daraus resultierenden Verständnis des Menschen zwischen den beiden Vatikanischen Konzilien nachzuzeichnen, dem Zeitraum also, in welchem Joseph Ratzinger seine theologische Formung und Ausbildung empfing und auf deren Grundlage sich unter dem wegweisenden Eindruck des Zweiten Vatikanischen Konzils seine Theologie weiterentwickeln konnte.
3.3 Die Zeit zwischen den Konzilien: Abwehr und Annäherung
In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts war es das Anliegen zahlreicher Theologen, die Verständigung zwischen Glaube und moderner Naturwissenschaft zu erreichen. Diese hatten jedoch oftmals mit sehr restriktiven Maßnahmen von Seiten der Kurie zu rechnen, wie das Beispiel Teilhard de Chardins augenfällig beweist.[51]
Eine weitere Gruppe von Theologen dieser Zeit sah kein Hindernis mehr darin, eine Evolution des menschlichen Leibes anzunehmen, wollte aber die menschliche Geistseele vom Evolutionsgeschehen ausgenommen wissen. Als Beispiel seien hier Namen genannt wie Mivart, Leroy oder Zahm.[52] Doch auch diese Theologen gerieten zunächst in Schwierigkeiten mit dem Lehramt. Erst nach der Enzyklika Humani generis von Papst Pius XII. aus dem Jahr 1950, von der weiter unten noch die Rede sein wird, begann sich dieses Denkmodell wieder zu etablieren. Ein kleiner Vorgriff: auch im Schrifttum Joseph Ratzingers finden sich Hinweise auf eine derartige Meinung.[53]
Sehr befremdlich wirkt diesen denkerischen Aufbrüchen gegenüber die Erklärung der päpstlichen Bibelkommission aus dem Jahr 1909, wonach an einer wörtlichen Auslegung des biblischen Schöpfungsberichts festzuhalten sowie an der exakten Historizität der biblischen Urgeschichte nicht zu zweifeln sei (vgl. DH 3512). Damit verwarf die Kommission jede Möglichkeit, den Schöpfungsglauben mit der Evolutionslehre zu versöhnen.[54] Diese – im Nachhinein betrachtet – eher peinliche Behauptung wurde zwar in einem Text der selben Kommission aus dem Jahre 1948 dahingehend umgedeutet, indem ausgeführt wurde, die Erklärung von 1909 habe weitere wissenschaftliche Studien nicht ausschließen wollen. In der öffentlichen Meinung allerdings hatte sich das Bild einer Kirche, die in Wagenburgmentalität alte Mythen zu verteidigen sucht, bereits fest eingebürgert.[55]
„In eine sachlich angemessene Auseinandersetzung mit der Evolutionstheorie konnte die theologische Diskussion erst treten, nachdem – auf der Basis der historisch-kritischen Bibelexegese – ein adäquates Verständnis der Aussageintention der biblischen Schöpfungserzählungen möglich wurde.“[56]
Einen ersten Schritt in diese Richtung wies die Enzyklika Divino afflante Spiritu von Papst Pius XII. im Jahre 1943, in der er die bildhafte Sprache zahlreicher biblischer Texte anerkannte und den Weg zu einer fundierten historisch-kritischen Exegese auch der biblischen Schöpfungserzählungen frei machte.[57]
Einen entscheidenden Fortschritt bildeten auch die Formulierungen der bereits genannten Enzyklika Humani generis Pius´ XII., in der dieser den christlichen Wissenschaftlern und Theologen gestattete, die Evolutionstheorie in Bezug auf die Frage nach dem Ursprung des menschlichen Lebens zu prüfen.[58] In Bezug auf die Entstehung der menschlichen Seele hielt der Papst jedoch an der bis heute prägenden Grundüberzeugung fest: „[D]ass die Seelen [...] unmittelbar von Gott geschaffen sind, dies festzuhalten gebietet uns der katholische Glaube“ (DH 3896).
In einer Ansprache vor der päpstlichen Akademie der Wissenschaften hatte sich Pius XII. bereits 1941 zur Frage der Abstammung des Menschen geäußert. Er schloss dabei die Möglichkeit aus, dass der Mensch sich von einem niederen Lebewesen her entwickelt habe. Es bestehe zwar, so der Papst damals, durchaus Grund zu der Annahme, dass zwischen dem ersten Menschen und einem niederen Lebewesen eine physische Verbindung bestehe, aber dies könne keine Verbindung im Sinne einer direkten Abstammung sein.[59] Die Betonung des Papstes, dass es noch keine endgültigen Ergebnisse gebe, ließ Raum für die weitere Entwicklung des Schöpfungsverständnisses angesichts der modernen naturwissenschaftlichen Erkenntnisse.[60]
Dieser kurze Durchzug durch einige wichtige lehramtliche Aussagen in der Zeit nach der „darwinistischen Revolution“ macht vor allem eines deutlich: Die in weiten Teilen neuscholastisch geprägte Theologie des 19. und frühen 20. Jahrhunderts versuchte durch einen Rückgriff auf Vätertraditionen und Verlautbarungen früherer Konzilien, modernistische Fehlentwicklungen in Philosophie und Theologie zurückzuweisen, die klare katholische Lehre darzulegen und sich – wenigstens ansatzweise – vor den Herausforderungen einer sich wandelnden Welt dennoch nicht zu verschließen.[61] Viele dieser Aussagen haben bis heute nichts an Gültigkeit eingebüßt und sind unabdingbar für das Verständnis der gegenwärtigen Debatte um die Schöpfungstheologie. Deshalb schien es ratsam, diese Entwicklung den weiteren Ausführungen „vorzuschalten“.
Zu einer offenen Auseinandersetzung mit dem übersteigerten Darwinismus kam es aber in dieser Zeit nicht, was eine zunehmende Entfremdung von Glaube und Naturwissenschaft zur Folge hatte. Dies zeigt auch ein Blick in die gängigen neoscholastischen Lehrbücher:[62] Hier finden sich große Abhandlungen über primären und sekundären Schöpfungszweck und die unverfügbare Transzendenz Gottes, Engellehre sowie erst an nachgeordneter Stelle über die Schöpfung des Menschen und seine Rolle in der Welt zur Verherrlichung Gottes. Katholische Schöpfungslehre schien hier oftmals nur noch als rein philosophische Spekulation ohne konkreten Bezug zur Lebenswelt. Sie erweckte folglich den Eindruck, nur noch als eine Art „Hilfswissenschaft“ zu gelten, von der aus sich zwar die weitere dogmatische Reflexion in ihren trinitätstheologischen, christologischen, anthropologischen Ausprägungen etc. entwickelte, aber doch nicht mehr in einem direkten Zusammenhang mit der Schöpfungstheologie stand.
Im Vorfeld des Zweiten Vatikanischen Konzils kam es aber zu ersten Verknüpfungsversuchen zwischen Theologie und Evolutionslehre, wofür erneut beispielhaft der Name Teilhard de Chardin stehen kann. Der 1955 verstorbene Jesuit erblickte gerade in der Dynamik des evolutiven Weltbildes eine Möglichkeit, die Verbindung zwischen Christologie und Kosmologie in zeitgemäßer Sprache zum Ausdruck zu bringen.[63]
Ein weiterer Name, der eng mit der Fortentwicklung theologischen Denkens und der Ermöglichung eines neuen Weltverständnisses zusammenhängt, ist Karl Rahner, der mit der von ihm postulierten „anthropologischen Wende“ die Theologie des 20. Jahrhunderts entscheidend geprägt hat.[64] Der Mensch als „Hörer der Wortes“ und Geschöpf Gottes wurde nun zum Ausgangspunkt theologischer Reflexion, statt wie bisher philosophische und abstrakte Spekulationen über das Wesen Gottes ohne konkreten Bezug zur Anthropologie und zur konkreten Lebenswirklichkeit.
Dabei geht es bei einer solchen theologischen Fokussierung auf den Menschen in seinem Bezug zur Transzendenz nicht um eine übersteigerte „Vergöttlichung“ des Menschen unter Ausblendung des Wahrheitsgehalts göttlicher Offenbarung und der stets gegebenen „Andersheit“ Gottes, sondern um eine Rückbesinnung auf die inkarnatorischen Wurzeln des Christentums, dessen Anfang nicht in einer abstrakten Idee, sondern in einer geschichtlichen Person gründet. Für Joseph Ratzinger, der sich dieser anthropologischen Ausrichtung der Theologie anschließt, ist diese Anthropozentrik nicht wie für das moderne Weltbild reiner Selbststand, sondern immer rückgebunden an das Christusmysterium.
Diese wenigen Hinweise mögen hier genügen – die weiteren Bedeutungsinhalte der anthropologischen Ausrichtung der Theologie werden sich im Verlauf dieser Studie noch an vielen Stellen zeigen. Ein Text des Zweiten Vatikanischen Konzils, der auch für die Weiterentwicklung der Schöpfungstheologie maßgeblich ist, zeigt diese anthropologische Ausrichtung sehr deutlich: die Pastoralkonstitution Gaudium et Spes.
4 Das Zweite Vatikanische Konzil: Die Pastoralkonstitution Gaudium et Spes – eine Neubestimmung innerhalb der Theologie
Eines der Hauptschlagwörter dieses zweifelsohne größten kirchlichen Ereignisses des vergangenen Jahrhunderts stellt die von Papst Johannes XXIII. ausgegebene Losung des Aggiornamento dar: „Verheutigung“ und damit letztlich Verlebendigung der oftmals verknöcherten Theologie und des kirchlichen Lebens, freilich nicht um den Preis von Selbstaufgabe und Verwässerung der Theologie, aber mit einem weiten Herzen für die Anliegen und Fortschritte der Moderne. Auch die Theologie heutiger Tage befindet sich noch in der Rezeptionsphase der vielfältigen Beschlüsse und Anstöße des Zweiten Vatikanischen Konzils.[65] Dabei ist auch für die schärfsten Kritiker klar: Hinter dieses Konzil führt kein Weg zurück. Und auch Papst Benedikt XVI., der selbst an manchen Verhandlungen beteiligt war, ist sich bewusst: Die Kirche darf die Auseinandersetzung und den offenen Dialog mit der Moderne nicht scheuen, wenn sie im Stimmengewirr der Gegenwart überhaupt noch wahrgenommen werden will.[66]
4.1 Die Grundintention von Gaudium et Spes (GS)
„In den zur Zeit des Konzils gängigen neuscholastischen Lehrbüchern war die Schöpfungslehre noch stark von metaphysischen Kategorien bestimmt [...]. Darum übernahm dieser Traktat auch oft die Funktion eines ,Scharniers´ zwischen der philosophischen Gotteslehre und den spezifisch offenbarungstheologischen Traktaten [...]. Im Konzil nun machte sich auch bei diesem Thema die generelle theologische Neuorientierung [...] bemerkbar.“[67]
Worin bestand nun diese Neuorientierung, inwiefern hat sie das Denken des Theologen Joseph Ratzinger beeinflusst und welche Folgen hat sie für die Schöpfungstheologie und theologische Anthropologie der Gegenwart? Dies soll im nun Folgenden skizziert werden.
Auch wenn die Schöpfungslehre kein ausgewiesenes Thema des Zweiten Vatikanischen Konzils war,[68] so finden sich doch zahlreiche schöpfungstheologische Aussagen vor allem in der Pastoralkonstitution Gaudium et spes.[69]
Schon die äußere Tatsache, dass sich die entscheidenden Aussagen des Konzils zur Schöpfungslehre und Anthropologie nicht in einem dogmatisch-lehramtlichen Dokument finden, sondern in der bis dato völlig ungewohnten Form einer constitutio pastoralis, die auch noch auf die Zeitbedingtheit ihrer Aussagen verweist (vgl. unter anderem GS 91),[70] macht den entscheidenden Wandel der katholischen Theologie im Konzil deutlich: Es geht der Kirche nicht mehr darum, im Sinne einer antimodernistischen Wagenburgmentalität das Bild einer societas perfecta zu zeichnen,[71] sondern in einen mutigen Dialog mit der modernen Welt zu treten – ohne freilich die Glaubenssätze, die sich aus Schrift und Tradition speisen, aufzugeben, aber auch nicht von vornherein die Fortschritte der modernen Gesellschaft in Kultur, Technik und Naturwissenschaft zu verurteilen.[72]
In seiner Absicht, die menschliche Gesamtwirklichkeit im Licht des Evangeliums zu deuten, stellt das Konzil fest, dass
„das Menschengeschlecht von einem mehr statischen Verständnis der Ordnung der Dinge zu einem mehr dynamischen und evolutionären Verständnis über[geht], woraus sich eine neue, denkbar große Komplexität der Probleme ergibt, die zu neuen Analysen und Synthesen herausfordert“ (GS 5).
Hier ist der Wandel innerhalb des Lehramts kaum deutlicher zu greifen: Von einer strikten Abwehr jedes Versuchs, Glaube und Evolution in Einklang zu bringen, hin zur Anerkennung der Evolution als Konstitutivum der Welt.[73]
Die Konstitution weist auf verschiedene Bereiche des wissenschaftlichen Fortschritts hin und lobt dessen Erfolge (vgl. GS 5). Aufgrund dieser Tatsache wurde der Konstitution in der Kritik nicht selten ein naiver „Fortschrittsoptimismus“ vorgeworfen, was aber kaum haltbar erscheint, wenn man diese Aussagen in den Gesamtzusammenhang des Dokumentes stellt, wo vor allem im zweiten Hauptteil auch Kritik an Folgen des Fortschritts geübt wird (zum Beispiel im ökonomischen oder politischen Bereich, vgl. GS 66 und 73).[74]
„So gibt nach Gaudium et Spes das evolutive Wirklichkeitsverständnis den Impuls für die vielfältigen Entwicklungsprozesse der Gegenwart.“[75] Die Konstitution greift in Anlehnung an das Erste Vatikanische Konzil die Meinung erneut auf, dass zwischen Glaube und Wissenschaft kein Gegensatz besteht.[76] Die Forschung wird
„in allen Disziplinen, wenn sie in einer wirklich wissenschaftlichen Weise und gemäß den sittlichen Normen vorgeht, niemals dem Glauben wahrhaft widerstreiten, weil die profanen Dinge und die Dinge des Glaubens sich von demselben Gott herleiten“ (GS 36).
Auch wenn das Konzil sich nicht explizit zu den durch den Evolutionismus aufgeworfenen Problemen und Sachfragen äußert,[77] so sind die oben angeführten Erwägungen durchaus als Aufforderung zu werten, sich den neuen Entwicklungen gegenüber unvoreingenommen zu öffnen.
Die Möglichkeit eines Austausches zwischen Theologie und Naturwissenschaft wird auch dadurch erleichtert, dass die Kirche im Konzil ihr statisches Weltbild aufgibt und zudem einräumt, dass viele Fragen im Bereich der Entwicklung der Menschheit ungeklärt sind – Fragen, auf die auch die Kirche nicht einfach pauschale Antworten geben kann.[78]
4.2 Der Mensch als Person in seiner Geschaffenheit
Im Mittelpunkt von GS stehen nicht abstrakte theologische Reflexionen, sondern das Konzil versucht eine nüchterne Beschreibung und Deutung der gegenwärtigen Situation der Menschheit im Licht des Evangeliums.[79] Das bedeutet: Ausgangspunkt der Theologie ist der Mensch. Auch die Schöpfung wird vom Menschen in seiner Bezogenheit zur Welt her gedeutet in dem Bewusstsein, dass die „Zeichen der Zeit“ (GS 4) auch auf den Schöpfer und Lenker des Universums verweisen.[80]
Die schöpfungstheologischen Aussagen von GS sind von einer starken Anthropozentrik geprägt.[81] Das Konzil geht in seinem Sprechen von der „Welt“ immer von der menschlich gestalteten Welt aus. Der Mensch in seiner Geschichtlichkeit und Gewordenheit steht im Mittelpunkt der schöpfungstheologischen Aussagen.[82] Das vorrangige Ziel des kirchlichen Handelns benennt die Konstitution bereits im Vorwort: „[Es geht] um die Rettung der menschlichen Person, es geht um den rechten Aufbau der menschlichen Gesellschaft“ (GS 3). Es wird deshalb auch das Gesamt der Menschheitsfamilie in den Blick genommen.[83]
Der theologische Leitgedanke der schöpfungstheologischen Aussagen in GS ist die biblische Botschaft von der Gottebenbildlichkeit des Menschen (vgl. GS 12).[84] In seiner Gottebenbildlichkeit besteht dessen wahre Würde: Weil er als Geschöpf Ebenbild Gottes ist, ist er auch Person. Die Rede von der personalen Würde hängt unmittelbar mit der religiösen Grunderfahrung zusammen, dass der Mensch sein Leben der schöpferischen Liebe Gottes verdankt.[85] Der Mensch kann sich seine Würde nicht per Beschluss eines Einzelnen oder einer Gemeinschaft selbst verleihen, sondern sie ist mit dem Menschsein selbst bereits immer mitgegeben.
4.3 Christus: Schöpfungsmittler und Urbild der neuen Schöpfung
Eng an den Begriff der Gottebenbildlichkeit gekoppelt ist auch die explizite Christozentrik der Pastoralkonstitution:[86] Die Ebenbildlichkeit des Menschen findet in dem Gott-Menschen Jesus von Nazareth seine höchste Vollendung, „der uns das Bild des Vaters gezeigt hat“ (vgl. Joh 14,9b-11). Er ist der vollkommene Mensch, der den durch die Sünde von Gott Getrennten die wahre Gottebenbildlichkeit wiedergibt (vgl. GS 22).[87] In seiner Funktion als Erlöser der Menschheit ist Christus „das Ziel der menschlichen Geschichte“ (GS 45). Das Konzil ruft in enger Anlehnung an das biblische Zeugnis die Lehre von Christus in Erinnerung als das „Wort Gottes, durch das alles geworden ist“ (GS 38). Jesus ist Schöpfungs- und Erlösungswort zugleich (GS 38), in seiner Menschwerdung und im Pascha-Mysterium nimmt Gott die Menschheit und den Einzelnen bedingungslos an.[88] „In der Beziehung zu Jesus Christus wird für das Konzil erst der eigentliche Sinn des Menschen und aller Dinge in der Welt [...] voll verstehbar.“[89] Nur in Christus kann die Geschichte des Einzelnen wie die der gesamten Welt ihr Ziel finden.[90]
4.4 Die eschatologische Dimension der Schöpfung und das Handeln des Menschen
Mit dieser heilsgeschichtlichen Einordnung der Schöpfungstheologie ist noch eine dritte Dimension verbunden, die in GS anklingt: Die Eschatologie. Die Menschheitsgeschichte ist nicht nur in ihrem schöpferischen Ursprung und ihrer Gegenwart, die immer auch Heilsgeschichte ist, sondern auch in der verheißenen Vollendung des Reiches Gottes umgriffen von der Gegenwart und Sorge Gottes.[91] Darauf geht GS ab Artikel 38 ausführlich ein.
Dabei kommt dem Handeln des Menschen in der Welt eine besondere Bedeutung zu, weil Gott durch Menschwerdung, Leiden und Auferstehung seines Sohnes die Welt und den Einzelnen unwiderruflich angenommen hat und die gesamte Schöpfung durch das Erlösungswerk Christi bereits in der Zeit in die künftige Vollendung eingetreten ist. Darum hat auch das menschliche Schaffen eine entscheidende Bedeutung für die Gestalt der Welt auf dem Wege zu ihrer endzeitlichen Vollendung.[92] Christozentrik und Anthropozentrik des Konzilstextes treffen in diesem Punkt aufeinander.
Die Menschheit ist in der Kraft des Heiligen Geistes aufgerufen, an der Errichtung des Gottesreiches mitzuwirken, indem sie dem Beispiel Jesu und seiner Liebe nachfolgt (vgl. GS 39).[93] Der Beitrag des Menschen zu einer gerechteren und humaneren Welt, wie sie allerdings erst im Eschaton zu ihrer reinsten Gestalt finden wird, ist Mitwirkung am Schöpfungswerk Gottes und Erfüllung des biblischen Herrschaftsauftrags (vgl. Gen 1,28: „Unterwerft [...] euch [die Erde]!“).[94]
An diesem Punkt zeigt sich der Grundgedanke des Konzils in Bezug auf die Schöpfungstheologie: Das schöpferische Handeln Gottes und das weltgestaltende Handeln des Menschen stehen nicht in Konkurrenz zueinander.[95] Das menschliche Schaffen in der Welt besitzt eine von Gott gesetzte Freiheit und Autonomie[96] – freilich nur dann, wenn es nicht zum Selbstzweck wird, sondern sich gläubig eingebunden weiß in die göttliche Schöpfungsordnung und sich seiner Verantwortung gegenüber dem Schöpfer bewusst ist (vgl. GS 36).
Das gilt auch für die Vollendung der Welt: Die menschliche Sorge für die Welt wird angesichts der eschatologischen Hoffnung auf die Entgrenzung aller menschlichen Unzulänglichkeit, also in der Hoffnung auf den „neuen Himmel und die neue Erde“ (vgl. Offb 21,1), die nur Gott schaffen kann, nicht überflüssig.[97] Der Mensch darf und muss kraft seiner Gottebenbildlichkeit und Gotteskindschaft in Christus mitwirken am Aufbau des kommenden Reiches. Andererseits kann und muss er nicht alles leisten: Die Kirche vertraut darauf, dass das menschliche Tun in all seiner Begrenztheit und Schwäche von Gott mit hinein genommen und gewandelt wird in die Gestalt seines Reiches, das kein Ende kennt.[98]
4.5 Zusammenfassung und Ausblick
Die Pastoralkonstitution des Zweiten Vatikanischen Konzils läutete nicht nur einen Neuaufbruch der Kirche in ihrem Verhältnis zur modernen Welt und Gesellschaft ein, sondern auch eine Neuausrichtung der Schöpfungstheologie und Anthropologie. Der katholische Schöpfungsglaube wird hier erstmals nicht in abstrakten theologisch-philosophischen Spekulationen über das Wesen Gottes, sondern vom Menschen her in seinem Personsein und seiner konkreten lebensweltlichen Erfahrung entworfen.[99]
Die Schöpfungslehre ist nicht nur „Ouvertüre“ und Grundlage für die Christologie, sondern sie ist eingebettet und empfängt ihre höchste Bedeutungsdimension vom Heilsereignis in Christus her. Er ist der „neue Adam“, der die Welt zur „neuen Schöpfung“ macht (vgl. 1 Kor 15,20-22).[100] Das Konzil verschließt sich nicht länger den Erkenntnissen einer evolutionären Entwicklung des Menschen und gibt den Weg frei zu einem interdisziplinären Austausch getreu seiner Auffassung, dass Glaube und recht verstandene Wissenschaft nicht in ernsthaften Gegensatz zueinander stehen können (vgl. GS 36).[101]
Neben diesen zahlreichen „neuen“ Aspekten – die aber nichts vollkommen anderes sind als die traditionelle kirchliche Lehre, sondern manche Akzente neu setzen und einzelne Punkte stärker hervorheben – fällt allerdings auf, dass sich das Konzil in seinen Ausführungen nur auf die vom Menschen zu gestaltende Welt beschränkt.[102] Die Konzilsväter verzichteten bewusst auf eine theologische Deutung von Welt und Kosmos als Ganzem – wohl in Abgrenzung zu den Aussagen Teilhards de Chardin, die in jenen Jahren heftig umstritten waren.[103]
Nach heutiger Sicht kann es durchaus als Mangel gelten, dass das Konzil nicht den Versuch unternommen hat, im Sinne einer umfassenden Kosmologie auch die außermenschliche Wirklichkeit des Kosmos, Natur und Umwelt in den schöpfungstheologischen Gedankengang mit einzubeziehen.[104] Ein solches Unterfangen erschien den Konzilsvätern wohl zu weit entfernt von den biblischen und patristischen Aussagen zu sein – gleichwohl sich eine solche theologische Kosmologie im Austausch mit den modernen Naturwissenschaften als unentbehrlich erweist.[105] Diese anthropologische Engführung des Konzilstextes wurde erst in der ab den siebziger Jahren auch innerkirchlich einsetzenden ökologischen Debatte überwunden.[106]
Dennoch bleibt zusammenfassend festzuhalten: Die schöpfungstheologischen Aussagen in GS erlaubten es der Theologie, in einen offeneren Dialog mit den Naturwissenschaften einzutreten, als dies vorher möglich gewesen war.[107] Die Kirche hatte erkannt, dass sie ihr statisches Weltbild aufgeben musste, um in der modernen Welt überhaupt noch dialogfähig zu sein. Sie öffnete sich dem evolutiven Denken im Sinne eines dynamischen Welt- und Geschichtsverständnisses und nahm den Menschen als gewordenes Wesen in den Blick.[108]
Allerdings: Der Anschluss an die sich immer rascher fortentwickelnde Wissenschaft war und ist immer noch schwierig. In vielen Köpfen erscheint auch heute eine Vereinbarkeit von Glaube und Wissenschaft als absolut ausgeschlossen. Die Kirche bekommt hierbei das Bild einer eifersüchtigen Hüterin von längst überholten Mythen zugewiesen: „Ein böses Diktum, das auch im Kontext von Schöpfungstheologie und Evolutionsbiologie auftaucht, besagt, man könne nicht gleichzeitig ehrlich, katholisch und intelligent sein.“[109]
Dennoch hat die Theologie den modernen Wissenschaften und der menschlichen Gesellschaft mit ihrem Machbarkeitsdenken und häufig zur Ideologie gewordenen Materialismus etwas zu sagen.[110] Dieser Herausforderung stellt sich auch die Theologie Joseph Ratzingers.
5 Joseph Ratzinger und die Pastoralkonstitution Gaudium et Spes
„Von allen Texten des Zweiten Vatikanischen Konzils war zweifellos die Pastoralkonstitution ‚Über die Kirche in der Welt von heute’ (Gaudium et spes) der schwierigste und neben der Liturgiekonstitution sowie dem Ökumenismusdekret auch der folgenreichste. Er tritt in seiner Gestalt und in der Richtung seiner Aussage am meisten aus der bisherigen Konziliengeschichte heraus [...]. So wurde er denn auch nach Konzilsende immer mehr als dessen eigentliches Vermächtnis angesehen [...].“[111]
Als Konzilstheologe und Berater des Kölner Erzbischofs Josef Kardinal Frings war der junge Professor Ratzinger auch in den Entstehungsprozess des sogenannten „Schema XIII“ miteinbezogen, das während der gesamten Konzilszeit in den Ausschüssen diskutiert wurde und aus dem schließlich nach mehrfacher vollständiger Überarbeitung die Pastoralkonstitution in der heute bekannten Fassung entstand.[112]
In seinen Vorträgen und Rechenschaftsberichten über die Arbeit des Konzils bezeichnet Ratzinger das zu erarbeitende Dokument über Kirche und Welt als „zweifellos das problematischste, weil einfach die entsprechenden theologischen Reflexionen fehlen, um hier zu einer voll befriedigenden Aussage zu gelangen.“[113] Er glaubt in diesem Zusammenhang zwei verschiedene theologische Richtungen ausmachen zu können, die jeweils zu einer unterschiedlichen Bewertung des Verhältnisses von Kirche und Welt kommen: Zum einen die Bejahung der Welt und der Leistungen des Menschen mittels des Inkarnationsgedankens, zum anderen eine radikale Kreuzestheologie, die vor allem den sündhaften Charakter der Welt sieht und ihre endgültige Befreiung erst am Ende der Zeiten erwartet.[114]
Wie aus dem Text von GS unschwer zu erkennen ist, hat sich das Konzil eher für die erste Variante mit einer starken Betonung des Mysteriums der Inkarnation und der Neuschöpfung, die sich in der Auferstehung Christi eröffnet, entschieden:
„Tatsächlich klärt sich nur im Geheimnis des fleischgewordenen Wortes das Geheimnis des Menschen wahrhaft auf. [...] Da nämlich Christus für alle gestorben ist und da es in Wahrheit nur eine letzte Berufung des Menschen gibt, die göttliche, müssen wir festhalten, dass der Heilige Geist allen die Möglichkeit anbietet, diesem österlichen Geheimnis in einer Gott bekannten Weise verbunden zu sein. Solcher Art und so groß ist das Geheimnis des Menschen, das durch die christliche Offenbarung den Glaubenden aufleuchtet. Durch Christus und in Christus also wird das Rätsel von Schmerz und Tod hell, das außerhalb seines Evangeliums uns überwältigt.“ (GS 22)
Diese Linie schien Joseph Ratzinger durchaus zum Mitgehen bereit zu sein, während er aber in der Diskussion um den letzten Textentwurf von 1965 betonte, dass die Konstitution bei der Würdigung der menschlichen Leistungen und Möglichkeiten nicht in zu große Euphorie verfallen dürfe und hier noch viel akzentuierter das Geheimnis der Erlösung herauszustellen habe: Der Mensch und die Schöpfung können nur durch Christus, nicht aus sich selber heraus erlöst werden.[115] Für Ratzinger ist also das Mysterium der Inkarnation nicht ohne das Kreuzesmysterium denkbar; beides zusammen wird ihm zum Ausgangspunkt seiner Sicht des Menschen und der Schöpfung.[116]
Auch mahnte der junge Konzilstheologe einen stärkeren biblischen Bezug innerhalb der Pastoralkonstitution an. Dem Einwand vor allem der französischen Theologen, dass man, um in Kontakt mit der modernen Welt treten zu können, zunächst mit allgemein menschlichen Grunderfahrungen und Beobachtungen aus der Zeitsituation heraus beginnen müsse und erst dann den spezifisch christlichen Standpunkt aus Schrift und Tradition einbringen könne, entgegnete er:
„Man wird sich doch fragen müssen, welches Interesse eigentlich gerade für den Außenstehenden eine theologische Aussage besitzt, die sich von ihrem Ursprung weitgehend gelöst hat. Kirchlich gesehen kommt die Frage hinzu, welche Hoffnung man wohl an eine Erneuerung knüpfen kann, die als Maßstab hat, es möglichst allen recht machen zu wollen."[117]
Für Ratzinger ist ein Austausch mit der modernen Welt nicht ohne Rückbesinnung auf die Offenbarung und die Wurzeln christlichen Glaubens durchführbar. Das ist der Grund, warum er immer wieder vor einer schleichenden Relativierung der christlichen Botschaft und in ihrer Folge auch der politisch-moralischen Werte warnt, die nicht nur den steigenden Bedeutungsverlust des Christentums zur Folge haben, sondern letztlich zu einer Herrschaft der Unvernunft führen.[118]
Das grundlegend Andere und auch das Anstößige des Glaubens will er nicht zugunsten einer „Wohlfühlreligion“ wegdiskutiert wissen; ihm geht es darum, den Dialog mit einer sich immer schneller entwickelnden Welt vor diesem heilsgeschichtlichen Hintergrund zu führen: Die Welt ist im Mysterium der Liebe Christi bereits hineingenommen in das Werk der Erlösung, sie ist auf dem Weg zu ihrer von Gott gewollten Gestalt; die Schöpfung empfängt durch das Christusgeheimnis ihren letzten Sinn, den der Mensch sich letztlich nicht selbst geben kann.[119]
Dies wertet die menschlichen Leistungen nicht ab, aber es überbewertet diese auch nicht: Der Mensch kann nicht sein eigener Erlöser sein. Dialog mit der Welt ohne fundierte Christologie kann es für Ratzinger nicht geben:
„Entweder trifft der Glaube an Christus wirklich das Zentrum der menschlichen Existenz [...], so dass der, der diesen Glauben angenommen hat, nur von hier aus und von hier aus wirklich den Menschen beschreiben kann, oder er ist eine Sonderwelt neben der gewöhnlichen.“[120]
Hier denkt Ratzinger den anthropologischen Ansatz des Konzils radikal weiter, um der Gefahr zu begegnen, dass der Glaube sich aus Gründen einer übertriebenen Anpassungsfreudigkeit wieder selber in eine Ghettosituation begibt, aus der das Konzil die Kirche eigentlich befreien wollte.[121]
Die Pastoralkonstitution verbindet den Schöpfungsgedanken eng mit christologischen, eschatologischen und ekklesiologischen Aspekten. Dieser Konzeption schließt sich Ratzinger in weiten Teilen an, wobei er die in GS angeklungenen Aspekte konsequent weiterdenkt: Kirche und Welt sind kein unversöhnliches Gegensatzpaar, wie es angesichts der restriktiven kirchlichen Verlautbarungen des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts den Eindruck erwecken könnte,[122] aber Kirche und Welt können auch nicht einfach identisch gesetzt werden.
Die Kirche greift nach Ratzinger in ihrem Wesen die Heilswirklichkeit auf, die der Welt so schmerzlich fehlt und die Kirche weist in ihrer Gestalt hin auf das Ziel der Schöpfung – zwar durch menschliche Schwäche und Gebrochenheit hindurch, aber doch wirklich und erfahrbar.[123]
Weitere Einwände erhebt der Konzilstheologe Ratzinger an einer „fast naiv wirkende[n] Fortschrittsfreudigkeit“[124] des Textes, die er als Folge einer verkürzten Interpretation der Lehre Teilhard de Chardins sieht, wonach der Schlusspunkt der technischen Entwicklung auch die vollständige Christogenese in jenem Punkt Omega darstellt, auf den nach Teilhard die Schöpfung in ihrer Gesamtheit hinzielt.[125] Die Utopie einer technischen Allmacht und die christliche Erwartung des Reiches Gottes scheinen vor diesem Hintergrund zu verschmelzen, die vollständige und oft ersehnte Versöhnung von Christentum und Moderne wäre erreicht.[126]
Doch eine solche Vorstellung ist für Ratzinger ein folgenreicher Trugschluss: Der religiöse Erlösungsbegriff meint weit mehr als eine Befreiung des Menschen aus seinen Alltagsproblemen mit Hilfe technischen Fortschritts. Die Erlösung aus dem Glauben ist nicht einfach mit der Vorstellung einer irgendwie gearteten technischen „Erlösung“ gleichzusetzen.[127] Es gilt hier für Ratzinger, die Botschaft von der christlichen Hoffnung gegenüber einer Relativierung durch menschliches Machbarkeitsdenken zu bewahren. Erlösung bleibt letztlich – wie die Erschaffung des Menschen – ein freies Geschenk Gottes, das in der Person und im Handeln Jesu Christi geschieht.
Die Siege von Naturwissenschaft und Technik können nicht den Sieg überbieten, von dem die Bibel spricht: Den Sieg des Glaubens und der Liebe über den Tod.
„Der Sinn der christlichen Aussage kann von da aus nicht eine sakrale Verklärung des Technischen sein, sondern das Aufdecken eines Bereichs, der auch durch das Technische nicht aufgehoben wird. Am Ende bleibt wahr, dass die Welt nicht durch Apparate, sondern durch die Liebe erlöst wird.“[128]
Es geht für Ratzinger bei aller notwendiger Öffnung gegenüber der Moderne nicht an, im Sinne eines trügerischen Fortschrittsoptimismus auch in der Kirche alles aus Jahrhunderten überkommene einfach über Bord zu werfen, um als modern zu gelten: Wo dies geschah und noch immer geschieht, erhebt Ratzinger eindringlichen Protest.[129]
Der Mensch ist für ihn – wie es das Konzil formuliert – als Geschöpf Gottes ein geschichtlich gewordenes Wesen, das seine wahre Freiheit und Bestimmung nur in der Verankerung innerhalb eben dieses geschichtlichen Zusammenhangs findet, der immer auch Heilsgeschichte Gottes mit den Menschen ist. Weder eine übertriebene Technikgläubigkeit noch eine übertriebene Anpassung an die „Welt“ vermag dem Menschen Sinn und Erlösung zu vermitteln, sondern nur der Sieg Christi am Kreuz, der ihn zum Herrn der ganzen Schöpfung gemacht hat (vgl. Phil 2,4-11).[130]
In seinen Konzilserinnerungen lobt Joseph Ratzinger das Bemühen der Pastoralkonstitution, in ihrer Sprache eine bisher noch nie verwendete Form gewählt zu haben, eine Form, die der Lebenssituation des modernen Menschen eingängiger ist und eine breitere Schicht erreicht als der bisherige Typus des verbindlich vorgelegten Glaubensbekenntnisses oder des ausschließenden Anathemas.[131]
Joseph Ratzinger sieht die Pastoralkonstitution als wichtige Anregung dazu, dass die Kirche „an Stelle des autoritären Forderns einfach wieder den Weg der Verkündigung gehen [soll], die dem Nichtglaubenden den Glauben eröffnet und dabei keine andere Autorität beansprucht als die innere Autorität der Wahrheit Gottes, die sich in der Botschaft dem Hörer zu erkennen gibt.“[132] Dieser Weg der Verkündigung schließt den Dialog mit ein, in den die Pastoralkonstitution entschlossen eintritt.
Auch wenn – wie Ratzinger in seinen Erinnerungen einräumt – mit GS längst nicht alle Fragen im Verhältnis von Kirche und Welt geklärt sind, so ist allein schon der Versuch, eine der modernen Welt angemessene kirchliche Sprache zu finden, gar nicht hoch genug einzuschätzen.[133] Dieses in der Pastoralkonstitution wie im Zweiten Vatikanischen Konzil insgesamt entworfene Programm ist für Joseph Ratzinger auch als Papst eine unaufgebbare Verpflichtung:
„Deshalb will auch ich, wenn ich den Dienst übernehme, der dem Nachfolger Petri eigen ist, mit Nachdruck den festen Willen bekräftigen, dass ich mich weiter um die Verwirklichung des Zweiten Vatikanischen Konzils bemühen werde, auf den Spuren meiner Vorgänger und in treuer Kontinuität mit der zweitausendjährigen Tradition der Kirche.“[134]
In der Anthropologie und in den schöpfungstheologischen Aussagen gibt die Pastoralkonstitution Gaudium et Spes einen wichtigen theologischen Horizont vor, in dem sich das theologische Denken Joseph Ratzingers bewegt, wie dies schon in den vorangegangenen Ausführungen deutlich wurde.
Die Rede vom Menschen als Geschöpf Gottes steht für ihn nicht isoliert, sie ist eingebettet in den großen Zusammenhang von Theologie und Offenbarung. Die Schöpfungslehre ist nicht länger eine Hilfestellung und denkerischer Auftakt zu den „Höhen“ der Theologie.[135] Der Mensch als Geschöpf in seiner Würde steht im Mittelpunkt der Theologie, die Lehre von der Schöpfung aber lässt sich nur im Gesamtzusammenhang der dogmatischen Traktate verstehen und empfängt die Fülle ihrer Bedeutung letztlich von der Inkarnation des Logos her. Das ist das Erbe des Konzils. Diesem Erbe weiß sich Joseph Ratzinger/Benedikt XVI. verpflichtet.
[...]
[1] Küng, Hans, Umstrittene Wahrheit. Erinnerungen, München/Zürich 2007, 29.
[2] Küng, Wahrheit, 29.
[3] Vgl. Joha, Zdenko, Schöpfungstheorie und Evolutionslehre (EHS.T 742), Frankfurt u.a. 2002, 107-108.
[4] Benedikt XVI., Predigt bei der Amtseinführung am 24. April 2005, in: Sekretariat der Deutschen Bischofkonferenz (Hg.), Der Anfang. Papst Benedikt XVI.-Joseph Ratzinger. Predigten und Ansprachen April/Mai 2005 (VApS Nr. 168), Bonn 2005, 35.
[5] Vgl. Schönborn, Christoph„ Finding Design in Nature, in: www.nytimes.com/2005/07/07/opinion/07schonborn.html [26.09.2008];
eine deutsche Übersetzung ist zu finden in:
www.forum-grenzfragen.de/grenzfragen/open/webtodate/kirchenamtliches/bischoefe/plan.html [26.09.2008].
[6] Vgl. Hoping, Helmut/Türck, Jan-Heiner (Hg.), Die anstößige Wahrheit des Glaubens. Das theologische Profil Joseph Ratzingers, Freiburg/Basel/Wien 2005, 16.
[7] Ratzinger, Joseph, Glaube-Wahrheit-Toleranz. Das Christentum und die Weltreligionen, Freiburg/Basel/Wien 2003, 146.
[8] Zit. nach: Hattrup, Dieter, Einstein und der würfelnde Gott. An den Grenzen des Wissens in Naturwissenschaft und Theologie, Freiburg/Basel/Wien 42008, 81.
[9] Vgl. Reichholf, Josef, Was stimmt? Evolution. Die wichtigsten Fragen, Freiburg/Basel/Wien 2007, 7.
[10] Vgl. Schrader, Christopher, Darwins Werk und Gottes Beitrag. Evolutionstheorie und Intelligent Design, Stuttgart 22007, 27.
Zur stammesgeschichtlichen Entwicklung des Menschen äußerte sich Darwin erst ausführlicher in seinem 1871 erschienenen Werk „The Descent of Man“.
[11] Vgl. Schrader, Darwin 23 und 29.
Die Entdeckungen des Augustinermönchs Gregor Mendel dürfen durchaus als Wegbereiter für die Entwicklung der Evolutionstheorie gelten: Seine „Vererbungsregeln“ wurden zum Wegbereiter der modernen Genetik und halfen mit, die Entwicklung des Menschen zurück zu verfolgen. Darwin selbst hatte freilich nur unzureichende Kenntnis von genetischen Vorgängen, weswegen in seinen Veröffentlichungen viele Ungereimtheiten bezüglich der menschlichen Genomentwicklung verblieben, die erst durch andere Forscher beantwortet werden konnten (vgl. auch Collins, Francis, Gott und die Gene. Ein Naturwissenschaftler begründet seinen Glauben, Gütersloh 2007, 106-108.)
[12] Vgl. Reichholf, Evolution, 8.
[13] Vgl. Wuketits, Franz, Grundriss der Evolutionstheorie, Darmstadt 21989, 123.
[14] Hattrup, Einstein, 88.
[15] Vgl. Küng, Hans, Der Anfang aller Dinge. Naturwissenschaft und Religion, München 2006, 62-64. In diesem Zusammenhang sind Namen zu nennen wie Descartes oder Kant, für den Gott nur noch als Postulat der moralischen Gesinnung Bestand hat, wie er in seiner „Kritik der praktischen Vernunft“ darlegt. Auch die großen Religionskritiker Feuerbach, Nietzsche und Marx führten diesen Gedanken weiter.
[16] Vgl. Reichholf, Evolution, 28-29. Erinnert sei hier beispielsweise an den sensationellen Fund des sog. Neandertalers im Jahre 1856.
[17] Vgl. Müller, Helmut, Evolution: Woher und Wohin? Antworten aus Religion, Natur- und Geisteswissenschaften (Religion, Theologie und Naturwissenschaft/Religion, Theology and Natural Science, Bd. 11), Göttingen 2008, 53.
[18] Vgl. Grün, Johannes, Die Schöpfung. Ein göttlicher Plan. Die Evolution im Lichte naturwissenschaftlicher Fakten und philosophisch-theologischer Grundlagen, Müstair 2000, 127-128.
[19] Vgl. Grün, Schöpfung, 127.
[20] Hattrup, Einstein, 85-86.
[21] Joha, Schöpfungstheorie, 43.
[22] Vgl. Schönborn, Christoph, Schöpfungskatechese und Evolutionstheorie. Vom Burgfrieden zum konstruktiven Konflikt, in: IKaZ 17/II. (1988), 213.
[23] Vgl. Dawkins, Richard, Der Gotteswahn, Berlin 72007.
In der ihm zweifelsohne eigenen rhetorischen Gewandtheit entwickelt Dawkins ein polemisches Bild von Religion als die Wurzel von Intoleranz, Gewalt und Verfolgung. Die Evolutionslehre Darwins erscheint ihm als die „größte Bewusstseinserweiterung“ der Menschheit. Im Entdecken dieses neuen Bewusstseins wird Religion überflüssig. Alle Religionen sind für Dawkins nur ein Relikt eines überkommenen vorwissenschaftlichen Aberglaubens, denen er das baldige Ende im Rahmen der fortschreitenden evolutionären Entwicklung der Menschheit voraussagt.
[24] Vgl. Rahner, Johanna, „...Et fiat Design?“ Schöpfungstheologie und der neue Streit um die Evolution, in: ZKTh 128 (2006), 362.
[25] Vgl. Rahner, Design, 362.
[26] Vgl. Hübner, Josef, Theologie und biblische Entwicklungslehre, München 1966, 47.
[27] Vgl. Joha, Schöpfungstheorie, 71.
[28] Zit. nach Joha, Schöpfungstheorie, 69.
[29] Vgl. Joha, Schöpfungstheorie, 69.
[30] Vgl. Winter, Aloysius, Evolutionismus und Schöpfungsglaube: Die Antwort der Theologie, in: Breid, Franz (Hg.), Gottes Schöpfung. Referate der „Internationalen Theologischen Sommerakademie 1994“ des Linzer Priesterkreises in Aigen/M., Steyr 1994, 133.
[31] Vgl. Butler, Cuthbert, Das I. Vatikanische Konzil, München 21961, 137.
[32] Vgl. Scheffczyk, Leo, Schöpfung und Vorsehung (HDG II./2a), Freiburg/Basel/Wien 1963, 43.
Die einzelnen Positionen dieser Auseinandersetzung können hier auf Grund der gebotenen Kürze nicht näher ausgeführt werden.
[33] Vgl. Pottmeyer, Hermann-Josef, Der Glaube vor dem Anspruch der Wissenschaft (FThSt 87), Freiburg/Basel/Wien 1968, 131.
[34] Vgl. Joha, Schöpfungstheorie, 73.
[35] Vgl. Scheffczyk, Leo, Die dogmatische Konstitution „Über den katholischen Glauben“ des Vaticanums I und ihre Bedeutung für die Entwicklung der Theologie, in: MThZ 22 (1971), 83-85.
[36] Vgl. Joha, Schöpfungstheorie, 73-74.
[37] Vgl. Schatz, Klaus, Vaticanum I (1869-1870), Bd. 2: Von der Eröffnung bis zur Konstitution „Dei Filius“ (KonGe.D), Paderborn u.a. 1993, 354.
[38] Aubert, Roger, Das Vatikanische Konzil, in: HKG(J) VI/1 (1985), 774-791.
[39] Pottmeyer, Glaube, 154.
[40] Vgl. Pottmeyer, Glaube, 154.
[41] Vgl. Müller, Gerhard Ludwig, Katholische Dogmatik. Für Studium und Praxis der Theologie, Freiburg/Basel/Wien 72005, 157.
[42] Pottmeyer, Glaube, 155.
[43] Vgl. Pottmeyer, Glaube, 155.
[44] Vgl. Scheffczyk, Leo, Einführung in die Schöpfungslehre, Darmstadt 1975, 28.
[45] Vgl. Ott, Ludwig, Grundriss der Katholischen Dogmatik, Freiburg/Basel/Wien 101981, 98.
[46] Vgl. Ott, Grundriss, 99.
[47] Vgl. Pottmeyer, Glaube, 158.
[48] Vgl. Ott, Grundriss, 99.
[49] Vgl. Pottmeyer, Glaube, 159.
[50] Joha, Schöpfungstheorie, 76.
[51] Vgl. Türk, Hermann Josef, Schöpfung als Entwicklung. Teilhard de Chardins Entwurf neu befragt, in: rhs 29 (1986), 279.
[52] Vgl. Winter, Evolutionismus, 133.
[53] Vgl. Ratzinger, Joseph, Dogma und Verkündigung, München/Freiburg 1973, 157: „Angesichts der durch die Evolutionstheorie zu beantwortenden Grundfrage, ob hier Sinnlosigkeit oder Sinn walte, drückt er [der Schöpfungsglaube] die Überzeugung aus, dass die Welt als Ganze [...] aus dem Logos, das heißt aus dem schöpferischen Sinn, hervorkommt und die zeitliche Form seines Selbstvollzugs darstellt. [...] Der Schöpfungsglaube sagt uns nicht das Was des Weltsinnes, sondern nur sein Dass: dies ganze Auf und Ab des werdenden Seins ist freier und unter dem Risiko der Freiheit stehender Vollzug des schöpferischen Urgedankens, von dem er sein Sein hat.“
[54] Vgl. Sattler, Dorothea/Schneider, Theodor, Schöpfungslehre, in: Schneider, Theodor (Hg.), Handbuch der Dogmatik, Düsseldorf 2000, 202.
[55] Vgl. Joha, Schöpfungstheorie, 77.
[56] Sattler, Schöpfungslehre, 202.
[57] Vgl. Rahner, Design, 379-380.
[58] Vgl. Sattler, Schöpfungslehre, 203.
[59] Vgl. Pius XII., Ansprache vor der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften 30. November 1941, in: AAS 33 (1941), 506-507.
[60] Vgl. Joha, Schöpfungstheorie, 78.
[61] Vgl. Dantine, Wilhelm/Hultsch, Eric, Lehre und Dogmenentwicklung im Römischen Katholizismus, in: HDThG2 3 (1998), 320.
[62] Exemplarisch seien hier genannt: Ott, Grundriss, 95-147; Diekamp, Franz, Katholische Dogmatik nach den Grundsätzen des heiligen Thomas, Bd. 2, Münster 21918, 2-151; Brinktrine, Johannes, Die Lehre von der Schöpfung, Paderborn 1955.
Diese Lehrbücher spiegeln gut die Vorgehensweise neuscholastischer Theologie wieder: Es werden feste Glaubenssätze geboten, die dann mit Hilfe der Schrift und der Tradition „bewiesen“ werden. Bemerkenswert erscheint hier auch, dass diese Dogmatiken mit abstrakten Abhandlungen über das Wesen und die Schöpferfreiheit Gottes beginnen und erst dann die Lehre vom Menschen anfügen. Das Verhältnis Gott-Mensch wird hier oftmals nur im Sinne von geschuldeten Glaubenspflichten geschildert. Auch fehlt nahezu überall ein Kapitel zur Auseinandersetzung mit den Erkenntnissen der Naturwissenschaften. Schöpfungslehre scheint hier nur noch auf den theologischen Binnenraum ohne Bezug zur konkret-menschlichen Lebenswelt beschränkt.
[63] Vgl. Sattler, Schöpfungslehre, 203.
[64] Vgl. Joha, Schöpfungstheorie, 92.
[65] Vgl. Ratzinger, Joseph, Salz der Erde. Christentum und katholische Kirche an der Jahrtausendwende. Ein Gespräch mit Peter Seewald, Stuttgart 41996, 80-81: „[Es] wird immer deutlicher, dass die Texte des Konzils ganz und gar in der Kontinuität des Glaubens stehen. Deshalb gibt es jetzt auch viele Leute, die bereits sagen, die Texte seien nur allererste Anläufe gewesen. Man müsse irgendwelche Richtungen darin ausmachen, aber sich von den Texten ablösen. Mit diesem Ansatz redet man allerdings nicht mehr vom Konzil. Sicher darf man Texte nicht zu toten Buchstaben machen, aber ihre eigentliche Aussage [...], die ist das große Erbe des Konzils. Genau von da aus muss man es aufnehmen, auslegen, verstehen. Und auch genauso bringt es ungeheuer viel neue Impulse [...]. Selbstverständlich gibt es vor allem auch Vertiefungen und Ermutigungen des Glaubens, die erst ausgenutzt werden müssen. [...] Das wahre Erbe des Konzils liegt in seinen Texten. Wenn man die sauber und gründlich auslegt, dann ist man vor den Extremismen [...] bewahrt; und dann öffnet es auch wirklich einen Weg, der noch viel Zukunft vor sich hat.“
[66] Vgl. Benedikt XVI., Ansprache an das Kardinalskollegium und die Mitglieder der Römischen Kurie beim Weihnachtsempfang 22. Dezember 2005 (VApS Nr. 172), hg. vom Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, Bonn 2006, 18-19 und 20: „Das Zweite Vatikanische Konzil hat durch die Neubestimmung des Verhältnisses zwischen dem Glauben der Kirche und bestimmten Grundelementen des modernen Denkens einige in der Vergangenheit gefällte Entscheidungen neu überdacht oder auch korrigiert, aber trotz dieser scheinbaren Diskontinuität hat sie ihre wahre Natur und ihre Identität bewahrt und vertieft. [...] Wenn jemand erwartet hatte, dass das grundsätzliche ‚Ja’ zur Moderne alle Spannungen lösen und die so erlangte ‚Öffnung gegenüber der Welt’ alles in reine Harmonie verwandeln würde, dann hatte er die inneren Spannungen und auch die Widersprüche innerhalb der Moderne unterschätzt [...]. Das mühsame Streitgespräch zwischen moderner Vernunft und christlichem Glauben [...] kannte natürlich viele Phasen, aber mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil kam die Stunde, in der ein Überdenken auf breiter Basis erforderlich geworden war. Sein Inhalt ist in den Konzilstexten natürlich nur in groben Zügen dargelegt, aber die Richtung ist damit im Wesentlichen festgelegt, so dass der Dialog zwischen Vernunft und Glauben, der heute besonders wichtig ist, aufgrund des Zweiten Vaticanums seine Orientierung gefunden hat. Jetzt muss dieser Dialog weitergeführt werden, und zwar mit großer Offenheit des Geistes, aber auch mit der klaren Unterscheidung der Geister [...]. So können wir heute mit Dankbarkeit auf das Zweite Vatikanische Konzil zurückblicken: Wenn wir es mit Hilfe der richtigen Hermeneutik lesen und rezipieren, dann kann es eine große Kraft für die stets notwendige Erneuerung der Kirche sein und immer mehr zu einer solchen Kraft werden.“
[67] Kehl, Medard, Und Gott sah, dass es gut war. Eine Theologie der Schöpfung, Freiburg/Basel/Wien 2005, 80.
[68] Vgl. Gertler, Thomas, Mysterium hominis in luce Christi. Genese und Intention der Pastoralkonstitution, in: Fuchs, Gotthard/Lienkamp, Andreas (Hg.), Visionen des Konzils. 30 Jahre Pastoralkonstitution „Die Kirche in der Welt von heute“ (ICS Schriften, Bd. 36), Münster 1997, 70.
[69] Vgl. Sattler, Schöpfungslehre, 204.
[70] Vgl. Wenzel, Knut, Kleine Geschichte des Zweiten Vatikanischen Konzils, Freiburg/Basel/Wien 2005, 177.
[71] Vgl. Gertler, Mysterium, 53.
[72] Vgl. Kehl, Gott, 81.
[73] Vgl. Joha, Schöpfungstheorie, 107.
[74] Vgl. Wenzel, Geschichte, 181.
[75] Joha, Schöpfungstheorie, 108.
[76] Vgl. Wenzel, Geschichte, 195.
[77] Vgl. Sattler, Schöpfungslehre, 204.
[78] Vgl. Joha, Schöpfungstheorie, 109.
[79] Vgl. Sandner, Hans-Joachim, Theologischer Kommentar zur Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute, in: Herders Theologischer Kommentar zum Zweiten Vatikanischen Konzil, Bd. 4, Freiburg/Basel/Wien 2005, 705.
[80] Vgl. Sandner, Hans-Joachim, Die Zeichen der Zeit. Die Entdeckung des Evangeliums in den Konflikten der Gegenwart, in: Fuchs, Gotthard/Lienkamp, Andreas (Hg.), Visionen des Konzils. 30 Jahre Pastoralkonstitution „Die Kirche in der Welt von heute“ (ICS Schriften, Bd. 36), Münster 1997, 97.
[81] Vgl. Mette, Norbert, Die pastorale Konstitution über die Kirche in der Welt von heute Gaudium et Spes, in: Bischof, Franz Xaver/Leimgruber, Stephan (Hg.), Vierzig Jahre II. Vatikanum. Zur Wirkungsgeschichte der Konzilstexte, Würzburg 2004, 292.
[82] Vgl. Sandner, Kommentar, 713.
[83] Vgl. Wenzel, Geschichte, 187-189.
[84] Vgl. Kehl, Gott, 82.
[85] Vgl. Guggenberger, Alois, Die Würde der menschlichen Person, in: Sandfuchs, Wilhelm (Hg.), Die Kirche in der Welt von heute. Eine Einführung in die Pastoralkonstitution „Gaudium et spes“ mit Beiträgen von Bischof Franz Hengsbach, Alois Guggenberger, Michael Schmaus, Alfons Auer, Richard Egenter, Jakob David, Hans Maier und Mario von Galli, Würzburg 1966, 15-16.
[86] Vgl. Kehl, Gott, 81.
[87] Vgl. Sattler, Schöpfungslehre, 204.
[88] Vgl. Ganoczy, Alexandre, Schöpfungslehre, in: Beinert, Wolfgang (Hg.), Glaubenszugänge. Lehrbuch der Katholischen Dogmatik, Bd. 1, Paderborn u.a. 1995, 426.
[89] Kehl, Gott, 81.
[90] Vgl. Ganoczy, Schöpfungslehre, 426.
[91] Vgl. Kehl, Gott, 83.
[92] Vgl. Wenzel, Geschichte, 190-191.
[93] Müller, Dogmatik, 160.
[94] Vgl. Auer, Alfons, Pastorale Konstitution über die Kirche in der Welt von heute. Kommentar zum III. Kapitel, in: LThK2 13 (1968), 394.
[95] Vgl. Auer, Alfons, Das menschliche Schaffen in der Welt, in: Sandfuchs, Wilhelm (Hg.), Die Kirche in der Welt von heute. Eine Einführung in die Pastoralkonstitution „Gaudium et spes“ mit Beiträgen von Bischof Franz Hengsbach, Alois Guggenberger, Michael Schmaus, Alfons Auer, Richard Egenter, Jakob David, Hans Maier und Mario von Galli, Würzburg 1966, 61.
[96] Vgl. Kehl, Gott, 83.
[97] Vgl. Auer, Schaffen, 68.
[98] Vgl. Kehl, Gott, 83.
[99] Vgl. Sandner, Kommentar, 707.
[100] Vgl. Scheffczyk, Leo/Ziegenaus, Anton, Katholische Dogmatik. Bd. III: Schöpfung als Heilseröffnung. Schöpfungslehre, Aachen 1997, 162.
[101] Vgl. Sattler, Schöpfungslehre, 205.
[102] Vgl. Kehl, Gott, 82.
[103] Vgl. Klein, Wolfgang, Teilhard de Chardin und das Zweite Vatikanische Konzil. Ein Vergleich der Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute mit Aspekten der Weltschau Teilhards de Chardin, München/Paderborn/Wien 1975, 160-165.
[104] Vgl. Kehl, Gott, 82.
[105] Vgl. hierzu die ausführlichen Erwägungen bei: Cap, Ferdinand, Glaube und Religion aus der Sicht eines Naturwissenschaftlers. Gottesbegriffe, Evolutionsdebatte und ein Kirchenvolksbegehren (Naturwissenschaft und Glaube, Bd. 4), Wien/Berlin 22007, 60-61.
[106] Vgl. Kehl, Gott, 82.
[107] Vgl. Joha, Schöpfungstheorie, 108.
[108] Vgl. Klein, Chardin, 165-166.
[109] Lüke, Ulrich, Unübersichtliche Grenzverläufe. Die Schöpfungslehre angesichts der gegenwärtigen Evolutionsbiologie, in: HerKorr 53 (1999), 453.
[110] Vgl. Rahner, Design, 376-379.
[111] Ratzinger, Joseph, Theologische Prinzipienlehre. Bausteine zur Fundamentaltheologie, München 1982, 395.
[112] Vgl. Pesch, Otto Hermann, Das Zweite Vatikanische Konzil. Vorgeschichte-Verlauf-Ergebnisse-Nachgeschichte, Würzburg 2001, 321-323.
Insgesamt lagen bis zur feierlichen Schlussabstimmung am 7. Dezember 1965 (dem vorletzten Tag des Konzils) nicht weniger als sechs (!) Textvarianten vor.
[113] Ratzinger, Joseph, Ergebnisse und Probleme der dritten Konzilsperiode, Köln 1965, 38.
[114] Vgl. Ratzinger, Ergebnisse, 38.
[115] Vgl. Ratzinger, Joseph, Die letzte Sitzungsperiode des Konzils, Köln 1966, 34.
[116] Vgl. Ratzinger, Joseph, Schauen auf den Durchbohrten. Versuche zu einer spirituellen Christologie, Einsiedeln/Freiburg 1984, 45-46: „Gewiss steht Inkarnation nicht für sich; sie ist ihrem Wesen nach auf Transzendierung und damit auf die Dynamik des Ostergeheimnisses hin angelegt. Sie beruht ja darauf, dass Gott sich in seiner paradoxen Liebe transzendiert in das Fleisch und damit in die Passion des Menschseins hinein [...]. Das Schauen des Unsichtbaren im Sichtbaren ist ein österlicher Vorgang.“
[117] Ratzinger, Sitzungsperiode, 32-33.
[118] Vgl. Ruh, Ulrich, Joseph Ratzinger – der Kritiker der Moderne, in: Meier-Hamidi, Frank/Schumacher, Ferdinand (Hg.), Der Theologe Joseph Ratzinger (QD 222), Freiburg/Basel/Wien 2007, 128: „Einen Ausweg aus der Krise der Moderne mit ihrer Gottvergessenheit und ihrem ethisch-politischen Relativismus kann es nur geben, wenn Glaube und Vernunft wieder zueinander finden, wenn sich die Vernunft wieder auf ihre Verwurzelung im religiösen Erbe besinnt.“
[119] Vgl. Ratzinger, Joseph, Auf Christus schauen. Einübung in Glaube, Hoffnung, Liebe, Freiburg/Basel/Wien 1989, 88: „Der Schöpfer und der Erlöser ist ein und derselbe Gott. In der Erlösung nimmt er die Schöpfung nicht zurück, sondern er heilt und erhöht sie.“
[120] Ratzinger, Sitzungsperiode, 35.
[121] Vgl. Pesch, Konzil, 64.
[122] Vgl. Pesch, Konzil, 38-40.
[123] Vgl. Ratzinger, Joseph, Zur Gemeinschaft gerufen. Kirche heute verstehen, Freiburg/Basel/Wien 1991, 133: „Kirchliche Institutionen und rechtliche Gestaltungen sind nichts Schlechtes, im Gegenteil, bis zu einem gewissen Grad einfach nötig und unentbehrlich. Aber [...] sie drohen, sich als das Wesentliche auszugeben, und sie verstellen so den Blick zum wirklich Wesentlichen. Darum müssen sie immer wieder, wie überflüssig gewordene Gerüste, abgetragen werden. [...] Nur so dringt das Göttliche ein, und nur so entsteht ‚congregatio‘ – Versammlung, Reinigung, jene reine Gemeinschaft, nach der wir uns sehnen [...].“
[124] Ratzinger, Sitzungsperiode, 40.
[125] Vgl. Klein, Chardin, 63: „Das Omega Teilhards ist also sowohl immanent als auch transzendent, und – weil es transzendent ist – die ‚einzige(.) irreversible(.) Essenz der Dinge‛. [...] Die ‚Anziehung Omegas‛ erweist sich als ein ‚derartige(r) Einfluss‛, dass man ihm nur einen Namen geben kann: den der ‚Liebe‛. Von daher aber ist Omega dann auch ‚heilbringend(.)‛ und fähig, die Menschheit ‚zu vergöttlichen‛.“
[126] Vgl. Ratzinger, Sitzungsperiode, 40.
[127] Vgl. Ratzinger, Sitzungsperiode, 40.
[128] Ratzinger, Sitzungsperiode, 42.
[129] Vgl. Ratzinger, Prinzipienlehre, 409: „Im Zeitalter des säkularen Staates und der marxistischen Messianismen, im Zeitalter weltweiter wirtschaftlicher und sozialer Probleme, im Zeitalter wissenschaftlich-technischer Weltbeherrschung und nostalgischer Furcht vor der Selbstzerstörung des Menschen in der Wissenschaft steht auch die Kirche ganz neu vor der Frage ihrer Ortsbestimmung in dieser Welt und in ihren Nöten. [...] Sie musste alte Bastionen schleifen und sich allein dem Schild des Glaubens anvertrauen [...]. Aber eine Schleifung der Bastionen kann nicht heißen, dass sie nun nichts mehr zu verteidigen hat oder dass sie von anderen Kräften leben kann als von denen, die sie geboren haben: Blut und Wasser aus der geöffneten Seite des gekreuzigten Herrn (Joh 19,31-37).“
[130] Vgl. Ratzinger, Sitzungsperiode, 42.
[131] Vgl. Ratzinger, Sitzungsperiode, 37.
[132] Ratzinger, Sitzungsperiode, 38.
[133] Vgl. Ratzinger, Sitzungsperiode, 39.
[134] Papst Benedikt XVI., Missa pro ecclesia. Eucharistiefeier mit den wahlberechtigten Kardinälen in der Sixtinischen Kapelle (20. April 2005) – Erste Botschaft Seiner Heiligkeit Benedikt XVI. in: Sekretariat der Deutschen Bischofkonferenz (Hg.), Der Anfang. Papst Benedikt XVI.-Joseph Ratzinger. Predigten und Ansprachen April/Mai 2005 (VApS Nr. 168), Bonn 2005, 23.
[135] Vgl. Kehl, Gott, 80.
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- Tobias Lehner (Autor:in), 2009, Evolution des Christlichen: Schöpfungstheologie und Anthropologie bei Joseph Ratzinger/Benedikt XVI., München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/201191