"Je vous salue Marie" von Jean-Luc Godard

Vor dem Hintergrund des „Spirituel dans le Cinéma“.


Hausarbeit (Hauptseminar), 2011

19 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis:

1) Einleitung
1.1) Gegenstand dieser Arbeit:

2) Kleine Biographie Godards
2.1) Die „Godard'schen Epochen“

3) Reaktionen auf „Je vous salue, Marie“

4) Der Film im Überblick

5) Bedouelle
5.1) Bedouelles Interpretation
5.2) Drei Ebenen der Analyse
5.2.1) Die formale Konstruktion
5.2.2) Die inhaltliche Ebene
5.2.3) Die theologische Ebene
5.2.4) Ein neuer Bildstatus
5.3) Bedouelles Fazit

6) Alternative Ansätze
6.1) Inez Hedges
6.1.1) Maria und das Kreuz
6.2) Kevin Moore

7) Fazit

8) Literaturverzeichnis

1 Einleitung

„Denounced by the Pope, the object of worldwide protest and the winner of the Intenational Catholic Office Award, Hail Mary demonstrates that Godard has lost non of his ability to effectively challange dogma and generate controversy. Almost overlooked in all the furor was the film itself, a surprisingly serene, sensitive and lyrical work, which translates the Virgin Birth into tangible, contemporized terms[...].“[1]

Godard, Mitbegründer der Nouvelle Vague, liebte es schon immer, mit den vorgegebenen Strukturen und Denkmustern der Zeit zu brechen. Sein provokantes und avantgardistisches Inszenieren von Sprache und Bildern wurde exemplarisch für die neue Bewegung.

Mit fortschreitendem Alter findet sich Godard inmitten einer Gesellschaft wieder, die zunehmend technologisiert und industrialisiert ist und sich mehr und mehr von der Natürlichkeit des menschlichen Seins zu entfernen scheint. Daher kann eine Rückbesinnung Godards auf die Wurzeln, bzw. den Ursprung (den Ursprung der Nouvelle Vague, seinen eigenen Ursprung, und den der Menschheit an sich) als „natürliche“ Reaktion auf die gesellschaftliche Verrohung betrachtet werden. Mit seiner modernen Adaption des „Mythos“ der jungfräulichen Empfängnis, löste Godard eine unerwartet heiße Debatte über den Umgang mit religiösen Symbolen im Film aus. Je vous salue Marie ist eigentlich nicht skandalöser, als jeder andere Godard-Film, jedoch nutzte der Filmemacher hier ein Bild, bzw. Thema, welches eine (Glaubens-) Gemeinde berührt, die nicht dafür bekannt ist, offen mit neuen Interpretationen „ihrer Geschichte“ umzugehen. Durch den vordergründigen, religiösen Konflikt ist die eigentliche Bedeutung des Filmes als „Metapher für das Filmemachen“ vollkommen verkannt worden.

1.1 Gegenstand dieser Arbeit

Gegenstand dieser Arbeit soll es sein, die christlichen Episteme im Film herauszuarbeiten und zu versuchen, diese zu interpretieren. Dazu werde ich mich hauptsächlich auf den Aufsatz des Theologen Guy Bedouelle, aus dessen Werk Du spirituel dans le cinéma, beziehen.

Anschließend werde ich kurz alternative Ansätze und Sichtweisen zur Interpretation von Je vous salue, Marie vorstellen.

Um ein deutlicheres Bild von Godard und den Umständen der Entstehung des Filmes vermitteln zu können, beginne ich mit einer kurzen Biographie Godards.

2 Kleine Biographie Godards

„La caméra c'ést pas une certitude c'ést un dout“[2]

Godard kam am 3. Dezember 1930 in Paris auf die Welt. Als Frankreich von den deutschen Nazis besetzt wurde, floh die Familie in die Schweiz und lebte dort für die nächsten fünf Jahre. Kurz nach ihrer Rückkehr nach Paris ließen sich Godards Eltern 1946 scheiden. Er selbst suchte alternativ zu seinem elterlich naturwissenschaftlichen Hintergrund seinen eigenen Weg und entdeckte seine Liebe zum Kino. Er begann das Studium der Ethnologie an der Sorbonne und trat bald darauf dem "Arbeitskreis" zu les cahiers du cinéma bei, welcher 1951 von André Bazin ins Leben gerufen wurde. Hier arbeitete Godard Seite an Seite mit Gleichgesinnten, wie François Truffaut und Éric Rohmer. Als er 1954 in die Schweiz reiste, um auf einer Baustelle zu arbeiten, drehte er tatsächlich seine ersten Dokumentarfilm.[3]

2.1 Die „Godard'schen Epochen“

In seiner Einleitung zu une véritable histoire du cinéma erklärt Godard, er beginne alle 10 Jahre ein neues Leben. Tatsächlich kann man sein audiovisuelles Schaffen in drei Epochen untergliedern.[4]

1959-1968: Die Zeit der Nouvelle Vague. Im Vordergrund stand die Neuerfindung des Kinos und der Autorenfilm gewann stetig an Zuspruch. Godard trug u.a. mit À bout de souffle und Pierrot le fou zu dieser Phase bei.

Die zweite „Periode“ kann man in den 70er Jahren ausmachen: Zu dieser Zeit, mit 40 Jahren, gab es ein Umdenken bei Godard. Er begann sich für militantes Kino und die Arbeit in Produktionsteams zu begeistern (z.B. mit Jean-Pierre Gorin in der groupe Dziga Vertov). Außerdem zog es ihn zurück in die Schweiz. Er ließ sich zunächst in Grenoble nieder, wo er das Video für sich entdeckte und in dem Zuge zwei Fernsehserien produzierte.

Mit Sauve qui peut (la vie) läutete Godard eine neue Phase seines Schaffens ein. Die 80er Jahre standen bei Godard unter dem Licht der Rückkehr zu seinen protestantischen (waldensischen) Wurzeln. Er zog nach Rolle und entdeckte seine Reife in der Zusammenarbeit mit mit Anne-Marie Miéville. Diese Kollaboration war durchaus fruchtbar und kreativ. Gemeinsam realisierten Miéville und Godard ein „elitäres Kino für wenige". Godards Anliegen zu dieser Zeit war es, der Krise des Kinos, der Festgefahrenheit der Kommunikation entgegenzuwirken und die Prinzipien der Nouvelle Vague wiederzubeleben. Er bemerkte, der Blick der Kamera sei missverstanden: man verstehe die Kamera mittlerweile (fälschlicherweise) als eine Art Gewissheit, wobei sie schon immer ein Werkzeug des Zweifels gewesen sei.[5] In dieser Phase arrangierte, inszenierte und produzierte er Je vous salue, Marie.

3 Reaktionen auf „Je vous salue, Marie“

Wenn Godard gewusst hätte, welche Reaktionen sein Werk auslösen würde, hätte er sich vielleicht nicht extra so viel Mühe gemacht, seine Schauspieler[6] (ins besondre Myriem Roussel) auf ihre subtilen Rollen vorzubereiten.

„Zwei Jahre lang hat er seine "Maria" Myriem Roussel mit väterlich-herrischer Strenge behütet und auf die Rolle hingeführt; über sieben Monate hat er, erstmals selbst auch Kameramann, sich und das Team auf seine alptraumhafte Weise mit den Dreharbeiten gequält.“[7]

Als der Film schließlich im Januar 1984 in Frankreich in die Kinos kam, blieben die Stimmen zunächst wohlwollend und die katholische Zeitung, La Croix, feierte Godard als „Geläuterten“.

Andere Katholiken hingegen waren von der „Reinheit“ des Filmes nicht überzeugt und so „schaffte“ es Je vous salue, Marie, als einziger Film namentlich vom Papst genannt und verboten zu werden:

"Auf der Titelseite des L'Osservatore Romano, offizielles Sprachrohr des Vatikans, ließ Papst Johannes Paul II. verlauten: 'Der Film beleidigt und verunstaltet die fundamentalen Lehrsätze des christlichen Glaubens und entweiht seine geistliche Bedeutung und seinen geschichtlichen Wert und verletzt zutiefst die religiösen Gefühle von Gläubigen und den Respekt für das Heilige und die Jungfrau Maria, die von Katholiken mit so viel Liebe verehrt wird und Christen so lieb ist.'“[8]

Daraufhin verbreiteten sich die Proteste auch in Frankreich. Mit allen Mitteln versuchten verschiedene christliche Gruppen und Vereinigungen zu verhindern, dass ein derartig „obszönes und pornographisches Werk“ gezeigt werden darf.

„[...] un peu d'humour, de la naïveté, de l'art et hop les intégristes (à Versailles où ils sont en nombre) montent au créneau, "blasphème" hurle-t-on… la même rengaine. Aux USA, en Italie, au Brésil certains pontifes s'efforcent de dissuader la foule de voir ce film en le dénonçant sans l'avoir vu la plupart du temps.“[9]

Wie auch Bedouelle in seinem Text erwähnt, handelte es sich bei den militanten Gegnern des Films hauptsächlich um solche, die den Film gar nicht gesehen hatten. So reagierte das Zensurgremium, welches sich um die Einschätzung der Jugendfreigabe, u.a. von Filmen bemüht, mit einer Absage an die Protestanten: Je vous salue, Marie galt offiziell als (jugend-)frei.

Godard, vollkommen überrascht von der Welle des Protestes, äußerte sich nun demütig und bat sogar seinen Verlag in Italien, die Veröffentlichung zurückzuziehen, was auf seine aufrichtige Demut schließen lässt.

[...]


[1] Programmnotiz im New Yorker Films von 1995. http://cinefiles.bampfa.berkeley.edu/cinefiles/DocDetail?docId=11455 [30.11.2011]

[2] Zitat von Godard aus: „Morceaux de conversations avec Jean-Luc Godard“ http://www.editionsmontparnasse.fr/jlg/?v=fgi3nj [30.11.2011]

[3] Vgl. http://www.whoswho.de/templ/te_bio.php?PID=2288&RID=1 [30.11.2011]

[4] Vgl. Prédal, R.

[5] Vgl. „Morceaux de conversations avec Jean-Luc Godard“

[6] Vgl. Hedges, S. 66. „the actors failed to show any curiosity about this project.

[7] „Ochs und Eselein“

[8] Maak, Benjamin: http://einestages.spiegel.de/static/topicalbumbackground/3932/jesus_christ_superfilmstar.html [30.11.2011]

[9] Sonnefraud,Thomas: http://oeil.electrique.free.fr/article.php?articleid=100&numero=13 [30.11.2011]

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
"Je vous salue Marie" von Jean-Luc Godard
Untertitel
Vor dem Hintergrund des „Spirituel dans le Cinéma“.
Hochschule
Universität Leipzig  (Romanistik)
Veranstaltung
Le Dieu Caché.
Note
1,3
Autor
Jahr
2011
Seiten
19
Katalognummer
V201239
ISBN (eBook)
9783656273172
ISBN (Buch)
9783656274476
Dateigröße
510 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Godard, Je vous salue Marie, Bedouelle, Maria und Joseph, Nouvelle Vague
Arbeit zitieren
Tony Brockmann (Autor:in), 2011, "Je vous salue Marie" von Jean-Luc Godard, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/201239

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