Conjoint Measurement


Hausarbeit (Hauptseminar), 2001

24 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1. Begriff und Problemstellung des Conjoint Measurement

2. Vorgehensweise
2.1. Datenerhebung
2.1.1. Auswahl der Merkmale und der Merkmals- ausprägungen
2.1.2. Entwicklung eines Befragungsdesigns
2.1.3. Präsentation der Stimuli und Bewertung die Testpersonen
2.2. Datenauswertung
2.2.1. Schätzung der Nutzenwerte
2.2.2. Aggregation der individuellen Nutzenwerte
2.2.3. Beurteilung der Qualität der Ergebnisse
2.2.4. Weiterführende Analysen

3. Vor- und Nachteile der Methode

4. Einsatzgebiete für Conjoint Measurement

5. Beispiel

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1 Beispiel für Stimuli nach der Profilmethode

Abb. 2 Beispiel einer trade-off Matrix

Abb. 3 Merkmale und ihre Ausprägungen

Abb. 4 Teilnutzenwerte der Ausprägungen

Abb. 5 Relative Wichtigkeiten der Merkmale

1. Begriff und Problemstellung des Conjoint Measurement

Das Conjoint Measurement ist ein multivariates Verfahren zur Analyse von Nachfrager­präferenzen. Es basiert auf der Hypothese, dass jedes Produkt[1] aus einem Bündel von Leistungsmerkmalen bzw. Eigenschaften besteht (z.B. Preis, Verpackung, Marke, Ga­rantie), die verschiedene Ausprägungen annehmen können (keine Garantie, 1-Jahr oder 2-Jahre Garantie). Der vom Kunden empfundene Gesamtnutzen des Produktes setzt sich aus den Nutzenwerten dieser Merkmale zusammen. Je besser der Nachfrager die einzelnen Merkmale bewertet, desto höher ist auch seine Präferenz für das Produkt[2] und damit auch sein persönlicher Nutzen und die Wahrscheinlichkeit, dass er dieses Pro­dukt kauft. Um die Bedeutung der einzelnen Merkmale für den Käufer zu ermitteln, wird eine indirekte Befragungstechnik angewandt. Ausgehend von Ge­samturteilen über Sti­muli (alterna­tive Begriffe: „fiktive“ Produkte, Produktkonzepte, -kombinationen), die sich hinsichtlich der Merkmalsausprägungen unterscheiden, wird auf den Beitrag der ein­zelnen Ausprägungen zu diesem Ge­samturteil geschlossen. Ein großer Vorteil dieses Verfahrens liegt deshalb darin, dass Probanden in der empirischen Untersuchung aufge­fordert werden, „vollständige“ Pro­dukte zu beurteilen bzw. simultan („conjoint“) posi­tive und negative Aus­prägungen einer Eigenschaft vor der Produktbeurteilung ge­gen­einander abzuwägen[3]. Diese Vorgehensweise wird auch als dekompositionell („auf­deckend“) bezeichnet. Sie bietet gegenüber der kompositionellen Methode (Er­hebung von Einzelurteilen über Merkmale) einige Vorteile, auf die in Abschnitt 4 näher einge­gangen werden soll.

Das Verfahren geht zurück auf einen Aufsatz des Psychologen Luce und des Sta­tis­tikers Tukey von 1964, zwei Vertretern der mathematisch orientierten Psychologie. Durch Green und Rao wurde der Ansatz in den siebziger Jahren in den Bereich der Marketingwissenschaft übertragen. CM gehört mittlerweile zu den am meisten verbrei­ten Marktforschungsinstrumenten zur Messung von Nachfragerpräferenzen. Nach Si­mon/Mengen kann man durch Kenntnis der Käuferpräferenzen das eigene Angebot im Wettbewerb ab­heben oder „Preisentscheidungen treffen, die in hohem Maße den Kun­dennutzen als Bestimmungsfaktor haben und nicht die eigenen Kosten“[4].

Das CM ist eine Kombination aus einer besonderen Erhebungstechnik, einer multi­variaten statistischen Auswertungsmethode und speziellen Analyseverfahren. Die Vor­gehensweise beim CM gliedert sich in folgende Schritte, auf die im zweiten Teil der Arbeit näher eingegangen werden soll. Die ersten drei Schritte beziehen sich auf die Datener­hebung, der vierte und fünfte Schritt auf die Datenauswertung.

1. Auswahl der relevanten Produktmerkmale und Merkmalsausprägungen
2. Festlegung des Erhebungsdesigns
3. Wahl der Präsentationsform und Beurteilung der Stimuli durch die Testpersonen
4. Schätzung der Nutzenwerte
5. Aggregation der Nutzenwerte und weiterführende Analysen

Das Verfahren wird in der Literatur auch als Verbundsmessung oder Conjoint-Analyse bezeichnet, wobei CM manchmal als Spezialfall der Conjoint-Analyse angesehen wird, bei dem die Ausgangsdaten auch ordinal bzw. nichtmetrisch skaliert sein können. Von dieser Unterscheidung wird im folgenden abgesehen, und die Begriffe Conjoint Mea­surement und Conjoint Analyse synonym verwendet.

2. Vorgehensweise

2.1. Datenerhebung

2.1.1. Auswahl der Merkmale und der Merkmalsausprägungen

Bei der Conjoint-Analyse müssen alle relevanten Produktmerkmale, die auf die Kauf­entscheidung einen Einfluss haben könnten, im Voraus vom Unter­suchenden festgelegt werden. Die Merkmale und de­ren Ausprägungen stellen die Basis für die Bildung der Präferenzurteile durch den Be­fragten dar und sind somit von ent­scheidender Bedeutung für die Brauchbarkeit der Studie. Theuerkauf schreibt: „Wird ein bedeutendes Merkmal ausgelassen oder falsch oder unvollständig be­schrie­ben, sind die später abge­leiteten Er­gebnisse nicht mehr aussagefähig“[5]. Die Auswahl der produkt­charakterisieren­den Merk­male sollte in einer Vorstudie erfolgen, z.B. durch Gespräche mit Experten, Kun­denbefragungen oder durch Auswertung von Werbe­anzei­gen, Wettbewerbsprodukten, Fachliteratur und Sekundärmaterial.

Backhaus et al. stellt insgesamt sieben Anforderungen an die Merkmale und deren Ausprä­gungen[6]. Die Merkmale sollten entscheidungsrelevant sein, d.h. es dürfen nur solche Merkmale gewählt werden, bei denen ein Einfluss auf die Kaufentscheidung vermutet wird. Sie sollten weiterhin in der Pro­duktgestaltung vom Her­steller beeinflussbar und (technisch) realisierbar sein. Ein weiteres Kriterium ist die Un­abhängigkeit der Merk­male, d.h. der empfundene Nutzen einer Merkmalsausprä­gung darf nicht vom Nutzen der Ausprägungen anderer Merkmale ab­hängen und die Merkmale müssen somit auch unabhängig von­einander realisierbar und variierbar[7] sein. Die Merk­malsaus­prägungen sollten in einer kompensatorischen Bezie­hung zu­einander stehen, was be­deutet, dass die Ausprägungen gegenseitig substituierbar sind. Es muss somit ein Aus­gleich zwischen einer als negativ empfundenen Ausprägung und einer als positiv emp­fundenen möglich sein. Weiterhin dürfen sowohl die betrachteten Merkmale als auch deren Ausprägungen keine Ausschlusskriterien (K.O. Kri­terien) darstellen. Sind solche Kriterien vorhanden, wird das Produkt vom Kunden auf keinen Fall gekauft. Die letzte Anforderung an die Merkmale ist vor allem wich­tig für die Durchführbarkeit der Unter­suchung. Je mehr Merkmale oder Merkmalsaus­prä­gungen einbezogen werden, desto komplexer und umfangreicher wird die Untersuchung. Zwar steigt durch eine hohe Merkmalsanzahl die Genauigkeit der berechneten Werte, aber die Anforderungen an den Befragten steigen ebenfalls. Daher sollte die An­zahl der Merkmale und die Zahl der Ausprägungen begrenzt werden. Nach Theuerkauf sollten in eine Untersuchung nicht mehr als neun verschiedene Pro­duktmerkmale mit jeweils maximal fünf verschiedenen Ausprägungen einbezogen werden[8]. Möglich sind sowohl qua­litative (z.B. Bedien­komfort) als auch quantitative (z.B. Preis ) Merkmale.

2.1.2. Entwicklung eines Befragungsdesigns

In dieser Phase erfolgt die Definition und Festlegung der Anzahl der Stimuli, wobei der Begriff Stimuli für die Kombinationen von Merkmalsausprägungen steht, die der Be­fragte zu be­urteilen hat. Die klassischen Ansätze der CA sind: Profilme­thode (full-profile-method) und Zwei-Faktor-Methode (trade-off-method). Bei der Profilmethode werden alle Merkmale gleichzeitig präsen­tiert, d.h. es werden voll­ständige Produktkon­zepte zur Beurteilung vorgelegt. (siehe Abb. 1) Ein Sti­mulus besteht somit „aus der Kombination je einer Ausprägung aller Ei­genschaften“[9]. Der An­spruch an die Testper­son ist hoch, weil alle Merkmale gleich­zeitig gegeneinander abgewägt werden müssen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Beispiel für Stimuli nach der Profilmethode

Quelle: in Anlehnung an die Untersuchung von Eggenberger/Hauser, S 844.

Die Zwei-Faktor-Methode dagegen zieht jeweils nur zwei unterschiedliche Merk­male gleichzeitig zur Beurteilung heran (unter Annahme der Gleichheit aller anderen Merk­male). Die Dar­stellung erfolgt in Form einer Matrix, welche jeweils zwei Merkmale mit den dazugehörenden Ausprä­gungen abbildet ( siehe Abb. 2). Besteht ein Stimulus aus mehr als zwei Merkmalen, müssen mehrere Matrizen be­wertet werden, wobei man alle Merkmal mindestens einmal miteinander kombinieren muss. Die Anzahl der insgesamt zu bewertenden Matrizen ergibt sich dann mit:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Testperson hat alle Merkmalspaare einer Matrix in eine Präferenzreihenfolge zu bringen. Der Anspruch an die Testperson ist nicht so hoch wie bei der Profil­methode, da immer nur zwei Merkmale gleichzeitig gegeneinander abgewägt werden. Der Nachteil dieses Ansatzes liegt in der Vielzahl der auszufüllenden Zellen und Matrizen bei ei­ner hohen Zahl von Merkmalen und Ausprägungen. Das kann zu Er­müdung und sche­ma­tischem Antwortverhalten der Testperson führen[10].

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Beispiel einer trade-off Matrix

Quelle: in Anlehnung an Eggenberger/Hauser, S. 844.

Die Zahl der zu beurteilenden Produkte steigt jedoch auch bei der Profilmethode umso schneller an, je mehr Merkmale und Ausprägungen einbezogen werden. So gibt es bei der Profilmethode bei fünf Merkmalen mit jeweils vier Ausprägungen insgesamt 1024 mögliche Produkt­kombinationen (4x4x4x4x4). Der Befragte wäre voll­kommen über­fordert, diese Kombinationen in eine Präferenzreihen­folge zu bringen. Bei der Wahl der Methode sollte deshalb nach fol­genden Gesichts­punkten geurteilt wer­den[11]:

a) Ansprüche an die Auskunftsperson
b) Realitätsbezug
c) Zeitaufwand

Ein Nachteil bei der Zwei-Faktor-Methode ist das Auftreten unrealistischer Merkmals­kombinationen und der Zwang der Vergabe von Punkten an Merkmale, die für die Test­person unwichtig sind[12]. Die Profilmethode wird im allgemeinen vorgezogen, weil hier „ganze“ Produkte mit­einander verglichen werden und nicht einzelne Merkmale, was vor allem in Bezug auf die Realitätsnähe von Vorteil ist. Bei vielen Merkmalen und Aus­prägungen steigt sowohl der Zeitaufwand als auch der Anspruch an die Testperson. Deshalb wird bei komplexen Untersuchungen der Be­fragte entlastet, indem er kein voll­ständiges De­sign zu beurteilen hat, das alle möglichen Produkt­kombi­nationen beinhal­tet. Stattdessen wird eine Teilmenge ausgewählt, welche die Gesamt­heit der Stimuli möglichst gut re­präsentieren soll. Man spricht dann von einem unvoll­ständigen fakto­riellen oder re­duzierten Design. Dabei werden unwahr­scheinliche(re) Kombinationen von vornherein aus der Untersuchung ausgelassen[13]. Die Teilmenge kann durch eine Zu­fallsstichprobe oder eine systematische Aus­wahl ermit­telt werden, wobei die syste­matische Auswahl bevorzugt wird.

Neuere Ansätze der CA sind der Adaptiv-Ansatz (ACA) und der Hybrid-Ansatz, die dekompositionelle (Bewertung kompletter Produktkonzepte) und kompositionelle (Beurteilung einzelner Merkmale) Beurteilungsaufgaben enthalten. Sie wurden ent­wickelt, um die Belastung der Testpersonen bei vielen Merkmalen und Ausprägungen zu mindern und stellen somit ein modifiziertes CM dar[14].

Beim Hybrid-Ansatz wird zuerst mit Hilfe eines Punktbewertungsmodells die in­dividuelle Bedeutung der einzelnen Merkmale erfragt. Anhand der Ergebnisse wer­den die Testpersonen dann in Gruppen eingeteilt. Jede dieser Gruppen bekommt nun einen anderen Teil des Gesamtdesigns zur Bewertung vorgelegt. Zur Berechnung der Teilnutzenwerte werden die Ergeb­nisse aus dem kompositionellen und dekomposi­tionellen Teil verwendet. Um Ergebnisse zu erhalten, die statistisch gesichert sind, muss bei dieser Methode aber die Stichprobe vergrößert werden, da jede Gruppe als ei­gen­ständige Erhebung aufgefasst werden kann. Der Adaptivansatz kann vor allem bei com­putergestützten Befragungen verwendet werden. Am Anfang werden durch direkte Fra­gen die Wichtigkeiten der einzelnen Merkmale ermittelt. Die Auswahl der Stimuli orientiert sich an den zuvor gegebenen Antworten und kann dann individuell an die Test­person angepasst werden. Der Schwerpunkt wird somit auf die Merkmale ge­legt, die für jede Testperson besonders wichtig sind.

2.1.3. Präsentation der Stimuli und Bewertung durch die Testpersonen

In dieser Phase des CM erfolgt nun die eigentliche Datenerhebung durch eine Be­fragung. Neben face-to-face Inter­views, Telefonumfragen und schriftlichen Be­fragungen werden auch vermehrt Interviews computergestützt oder über das Internet durchgeführt.

Die Präsentation der Stimuli kann auf verschiedenen Wegen erfolgen: verbal, graphisch oder phy­sisch. Verbal erfolgt die Darstellung durch Beschreibung der Merkmale, z.B. auf Produktkärtchen. Diese Form ist im Vergleich zur graphischen oder physischen Darstellung relativ preiswert. Bei der graphischen Darstellung werden Grafiken oder Fotos von den Produkten eingesetzt. Aufwendig und teuer ist vor al­lem bei der Beur­teilung von Innovationen die physische Darstellung. Hier wer­den Modelle, Prototypen oder die fertigen Produkte dem Probanden gezeigt. Ziel dabei ist es, eine möglichst rea­litätsnahe Darstellung zu erreichen. Bei computergestützten Um­fragen kommen auch vermehrt multimediale Darstellungen zum Einsatz, die verschie­dene Präsentationsfor­men kombinieren.

[...]


[1] Der Begriff Produkt schließt Sachgüter und Dienstleistungen ein.

[2] Vgl. Kotler/Bliemel (2001), S. 535.

[3] Vgl. Nieschlag/Dichtl/Hörschgen (1997), S.829.

[4] Simon/Mengen (1996), S. 229.

[5] Theuerkauf ( 1989 ), S. 1180.

[6] Vgl. Backhaus/Erichson/Plinke/Weiber (2000), S. 569f.

[7] Vgl. Hammann/Erichson (2000), S. 399.

[8] Vgl. Theuerkauf (1989), S. 1180.

[9] Backhaus/Erichson/Plinke/Weiber (2000), S. 571.

[10] Vgl. Simon/Mengen (1996), S. 231.

[11] Vgl. Backhaus/Erichson/Plinke/Weiber (2000), S. 573.

[12] Vgl. Müller-Hagedorn/Sewing/Toporowski, S. 130.

[13] Vgl. Berekhoven/Eckert/Ellenrieder (1996), S. 289.

[14] Vgl. Simon/Mengen (1996), S. 232.

Ende der Leseprobe aus 24 Seiten

Details

Titel
Conjoint Measurement
Hochschule
Universität Leipzig  (Dienstleistungsmanagement)
Note
1,3
Autor
Jahr
2001
Seiten
24
Katalognummer
V20128
ISBN (eBook)
9783638240987
Dateigröße
598 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Datenerhebung und Datenanalyse bei Conjoint Measurement bzw. Conjoint Analyse (auch: Besonderheiten der Datenerhebung bei Dienstleistungen), Vor- und Nachteile der Methode, Einsatzgebiete, Rechenbeispiel
Schlagworte
Conjoint, Measurement
Arbeit zitieren
Sandra Müller (Autor:in), 2001, Conjoint Measurement, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/20128

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Titel: Conjoint Measurement



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