„Je stärker sich der deutsche Sieg abzeichnen wird, umso größer und vordringlicher werden die Aufgaben des Referats, denn die Judenfrage muß im Laufe des Krieges gelöst werden, da sie nur so ohne allgemeines Weltgeschrei erledigt werden kann.“
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges galt das Auswärtige Amt (AA) jahrzehntelang als unbeteiligt am Holocaust. Das Zitat Franz Rademachers, seit März 1940 Leiter des „Judenreferats“ der Abteilung Deutschland, nur zwei Monate nachdem in der Konferenz am Berliner Wannsee der Massenmord an den europäischen Juden organisiert und zentralisiert wurde , lässt erahnen, dass das AA eine wichtige Rolle bei der Verfolgung der europäischen Juden einnahm.
Im Folgenden soll die Frage nach der Beteiligung des AA an der „Endlösung der Judenfrage“ beantwortet werden. Zunächst werden die Repressalien, welche die Juden seit der „Machtergreifung“ im Jahre 1933 bis zum Kriegsausbruch im September 1939 über sich ergehen lassen mussten, dargestellt. Im weiteren Verlauf soll die Mithilfe des AA bei der Deportation von Juden aus ganz Europa untersucht werden. Waren die Diplomaten bloß reine Befehlsempfänger Heydrichs, der von Göring zum „Beauftragten für die Vorbereitung der Endlösung der europäischen Judenfrage“ ernannt wurde, oder gingen die von den Beamten des AA getroffenen Entscheidungen weit über diplomatische Belange hinaus? Dazu soll zuerst geklärt werden, welche Rolle dem AA in den ersten Jahren des Krieges bis zum Sommer 1941 zukam. Abschließend wird auf die Folgen, die der Russlandfeldzug für die weitere „Judenpolitik“ mit sich brachte, eingegangen.
Grundlage hierfür bilden besonders die Akten der auswärtigen deutschen Politik von 1937 bis 1945, die im Jahr 2010 veröffentlichten Ergebnisse der „Unabhängigen Historikerkommission Auswärtiges Amt“ sowie die im gleichen Jahr ins Deutsche übersetzten Erkenntnisse von Christopher R. Browning.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Maßnahmen gegen Juden von der „Machtergreifung“ bis zum Kriegsausbruch am 01.09.1939
- Das Auswärtige Amt und die „Judenfrage“ seit Beginn des Krieges
- „Judenmaßnahmen“ bis zum 22.06.1941
- Die „Endlösung der Judenfrage“ im Windschatten Russlandfeldzuges
- Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit analysiert die Rolle des Auswärtigen Amtes (AA) im Zusammenhang mit der „Endlösung der Judenfrage“ während des Zweiten Weltkrieges. Ziel ist es, die Beteiligung des AA an der Verfolgung der europäischen Juden aufzuzeigen und zu untersuchen, inwieweit die Diplomaten über ihre diplomatischen Aufgaben hinausgingen.
- Die Repressalien gegen Juden von der „Machtergreifung“ 1933 bis zum Kriegsausbruch 1939
- Die Mithilfe des AA bei der Deportation von Juden aus ganz Europa
- Die Rolle des AA in den ersten Jahren des Krieges bis zum Sommer 1941
- Der Einfluss des Russlandfeldzugs auf die „Judenpolitik“
- Die Bedeutung der Akten der auswärtigen deutschen Politik, der Ergebnisse der „Unabhängigen Historikerkommission Auswärtiges Amt“ und der Erkenntnisse von Christopher R. Browning für die Analyse.
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel befasst sich mit den Maßnahmen gegen Juden in Deutschland von 1933 bis zum Kriegsausbruch. Es werden die verschiedenen Repressalien beleuchtet, die die Juden ertragen mussten, darunter der Boykott jüdischer Geschäfte, die Nürnberger Gesetze und die Bemühungen um die Emigration von Juden nach Palästina. Das zweite Kapitel untersucht die Beteiligung des AA an der Deportation von Juden aus ganz Europa während des Krieges. Es wird die Frage gestellt, ob die Diplomaten lediglich Befehlsempfänger Heydrichs waren oder ob sie eigene Entscheidungen trafen. Das dritte Kapitel fokussiert auf die Rolle des AA in den ersten Jahren des Krieges bis zum Sommer 1941. Abschließend wird im vierten Kapitel der Einfluss des Russlandfeldzugs auf die „Judenpolitik“ beleuchtet.
Schlüsselwörter
Die wichtigsten Schlüsselwörter und Themengebiete der Arbeit umfassen: Auswärtiges Amt, Holocaust, „Endlösung der Judenfrage“, Judenpolitik, Deportation, Repressalien, „Machtergreifung“, Nürnberger Gesetze, Emigration, Palästina, Heydrich, Russlandfeldzug.
- Arbeit zitieren
- Matthias Jansen (Autor:in), 2012, Diplomaten der Vernichtung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/201454